Bernd Leitenbergers Blog

Insight – wo mal die NASA versagte

Der heutige Post ist relativ kurz, ich mache ihn anlässlich der Landung des Insight Mars Scout, der am Montagabend landen soll. Ich halte nicht viel von dem Projekt. Es ist im Kurzen wie folgt zu umreisen:

Die Raumsonde basiert im Aufbau im wesentlichen auf dem 1998 gestarteten und damals verloren gegangenen Mars Polar Lander. Er wurde modernisiert, z. B. erhielt er einen neuen Bordcomputer und leichtere runde Solarpaneele und 2007 als Phoenix Mars Scout gestartet. Dessen Systeme wurden praktisch unverändert übernommen.

Neu ist nur die Experimentensuite. Während dies bei vorherigen Raumsonden auf Basis des Busses jeweils sechs waren, sind es diesmal nur drei Instrumente. Davon stammen zwei Kameras von den USA, das Bohrgerät von der DLR und das Seismometer, das eine Startverschiebung um zwei Jahre nötig machte, von der CNES.

Gemessen daran ist das Projekt mit 1 Milliarde Dollar sehr teuer. Phoenix, auf dem die Sonde basiert, kostete noch 475 Millionen Dollar. Gut seitdem sind 10 Jahre vergangen, inflationskorrigiert wird es sicherlich teurer, aber nicht doppelt so teuer.

Ich meine es wäre mehr drin gewesen. Da zwei der Experimente mit dem Arm abgesetzt werden, hat man auf dem Deck viel Platz. Man hätte weitere Experimente mitführen können und wenn es auch nur Ersatzexemplare der Instrumente der beiden letzten Raumsonden gewesen wären. Da die Sonde mit einer Atlas 401 gestartet wurde, die mehr als die rund 700 kg zum Mars transportieren kann, wäre auch kein Gewichtsproblem vorgelegen. Der Einsatz von Ersatz-Experimenten von Curiosity ist begrenzt. Diese sind für ein mobiles Labor ausgerichtet, aber die beiden Kameras (Mastcams) wären eine nähere Betrachtung wert. Die beiden Kameras von Insight sind keine wissenschaftlichen Kameras. Sie haben vielmehr die Aufgabe für die Experimente den richtigen Absetzort zu finden und dann den Vorgang zu überwachen. Sie haben für heutige Verhältnisse einen kleinen Chip. Sie entstanden auch aus Ersatzexemplaren der Navigationskamera und Hazardkamerea des MSL – mit der entsprechend bescheidenen Bildqualität.

Ich frage mich, warum man nicht zusätzlich die Panoramakameras des MSL mitgeführt haben. Diese haben einen 2 Mpixel Chip und zwei verschiedene Brennweiten, mit denen man ein Feld von 15 bzw. 5 Grad abbilden kann – eine gute Ergänzung zu den Geschäftsfeldern von 45 und 124 Grad der beiden schon vorhandenen Kameras. Zeit genug, die ganze Umgebung hochauflösend abzubilden, hat man bei einer stationären Sonde die über mindestens ein Marsjahr arbeiten soll ja.

Man hätte sogar Zoomkameras einsetzen können. Die waren für das MSL geplant, doch da die Entwicklung der Zoomoptik hinterherhinkte, bekam Curiosity Kameras mit Fixfokusobjektiven und zwei Kameras. Bedenkt man das Curiositys Planung Ende 2003 begann und der Sensor und Zoomfunktion auf dem damaligen Stand der Technik basierte, wäre auch ein wesentlich besserer CCD-Detektor denkbar. Astronomische CCD haben immer kleinere Pixelzahlen als Consumer Hardware, doch auch da sind inzwischen 16 MPixel und mehr Standard. Bei einer Marssonde mit fester Kameramontierung und einem sich nicht ändernden Bild kann man die kleinere Pixelfläche leicht durch eine längere Belichtungszeit kompensieren. Schlussendlich haben selbst Marsorbiter nur 6 µm große Pixels.

