Am Wochenende habe ich Band 1 des Buchs über Raumsonden fertiggestellt. Ich habe den Vorschlag von „Ralph mit Z“ übernommen und das Buch umbenannt. Das klang gut, die Reminiszenz an Oberth fand ich auch sehr gut und Raumsonden ist im Titel drin.
Ich halte es für ein gutes Buch. Es hat nicht den Anspruch alles über Raumsonden zu schreiben. Es ist daher kürzer als die Website. Es ist aber sicher für viele eine bessere Informationsquelle. Denn ehrlich gesagt, ich glaube wirklich alles wissen wollen nur wenige. Ich gehöre zu der Minderheit. Aber ich weiß auch das es eine Minderheit ist. Ich denke in der Form ist es prägnant und informativ genug. Zu viel Information kann ja auch schlecht sein, es decken dann unwichtige Informationen die wichtigen zu. Vor allem bei russischen Sonden ist es besser. Ich habe hier noch recherchiert und die Programme sind nach Projekten geordnet. Als ich damals die Programme beschrieb waren die internen Namen nicht bekannt und ich habe mich nach den offiziellen Programmbezeichnungen Mars, Venera, Lunik und Zond orientiert.
Band 1 deckt den Zeitraum 1958 bis 1993 ab und umfasst 48 Raumsondenprogramme, mit in der Regel mit mindestens zwei Raumsonden und damit ungefähr 170 Raumsonden. Band 2, der gerade bei Mario zum Korrekturlesen ist, beschriebt dann die Raumsonden von 1994 bis 2018, also zumindest die von 2018 über die es Informationen gibt (Chandrayaan 2, Insight, BepiColombo, Parker Solar Probe). Er ist trotz 56 Raumsonden deutlich länger, 428 bis 432 Seiten. Band 1 hat 392 Seiten und davon entfallen rund 50 auf ein einleitendes Kapitel über Instrumente und Himmelsmechanik und den Anhang, der bei Band 2 viel kürzer ist.
Der einfache Grund: Bei den vielen Programmen der damaligen Zeit gab es viele Fehlschläge. Über die Programme kann man daher wenig schreiben. Vor allem ist natürlich die technische und geschichtliche Beschreibung bei einem Programm die gleiche egal ob es eine oder neuen Raumsonden gibt, nur die Mission der einzelnen Sonden unterscheidet sich. So korrespondiert der Umfang recht gut mit der Projektanzahl.
Wie bei den meisten bisherigen Büchern ist es fast komplett in Schwarz-Weiß. Lediglich zwei Karten von Pioneer Venus und Magellan der Venus sind in Farbe, da in ihnen die Höheninformationen farbkodiert sind. Das ist in dem Band kein großer Nachteil, da sowohl die meisten Fotos von Raumsonden wie auch die Bilder von ihnen im Original in Schwarz-Weiß sind. Ich sehe ja die Informationen als das wichtigste meiner Bücher an, zumal die Bilder ja nicht von mir selbst stammen. Ich glaube niemand kauft sich ein Buch wegen der Bilder, auch wenn man damit leicht Seiten schinden kann. Farbaufnahmen würden das Buch aber um 11 ct pro Seite verteuern, bei 100 Farbabbildungen, so viel sind es in Band 2, also um 11 Euro. Hier der Link zum BOD-Buchshop: {Edit: Ich habe inzwischen eine zweite Auflage veranlasst, da in der ersten zwei Seiten ineinander flossen.. Wer es trotzdem schon gekauft hat findet hier die Korrigierte Seite. Es ist nur diese eine Seite ist betroffen. Das Blatt kann man ja hinten einkleben).
Band 2 brachte mich auch auf mein Thema für heute: Spaßraumsonden und Miniraumsonden Bisher wurden Raumsonden ja von Raumfahrtagenturen gebaut. Die Kommerzialisierung der Raumfahrt hat sich noch nicht zu den Raumsonden durchgesetzt. Nach wie vor sind die Missionen daher teuer. Eine Discovery-Class Mission der NASA, das „billigste“ Programm hat ein Budget von 475 Millionen Dollar und da ist der Start nicht mal dabei. Es gab zwar Vorschläge das die Industrie eine Raumsonde baut und sich die Raumfahrtagenturen auf die Instrumente beschränken. Doch das fiel nicht auf fruchtbaren Boden. Dann hatte ich damit gerechnet das engagierte private Organisationen vielleicht mal eine kleine Raumsonde bauen und als Sekundärnutzlast starten. AMSAT, die Amateurfunkvereinigung hat schon vor Jahrzehnten einen Marsorbiter geplant. Umgesetzt wurde er bisher nicht. Ebenso hat die Planetary Society zwar schon Experimente entwickelt, so die Junocam bei Juno. Aber noch keine Raumsonde gebaut.
