Bernd Leitenbergers Blog

Probleme bei der Energiewende 2

Wende ist eine 180 Grad Drehung. Schon allein der Begriff sagt aus, dass alles anders werden soll. Statt also jetzt praktikable schrittweise Lösungen für einen besseren Umgang mit der Energie und unserem Planeten zu suchen muss alles anders werden. Anders heißt für mich nicht unbedingt besser. Im zweiten Teil werde ich mich auf die Energiewende beim Transport konzentrieren und versuchen praktikable Teillösungen darzustellen.

Transport

Der Verkehr ist einer der großen Verbraucher von fossilen Ressourcen. Gleichzeitig sind die Anforderungen je nach Aufgabe (Lasten, Personen) sehr unterschiedlich. Warum gibt es eigentlich jetzt die Forderung in Zukunft ausschließlich Elektroautos zuzulassen? Natürlich hat ein Elektromotor einen höheren Wirkungsgrad und ist leiser und Schadstoffärmer als ein Verbrennungsmotor. Was nützt das, wenn der Strom aus Wärmekraftwerken stammt (Schadstoffausstoß), über lange Strecken transportiert werden muss (Verlust und Bedarf an Leitungskapazität), dann im Fahrzeug gespeichert werden muss (Verlust), und ein Riesenproblem auftaucht, wenn Deutschland an einem verregneten Wintertag oder bei Windstille in den Urlaub fahren will? Weiterhin gibt es ein immenses Problem, wenn in der Reisesaison an den Autobahnen wenn jeder sein e-Mobil aufladen will.

Diese Forderung stellt m.E. Mal eine Vergrößerung des tatsächlichen Problems dar, die sinnvolle Schritte zu einem ressourcehnschonenden Transportwesen eher behindert. Vor einer Entlastung der Umwelt müssten erst alle Probleme der dazu nötigen Stromerzeugung, Speicherung, Bereitstellung von Reserveenergie bei Flaute bzw. Spitzenzeiten im In und Ausland gelöst werden müssen.

Gehen wir einmal von den tatsächlich Anforderungen für den Transport aus, dann stellen wir fest, dass:

  1. Unabhängig von einer bestimmten Technologie soll eine variable Transportleistung mit geringerer Umweltbelastung erbracht werden.

  2. Es soll beim Transport eine Unabhängigkeit bzw. eine Individualität gegeben sein (sonst würden ja alle mit dem ÖPNV fahren).

  3. Die Verkehrsmittel sollten umweltfreundlich hergestellt und betrieben werden.

Als Lösung zu 1 würde sich zuerst die Reduktion der nötigen Transportleistung anbieten, weil die unabhängig von weiteren Maßnahmen direkt die Umweltbelastung verringert. Bei gegebener Transportleistung bleibt noch technologisch zwischen Luftfahrt, Straße, Schiene und Schiff auszuwählen.

Als Lösung zu 2 gibt es eine Vielzahl von verschiedenen Verkehrsmitteln (vom Fahrrad bis zum Automobil)

Erst als letztes bleibt die Verkehrsmittel selber zu optimieren.

Die Rolle der Politik

Die Politik und das Wirtschaftssystem schränken in großem Maße die Möglichkeiten zur Schonung der Umwelt beim Transport ein. Stichworte dazu ist zentrale Produktion an globalen Standorten und Verteilung weltweit, oder Auslagerung von Teilaspekten der Produktion in weit entfernte Gegenden (Lohnkosten). Hier in Deutschland wird an den allwissenden Markt geglaubt, und an die Steigerung des BIP als Lösung für alle Probleme. Es wird dabei vielfach vergesssen, dass die Politik mit ihren Entscheidungen bzw dem sich Drücken vor Entscheidungen das Geschehen in der Wirtschaft und im Privatsektor bestimmt.

Beispiel 1:

Kleintransporter können mit PKW-Führerschein gefahren werden, haben keine Überwachung der Lenkzeiten und zahlen keine Maut auf der Autobahn. Die Fahrer können billigst als Aufstocker von der Arge bezogen werden, oder werden als Scheinselbstständige verpflichtet. Wen wundert es jetzt noch, wenn die Transporte in größerem Maße vom LKW auf Kleintransporter verlagert werden. Auch wenn es sich aufgrund der politischen Vorgaben rentiert ist es vom Standpunkt des Energieverbrauchs und der Umweltbelastung ungünstig.

