Das richtige Okular finden
Es ist Weihnachtszeit und wie immer zu Weihnachten bekomme ich Mails von Leuten, die sich ein Teleskop anschaffen, wollen oder verschenken wollen. Ganz intensiv war es am Wochenende, als jemand als erstes Teleskop ein C8 oder einen 150-mm-Apochromaten anschaffen wollte. Das heißt, er liegt in der Preisklasse 2000 bis 3000 Euro. Normalerweise geben die Leute für erste Teleskop eher ein Zehntel dessen aus und ich wollte ihn auch zu einem kleineren Instrument überreden. Der Grund: Jeder macht was anderes, jeder wohnt woanders und nicht jeder findet Gefallen, nachts in der Kälte durch ein Teleskop zu schauen (dummerweise sind die Beobachtungsbedingungen am besten im Winter in sternklaren = kalten) Nächten. Ich habe persönlich festgestellt, dass es für mich nicht das Richtige ist. Es wäre vielleicht, wenn ich in den Bergen wohnen würde, anders. Aber hier in der Nähe von Stuttgart lohnt sich wegen der Lichtverschmutzung eigentlich kein größeres Instrument. Das ist wie, wenn man einen Porsche hat, und darf nur innerorts fahren. Dafür reicht dann auch ein Golf.
Daher sollte man klein anfangen sich Basiswissen aneignen und dann kann man sich nach ein, zwei Jahren was Größeres kaufen, hat aber dann auch genau Vorstellungen was man will und was nicht.
Ich will im heutigen Blog mal auf ein Thema eingehen, das alle angeht: zusätzliche Okulare. Man bekommt meistens welche mitgeliefert, meistens Zwei, manchmal auch nur Eines. Man braucht aber meistens mehr. Zudem sind die meist schlecht ausgewählt. So habe ich schon Refraktoren mit einem Öffnungsverhältnis von 12 gesehen die mit einem 10 und 20 mm Okular ausgeliefert wurden. Warum das Nonsense ist weiß man nach Lesen des Artikels.
Warum braucht man verschiedene Okulare?
Mit Okularen stellt man die Vergrößerung ein die ein Teleskop liefert. Man berechnet sie durch die einfache Formel:
Vergrößerung = Teleskopbrennweite / Okularbrennweite
Da die Teleskopbrennweite fest ist, erreicht man verschiedene Vergrößerungen nur durch mehrere Okulare. Die gibt es von 3 bis etwa 56 mm Brennweite, die größte Auswahl gibt es zwischen 10 und 32 mm Brennweite, darunter und darüber wird das Angebot kleiner.
Von Zoom-Okularen ist wenn man keine Tiere beobachten will abzuraten. Zum einen ist die optische Qualität schlechter als bei Einzelokularen. Zum Zweiten ist der Blockwinkel klein (dazu später). Dafür sind sie relativ teuer.
Eine zweite Möglichkeit Okulare einzusparen sind Barlow-Linsen. Das sind Vergrößerungslinsen mit einem festen Faktor (meist 1,5 bis 2), die man zwischen Teleskop und Okular steckt. Mit einer 1,8-Fachen Barlowlinse wird aus einem 18-mm-Okular so ein 10-mm-Okular. (Die neue Brennweite erhält man durch Teilen der Originalbrennweite durch den Faktor der Barlowlinse).
Man kann also Okulare einsparen. Ich persönlich finde es zu umständlich, weil man immer zwei optische Elemente wechseln muss und ich benutze die Barlowlinse nur für fotografische aufnahmen.
Welche Brennweiten soll ich kaufen?
