I don’t know how you were diverted You were perverted too
Ich hatte eigentlich auf ein paar Kommentare zu meinem vorletzten Beitrag gehofft, doch vielleicht habe ich die Münchhausen-Rubrik in der letzten Zeit zu viel publiziert. Das ist ein Nebeneffekt vom täglichen Schimmern. Beim Sport kommen mir bevorzugt Ideen für die Rubrik, da ich schlecht dort über Blogs nachdenken kann die ich erst recherchieren muss. So ganz spaßig war der Beitrag aber nicht gemeint. Seit Jahren tauchen immer wieder Pläne für russische Großraketen auf. Umgesetzt wurde bisher keiner. Warum also nicht die N-1 wiederbeleben. Boris Tschertok der in seinen Memoiren durchaus kritisch zur N1 ist, meint auch dass man die Rakete zu Ende entwickelt haben müsste. Wenige Jahre später machte man mit Energija einen Neuanfang und der war doppelt so teuer wie die N-1.
Ich will in diesem Blog mal untersuchen was passieren würde, wenn man die N-1 heute nochmals einsetzen würde. Natürlich nicht mit den NK-33/43. Auch wenn noch einige vorrätig sind reichen die doch gerade mal für zwei Starts. Zudem habe ich inzwischen Zweifel an der Zuverlässigkeit nach 40 Jahren Lagerung, das zeigte auch der Fehlstart der fünften Antares. Mein Ansatz ist die N1 zuerst einmal so zu übernehmen wie sie ist und da zu modernisieren wo es nötig und sinnvoll ist.
Das naheliegende ist es die NK-33 durch RD-191 zu ersetzen. Wie zuverlässig die RD-191 sind wird sich erst im Einsatz zeigen, doch ich bin zuversichtlich: Die Reduktion von 4 Brennkammern pro Triebwerk auf zwei führte schon beim RD-180 zu einer viel höheren Zuverlässigkeit als beim RD-170/171 der Zenit. Bei einer Brennkammer dürfte es noch besser sein. der Grund ist dass nicht die Brennkammer Probleme macht, sondern das Treibstoffförderungssystem und das ist nur einmal vorhanden. Wenn etwas explodiert dann sind es die Turbopumpen. So war es bei der N-1 und der Antares und für die Turbopumpe sind die Anforderungen so um den Faktor 4 gesunken.
Die RD-191 sind aber mit 1922 kN Schub am Boden etwa 25% schubstärker als die NK-33. So könnte man die Triebwerkszahl von 30 auf 24 in der ersten und von 8 auf 6 in der zweiten verringern. Wenn man nur mit 1,25 g starten will kann man sogar noch weiter heruntergehen auf 20 bzw. 5 Triebwerke, doch dann hat man ein Symmetrieproblem. In der dritten Stufe gibt es zwei Möglichkeiten. Wenn man die Architektur von vier festen Triwebweken beibehalten will kann man ein NK-9V durch ein RD-110/RD-0124 ersetzen. Das hat einen etwas geringere Schub doch er eicht bei diese Stufe noch aus. Das zweite wäre es die Architektur aufzugeben und ein RD-191 zentral einzubauen. Das müsste dann schwenkbar sein.
Viel hat sich bei der Elektronik getan. Die steckte in den Sechziger Jahren noch in den Kinderschuhen. Man konnte mit dem System KORD nur vier bis fünf Parameter der Triebwerke überwachen und bei Überschreiten von Grenzlinien einfach abschalten. Nicht viel besser war das beim Space Shuttle in den ersten Jahren als es zahlreiche Startabbrüche kurz vor dem Abheben gab weil Sensorwerte von den „roten Linien“ abwichen. Immerhin konnte der Triebwerkskontroller damals schon die Abweichung erkennen bevor es einen Triebwerksschaden gab, das konnte KORD noch nicht. Verbesserte Triebwerkskontroller hatten ab 1990 die Fähigkeit Veränderungen zu verfolgen und so falsche Sensorwerte von einem echten Problem zu unterschieden so dass es keine Abschaltungen ohne echte Ptobleme mehr gab. Die letzte Version der SSME-Elektronik, deren Entwicklung dann nach dem Verlust der Columbia abgebrochen wurde hätte diese Verfolgen noch weiter betrieben und wäre fähig gewesen schon Sekunden vor einer gefährlichen Situation ein Triebwerk abzuschalten. Als Nebeneffekt hätten sie auch die Shuttle-Triebwerke die an der Grenze des technisch möglichen arbeiteten mit reduzierter Leistung (bs zum 65% Schublevel) weiter betrieben, anstatt sie gleich ganz abzuschalten. Ich denke mit heutigen Möglichkeiten würden auch 30 Triebwerke möglich sein, weil der Triebwerkskontroller ein Triebwerk zuerst rechtzeitig herunterfahren würde und dann wenn das Problem immer noch vorhanden ist ganz abschalten würde. Eine übergeordnete Distanz wie KORD braucht man nur, um dann die Schubsymmetrie zu erhalten.