Beispiel 2:

Früher hat die Post Briefe und Pakete ausgeliefert. War man nicht zu hause konten diese Sendungen im örtlichen Postamt abgeholt werden, oder man konnte einen alternativen Termin ausmachen. Im Rahmen der „Konkurrenz ist alles“ Philosophie werden die Sendungen jetzt durch 4 und mehr Lieferdienste im selben Gebiet ausgeliefert. Auch dieses energetisch und ausstattungsmäßig unwirtschaftliche Modell trägt sich nur durch die politische Entscheidung für einen aufgeblasenen Niedriglohnsektor mit öffentlicher Subvention für die Mitarbeiter.

Beispiel 3:

Im Rahmen des Glaubensbekenntnisses „privat ist immer besser als öffentlich“ wurde die Bahn als Privatunternehmen umorganisiert. Statt sich um einen Transportauftrag für die Allgemeinheit in Deutschland zu kümmern ist es jetzt das Ziel des neuen Unternehmens möglichst hohe Gewinne im In- und Ausland zu erzielen.

Dazu wurden weniger rentable Strecken, Ausweichstrecken, Überholstellen und Güterbahnhöfe wegrationalisiert. Weil dadurch die langsameren Güterzüge nicht mehr von schnelleren Zügen überholt werden können, müssen sie lange warten. Das führt dazu, dass sie selbst für kurze Strecken unverhältnismäßig viel Zeit brauchen. Ohne eine ausreichende Zahl an Güterbahnhöfen und Gleisanschlüssen für Firmen müssen auch die Güter über lange Strecken im LKW angeliefert werden, so dass die Firmen dann lieber direkt per LKW tum Endabnehmer transportieren.

Autoreisezüge und Übernachtzüge ins Ausland werden eingestellt statt sie zu modernisieren und attraktiv zu gestalten.

Elektromobile

Die Forderung nach Elektromobilen lenkt nur von den vorhergenannten ungünstigen politischen Vorgaben ab. Sie führt dazu, dass die Probleme nur einseitig betrachtet werden und verstellt den Blick auf die wesentlich größeren Möglichkeiten durch eine andere Politik. Das macht die Probleme größer. Für mich stellt diese Forderung auch einen Aktionismus dar, nach dem katastrophalen Verhalten der Politik beim Betrug mit den Abgas- und Verbrauchswerten.

Fahrzeuge für ÖPNV

Neben dem schienengebundenen ÖPNV gab und gibt es noch andere Ansätze. Es gab z.B in Wuppertal früher Oberleitungs-Busse. Diese Busse mit langen Stromabnehmern haben die Probleme, dass auf den Strecken Oberleitungen bereitgestellt werden müssen und wenn ein Bus ausweichen musste, in engen Kurven oder bei Bodenwellen der lange Stromabnehmer von der Leitung abspringen kann, und dann das Fahrzeug stillsteht. Später gab es Busse mit Anhängern für Batterien im Versuchsbetrieb.

Beides hat sich nicht durchgesetzt, dabei wären Stadtbusse prädestiniert für die Umstellung auf e-Betrieb. Sie arbeiten im Stopp/Go Betrieb , welcher wegen der möglichen Rückgewinnung v. Energie beim Bremsen (Rekuperation) Vorteile hat. Sie werden meist in einem engen Umfeld (Stadt) eingesetzt in dem die Infrastruktur für das Nachladen leicht bereitgestellt werden kann. Sie benötigen zwar beim Beschleunigen eine hohe Spitzenleistung, aber wegen der geringen Höchstgeschwindigkeit nur eine geringe Dauerleistung.

Im Rahmen der Weiterentwicklung auf dem Batteriensektor könnten solche Lösungen aber wieder interessant werden. Ich favorisiere Hybridbusse, da sie vom Betrieb her am flexibelsten sind. Sie werden mit modernen Hochleistungsbatterien oder Superkondensatoren (Kondensatoren mit sehr hohem Energiegehalt) zur Energieversorgung und Rückgewinnung von Bremsenergie augestattet.  Bei den Haltestellen kann eine Möglichkeit geschaffen werden über Stromabnehmer automatisch nachzuladen. Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist Notwendigkeit die Busse im Winter zu Heizen. Bei Verbrennungsmotoren fällt diese Wärme quasi als Abfall an. Bei reinen e-Bussen muss sie elektrisch erzeugt werden. e-Busse und e-Hybride sind augenblicklich in der Entwicklung.

Eine organisatorische Möglichkeit Kraftstoff einzusparen besteht noch in der Verwendung von auf die von der Tageszeit abhängigen Fahrgastzahl angepassten Busgrößen bis hin zu Sammeltaxis.