Ich vermute die Besucher, die inzwischen an die relativ guten Bilder der Mastcams vom MSL gewöhnt sind, werden von der vergleichsweise bescheidenen Qualität der IDC und ICC Kameras enttäuscht sein, zumal diese wegen der Filterwahl deutlich rotstichige Bilder liefern.

Mit einem Arm zum Ablegen der Instrumente fallen natürlich Instrumente weg die auf Proben die mit einem Greifer gewonnen werden, angewiesen sind, aber Experimente, die man nur absetzen muss wie ein Alphateilchen-Röntgenspektrometer und eine Mösslbauerspektrometer kann man durchaus noch mitführen. Dazu wäre auch das Lidar von Phoenix als stationäres Instrument, mit dem die Menge, Größe und Verteilung von Aerosolen in der marsatmosphäre gemessen wird, einsetzbar.

Kurzum: man hätte mehr machen können. Vor allem die relativ schlechte Kameraausrüstung wundert mich. Normalerweise ist die NASA ja hier intelligenter und führt immer Kameras mit, auch wenn sie nur ein „Goodie“ der Mission sind, wie die Junocam, die zum Teil von der Planatary Society stammt – die Durchleuchtung des inneren von Jupiters geschieht mit Instrumenten, die im Infraroten oder Mikrowellenbereich abreiten. Insight ist nach Dawn die zweite US-Mission bei der US-Instrumente in der Minderheit sind: nur eines von drei Instrumenten stammt von der NASA, viel Geld steckt im französischen Seismometer und in der deutschen Wärmesonde. Beide sollen, wie der Name „Insight“ sagt , das Innere des Mars durchleuchten. Das Seismometer ist erheblich sensitiver als das von Viking. Viking hatte bisher als einzige Sonde Seismometer an Bord, wobei nur eines der beiden Instrumente aktiv war, das andere konnte nach der Landung nicht aus der Arretierung gelöst werden. Damals stellte man keine Marsbeben fest. Marsbeben erwartet man sich nicht von SEIS, aber das Instrument kann auch Wellen detektieren die durch Hangrutsche oder Meteoritentreffer ausgelöst werden, wenn dies in der Nähe ist und so bekommt man doch Informationen über den inneren Aufbau des Mars, zumindest bis zum Mantel. Die deutsche HP³ Sonde soll den Wärmefluss und die Temperatur bis in 5 m Tiefe messen. Über die Missionszeit bekommt man dann neben den direkten Messungen in dieser Tiefe weitere Daten die Rückschlüsse über die thermischen Eigenschaften in noch größerer Tiefe zulassen.

Man sieht: die Forschung verlagert sich. Anstatt wie die früheren Sonden die Oberfläche zu untersuchen, geht man nun in die Tiefe. Auch der Exomars-Rover wird ja in die Tiefe bohren.

Ich vermute bei der Landung wird aber mehr Aufmerksamkeit den beiden Cubesats (Marco 1+2 – Wall E und EVE) gelten, die die NASA mit auf den Weg schickte. Jeder der beiden wird Daten von Insight übertragen, was die NASA sicher feiern wird. Angewiesen ist sie aber auf sie nicht. Zum einen überträgt insight vom Abstieg direkt Daten, wenn auch nur ohne Richtantenne in Form von Statuswörtern. Zum anderen überfliegen die US-Marsorbiter den Landeplatz. Der MRO während der Landung, er wird wie bei den beiden vorherigen Landungen versuchen, mit seiner hochauflösenden Kamera die Sonde am Fallschirm hängend aufzunehmen. Kurz nach der Landung dann Odyssey, die schon seit 16 Jahren den Planeten umrundet. Ich vermute nach den ersten Bildern an den ersten Tagen nach der Landung wird das Interesse der Öffentlichkeit rasch abnehmen – die Landschaft kann man nur einmal abbilden, dann ändert sich ja an der Sicht nichts mehr und die anderen beiden Instrumente werden erst nach 60 Tagen ausgesetzt und aussagekräftige Daten der Langzeitinstrumente wird es erst nach Monaten oder Jahren geben.

Man hätte es besser machen können…

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