Das werde ich bald von meinem Ansprechpartner bei meinem Kunden zu hören bekommen. Denn ich habe mir erlaubt meinen Stundensatz zu erhöhen und den Spruch habe ich schon bei der letzten Erhöhung gehört. Daher habe ich auch gut recherchiert. Als ich 2008 als freiberuflicher externer Mitarbeiter anfing, habe ich 50 Euro verlangt und da gab es keine Einwände. Das habe ich damals mit einer Abfrage über den durchschnittlichen Lohn bei meiner Qualifikation begründet und die habe ich wieder gestartet – Ergebnis, ich könnte 87 verlangen. Dann habe ich mich bei der IG-Metall informiert, inwieweit der Lohn durch Tarifabschlüsse in den letzten 11 Jahren gestiegen ist: Ergebnis 36,5 Prozent, dies wären bei gleicher Steigerung meines Arbeitslohnes wie bei den tariflich bezahlten Mitarbeitern 81,93 Euro. Also wählte ich 82 Euro. Dagegen wird man wohl nichts haben, schließlich werden die Mitarbeiter nach IG-Metall Tarif bezahlt, obwohl sie nicht Mitglied im Arbeitgeberverband sind.
Klar, bei einem Gehalt meines Ansprechpartners nach EG 14 /nach eigener Auskunft 5000 Euro), nach Tabelle 5024 (übrigens nur bis 12 Monate in der Gruppe, obwohl er mindestens seit 2002 in dem Unternehmen und der Abteilung arbeitet) und einem Stundenlohn von 33 Euro erscheinen 82 viel zu sein. Zeit mal etwas Aufklärung zu betrieben.
Das erste was einen Arbeitnehmer von einem Freiberufler unterscheidet sind die Sozialabgaben und steuern. Dabei gibt es zwei Fälle zu unterscheiden. Verdient man bis 17.500 Euro im Jahr, so kann man auf die Erhebung von Umsatzsteuer verzichten, ansonsten muss man 19 % Umsatzsteuer abführen. Umgekehrt gibt es aber auch bei dem niedrigen Einkommen einen Fallstrick. Sobald das Einkommen aus selbstständiger Arbeit, sei es auch gering die anderen Einkünfte überschreitet berechnet die Krankenkasse den Beitrag nicht nach dem tatsächlichen Einkommen, sondern einem Monatseinkommen von 2283,75 Euro also 27.405 Euro Jahreseinkommen. Das man mehr als 27.405 Euro Einkommen (nicht Umsatz) aus anderen Quellen erzielt setzt ein sehr hohes Vermögen voraus, bei 2 Prozent Nettozins (abzüglich der Kapitalertragsteuer, Soli, Kirchensteuer wird man nicht mehr heute erzielen können) bräuchte man ein Vermögen von 1,37 Millionen Euro. Auf ähnliche Summe in Form von Immobilienwert kommt man, wenn man Mieten als weitere Einkommensquelle hat. Wenn es ganz dumm läuft, liegt man über 17.500 Euro muss dann Umsatzsteuer und den hohen Krankenkassenbeitrag bezahlen.
Bei mir sind es mit Pflegeversicherung 406,52 Euro pro Monat, bei 16.030 Euro Jahreseinkommen. Dazu kämen noch 12,575 % für Rentenversicherung und andere Sozialversicherungen ohne die Krankenversicherung, die bezahlt man ja noch ganz. Das ist der Arbeitgeberanteil, den man als Selbstständiger ja auch übernehmen muss. Wenn man nicht den erhöhten Krankenkassenbeitrag zahlt, sind es mit Krankenversicherung 19,575 Prozent, aber dann liegt man in jedem Falle über den 17.500 Euro Verdienst und muss Umsatzsteuer bezahlen, das sind auch weitere 19 % abgaben. Kurzum: Ich komme schon im ersten Schritt auf 43 % Abzüge, bei hohem Einkommen wären es 38,585 %. Das reduziert den Nettoverdienst schon auf 46,74 Euro bzw., 50,84 Euro/Stunde.
Doch es geht noch weiter. Arbeitnehmer werden nicht nach Stunden bezahlt, sondern haben ein Monatsgehalt. Feiertage werden dabei als Arbeitstage bezahlt, das sind im Mittel acht bis neun pro Jahr die auf Montag bis Freitag fallen. In dem Betrieb, in dem ich arbeite, haben Arbeitnehmer 30 Tage bezahlten Urlaub, also 6 Wochen. Daneben ist der Deutsche im Mittel 11,5 Tage im Jahr krank. Das Jahr hat 260,7 Arbeits-Wochentage (ohne Samstag und Sonntag, die krumme Zahl kommt dadurch zustande das es 52 Wochen und 1 Tag dauert). Zieht man davon 8,5 Feiertage, 30 Urlaubstage und 11,5 Krankheitstage ab, so bleiben noch 210,7 Tage übrig, also 23,7 Prozent weniger. Um diese 23,7 Prozent muss man das Tarifgehalt von 33 Euro/Stunde erhöhen und kommt auf 40,83 Euro, die ein Arbeitnehmer pro Stunde wirklich verdient. Die Differenz schrumpft zusammen.
