Wer seine Raketen schon vor dem Start sprengt, und dem die Kunden abspringen, muss ab und an auch mal was positives berichten. So hat Gwwn Shotwell auf der Small Satellites Conference zwei neue Träger angekündigt. Dagegen gibt es von Musk seit Trumps Wahlsieg keine Twitter Meldungen mehr und auch sonst hält sich Musk bedeckt, was schon die Spekulationen anfeuert, er würde unter Trump ein wichtiges Amt bekommen. Schließlich haben schon ernannte Personen von Trump angekündigt, das vieles in der NASA privatisiert werden soll und die SLS eingestellt werden soll.
Doch zurück zu SpaceX. Die Small Satellite Conference befasst sich wie der Name schon sagt mit kleinen Satelliten, typisch unter 1 Tonne Gewicht. Wo die Grenze nach unten gezogen wird, ist unterschiedlich. Einige Vorträge befassen sich auch mit Cubesats die nur 1 kg wiegen. Der Markt boomt derzeit. Nicht nur Cubesats, für die gerade drei neue Träger entstehen (die Electron, LauncherOne und Firefly Alpha) sondern auch für kleine Satelliten. Google startet derzeit seine SkySAT-Satelliten. Jeder wiegt nur 110 kg und soll die Abdeckung und Aktualität von Google Maps verbessern. Zahlreiche kleine Länder beginnen nun kleine Erderkundungssatelliten zu starten. So hat die Vega schon Satelliten für Kasachstan, Peru und die Türkei gestartet. Klar, das auch SpaceX da mitmischen will. Zudem braucht die Firma für ihr eigenes Konstellationsprogramm einen Träger um Ersatzsatelliten zu starten, wenn mal einer ausfällt.
SpaceX hat schon mal eine Rakete gehabt die für kleine Satelliten geeignet war: die Falcon 1. Nach drei Fehlstarts klappten die beiden folgenden Flüge. Doch dann stellte man das Muster ein, ebenso wie eine größere Version die Falcon 1e. Die wenigen gebuchten Nutzlasten von Omniweb wurden auf die Falcon 9 umgebucht und der zweite Kunde Astrium wanderte zur Vega ab. Damals nannte man bei einer früheren Konferenz, dass man keinen Markt für die Rakete sähe. Das ist inzwischen 5 Jahre her und die Startfrequenz bei kleinen Satelliten ist in den letzten drei Jahren jährlich um 40 bis 66% gestiegen. Selbst die Falcon 9 konnte schon einen Start für den Transport zahlreicher Nutzlasten ergattern, da nun die Startgelegenheiten als Sekundärnutzlasten weitestgehend ausgeschöpft sind.
Die erste neue Rakete ist die Falcon 1S. S steht für „small“. Sie besteht aus der Oberstufe der Falcon 9, allerdings ohne die Düsenverlängerung und mit auf 50 t reduzierten Treibstoffzuladung. Offen lies Shotwell ob die Oberstufe unverändert eingesetzt wird oder leicht gekürzt wird. Sie soll etwa 1 t in einen erdnahen Orbit transportieren. Aufgrund der hohen Stufenleermasse nimmt die Nutzlast für höhere Bahnen rasch ab. Für sonnensynchrone Bahnen oberhalb 500 km Höhe wird es daher ein Auxillary Propulsion Kit geben, das nicht genau umrissen ist. Es setzt zwei Draco Triebwerke ein und soll aus dem Antriebsmodul der Dragon 1 abgeleitet sein. Ein Draco hat rund 400 N Schub. Vergleicht man den Schub mit Antriebsmodulen anderer Raketen, so dürfte die Treibstoffzuladung im Bereich einigen Hundert Kilogramm liegen. Die Falcon 1X soll den Start von Kleinsatelliten zu einem nicht näher genannten, aber „konkurrenzlos günstigen“ Preis ermöglichen. Der bisher niedrigste Startpreis wird von China mit der Kuaizhou-11 angeboten: 10.000 Dollar pro Kilogramm. So müsste der Start unter 10 Millionen Dollar kosten.
Die Falcon 1S soll auch die Bergung der Oberstufe erproben. Das ist für Bahnen geplant, bei dem das Auxillary Propulsion Kit zum Einsatz kommt. Dadurch sinkt die Abtrenngeschwindigkeit und die Stufe muss nicht deorbitiert werden, was zusätzlichen Treibstoff kostet. Zudem ist die (wahrscheinlich) verkürzte Stufe robuster und könnte den Weideeintritt überstehen. Shotwell schraubte die Erwartungen aber herab. Es gäbe sehr viele Unwägbarkeiten. So ob man die Landeplattform die weniger als 100 m lang ist, auch nach einem ballistischen Flug von mehreren Tausend Kilometern getroffen wird. Ob die Oberstufe die viel höheren Belastungen übersteht, wäre auch fraglich. Die ersten Exemplare, ohne zusätzlichen Schutz sicher nicht, doch bei ihnen sollen Sensoren beim Wiedereintritt nur genügend Daten liefern um zu entscheiden ob sich auch die Oberstufenbergung wirtschaftlich lohnt, denn der notwendige Thermalschutz würde die Nutzlast reduzieren.