Doch nun scheint die Zeit gekommen. Bei Hayabusa 2 und Akatsuki flogen erstmals Sekundärraumsonden mit. Die bekannteste ist sicherlich der Sonnensegeldemonstrator Ikaros. Bei Insight sollen auch einige Cubesat-Sekundärnutzlasten dabei sein, die experimentell die Signale des Landers empfangen und übertragen sollen. Experimentell, weil die NASA sich nicht darauf verlässt. Der MRO wird beim Landezeitpunkt die Landestelle überfliegen und die Daten übertragen.
Bisher hat man nicht viel von den experimentellen Sonden der japanischen Unis gehört. Am meisten noch von Ikaros der die Venus erfolgreich passierte. Dafür scheinen nun Spassraumsonden einzuziehen. Die erste war DESPATCH (ArtSAT-2), eine Sekundärnutzlast die mit Hayabusa 2 startete. Wie die Bezeichnung Artsat-2 schon aussagt, handelt es sich um ein Kunstwerk. Immerhin hat dieses Kunstwerk noch einen Peilsender den man nach dem Start verfolgen konnte. Dann gab es vor einigen Wochen den Start des Tesla Roadsters. Auch ihn könnte man als Spaßraumsonde ansehen, ich selbst würde ihn nur als hübsch aussehenden Ballast ansehen. Immerhin hat er noch einige Tage lang gesendet so unterschiedet ihn nicht so viel von DESPATCH.
Eigentlich wäre es an der Zeit für NGO-Raumsonden oder zumindest neuen Wegen bei Raumfahrtagenturen. Es wären im Einsatz beschränkte Miniraumsonden durchaus sinnvoll. Weniger bei den großen Zielen die man schon gut erforscht, als vielmehr für Asteroiden und Kometen. Vor allem die USA haben die Möglichkeit diese leicht als Sekundärnutzlast zu starten. Atlas V und Falcon 9 sind für viele Nutzlasten zu groß. Wenn die NASA für TESS einen 365 kg schweren Satelliten eine Falcon 9 bucht hat sie noch Tonnen Nutzlastkapazität die sie nutzen könnte, ebenso beim Start von Insight mit einer Atlas V. Sinnvollerweise würde man eine Sekundärnutzlast mit einer eigenen Antriebsstufe mit der Hauptnutzlast in einen Orbit bringen. Bei 100 kg Gewicht einer Raumsonde – damit kann man schon einiges bewegen – wäre das eine Startmasse von 500 kg die dann immerhin ein C3 von 10 km²/s² erreicht, also genügend um bis zum Mars oder Venus zu gelangen. Das Antriebssystem kann man aus einem Satellitenantrieb entwickeln. Bei der kleinen Masse reicht dann auch ein 400 N Apogäumantrieb wie ihn Kommunikationssatelliten einsetzen. Ganz kleine Raumsonden sehe ich dagegen kritisch: Aufgrund der Entfernung wären bei kleinen Raumsonden mit kleinen Antennen und niedriger Sendeleistung nur niedrige Datenraten möglich, die dann den Nutzen wieder begrenzen. Idealerweise würde man eine solche Raumsonde mit einem normalen Start in einen Orbit bringen und dort parken bis das Startfenster kommt. Bei lagerfähigen Treibstoffen ist das kein Problem. Der NASA-Trajektorie Browser liefert alleine für den Zeitraum 2018/19 insgesamt 30 Bahnen mit einem c3 von < 10 km²/s² und < 1 Jahr Reisezeit zu Zielen mit einer absoluten Helligkeit von 15 (2-17 km Durchmesser). Das größte Ziel wäre 433 Eros mit 17 km Durchmesser, das am schnellsten erreichbare wäre der Planetoid1981 Midas der in 80 Tagen erreichbar ist.
Eine 100 kg Mission könnte etwa 15 bis 20 kg Instrumente tragen. Das reicht aus für eine Kamera, ein oder mehrere Spektrometer im Visuellen, IR und UV-Bereich. Es wären Vorbeiflugsonden. Sie würden die Daten nur um den Vorbeiflug herum gewinnen und dann über Monate übertragen. Das ist angesichts der heutigen Computertechnik und schnellen SSD kein Problem und macht diese Missionen attraktiv. Man könnte sie sogar standardisieren und bei jedem Start wo es möglich ist eine oder mehrere starten und dann zu ihren Zielen schicken, wenn das Startfenster sich öffnet.
