Warum soll ich kein kurzbrennweitiges Instrument kaufen?

In meiner losen Reihe für Astronomieeinsteiger widme ich mich heute einem sehr populären Fallstrick. Es ist der, dass man als Einsteiger ein kurzbrennweitiges Instrument kauft.

Ein Schlüsselparameter eines Teleskops ist die Brennweite. Da sie mit dem Durchmesser in Beziehung steht, gibt man oft das Verhältnis von Brennweite/Durchmesser (F//D) an. Diese Größe ist auch in der Fotografie bekannt und dort als Blende bekannt. Dann steht auf einem Objektiv meistens 1:1.8 sprich die Brennweite beträgt die 1,8-fache Öffnung. Da die Brennweite mit der Öffnung ansteigt, wäre es eigentlich korrekter von einem Instrument mit kleiner Blende zu sprechen.

Auch bei Einsteigerteleskopen bekommt man jedes in mehreren Brennweiten selbst vom selben Hersteller, hier mal von Bresser, als einem einem bekannten Hersteller:


Der Erste Newton hat eine Brennweite von 1200 mm, der Zweite von 750 mm. Das gibt es auch bei Refraktoren. Da sind die Unterschiede sogar noch extremer:


Der Erste hat eine Brennweite von 500 mm, der Zweite eine von 1000 mm. Beide haben 102 mm Durchmesser.

Auf den ersten Blick bieten die kurzbrennweitiges Instrumente nur Vorteile, auch wenn man die ersten beiden Teile meines Blogs über Fernrohre mitberücksichtigt:

  • Sie sind in der Regel bei gleicher Qualität billiger. (Es gibt natürlich von jedem Hersteller verschiedene Serien mit unterschiedlichen Qualitätsstandards. So kann man keinen Apochromaten mit einem Achromaten vergleichen).
  • Man kann damit den ganzen Vergrößerungsbereich mit 1,25 Zoll Okularen abdecken. Das spart noch mehr Geld.
  • Ein kürzerer Tubus ist handlicher, es gibt weniger Positionen, wo man einen schlechten Einblick hat. Das gilt vor allem für Refraktoren.
  • Sie sind leichter, was wichtig ist, wenn man das Teleskop bewegt.

Die Punkte hängen zusammen. Die Teleskope sind oft billiger, weil eine kürzere Brennweite einen kürzeren Tubus bedeutet und damit wiegt er weniger. Noch wichtiger: der Hebelarm ist kleiner was wichtig ist wenn man am Okularauszug was Schweres, wie teure Okulare oder eine Kamera anbringt. Ein leichterer Tubus erlaubt aber eine billigere Montierung, die nicht so viel tragen muss und das macht das Teleskop billiger.

Zu den Okularen. Bei einem F/D <=6 kann man den gesamten sinnvollen Vergrößerungsbereich mit 1,25 Zoll Okularen abdecken. Diese sind deutlich preiswerter als 2-Zoll-Okulare. Die verursachen dann oft Folgekosten. So ist meist kein 2-Zoll-Zenitspiegel mitenthalten. Also muss er zusätzlich beschafft werden. 2-Zoll-Okulare sind auch schwerer und belasten so die Montierung, sodass es sinnvoll sein kann, auch hier aufzurüsten.

Warum also kein kurzbrennweitiges Instrument kaufen?

Nun die meisten Anfänger wollen nur mal beobachten. Später kommt vielleicht der Wunsch auf zu fotografieren, doch anfangs steht das beobachten im Vordergrund. Kurzbrennweitige Instrumente sind aber für die Fotografie optimiert. Der Laie mag denken: Also wenn es für die Fotografie gut genug ist, dann ist es für die Beobachtung erst recht. Schließlich sieht man auf einem Foto meistens mehr als mit dem Auge zu erkennen ist. Ein fataler Irrtum.

