Ich brauch das alles nicht:

Ich bin seit etwa 20 Jahren Abonnement der ct, sporadisch gelesen habe ich sie schon früher. In den letzten Jahren habe ich das aktuelle Heft immer schneller durchgelesen. Der Grund: Es kommt immer mehr drin, das mich überhaupt nicht interessiert. Anfang des Jahrtausends war das noch anders, da habe ich ein Heft weitestgehend komplett durchgelesen.

Vielleicht werde ich alt, da fängt man an ja in eingefahrenen Kreisen zu fahren. Ich sehe das eher positiv. Man probiert was Neues nur aus, wenn die Arbeit, die man am Anfang reinsteckt, sich auch im Endeffekt auszahlt und nicht wenn man mehr Zeit für das Lernen reinsteckt, als man später an Zeitersparnis hat. Ich will mal ein paar Themen, die man jetzt in der ct‘ findet, aufgreifen und begründen, warum ich sie alle für überflüssig halte:

Virtual Reality – Das Thema hat sich für mich recht schnell erledigt, obwohl die Technik nun erstmals wirklich einsatzbereit ist. Im Prinzip braucht man neben einigen Sensoren, die zeigen, wo man hinzeigt, die Möglichkeit 3D-Bilder anzuzeigen. Das Erste gibt es schon seit Langem. Mein neuester Fernseher hat sogar eine Fernbedienung, die je nachdem wohin man sie schwenkt, den Mauscursor bewegt. In der Uni bezeichnete man so was als „SpaceMouse“. Was Probleme machte, war die Erzeugung von zwei Bildern für jedes Auge. Mit Monitoren und Shutterbrillen oder Polarisationsfolien ging das mehr schlecht als recht, zumal man synchronisieren musste und der Monitor die doppelte Bildzahl anzeigen musste. Dank Smartphone ist das heute einfacher. Man steckt ein Smartphone in eine Halterung und auf der einen Hälfte des Bildschirms wird eben das Bild für das linke Auge und auf der anderen Seite das Bild für das rechte Auge erzeugt.

Das Thema geht an mir vorbei zum einen, weil ich wenig spiele, dafür nutzt man es derzeit noch meistens (ich wage zu prognostizieren, dass die Technik sehr schnell von der Pornoindustrie aufgenommen wird). Vornehmlich aber deswegen, weil ich seit Geburt einige Sehfehler habe, darunter, dass ich nicht dreidimensional sehen kann. Ich weiß das, seit es mal in den frühen Achtzigern eine Testsendung gab und ich mit Rot-grün Brille nur ein rotes oder grünes Bild sah, aber nie ein 3D Bild.

Smartwatches. Ich sehe ehrlich nicht den Nutzen dieser Uhren. Eine Uhr brauche ich zum Anzeigen der Zeit. Ich finde schon die Chronometer, die noch Mondphasen anzeigen, überfrachtet. Datum ist noch ganz nützlich. Vor allem sind die Interaktionsmöglichkeiten einer Uhr beschränkt und die Anzeige klein. Der praktische Nutzen ist für mich daher nahezu bei Null. Allerhöchstens automatisch dort SMS anzuzeigen, fällt mir noch als Anwendung ein, dann würden vielleicht nicht so viele Leute in ihren Taschen rumkramen, um die abzurufen. Dafür kosten solche Uhren einige Hundert Euro, müssen jeden Tag aufgeladen werden. Das ist meine Top 1 der überflüssigsten technischen Spielereien.