Fahrzeuge für Individualverkehr

Der Individualverkehr kann m.E. nicht ersetzt werden. Das bedeutet für mich, dass die Möglichkeit bestehen bleiben muss zu jeder Zeit überallhin fahren zu können, und nicht dass jeder seinen ganzen Haushalt mitschleppen muss, und die Fahrt über lange Distanzen besonders gemütlich sein muss (Schlafcouch und Massagesitze). Dafür sind m.E. besondere Transportmittel (Autoreisezüge, Reisebusse und Staßenbahnen mit Fahrradmitnahme etc) besser geeignet. Individualverkehr muss auch nicht unbedingt motorisiert realisiert werden (Fahrrad).

Kommen wir jetzt zu den KFZ. Als Hauptproblem bei der e-Mobilität wird die Batterietechnik (schweren Batterien, geringe Reichweite, hohe Preis etc.) genannt. Dabei wird komplett ausgeblendet, dass der Strom ja irgendwo erzeugt werden muss (Kraftwerke), und irgendwie zum e-Mobil kommen muß (Leitungen). Das ist bei nur wenigen e-Mobilen kein Problem, aber bei einer durchgehenden Elektrifizierung von z.B. 20 Mio Fahrzeugen ergibt das auf dem Gebiet der verläßlichen Strombereitstellung große Probleme. Darauf hat Bernd in seinem früheren Blog schon hingewiesen.

Es wird auch unnötigerweise davon ausgegangen, dass die ganze für den Betrieb nötige Energie von außen kommend in einer Batterie gespeichert sein soll, und mit der Batterieladung genauso große Reichweiten und Höchstgeschwindigkeiten erreicht werden sollen wie bei den heutigen Autos.  Das ist unnötig. Wenn man zulässt, das ein Teil der Elektrizität während der Fahrt per Verbrennungsmotor und eventuell später mal per Brennstoffzelle erzeugt wird (Hybridauto), dann wird sowohl das Problem der Energieversorgung als auch das Problem der Batterien wesentlich überschaubarer.

Beispiel SMILE

Schon vor ca. 20 Jahren hat es mit dem SMILE (siehe Greenpeace) ein echtes 3l Auto gegeben. Das war ein Viersitzer, der diese Verbrauchsdaten ohne kostspielige und komplizierte Technik, nur durch die Optimierung auf den häufigsten Einsatzfall im realen Fahrbetrieb erreichte. Es hätten durch diesen Ansatz seither Millionen l Kraftstoff gespart werden können. Es wäre aber immer noch ein mit fossilem Brennstoff betriebenes Auto und passt also nicht zur heutigen Forderung nach E-Mobilität.

Seitdem hat es in der Motoren- und Getriebetechnologie einige Verbesserungen gegeben, die jedoch durch den Drang nach mehr Motorleistung und mehr Luxusausstattung aufgezehrt wurden. Mein erstes Auto hatte 60PS und ich bin mit der Motorisierung gut zurechtgekommen. Wenn ich mir die heutigen Autos ansehe, dann haben die zwar viele Assistenzsysteme (bis hin zu den Massagesitzen und Internet), sind aber bezüglich der Anforderungen an den umweltschonenden Transport nicht besser als ihre 20 Jahre älteren Vorgänger.

Heutige Lösungen

Das SMILE- Konzept könnte einfach in einem modernen kostengünstigen Hybridauto eingesetzt werden. Solche Fahrzeuge könnten einen kleinen optimierten Benzinmotor haben, und damit den höheren Energieinhalt eines Treibstofftanks nutzen, und das nötige Beschleunigungsvermögen und den Fahrkomfort durch den zusätzlichen e-Motor erhalten. Getriebe, Kupplung und Differential könnten bei geeigneter Ausgestaltung des E-Antriebs genauso entfallen wie große und teure Batterien für eine große Reichweite. Eine Rückgewinnung von Bremsenergie und Speicherung in z.B. Superkondensatoren wäre möglich, und bei längeren Ampelstops würde der Motor abhängig vom Ladezustand des Speichermediums weiterlaufen/abgeschaltet werden.

Zusammenfassung

Der Verkehrssektor hat noch ein großes Potential für Einsparung von fossilen Treibstoffen. Das größte Potential liegt bei richtigen politischen Rahmenbedingungen.

Bei der Fahrzeugtechnik braucht man nicht auf die Wunderbatterie warten, und auf einen Ausbau der Ladestationen in der ganzen EU um den Verbrauch von fossilen Treibstoffen drastisch zu reduzieren.

Das heißt aber nicht, dass dann weil es so billig ist vermehrt mit dem Auto zum Fitnessstudio oder zum Bäcker um die Ecke gefahren werden sollte.

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