Es gibt unabhängig vom Teleskop zwei Kriterien, die man beherzigen müsste. Beide hängen mit dem Auge als optischem System zusammen und folgen aus den Gesetzen der Optik. Das eine ist die maximale Pupillengröße. Sie liegt im mittleren Alter bei 7 mm. Ein Okular sollte keine Austrittspupille haben, die größer als die maximale Pupiillengröße (also 7 mm) ist. Nach unten erhält man die schärfste Abbildung, wenn die Pupille 1 mm groß ist, so groß ist die Region im Auge mit der hohen Auflösung. Die kleinste nützliche Austrittspupille beträgt also 1 mm. Man kann leicht drüber gehen (so bis in etwa 0,7 mm) wenn das Objekt sehr klein ist (Planeten, meist bemerkt man aber dann auch schon das die Abbildung nur größer und dafür unschärfer wird denn das korrespondiert auch mit dem Auflösungsvermögen des Teleskops. Man bekommt bei 1 mm die Vergrößerung, mit der man die feinsten Details sieht. Sie liegt, als kleine Hilfe, so groß wie der Optikdurchmesser in Millimetern. Die maximal sinnvolle Vergrößerung eines 130-mm-Instruments liegt also bei 130-Fach. Die Regel gilt übrigens nicht für Ferngläser, weil man diese tagsüber benutzt und da sollte die maximale Vergrößerung bei einer Pupille von 7 mm liegen, sonst hat man den weiter unten beschriebenen „Röhreneffekt“. Ein 50-mm-Fernglas sollte also maximal 50/7 = 7-fach vergrößern.
Doch wie kommt man auf die Austrittspupille?
Sie berechnet sich nach folgender Formel:
Austrittspuplle = Okularbrennweite / Öffnungsverhältnis
wobei:
Öffnungsverhältnis (f/d) = Brennweite der Optik / Durchmesser der Optik
Nehmen wir mal einen billigen Einstiegsnewton mit 114 mm Durchmesser und 900 mm Brennweite:
Öffnungsverhältnis = 900 / 114 = 7,9
Mit den beiden Extremen 7 mm Austrittspupille und 1 mm Austrittspupille bekommt man dann auf eine Maximalbrennweite von 7 x 7,9 = 55 mm und 1 x 7,9 = 8 mm, maximal 0,7 x 7,9 = 5-6 mm.
Ich empfehle drei bis vier, wobei jedes Okular etwa die doppelte Vergrößerung des vorherigen liefert. So würde sich folgende Reihe anbieten:
55-56 / 25-28, 12-14,7-10
Da die hohen Brennweiten teuer sind, und die 0,7-mm Pupille schon grenzwertig ist käme man auch mit drei aus:
40 mm / 15-20 mm / 7-10 mm
Welches Okular kaufen?
Es gibt nicht nur zahlreiche Anbieter sondern auch zahlreiche Bauformen. Sie unterscheiden sich im Preis aber auch dem optischen Aufbau. Am unteren preislichen Ende liegen orthoskopische Okulare, die so langsam aussterben und Plössls, am oberen Extreme-Wide-Angle Okulare. Die einfachen haben vier Linsen, die teuren bis zu acht.
Der Unterschied ist nicht mal so sehr an der optischen Güte festzumachen. Auch die preiswerten orthoskopischen Okulare bieten ein scharfes Bild. Das Gleiche gilt für die heute häufigste Gruppe, die Plössls. Worin sie sich wesentlich unterscheiden, ist der Öffnungswinkel und das Einblickverhalten. Der Öffnungswinkel ist der Winkelbereich, den man mit dem Okular sieht. Vereinfacht gesagt bedeutet ein kleiner Öffnungswinkel, dass man mit dem Auge den Rand = die Bregenzung deutlich wahrnimmt (wie wenn man durch ein Rohr schaut), bei einem großen dagegen nicht, es scheint so als wäre man „im“ Weltraum. Das Zweite ist das Einblickverhalten. Es hängt zum einen vom Brennpunkt des Okulars ab, ist der nahe an der Linse so ist das Einblickverhalten schlecht, ist er weit weg so ist es deutlich besser. Bei kleinen Brennweiten kommt hinzu, dass bei kleinen Brennweiten die Feldlinse sehr klein ist. Ich habe hier mal meine Okulare nach Brennweiten geordnet (32 bis 10 mm Brennweite). Man sieht deutlich das die Linse immer kleiner wird.