Außer Asteroidenvorbeiflügen wären auch andere sinnvolle Einsatzzwecke solcher Sonden denkbar. Es gäbe zum Beispiel die Untersuchung des interplanetaren Mediums. Das war früher wichtig und ist inzwischen ein bisschen in Vergessenheit geraten. Man hat sich auf die praktische Nutzung beschränkt und betreibt Missionen zur Space Weathervorhersage (ACE, Wind, DSCOVR). Dazu käme die Sonnenerforschung. Die Sonne ist so groß, das dafür ein kleines Teleskop ausreicht. Bei solchen Kleinraumsonden wäre auch ein Ansatz denkbar den die ESA derzeit verfolgt: Die Korona der Sonne ist nur schwer beobachtbar. Sie ist nur sichtbar bei einer totalen Sonnenfinsternis. Man kann das zwar simulieren indem man in einem Teleskop eine Blende einsetzt, die die Sonne abdeckt, doch durch die Optik und die Atmosphäre der Erde gelangt Streulicht trotzdem zum Detektor, sodass dabei nur die helle Oberfläche direkt über der Sonne und helle Masseauswürfe beobachtbar sind. Die ESA arbeitet derzeit an der Proba3 Mission bei der ein Tochtersatellit in 150 m Distanz als künstlicher Mond fungiert. Aufgrund dessen das sie in einem elliptischen Erdorbit ist, ändern sich allerdings die Positionen der beiden Körper zueinander laufend. In einem Sonnenorbit wäre ein solcher Coronograph weitaus einfacher umsetzbar.
Für die Erforschung von großen Himmelskörpern wären Kleinsonden auch beschränkt sinnvoll. Beschränkt, weil man dann meist einen Orbiter haben möchte, was sowohl Startmasse wie auch Operationskosten deutlich erhöht. Doch einige Szenarien sind für mich denkbar:
Venus: Eine oder mehrere Miniraumsonden könnte parallel zu einer Venuslandesonde gestartet werden. Sie würden dann ihre Bahn so anpassen das sie nach der Landesonde die Venus erreichen und ihren Funkverkehr übertragen. Da die Datenübermittlungsrate mit abnehmender Entfernung rasch ansteigt benötigt man für hohe Datenrate eine kurze Passagedistanz, die dann aber den zeitlichen Bereich, in dem sie Daten empfangen kann, deutlich einschränkt. Hier wären in der Tat kleine Cubsat-Raumsonden von Vorteil die z.b. in 1 Stunden Abständen die Venus erreichen und so eine kontinuierliche Datenübertragung gewährleisten. Verschwindet eine hinter dem Horizont so übernimmt die nächste die Datenübertragung. Jede ist so relativ nahe an der Venus und die Datenübertragungsrate hoch.
Mars: Die Minimonde Deimos und Phobos sind wohl für eine eigene große Mission zu uninteressant. Aber vielleicht für eine Minisonde. Allerdings wäre diese wegen des benötigten Treibstoffs um zu den Monden zu gelangen selbst bei 100 kg Nettomasse schon bei einer Startmasse von > 1 t in einem Erdorbit.
Jupiter: Das innere Jupitersystem mit Europa und Io, eventuell sogar einer Mission bis zu den Ringen und den drei inneren Monden Amalthea, Thebe und Metis hat das Problem der Strahlenbelastung. Eine Jupitermission könnte mehrere Tochterraumsonden mitführen die nahe an den Monden vorbeifliegen und Daten zur Hauptsonde senden, die in sicherer Entfernung bleibt. Sie würden wahrscheinlich bald ausfallen, aber wenn sie preiswert umzusetzen sind, ist das verschmerzbar. Wie die Vorbeiflugsonden zu Asteroiden würden sie nur um den Vorbeiflugpunkt Aufnahmen machen und diese dann mit mittlerer Datenrate zur Hauptsonde über Tage übertragen.
Uranus: Bedingt durch die Rotationsachse von Uranus in der Ekliptik kann eine Raumsonde nur einen der fünf großen Uranusmonde nah passieren. Eine Raumsonde könnte aber vier weitere Tochterraumsonden mitführen, batteriebetrieben mit einem Teleskop und diese zu den vier anderen Monden entsenden. Sie würden Aufnahmen machen und dann über einige Tage zur Hauptsonde übertragen bis ihr Batteriestrom zu Ende geht.
Natürlich macht das nur einen Sinn, wenn der finanzielle Aspekt stimmt, also Raumfahrtagenturen darauf verzichten wie heute eine Raumsonde für dreistellige Millionenbeträge konstruieren zu lassen und z. B. einen der verfügbaren Kleinsatellitenbusse nehmen, ein standardisiertes Antriebssystem um die Erdumlaufbahn zu verlassen und idealerweise auch die Instrumente für mehrere Missionen standardisieren und so Entwicklungskosten sparen. Denn es gibt ja schon leichte Raumsonden – GRAIL und LADEE seien hier genannt. Nur sind sie eben als Spezialentwickelungen nicht wirklich billig. GRAIL kostete 498 Millionen Dollar, LADEE 236 Millionen.
Nebenbei könnten so was natürlich dann auch reiche Einzelpersonen umsetzen. Aber ich glaube die fliegen lieber in den Weltraum. Musk soll ja angeblich seine Firma aufgezogen haben, weil er mal eine Marssonde starten wollte und ihm das zu teuer war. Wie bei vieles andere was er so von sich gibt hat man davon aber nichts mehr gehört. Zumindest ich würde wenn ich das Geld hätte eher eine Raumsonde bauen lassen als selbst in den Weltraum zu fliegen.