Bei einem Linsenfernrohr werden die Strahlen des Lichts durch Linsen gebrochen und dies geschieht für jede Wellenlänge anders. Als Folge haben die Brennpunkte für verschiedene Wellenlänge nicht denselben Brenpunkt. Wenn man ein Objekt fotografiert so zeigt sich das bei großen Kontrasten, z.B. Stromleitung vor Himmel in einem Farbsaum an der Kante. Früher wurden Linsenfernrohre daher sehr langbrennweitig konstruiert. Das Bild zeigt den Hamburger Refraktor mit einer Linse von 60 cm Durchmesser und 900 cm Brennweite, also F/D=15. Vor der Erfindung des Achromaten war es noch extremer. Heute wäre ein Instrument mit einem F/D von 15 unverkäuflich. Je stärker die Strahlen gebrochen werden, desto stärker ist der Effekt, also ergibt ein langbrennweitiges Instrument ein besseres Bild. Tendenziell werden daher kleine Instrumente daher langbrennweitiger. So ist beim Einsteigertyp mit 70 mm Durchmesser die übliche Brennweite 900 mm. Beim doppelt so großen 150 mm Typ dagegen 1200 mm. Also einmal ein F/D von 13 und einmal eines von 8. Das ist primär dem Komfort geschuldet. Man bekommt maximal einen Tubus von 1,2 bis 1,5 m Länge auf einer Montierung unter. Schon bei 1 m Länge hat man, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, bei einem Refraktor ein Problem, wenn man die Rektaszensionsachsen und Deklinationsachsen feststellen will. Die Wellen für die Bewegung erreicht man mit dem Arm noch, die kleinen Schrauben zum Feststellen nicht mehr. Dazu muss man stark in die Hocke gehen, wenn man zenitnah beobachtet. Bei Newtons ist es durch den oberen Einblick entspannter, doch auch die haben eine Maximallänge, denn schließlich müssen sie ja noch voll in jede Richtung beweglich sein.

Kurzum, bei einem Refraktor mit kleinem F/D, das geht herunter bis 5, wird es einen Farbfehler geben. Der wirkt sich bei der Himmelsbeobachtung nicht mal so stark aus, denn es gibt hier wenige stark kontrastreiche Objekte, eigentlich nur den Mond, Planeten und einige helle Sterne. Ich habe selbst einen Refraktor mit 80/400. Wenn ich tagsüber ihn auf die Stromleitungen ausrichte, so sieht das Bild mit Okularbrennweiten von 32 bis 20 mm gut aus, bei 15 mm tauchen erste Farbsäume bei dünnen Objekten auf, die werden stärker und auch bei größeren Objekten sichtbar, wenn man weiter mit der Brennweite runtergeht. Mit einem 5-mm-Okular, mit dem man eigentlich die optimale Vergrößerung hat, ist das Bild deutlich unscharf. Das Maximale, das geht ist ein 7,5-mm-Okular. So erreicht man hier maximal eine Vergrößerung von 60. Theoretisch wäre die optimale bei diesem Optikdurchmesser bis 80 und man kann bis etwa 100-fach hoch gehen, wenn es Planeten sind. Man kann das Instrument also visuell nicht voll ausnutzen.

Der Grund: Die Okulare brechen nun nochmals das Licht, und zwar, um so stärker je stärker sie vergrößern. Bei kleinen Vergrößerungen ist der Effekt klein, weshalb Spektive für die Naturbeobachtung mit ebenfalls kleiner Vergrößerung normalerweise gute Bilder zeigen. Wer ein billiges Zoom-Fernglas hat, kennt vielleicht den Effekt, wenn man stärker vergrößert.

Warum nun ist das beim Fotografieren nicht so wichtig? Nun man schließt die DSLR direkt an. Da ist kein Okular mehr zwischen Optik und Chip. Damit fällt diese Fehlerquelle weg. Zudem ist die Vergrößerung relativ gering. Bei einer Kamera mit APS-C Chip liegt sie bei meinem Refraktor bei 15-fach. Bei einem Vollformatchip wäre es sogar nur 9,2. Zudem gleicht alleine das verschmieren durch das Seeing bei Langzeitbelichtungen die Farbsäume aus.

Wie sieht es nun bei Newtons aus?