Aber das ist noch nicht alles. Für den Arbeitnehmer ist mit dem Abstempeln die Arbeit erledigt, bei mir nicht. Es kommen zu in diesem Jahr 183 Stunden bezahlter Arbeit beim Kunden noch einige Besprechungen zu Hause, Telefon- und Mailsupport und die Installation der Entwicklungsumgebung, die mein Kunde gekauft hat, auf dem eigenen Rechner inklusive Zusatzkomponenten. Da ich schon seit Längerem mit dem Gedanken der Erhöhung des Satzes spielte, habe ich mir diese aufgelaufene Zeit dieses Jahr mal notiert und kam auf 22 Stunden. Umgekehrt muss ich für die Steuer eine Ein-/Ausgaberechnung machen, der Krankenkasse Steuerbescheide und Bögen zum Beantworten schicken und die Steuererklärung ist auch deutlich zeitaufwendiger. Wenn ich dafür zwei Arbeitstage also 16 Stunden zusätzlich rechne, ist das noch eher wenig. Das sind 38 Stunden unbezahlte Arbeit oder 20,7 % der Gesamtheit von 207 Stunden. Um diese reduziert sich mein Verdienst von 46,74 Euro auf 38,72 Euro. Damit verdiene ich netto weniger als mein Ansprechpartner, wenn man es wirklich auf die Stunden bezieht.
Wenn man berücksichtigt, das in den meisten Betrieben noch ein 13-tes Monatsgehalt, manchmal sogar ein vierzehntes bezahlt wird, für das man gar nicht arbeiten muss, steigt die Differenz noch weiter an. Bei 13 Monatsgehältern würde meine Kontaktperson 44,23 Euro verdienen, ich dagegen nur 38,72 Euro pro Stunde. Oder, damit ich auf denselben Verdienst käme müsste ich eigentlich 93,66 Euro pro Stunde verlangen …
Dabei hat man ein größeres Risiko: Der Verdienst ist stark schwankend, mal mehr mal weniger, auch wenn ich, weil mir ein unkompliziertes Leben wichtiger ist, als Verdienst immer unter den schon erwähnten 17.500 Euro bleibe. Dann fällt nicht nur Umsatzsteuer an, dann ist man kein Kleinunternehmer mehr und muss eine Buchhaltung betreiben und andere bürokratische Sachen erledigen. Die Steuerklärung geht dann auch nicht mehr alleine ohne Steuerberater.
Kein Wunder, das ich seit Jahren den Vorschlag habe, das sie mich mit kleinem Zeitvolumen so eine Drittel-Stelle, anstellen. Das wäre sicherer und für mich sogar günstiger. Aber externe Mitarbeiter sind trotz des angeblich hohen Stundensatzes für Betriebe von Vorteil. Wenn „die Krise“ (geflügeltes Wort meines Ansprechpartners) mal wieder kommt, (die wohl alle paar Jahre zuschlägt, 2016 wurde auch das Budget für „Externe“ um die Hälfte gekürzt) wird zuerst mal an den Externen gespart. Außerdem ist ein Externer effizienter. Bei jemanden, der pro Stunde bezahlt wird, nicht für die Anwesenheit am Arbeitsplatz, nimmt man an, dass er auch dauernd arbeitet und ich tue das auch. Ich sehe durchaus, dass in der Firma auch mal ein privates Pläuschchen am Arbeitsplatz stattfindet, die Mittagspause eine Stunde anstatt der in der Arbeitszeit berücksichtigten 30 Minuten dauert, das Handy gecheckt wird oder man im Internet surft und Youtube Videos anschaut. Dazu kommt auch dort die Bürokratie. Zahlreiche Besprechungen, Meetings, Personalgespräche, beantworten von Mails. Das Schreiben von Dokumenten für Zertifizierungen. Deswegen ist das Thema jetzt auch für mich vom Tisch, denn ich erhoffte mir einen Vertrag, bei dem ich arbeiten kann wie jetzt, nur eben als Angestellter und mit reduzierter Stundenzahl. Wie man mir sagte, gibt es aber nur Standardverträge und dann wäre ich in diese ganzen unproduktiven Verwaltungssachen eingebunden. Ich programmiere gerne, nur deswegen habe ich die Tätigkeit überhaupt, denn sonst würde mir das Geld auch so zum Leben reichen. Aber dann macht das Programmieren eben nur einen Teil der Arbeit aus und auf den anderen Teil kann ich gerne verzichten.