In meinem ersten Ansatz habe ich daher die Leistungsdaten der N1 aus dem Worst-Case Szenario (niedrigste spezifische Impulse und höchste Strukturfaktoren genommen) und nur die Trockenmasse von sechs NK-15 in der ersten und zwei in der zweiten Stufe abgezogen und die spezifischen Impulse durch die der RD-191/RD-0124 ausgetauscht. Bei der Nutzlast bin ich von 95 t ausgegangen weil man sonst sehr hohe Gravitationsverluste erhält, die wären aber gerade wegen des hohen Schubs eigentlich sehr klein. Alleine dadurch steigt die Nutzlast auf 115 t also rund 20 t an.
Doch wenn schon die Rakete mit den vielen Triebwerken ausgelegt ist, warum das nicht nutzen? Für die N-1F wollte man die Tanks durch zylindrische Zwischenstücke verlängern. Im einem zweiten Schritt habe ich die N-1 also wieder mit der ursprünglichen Triebwerkszahl genommen und dafür die Masse der Stufen soweit angehoben, dass man wieder auf das gleiche Schub/Gewichtsverhältnis kommt. Für die Tanks habe ich einen Wert Struktur/Startmasse von 1:75 angenommen, eine relativ geringe Schätzung. Die dritte Stufe setzt nun ein RD-191 ein, das einen höheren Schub als die RD-0124 hat aber einen kleineren spezifischen Impuls.
Die Startmasse steigt so von 2722 auf 3463 t (ohne Nutzlast), doch die Nutzlast auch deutlich von 115 auf 148 t. Das ist eine überproportionale Steigerung, weil siech die schlechten Strukturfaktoren nun deutlich bessern. Diese waren sehr schlecht für die Mischung LOX/Kerosin.
Der dritte Schritt befasst sich mit den Oberstufen. Ich sehe hier keinen Sinn diese anzupassen. Zum einen wird es schwierig ein 400 kN Triebwerk für Block W zu finden, zum zweiten zweiten arbeitet Russland ja nun inzwischen auch an der Nutzung der Wasserstofftechnologie. Für die Angara A7 ist eine KTVK-2 mit zwei RD-0146 und 43 t Startmasse vorgesehen. verdoppelt man sowohl triebwerkszahl wie Masse kommt man zu einer KTVK-4 mit 86 t Startmasse. Die habe ich als vierte Stufe auserkoren. Das leitet zur letzten Version über die nun für Mondmissionen ausgelegt ist. Sie könnte rund 63 t zum Mond befördern – das ist einiges mehr als eine Saturn V und ausreichend für ein komfortables Mondprogramm. Würde man z-.B. direkt auf dem Mond landen so würde bei einem dV vvon 2900 m/s und beim Einsatz von gängigen Triebwerken mit einem spezifischen Impuls von 3150 noch 25 t direkt gelandet werden können. Zieht man rund 5 t für die Stufe und Landegestell ab so sind das 20 t Nettomasse, also in etwa das was ein Mir oder ISS-Modul wiegt. Damit könnte man mit zwei Flügen eine Mondstation und eine Besatzung auf den Mond bringen die sich im ersten schritt vielleicht über einen Montag (14 Erdtage) dort aufhält und viel mehr unternehmen kann als bei Apollo, denn auch die bemannte Mission kann mehr Ausrüstung transportieren. Die Stufe ist mit 86 t Masse etwas klein für die Nutzlast ich habe daher noch eine größere mit 50% höhere Startmasse unetrsucht. Sie bringt aber nur 3 t mehr Nutzlast. Allerdings ist die Trockenmasse der KRVK auch sehr hoch. Die S-IVB hatte bei ähnlicher Startmasse nur 2/3 der Trockenmasse. Das würde weitere 5 t Nutzlast bringen.
Die entscheidende Frage zum Schluss, warum sollte man die N-1 nachbauen und nicht die Energija, die letztere ist ja jünger und erfolgreich geflogen. Nun die N-1 scheiterte weil man die erste Stufe nie testen konnte und die Triebwerke unzuverlässig waren. Das letztere ist heute nicht mehr gegeben. Das erstere kann man nachholen. Bei der Energija haben wir dagegen in den Boostern die RD-1870 Triebwerke die in der Zenit einige Male versagten. Die Technologie für die Zentralstufe zu entwickeln war teuer, viel teurer als die N-1, warum also nicht zu der zurückkehren. Wenn man die Triebwerke austauscht hat man eine Trägerrakete von sehr robuster Bauweise und hohen Strukturfaktoren – technisch nicht brillant, doch das war die Saturn V auch nicht. Für wenige Mondmissionen die aber klappen müssen ist dies wichtiger. Zudem hat Russland immer an LOX/Kerosin festgehalten, während man die Wasserstofftechnologie nach Energija wieder aufgab. Ich halte daher die N-1 für die logischere Wahl.