Die zweite Rakete ist die Falcon 6. Bei der Falcon 6 handelt es sich aber nicht um eine neue Rakete, sondern ein Abfallprodukt der Bergung der Falcon 9. Bei der Landung arbeiten die mittleren drei Triebwerke um die Rakete abzubremsen. Sie haben nach einigen Bergungen daher eine deutlich höhere Laufzeit angesammelt als die äußeren Triebwerke. Wenn eine Falcon 9 noch einmal einsetzbar wäre, die mittleren Triebwerke aber aufgrund der längeren Laufzeit nicht mehr einen weiteren Lauf überstehen (bzw. die Sicherheitsmarge unterschritten haben) dann will SpaceX die mittleren drei Triebwerke ausbauen. Zusammen mit der verkürzten (oder teilbeladenen) Falcon 1S Oberstufe resultiert dann eine Trägerrakete mit in etwa der Nutzlastkapazität der ersten Falcon 9, also etwa 7-8 t in einen LEO Orbit. SpaceX will die Falcon 6 vor allem für SSO-Starts von Vandenberg aus einsetzen. Die Nutzlasten die für diese Starts gebucht sind, nutzen die theoretische Maximalnutzlast der Falcon 9 bei weitem nicht voll aus. Sie könnte auch für kleine geostationäre Satelliten (Masse unter 3,5 t) zum Einsatz kommen. Hier konnte Shotwell schon einen Kunden vorweisen, der einem Shift von der Falcon 9 zur Falcon 6 zugestimmt hat: OHB Systems, die damit den Radarsatelliten Sarah der Bundeswehr starten will. Die Deutschen Kunden wären „Extrem preissensitiv“. Die Falcon 6 wird daher wahrscheinlich spürbar billiger als die Falcon 9 sein, da man sonst die erste Stufe verschrotten müsste. Es gibt übrigens eine Paralelle zur schon mal geplanten Falcon V, die in der letzten Variante eine (damalige) Falcon 9 mit fünf Triebwerken in der ersten Stufe war und auch von Stratolaunch gestartet werden sollte. Doch Stratolaunch trennte sich von SpaceX weil die Firma zu große Schwierigkeiten hatte beide Träger auf derselben Produktionsstraße zu fertigen. Anders als die Falcon V wird die Falcon aber keine verkürzte Erststufe einsetzen.
Einen Dämpfer gab es dagegen bei der Falcon Heavy. Sie wird 2017 nicht starten. Die Ingenieure haben große Schwierigkeiten in der technischen Umsetzung des Crossfeedings. Was genau das Problem ist wurde nicht genannt. Auf die Frage, warum man nicht darauf verzichtet, gab Shotwell die Antwort, das Crossfeeding essentiell für die Bergung der Falcon Heavy wäre. Sonst wären die drei Booster bei zu hoher Geschwindigkeit ausgebrannt und könnten nicht zum Startplatz zurückfliegen. Ohne die Wiederverwendung der äußeren beiden Booster die bei Cross-Feeding bei verhältnismäßig geringer Geschwindigkeit (kleiner als die Abtrenngeschwindigkeit der Falcon 9) ausgebrannt sind, ginge aber das Marketingkonzept nicht auf, da die Falcon Heavy nur eine Nutzlast transportiert und man sonst über 130 anstatt 85 Millionen Dollar pro Start verlangen müsste. Es gäbe nachdem die Falcon 9 nun über 8 t in den GTO transportieren könnte, auch keinen Termindruck. Kunden habe man angeboten, ihre Nutzlasten auf die Falcon 9 zu verschieben. Zumindest Inmarsat hat aber dann lieber eine Ariane 5 gebucht. Andere Kunden waren schon vorher abgesprungen, sodass die Falcon Heavy derzeit nur drei bezahlte Einsätze hat.
Es könnte sein, das die Falcon Heavy in anderer Form wiederkommt, wenn wie Gerüchte besagen Musk eine einflussreiche Position als Berater von Trump oder (wie gemunkelt wird) als NASA-Administrator bekommt. Dann soll die Falcon Heavy mit Raptor-Triebwerken kommen. Drei Raptor werden neun Merlin ersetzen und die Nutzlast auf rund 70 t anheben. Dies soll dann die SLS ersetzen und die Entwicklung mit NASA-Mitteln finanziert werden. Allerdings wird sich SpaceX sputen müssen, denn das diese Verflechtung von Privat- und öffentlichen Interessen wahrscheinlich vom nächsten Präsidenten gekippt wird, dürfte sicher sein (außer es wird Trump erneut gewählt). Das bedeutet SpaceX müsste die Rakete in weniger als vier Jahren fertigstellen. Seit 2011 haben sie schon fast 6 Jahre an der Falcon Heavy gearbeitet, ohne zum Abschluss zu kommen.