Heimautomation: Darunter versteht man, dass man im Haus so ziemlich alles ein/ausschalten kann, was man will. Das Thema ist ja nicht neu. Kaffeemaschinen, die man abends bestückt und die dann morgens per Zeitschaltuhr den Kaffee machen, gibt es schon lange Zeit. In einfacher Weise gibt es dass ja auch woanders. Zeitschaltuhren können elektrische Verbraucher an- und ausschalten. Ein Herd hat ebenfalls eine Uhr integriert. Das nutze ich, weil die Backzeiten meiner Gerichte bekannt sind, sogar fast immer. Heizungsthermostaten gibt es auch mit Zeitprogramm.  Solche habe ich letztes Jahr bei mir eingebaut. Nur kostet da einer 13 Euro und nicht 100. Er fährt ein festes Programm ab, aber mal ehrlich: wie oft kommt es vor, dass man die Heizung von der Ferne aus regeln muss? Das Gleiche gilt für die anderen Dinge, zumal die Technik noch nicht so richtig ausgereift dafür aber teuer ist. Das Einzige, was für mich nützlich wäre, wäre ein automatisches Ausschalten aller Lichter um 2 Uhr nachts – da bin ich bestimmt im Bett und ich vergesse ab und an mal Lichter auszumachen, vorwiegend da, wo ich selten hinkomme wie im Keller oder die Außenbeleuchtung. Doch bei über 100 Euro pro Regler war für mich die einfachere Lösung Energiesparlampen zu montieren. Die müssten über 27.000 Stunden brennen, bis sie die 100 Euro für einen Regler hereinspielen.

Action-Kameras: Mal ehrlich: Wer filmt seine Abfahrt, das Tauchen im Meer? So interessant ist das nicht und wie sind ja alle keine Stuntmänner, dass das dort gezeigte so aufregend wäre. Vielleicht noch interessant beim Tauchurlaub in einem Korallenriff, aber sicher nicht bei der Massen-Skiabfahrt, die man in 14 Tagen 10-mal runtergefahren ist. Das ist was für Möchtegern-Angeber, die meinen, wenn sie einmal im Jahr Sport machen, dann sollte er schon im Bild festgehalten werden.

Elektronischer Schnickschnack fürs Fahrrad: Also für mich dient ein Fahrrad, um von A nach B zu kommen und einzukaufen. Nicht zum Angeben. Mir war schon unverständlich, wie man für ein normales Fahrrad über 1000 Euro ausgeben kann. E-Bikes mögen was sein für alte Leute (ich zähle mich mit 51 noch nicht dazu) oder wenn man viele Steigungen zu bewältigen hat. Wenn ich mit dem Fahrrad hier nach Esslingen oder Stuttgart, jeweils 200 m Höhenunterschied fahren müsste, dann wäre ein E-Bike vielleicht interessant. Wenn es aber schon elektrisch ist, dann gibt es eine Stromquelle für verschiedenen Schnickschnack. Es gibt da LEDs an den Reifen, die nur leuchten, wenn sie nach vorne oder hinten zeigen (Vorder/Hinterrad), Tracker für das Fahrrad, vielleicht noch am nützlichsten, wenn das Fahrrad wertvoll ist, da kann man es bei Diebstahl orten (sofern das Ding nicht entfernt wurde), Bluetooth Schlösser, Zubehör um Smartphones anzubringen, die Geschwindigkeit aufs Smartphone zu übermitteln oder dieses aufzuladen.

Fitness-Tracker: Okay, ich habe mir letztes Jahr eine Uhr gekauft, die ebenfalls Strecke und Kalorienverbrauch bestimmt. Doch die Erkenntnis war bald da: wenn ich einen Tag habe an dem ich nur im Büro Arbeite komme ich auf rund 6 km Wegstrecke pro Tag, wenn ich einkaufen muss oder Hausarbeit / Gartenarbeit mache dann leicht über die empfohlenen 10 km pro Tag. Spätestens als ich im Juli anfing wegen Rückenschmerzen täglich eine Strecke zu gehen wurde das Ding uninteressant. So kam ich praktisch jeden Tag auf 12-16 km. Den Puls habe ich eh nur selten kontrolliert. Dabei war das Ding mit 25 Euro noch bezahlbar. Nach einem Jahr war die Batterie leer und anstatt eine neue reinzubauen verzichte ich drauf. Es gibt noch weitaus teurere Geräte die versprechen auch den Schlaf zu überwachen und genaue Tagesprofile anzulegen, anstatt nur einen Summenwert anzuzeigen. Der springende Punkt ist: Wichtig ist nicht zu wissen, wie viel man sich bewegt, sondern sich zu bewegen, und wenn man das tut, braucht man auch keinen Tracker. Das ist was für Bürohocker, die meinen, wenn sie 20 Minuten lang joggen, dann haben sie den ganzen Tag ausgeglichen. Ansonsten nehmen sie aber den Fahrstuhl ins Büro und suchen sich einen Parkplatz immer direkt neben der Supermarkttür. Wer sich ausreichend bewegt, braucht das nicht und nur weil man ein solches Gerät hat, verändert man nicht sein Verhalten.

