Für Spacenews und SpaceFlightNow ist es eine Headerschlagezeile mit ellenlangem Bericht: Trump hat ein nationales Space Council eingerichtet. Ein solches gab es schon von 1989 bis 1993 und unter anderem Namen von 1958 bis 1973.
Als ich mir den Wikipediaeintrag anschaute, war ich von der Kürze erstaunt. Viel gibt es nicht über gut 19 Jahre der Arbeit nicht zu sagen. Alle dort aufgeführten Personen sind mir, sofern sie nicht gleichzeitig leitende Funktionen in der NASA hatten, nirgendwo sonst im Raumfahrtprogramm begegnet.
Ein Council ist ein Rat, zumindest in dieser Bedeutung als Gremium nahe des Präsidenten. Es soll also den Präsidenten bei Beschlüssen in Sachen Weltraumfahrt beraten. Das ist an und für sich nichts Schlechtes. Unter Kennedy war Lyndon B. Johnson Leiter des Space Councils. Er hatte Interesse an der Raumfahrt, vor allem bemannten Raumfahrt und sorgte dafür, dass das Zentrum für bemannte Raumfahrt nach Texas kam, da er Senator dieses Staates war. Im Council von George W. Bush finde ich aber nur Politiker oder Personen, die nicht direkt mit Weltraumfahrt zu tun haben, mit Ausnahme des NASA-Administrators.
Die Frage ist nun: Nützt es etwas? Nun in die Zeit des ersten Konzils fallen einige wichtige Entscheidungen wie die Programme Gemini, Apollo und Space Shuttle. Soweit mir bekannt hat J.F. Kennedy aber bevor er das Apollo-Programm verkündete sich direkt Rat bei hochkarätigen Technikern geholt. Wernher von Braun hat er nach seinen Vorschlägen für Programme, mit denen man gegen die sowjetischen Erfolge auftrumpfen könne, gefragt und auch nach Kostenabschätzungen.
In der Zeit des zweiten Space Councils sind mir keinerlei Entscheidungen bekannt, die fundamentaler Natur sind. Die ISS wurde während dieser Zeit geplant, aber sie war immer zu teuer, genehmigt wurde sie schließlich unter Clinton. Am Ende der Zeit gab es den Kurswechsel bei der unbemannten Raumfahrt zum Discovery Programm, doch dies ging alleine von NASA-Administrator Goldin aus.
Die NASA hat heute ein ganz anderes Problem: das gleichbleibende Budget. Man kann mit einem gleichbleibenden Budget durchaus Raumfahrt betreiben, vor allem wenn es viele Projekte gibt – dann kann man ein neues aber erst Anfangen wenn ein altes ausläuft. Vor allem ist bei größeren Projekten es schwierig sie in den Finanzrahmen einzufügen, selbst wenn man alte einstellt. Das grundlegende Problem ist, das es einen Entwicklungszyklus gibt: Die Kosten für die Entwicklung steigen zuerst an, erreichen zur Hälfte der Dauer den Höchststand und sinken dann wieder. Das ESA Budget umfasste 2014 z. B . 4.102 Mrd. Euro, für 2017 waren es 5,25 Milliarden. Am stärksten zulegten Navigation (Aufbau des Galileo Netzes) und Erdbeobachtung (Sentinel-Programm) mit 400 bzw. 600 Millionen Euro zu. Diese Posten werden sinken, dafür werden die Träger 2018/19 wesentlich mehr Gelder brauchen, trotzdem ist das Budget um 30% in drei Jahren gestiegen. Dabei hat die ESA relativ überschaubare Programme in der Entwicklung, nicht wie bei der NASA die SLS und Orion. Zudem läuft dort nichts aus, was Gelder freisetzen könnte. Per Gesetz ist die NASA zu einem gleichbleibenden Budget verdonnert, in dem System sind nicht mal Rücklagen möglich so in der Art „in zwei Jahren brauchen wir viel Geld für die SLS, fangen wir dafür jetzt nichts Neues an und legen das Geld beiseite“. Das ist eine Herausforderung. Bei anderen Budgets wie beim Militär scheint das Gesetz dagegen keinerlei Macht zu besitzen.