Newtons haben nicht das Problem des Farbfehlers, aber das gesamte Bildfeld ist ein Kugelschnitt. Das bedeutet, von der Mitte ausgehend wird die Abbildung verzerrt. Sterne werden zu kleinen verwaschenen Flecken. Da dies aussieht, wie die Koma eines Kometen, spricht man auch von der „Koma“. Auch dieser Effekt ist um so stärker je stärker die Krümmung des Spiegels ist, sprich je kürzer seine Brennweite. Der Effekt ist auch auf Fotografien deutlich zu sehen. Daher gibt es für Newtons Koma-Reduktoren zu kaufen, um dies zu reduzieren. Das sind Linsen, die in den Strahlengang eingebracht werden und die Bildfeldwölbung reduzieren. Ein zweites Manko ist der Fangspiegel. Er muss ein bestimmtes Feld in den Okularauszug werfen. Je kleiner die Brennweite des Hauptspiegels ist, desto größer muss der Fangspiegel sein. Da jeder Fangspiegel ein Artefakt in der Optik ist, da er Teile des Bildes verdeckt und auch Licht schluckt, setzt er den Kontrast herab. Der Fangspiegel sollte daher möglichst klein sein. Gute Werte sind 25% des Hauptspiegeldurchmessers, erstrebenswert sind 20%.

Trotzdem werden aus rein praktischen Gründen die Newtons mit steigender Größe immer kurzbrennweitiger. Die Größten im Handel erhältlichen, wo man noch viel Auswahl hat, haben 254 bis 300 mm Durchmesser bei einem Verhältnis von 1:8 wie bei kleinen Newtons üblich, wären die Tuben dann 2-2,4 m lang und dann nicht mehr auf einem Stativ unterzubringen. Dafür braucht man dann eine feste Säule und eine Trittleiter.

Ein zweiter Grund bei beiden Typen ist aber das der benötigte Ausschnitt immer gleich groß ist. Okulare haben maximal 51,2 mm Durchmesser. T-2 Adapter für Kameras 44 mm. Für 1,25 Zoll Okulare reichen sogar 33 mm und für APS-C Chips 27 mm. Das heißt, im Verhältnis zur Öffnung ist das benötigte Bildfeld immer kleiner und daher kann man mit der Brennweite runter gehen denn die Fehler werden um so größer bei gegebenem F/D je weiter man von der optischen Achse weggeht. Ein zweiter Grund ist, dass diese größeren Instrumente dann auch meist fotografisch genutzt werden als zweites Teleskop (Man sieht in Deutschland wegen des Seeings eigentlich nicht mehr Details, als ein 120-mm-Instrument zeigt. Die Lichtsammelleistung steigt zwar an, doch der Effekt ist wirklich klein und natürlich wird auch die Himmelsaufhellung genauso verstärkt. Der Kontrast bleibt also beim Beobachten immer gleich groß).

Und Schmidt-Cassegrains / Maksutovs?

Bei diesen Instrumenten gibt es nur kurzbrennweitige Geräte im Handel. Ein Cassegrain hat normalerweise ein F/D von 20 bis 30, das Hubble Weltraumteleskop z.B. eines von 24. Weil so was unverkäuflich ist, verkürzt man die Brennweite und baut eine Korrekturplatte nach Schmidt oder Maksutov ein. Der Preis für die kurze Brennweite sind auch hier extrem große Fangspiegel, die teilweise 40% der Öffnung erreichen. Trotzdem erreichen solche Instrumente nur F/D von 10-13. Die früher zusätzlichen eingeführten Geräte mit F/D von 6,3 von Meade hat der Hersteller wieder vom Markt genommen.

Mein Rat

Ein kleiner Newton (<200 mm Optikdurchmesser) sollte ein F/D von 6 oder größer haben. Wer unsicher ist, sollte mal sehen, wie groß der Fangspiegel ist. Sein Durchmesser sollte maximal 25% des Optikdurchmessers betragen.

Bei Refraktoren sollte das F/D mindestens 8 betragen.

Die meisten Hersteller sind aber ehrlich. Wenn man sich bei Händlern wie Teleskopshop oder Astroshop informiert, wird man vielleicht nicht explizit den Hinweis finden, dass es nicht für die visuelle Beobachtung gedacht ist, aber man wird eine Betonung der Fotografie finden wie die Bezeichnung „Foto-Newton“. Oder es wird in der Beschreibung viel auf Fotografie Bezug genommen. So auch bei dem Gerät das ich habe.

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