Zuletzt noch zwei abgeleitete Raketen: Koroljow plante auch eine N-11 (ohne erste Stufe) und eine N-111 (ohne erste und zweite Stufe). Die N-11 hätte die Proton ersetzt die N-111 die Sojus. Umgesetzt wurde das nicht. Ich habe das mit dem letzten Exemplar gemacht und es kommen zwei interessante Raketen mit 15 bzw 54 t LEO-Nutzlast raus.
Rakete: N-1
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Verkleidung [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
Nutzlastanteil |
---|---|---|---|---|---|
2762920 | 85920 | 0 | 7802 | 1684 | 3,11 % |
Stufe | Anzahl | Name | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez.Impuls (Vakuum) [m/s] |
1 | 1 | 1930800 | 180800 | 3118 | |
2 | 1 | 557500 | 52500 | 3188 | |
3 | 1 | 188700 | 13700 | 3334 |
Rakete: N-1 mit RD-191/RD-0124
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Verkleidung [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
Nutzlastanteil |
---|---|---|---|---|---|
2782245 | 115445 | 0 | 7802 | 1431 | 4,15 % |
Stufe | Anzahl | Name | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez.Impuls (Vakuum) [m/s] |
1 | 1 | 1923300 | 173100 | 3310 | |
2 | 1 | 554800 | 49800 | 3310 | |
3 | 1 | 188700 | 13700 | 3521 |
Rakete: N-1 mit RD-191/RD-0124 (2)
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Verkleidung [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
Nutzlastanteil |
---|---|---|---|---|---|
3539555 | 148555 | 0 | 7802 | 1431 | 4,20 % |
Stufe | Anzahl | Name | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez.Impuls (Vakuum) [m/s] |
1 | 1 | 2456000 | 187900 | 3310 | |
2 | 1 | 685000 | 54300 | 3310 | |
3 | 1 | 250000 | 14600 | 3310 |
Rakete: N-1 mit RD-191/RD-0124 (3)
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Verkleidung [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
Nutzlastanteil |
---|---|---|---|---|---|
3540623 | 63003 | 0 | 10950 | 1431 | 1,78 % |
Stufe | Anzahl | Name | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez.Impuls (Vakuum) [m/s] |
1 | 1 | 2456000 | 187900 | 3310 | |
2 | 1 | 685000 | 54300 | 3310 | |
3 | 1 | 250000 | 14600 | 3310 | |
4 | 1 | 86620 | 11500 | 4542 |
Rakete: N-1 mit RD-191/RD-0124 (4)
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Verkleidung [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
Nutzlastanteil |
---|---|---|---|---|---|
3586987 | 66057 | 0 | 10950 | 1431 | 1,84 % |
Stufe | Anzahl | Name | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez.Impuls (Vakuum) [m/s] |
1 | 1 | 2456000 | 187900 | 3310 | |
2 | 1 | 685000 | 54300 | 3310 | |
3 | 1 | 250000 | 14600 | 3310 | |
4 | 1 | 129930 | 17250 | 4542 |
Rakete: N-11 mit RD-191/RD-0124 (3)
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Verkleidung [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
Nutzlastanteil |
---|---|---|---|---|---|
1076454 | 54834 | 0 | 7802 | 1600 | 5,09 % |
Stufe | Anzahl | Name | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez.Impuls (Vakuum) [m/s] |
1 | 1 | 685000 | 54300 | 3310 | |
2 | 1 | 250000 | 14600 | 3310 | |
3 | 1 | 86620 | 11500 | 4542 |
Rakete: N-111 mit RD-191/RD-0124
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Verkleidung [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
Nutzlastanteil |
---|---|---|---|---|---|
310309 | 14999 | 0 | 7802 | 1600 | 4,83 % |
Stufe | Anzahl | Name | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez.Impuls (Vakuum) [m/s] |
1 | 1 | 252000 | 16500 | 3310 | |
2 | 1 | 43310 | 5750 | 4542 |
Noch mehr würde es bringen, wenn als zweite Stufe die Zentralstufe der Energija eingesetzt wird. Und wenn das nicht reicht kann man ja immer noch Booster anbauen.
Wie ich schon schrieb: von LOX/LH2 hat sich Russland vor 30 Jahen verabschiedet. Die Probleme bei der KVTK zeigen recht deutlich dass man hier wissen verloren hat.
Stimmt, inzwischen sind sie die einzige Raumfahrtnation, die diese Technik nicht beherrschen. Die Inder haben die russischen LH2/LOX Technik zum Fliegen gebracht, nur die Russen tun sich immer noch schwer damit. Vielleicht sollten sie bei den Indern die Lizenz für ihre eigene Technik kaufen…
Na ja das RD-56 ist im Prinzip ein LOx/Kerosin Triebwerk umgebaut auf lh2. Dass ist ihre alte Technik (wurde auch schon 1969 entwickelt) und für ein lh2 Triebwerk enorm schwer, dreimal schwerer als ein schubgleiches westliches Fabrikat mit trotzdem nur mäßigem spezifischen Impuls für den hohen brennkammerdruck.
Bei der energija brauchen sie aber ein 20-mal geößeres Triebwerk und das beherschen sie derzeit nicht mehr.