Als George Bushs sein Konstellation-Programm aus der Taufe hob, sollte dies wenigstens zum Teil durch Einstellung des Space Shuttles und der ISS – zusammen rund 5 Mrd. Dollar pro Jahr finanziert werden, trotzdem wäre das Budget einige Jahre lang (begrenzt) zu steigern, um danach wieder zu fallen. Der Augustine Report hat diese Finanzierungsweise als ineffizient gebrandmarkt. Sie verlängert das Programm künstlich und führt zu Mehrkosten, weil man so viel Zeit verliert. 2005 beschlossen, wäre das Programm erst 2011 in die Gänge gekommen, weil vorher noch ISS und Space Shuttle die Mittel blockierten und selbst dann musste man den Zeitplan strecken, um eine Finanzierungsspitze zu vermeiden. Dabei war dieses Modell ja wenigstens noch eines mit einem steigenden Budget für Mondflüge, nun sollen sie bei einem gleichbleibenden Budget finanziert werden. Zu welchen Schlüssen wohl da ein Report heute kommen würde? Leider gibt es solche Audits ja erst, wenn es aus dem Ruder läuft oder ein neuer Präsident einstellen will und eine Begründung braucht. Eigentlich sollte man nach 1,2 Jahren das Modell automatisch überprüfen.
Kurzum: Der NASA wäre mehr gedient mit einem beweglichen Budget, als einem weiteren Rat. Wobei ich von einem beweglichen Budget spreche, nicht einem höheren. Es muss dem Finanzierungsbedarf angepasst sein. So war z.B. das ESA Budget 2013 mit 4,25 Milliarden Euro etwas höher als 2014 mit 4,103 Milliarden. Es kann also als Ausgleich für eine Spitze dann auch mal sinken.
Vor allem aber geht es bei einem solchen Konzil doch um Großprojekte. Ich glaube nicht das sich Trump oder irgendein früherer Präsident um ein kleineres Projekt gekümmert hat, nicht mal um die größten unbemannten Projekte wie Viking, Hubble oder Cassini mit einem Finanzumfang von mehreren Milliarden Dollar. Wenn dann ging es sicher um die großen bemannten Projekte. Soweit ich über die informiert wurde, gab es die gesamte Planung für die aber intern bei der NASA. Im Space Council wird man dann über die fertig ausgearbeiteten Vorschläge beraten haben. Allerdings wahrscheinlich auch nur über die Kosten, denn dort sitzen ja fast nur Politiker. Gerade das Space Shuttle zeigt auch die Grenzen des Space Concils auf. Schon als das Space Shuttle genehmigt wurde, gab es ja Einwände, das die Kostenvorschläge viel zu optimistisch seien. Zwar konnte man damals nicht die wahren Flugkosten kennen, aber diese waren ja mit einer Startfrequenz verknüpft und an bis zu 60 Flügen pro Jahr, mit jeweils 25 t Nutzlast (doppelt so viel wie die größte US-Trägerrakete transportieren konnte) glaubte keiner. Was ein solches Space Concil braucht, ist wissenschaftlicher Sachverstand. Von Finanzierung verstehen Politiker schon genug. Es müsste beraten, was wissenschaftlich sinnvoll ist, was höhere Priorität im Weltraumprogramm haben müsste und was nicht. Es sollte dazu besetzt sein mit Fachleuchten mit unterschiedlichen Interessen z.B. für bemannte Raumfahrt, Wissenschaft, Anwendung. Denn jeder hat seine Sicht auf die Dinge.
Bisher hat die Trump Administration nichts Neues gestartet aber immerhin ein, wie ich finde, überflüssiges Projekt eingestellt, die Asteroid Redirect Mission. Dabei sollte ein relativ kleiner Brocken, der sowieso keinen Schaden verursacht hätte, abgelenkt werden. Den einziger Nutzen, die ich darin sehe, ist die Technologie von Ionentriebwerken und leichtgewichtigen Solar Arrays zu fördern (gerade hat man eines, ROSA getestet) doch das könnte man auch mit unbemannten nützlichen Missionen. Wenn man das angeht, dann würde ich einen Brocken nehmen, der wirklich so groß ist, dass er bedrohlich ist und dann sehen, ob man diesen über Jahre wirklich aus seiner Bahn ablenken kann. Dass dies mit einem nur 10 m großen Asteroiden möglich ist, das weis man schon vor dem Start. Er ist einfach leicht genug.
Ich persönlich erwarte von Trump keine neuen Projekte, nicht mal bemannte. Die versprechen zu wenig Schlagzeilen, liegen nicht in seinem Interessenshorizont und widerstreben seinen Vorstellungen von „Good Deals“ und Zeitplanungen. Ja, wenn man eine Marslandung heute beschließen, sie vor Ende seiner Amtszeit stattfindet und sie nicht viel kostet, dann wäre er vielleicht dafür, aber sonst? Dauert alles zu lang, er erntetet nicht mehr die Meriten und viel Geld gibt er höchstens für Militär oder Mauern aus.
Kurzum Trump braucht kein Space Council, zumal ich ihn als beratungsresistent einschätze.