Das Smartphone: Okay ich weiß, das inzwischen viele eines haben, ich halte sie wie Handys für mich überflüssig. Doch darum geht es nicht. Ich stelle beim Aufstellen der Liste fest, das die Smartphones die Einstiegsdroge in diesen Technik-Schnickschnack-Geldgrab-Zirkus sind. Ohne Smartphone, das eine Smartwatch füttert, ist dieses Ding absolut nutzlos. Ohne Smartphone Apps hat die Heimautomation keinen Vorteil gegenüber normalen analogen Geräten – wenn ich schon beim PC zuhause bin, kann ich auch gleich aufstehen und den Regler bedienen. Das macht nur Sinn, wenn man es von Außen machen muss. Und viele dieser Biker-Addons drehen sich um Smartphones – Geschwindigkeit übertragen, Routenplanung, Smartphone Aufladen, Schloss über Bluetooth entsperren, Daten in eine Brille einspielen etc. …

Doch das alles verkauft sich ja. Die Leute haben einfach zu viel Geld.

4 thoughts on “Ich brauch das alles nicht:

  1. Also, ich bin ein Fan von diversen Techniken, aber…

    Bei Uhren setze ich auf 3 Techniken: 1. Solarenergie, 2. Funk und 3. Automatischer Aufzug.
    Gibts alles drei (auch als Kombination), funzt prima und könnte auch woanders eingesetzt werden.
    z.B. Smartwatch, wieso 1 mal am Tag aufladen, wenn man mit Solar und Automatischem Aufzug
    sicher auch genug Energie generieren könnte für einen vernünftigen Betrieb.

    Aber auch die modernste Smartwatch ist für mich in einem Punkt nicht smart genug:
    Geschwindigkeitsmessung ohne GPS!
    Da ist die gute alte Stoppuhrfunktion mit Tachymeter-Skala oder noch besser mit einem selbstgefertigten Spezialzifferblatt für eine Stoppuhr, dann kann man auch unter 60 km/h messen.

    Der Kühlschrank, der mit der Waschmaschine und dem Toaster sich verknüpft ist blödsinn,
    wie sang Spliff schon so richtig: „…Ich hab den Schweinehund wieder falsch programmiert!…ich werde wahnsinnig!…“

    Wann gibts eigentlich endlich eine Fernbedienung für den Fernseher mit Bluetooth?

    Elektronik ja, aber nicht unbedingt Tech-Nick!!

    Meine Meinung

  2. „Die Leute haben einfach zu viel Geld.“

    ODER … einfach andere Interessen/Bedürfnisse als du?

    Es soll auch Menschen geben, die dieses komische ‚Internet‘ für eine verfehlte Entwicklung und ein Zeit- und Geldgrab per excellence halteen. Besser man hält sich davon fern.
    Und Menschen, die das trotzdem nutzen sind natürlich *****.

    Ps:
    VR: Erst einmal quasi nur für Early Adopter interessant- Aber als Thema IMO faszinierend
    Smartwatches: IMO für 95% tatsächlich nur ne spielerei/Statussymbol
    Heimautomation: Für die Meisten wohl nur ein Bastel/Liebhaberthema. Aber warum auch nicht…
    Action-Kameras: Die unterschätzt du hier etwas. Mit denen kann man schon ne Ecke mehr anstellen als nur die eine Talabfahrt/das Korallenriff zu abzufilmen. Und selbst wenn nicht – Leute haben schon weit mehr Geld ausgegeben um für sie unvergessliche Momente ordentlich festzuhalten.

    pps:
    Ich bezweifel dass das aufbauen einer eingenen Wetterstation einen sonderlich guten Kosten/Nutzenfaktor hat. Die nächste echte Wetterstation ist bestimmt nicht weit weg.
    Manche Dinge macht man einfach weil man lust drauf hat und es spaß macht 😉

  3. Heimautomation: Für die Meisten wohl nur ein Bastel/Liebhaberthema. Aber warum auch nicht…

    Vollständinge Überwachung und Datensammlerei im eigenen Haus auch noch selbst installiert, gute nacht gesunder Menschenverstand.

