Bernd Leitenbergers Blog

Zeit für eine Concorde 2?

Vor einiger Zeit habe ich eine Dokumentation über die Concorde gesehen. Sie endete in einem Ausblick. Nämlich das man heute an Technologien arbeitet, wie ein überschallschnelles Flugzeug doch noch wirtschaftlich sein könnte. Für mich überraschend: das Hauptaugenmerk der heutigen Forschung gilt dem Lärm, denn dessen Reduktion ist das Hauptproblem für einen Einsatz. Die Concorde dürfte erst auf dem Meer auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigen damit es an Land keinen Überschallknall gab. So war der Einsatz limitiert auf Flugplätze, die am Meer lagen und die man erreichen konnte ohne Land zu überfliegen. Also ein Einsatz New York ↔ Los Angeles schied wegen des Überflugs der USA aus.

Ich greife das Thema mal auf, um zu diskutieren ob sich ein neues überschallschnelles Flugzeug wirtschaftlich rentiert. Denn daran hängt ja alles. Was der Concorde zu schaffen machte war die Ölkrise und die dadurch ansteigenden Kerosinpreise, die damals um den Faktor 3 bis 4 stiegen, auch wenn sie verglichen mit heute noch niedrig waren. Es ist logisch, das ein Flugzeug das überschallschnell fliegt, einen höheren Spritverbrauch hat. Hier mal ein Vergleich:

Der Schub der Concorde ist also 78 % höher, der Treibstoffverbrauch pro „Pfund Schub“ 46 %. Dafür transportiert die Concorde nur maximal 120 Passagiere anstatt 215 wie bei einer B-707. So ist klar, das ein Flug teurer ist. Alleine die Treibstoffkosten müssen so 4,65-mal höher sein, wenn man die geringere Flugzeit (3,25 anstatt 8 Stunden) berücksichtigt immer hin noch 90 % höher. Doch das ist nur eine Seite. Das Flugzeug selbst ist ja auch teurer, wahrscheinlich auch der Unterhalt und die Wartung. Das muss man dann auf 120 Passagiere pro Flug umlegen anstatt 215.

Doch an der Wirtschaftlichkeit kann man drehen. Hier mal einige Ideen von mir:

Werkstoffe

Üblicherweise verwandte man im Flugzeugbau als die Concorde entwickelt wurde Aluminiumlegierungen. Da die Concorde Außenhaut sich bei hoher Geschwindigkeit stark aufheizte, war dies nicht möglich, weshalb ein Großteil der Concorde aus Stahl gefertigt wurde – mit entsprechenden Gewichtsnachteilen.

Doch das war in den Sechziger Jahren. Mittlerweile entstehen neue Flugzeuge weitestgehend aus Kohlefaserverbundwerkstoffen, die genauso beanspruchbar wie Edelstahl sind, aber dreimal leichter und sie sind auch thermisch genauso belastbar. Ich denke so könnte man viel Gewicht einsparen.

Triebwerke

Auch bei den Triebwerken ist die Zeit nicht stehen geblieben. Auch normale Passagierflugzeuge müssen heute Treibstoff sparen. Ich habe mal das J3T der Boeing 707 mit dem Trend 772 verglichen. Das ist nicht gerade das neueste Triebwerk, es wurde 1994 für den Airbus 330 / 340 entwickelt. Aber schon es kommt auf 0,58 lb/lbf/h Treibstoffverbrauch. Es ist also 34 % effektiver, benötigt entsprechend für dieselbe Strecke weniger Treibstoff. Die Concorde benötigte bis zu 96 t Treibstoff für eine Strecke von 7200 km. Bei einer maximalen Startmasse von 185 t entfällt also die Hälfte der Masse auf den Treibstoff. Die Reduktion der Treibstoffmenge pro Kilometer strecke ist daher überproportional effektiv, denn man verbraucht auch Treibstoff um den Treibstoff zu transportieren der ja die Hälfte der Startmasse ausmacht. Die Reduktion um 34 % wird wenn man berücksichtigt das die Hälfte der Masse Treibstoff ist zu 68 %.

Alternativ kann man bei gleicher Treibstoffzuladung die Reichweite erhöhen, denn diese ist mit 7200 km zwar groß genug, um den Atlantik zu überqueren. Heute aber führen viele Flüge in den asiatischen Raum und den erreicht die Concorde nur mit Zwischenstops. Auch der Pazifik ist zu weit um ihn ohne Zwischenstop zu durchqueren. Anstatt also die Treibstoffmenge zu reduzieren könnte man bei gleicher Zuladung auch die Reichweite auf 9.700 km erhöhen.

Treibstoffart

Die Concorde verwandte Kerosin. Doch bei einem so hohen Treibstoffverbrauch und so hohen Betriebskosten wäre es auch lohnend über Wasserstoff als Treibstoff nachzudenken. Kerosin hat einen mittleren Brennwert von 34,5 MJ/kg. Wasserstoff einen von 143,3 MJ/kg, also viermal höheren. Dafür ist er als Nachteil weniger dicht – berücksichtigt man das so ist bei gleichem Volumen der Energiegehalt nur 36 % dessen von Kerosin. Das heißt mit Wasserstoff würde ein Nachfolger der Concorde zwar nochmals deutlich weniger Treibstoff pro Kilometer brauchen, wäre aber wenn man die höhere Effizienz der Triebwerke wieder berücksichtigt wegen der geringeren Menge nur mit derselben Reichweite baubar. Sie wäre sogar etwas kürzer (rund 6600 km). Wasserstoff würde sich dann lohnen, wenn 8 t Wasserstoff nicht mehr kosten als 96 t Kerosin.