Weitwinkelokulare erlauben einen Rundumblick. Doch preiswerte Weitwinkelokulare haben meist ein schlechtes Einblickverhalten und eine Randunschärfe. Bessere Weitwinkelokulare wiesen beide Nachteile nicht aus, doch dafür sind sie sehr teuer und schwer. Das teuerste Ultra-Wide Angle Okular kostet 1300 Euro bei 1,3 kg Gewicht und 120 Grad Gesichtsfeld. Ein Standard Plössl derselben Brennweite dagegen 35 Euro bei 71 g Gewicht und 52 Grad Gesichtsfeld. Das Gewicht spielt durchaus eine Rolle, weil die Okulare an den Tubenenden befestigt werden und so eine große Hebelwirkung haben. Das gilt vor allem für Refraktoren.
Meine Empfehlung
Okulare mit kleinen Brennweiten braucht man für die Planetenbeobachtung. Da man hier sowieso nur auf den Planeten schaut und der schon in einem normalen Okular klein ist, lohnt es sich nicht hier in Weitwinkelokulare zu investieren. Ideal sind hier die orthoskopischen Okulare mit zwar kleinem Blickfeld, aber gutem Einblickverhalten. Leider sind die langsam am Aussterben. Für die Beobachtung mit mittleren oder großen Brennweiten (Globalübersicht Mond oder Sonne, Nebel, Sternfelder) kann sich ein Weitwinkelokular lohnen. Leider haben Besitzer von langbrennweitigen Instrumenten hier das Problem, das sie sehr große Brennweiten für kleine Vergrößerungen brauchen. Ab etwa 30-32 mm Brennweite braucht man schon bei Standardokularen (Plössl) ein 2“ Okular. Normal sind sonst 1,25 Zoll Steckhülsen. Der normale Okularauszug hat einen 2-Zoll-Anschluss mit Reduktion auf 1,25 Zoll, außer bei ganz kleinen Teleskopen.
Das man bei großen Brennweiten eine Steckhülse mit 2 Zoll Durchmesser braucht, liegt an der Feldlinse. Sie kann maximal so groß sein wie der Innendurchmesser des Okulars. Bei 1,25 Zoll maximal 29 mm. Als Faustregel gilt: Bei 57° Austrittswinkel ist die Feldlinse genauso groß wie die Brennweite. Bei den 50-52 Grad Öffnungswinkel eines 32-mm-Okulars ist man also schon an der Grenze, das die Feldlinse den ganzen Innendurchmesser ausfüllt. Das Okular oben rechts ist z.B. ein solches 32-mm-Okular. Geht man nun zu größeren Brennweiten über, so sieht man absolut nicht mehr – die Brennweite steigt an, aber der Öffnungswinkel sinkt, das Produkt con beiden, das heißt das wahre Gesichtsfeld, bleibt konstant.
2-Zoll-Okulare sind aber nicht nur teurer und schwerer, man muss dann auch dauernd den Einsatz zwischen 2 Zoll und 1,25 Zoll wechseln. Bei einem Instrument mit 90-Grad-Prisma am Okularauszug (Schmidt-Cassegrain, Refraktor, Maksutov) muss man zudem dann auch dieses 90-Grad-Prisma in 2 Zoll Ausführung sein, was extra kostet. Üblich sind nur 1,25 Zoll Prismen bei Standardteleskopen.
Aus Sicht der Minimierung der Folgekosten ist man daher am besten dran, wenn die Optik ein Öffnungsverhältnis von 5-6 hat. Dann kommt man mit 1,25 Zoll Okularen aus und man braucht keine Okulare mit kleinen Brennweiten und schlechtem Einblick. Leider sind das nur Newtons. Kurzbrennweitige Refraktoren und Schmidt-Cassegrains mit dem Öffnungsverhältnis gibt es auch, doch sind die entweder teuer oder haben andere Nachteile. (Unscharfe Abbildung durch die großen Fangspiegel bei SC, Farbfehler bei Achromat-Refraktoren).
So ich hoffe der Beitrag war lehrreich, auch wenn er vielleicht für die meisten regelmäßigen Blogleser nicht so interessant war.
Ich hoffe das bald der zweite teil zur Energiewende vom neuen Gastautor kommt.