    Smartwatches: IMO für 95% tatsächlich nur ne spielerei/Statussymbol

    Haben sich aus guten Gründen nicht verkauft.

    Action-Kameras: Die unterschätzt du hier etwas. Mit denen kann man schon ne Ecke mehr anstellen als nur die eine Talabfahrt/das Korallenriff zu abzufilmen. Und selbst wenn nicht – Leute haben schon weit mehr Geld ausgegeben um für sie unvergessliche Momente ordentlich festzuhalten.

    Zu 90% sehe ich die Dinger auf Helme von 35 jährigen Siemens-Ingenieuren montiert die damit und ihrem 3000€ Mountainbike durch den Stadtpark nach der Arbeit nach hause fahren.

    Ich gebe aber zu, dass dieser ganzen „Ich teile meine Momente mit der ganzen Welt“ Welle kritisch gegenüberstehe.

    Freunden ein Urlaubsvideo zeigen sehe ich ein genau wie die ersten Schritte des eigenen Kindes zu filmen.

    Doch jede belanglose Tätigkeit zur Selbstdarstellung bei sozialen Medien hochzuladen ist einfach nur lächerlich und zeigt wie oft Erwachsene Menschen sich nach belangloser oberflächlicher Zuneigung in form eines Likes sehenen.

    Es gehört in die gleiche Kategorie wie der zwanghafte Wunsch sich einer der vielen Subkultur Gruppierungen unterzuordnen und ist ein Verhalten welches mich am aller meisten an meiner eigenen Generation anwidert.

    Ich muss mich tatsächlich als mitte-ende 20 Jähriger in einer Gruppe rechtfertigen warum ich nicht Mitglied bei Facebook bin.

    „Ich bezweifel dass das aufbauen einer eingenen Wetterstation einen sonderlich guten Kosten/Nutzenfaktor hat. Die nächste echte Wetterstation ist bestimmt nicht weit weg.
    Manche Dinge macht man einfach weil man lust drauf hat und es spaß macht“

    Da gebe ich dir recht, wobei der Kostenfaktor bei einer kleinen Wetterstation mMn zu vernachlässigen ist.

    Der Vorteil ist, dass man „eigene“ wissenschaftliche Daten erhebt die auch noch offen zugänglich durchaus hilfreich sein könnten.

    Ich denke da möglicherweise an einen Schüler der für den Erdkundeunterricht ein Referat erarbeitet und die Rohdaten von Bernd vllt. mit einem Wetterradar verknüpft und so zeigt wie sich Luftdruck auf Wolkenbildung auswirkt oder der Gleichen (Ja ich habe keine Ahnung von Meteorologie).

    Technologie ist immer ein zweischneidiges Schwert, mein größter Kritikpunkt an der ultimativen Vernetzung ist die Überwachung und das ständige erstellen von Persönlichkeitsprofilen da drücken mir zu viele Menschen zwei Augen zu.

    Gruß

  4. Also da hier meine Wetterstation dauernd angesprochen wird: ich sehe da durchaus einen Unterschied. Bei den anderen Dingen geht es (zumeist) um das konsumieren und anwenden. Ich habe noch nie gehört das irgendjemand eine Smartwatch programmiert. Bei meiner Wetterstation stand die Programmieraufgabe im Vordergrund. Daran arbeite ich auch weiter, während der mechanische Teil für mich weitestgehend erledigt ist. Sie steht z.B. auf dem Balkon, um das Licht zu messen das vom Dach zumindest im Sommer gut abgeschattet wird müsste ich sie frei in den Garten stellen. Ich habe auch wirklich vor sie zumindest etwas wissenschaftlich zu nutzen und zwar indem ich die Daten aufbereite. Derzeit mache ich schon monatliche Auswertungen, später kommen dann jährliche dazu.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.