Moderne Technologien

Als man die Concorde entwickelte, gab es keine Computersimulationen. Heute gibt es diese. Ich glaube zwar kaum, das dies wesentlich an den Eckdaten wie Treibstoffverbrauch und maximale Geschwindigkeit etwas ändern kann, denn schon damals wurden Modelle im Windkanal getestet. Doch die Begleiterscheinungen, vor allem der Lärm, dürfte man heute besser reduzieren können und gerade dies ist ja auch wichtig, wenn man ein Flugzeug haben will, das universell einsetzbar ist und auch über Land fliegen kann.

Auftanken

Seit Jahrzehnten werden militärische Maschinen in der Luft aufgetankt. Inzwischen wird es auch für Passagierflugzeuge erwogen. Für diese sollen sich Einsparungen von 11 bis 23 Prozent beim Treibstoffverbrauch ergeben. Für die Passagiere wird der Flug schneller, da die Landung wegfällt. Das wäre auch eine Option für einen Concordenachfolger. So könnte man auch die geringe Reichweite kompensieren. Weiterhin ist bei einem überschallschnellen Flugzeug der Verlust an Zeit bei einer Zwischenlandung viel größer und auch der Treibstoffverbrauch um wieder auf Mach 2 zu kommen. Auch wenn man zum Auftanken auf Mach 0,8 bis 0,9 abbremsen muss. Es würde sich lohnen.

Markt

Rechnet man den Ticketpreis einer Concorde von 1997 auf heute um, so war ein Flug 12.500 Dollar teuer. Selbst mit weniger Spritkosten und geringerem Gewicht – ein Billigflieger wird ein Überschallflugzeug nicht werden. Es gibt zwei Tendenzen, die zum einen den Markt vergrößern, zum anderen verkleinern. Vergrößert wird der Markt, weil es heute viel mehr zeitkritische Dinge gibt. Manager sollen dauernd erreichbar sein. Ihre Arbeitskraft ist viel teurer als ein Ticket. Auch hat man heute weniger Zeit. Das spricht für einen Überschalljet.

Auf der anderen Seite muss man heute für Besprechungen nicht mehr vor Ort sein. Einfache Besprechungen kann man mit Videokonferenzen machen. Zusammen an Prototypen kann man in virtuellen Umgebungen arbeiten, auch wenn man nicht im selben Raum ist. Selbst an die Anleitung von Arbeitern selbst etwas zu reparieren durch den Experten über VR, anstatt diesen einzufliegen, wird heute schon erprobt.

Auf der anderen Seite meint ja Elon Musk, das man seine Marspläne dadurch finanzieren kann, indem seine BFR Passagiere von A nach B transportiert und die braucht dazu nicht 40 % der Startmasse an Treibstoff sondern 90 % und dürfte schon weil Raketen viel weniger oft verwendbar sind, viel teurer sein. Sicher ist eine BFR schneller – interkontinentale Distanzen in 90 Minuten schafft man nur mit einer Rakete. Doch der Gewinn gegenüber einem Unterschallflugzeug ist das wichtigste. Eine Concorde sparte schon 2/3 der Zeit ein. Eine BFR würde dann nur weitere 20 % einsparen. Wenn es also nach Musk geht, dann gibt es einen Markt der sogar noch viel mehr für einen Flug zahlen würde – allerdings mit Mehrwert – wie Flug ins All und Schwerelosigkeit. Auf der anderen Seite – das macht jeder, der das erleben will vielleicht 1 oder zweimal. Flugzeug fliegt man aber regelmäßig. Der Markt für ein Überschallflugzeug ist größer und er ist nachhaltiger.

Nachfolger

Ich habe zumindest einen Nachfolger gefunden. Boom soll Mach 2,2 erreichen. Hat eine höhere Reichweite (Los Anges ↔ Sydney) aber nur 55 Passagiere. Vielleicht gerade keine so dumme Idee, denn die Zahl der Kunden die es eilig haben, ist begrenzt und wenn man stundenlang auf den nächsten Flieger warten muss, ist der Zeitvorteil auch weg. Virgin hat schon Flugzeuge gekauft. So ein kleines Flugzeug wäre auch etwas für Politiker: die düsen ja noch immer schnell um die Welt, zu Regierungsbesuchen, Konferenzen und für die zählen Flugkosten nicht. Für sie reichen auch 55 Passagiere.

Meine Meinung

Ich denke mit den besprochenen Fortschritten ist ein Überschallverkehrsflugzeug heute technisch attraktiver als es die Concorde war. Heute gibt es treibstoffsparende Triebwerke, leichtere Werkstoffe das Gewicht verringern. Mit Wasserstoff kann man das Startgewicht weiter absenken. Selbst bei einer kleinen Reichweite wären längere Strecken mit Wasserstoff möglich, trotz der niedrigen Dichte, wenn man in der Luft auftankt.

Der wirkliche Knackpunkt ist der Lärm. Er führte schon dazu, dass die Concorde über Land unterschallschnell flog und dann erst über dem Meer beschleunigte. Damit sind aber viele attraktive Routen „verboten“ wie Transkontinentalflüge über die USA. Wenn wie die NASA meint, dass man den Lärm eines Überschallflugzeugs entscheiden reduzieren kann, dann könnte das Konzept wieder erfolgreich sein. Kleinere Flugzeuge, die angepasst sind an eine kleine Nachfrage, durch Leute denen der Preis egal, ist (Virgin verspricht zwar das es nicht teurer wird als die teuersten Tickets bei Linienflügen, doch ich glaube das nicht) könnten auch wirtschaftlich erfolgreich sein. Denn natürlich sind auch dann die Entwicklungskosten und Herstellungskosten kleiner.

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