Das Space Shuttle – Upgrademöglichkeiten

Das Space Shuttle unterscheidet sich von anderen US-Trägersystemen nicht nur darin, das es bemannt ist, sondern das es auch das einzige ist, das 30 Jahre lang weitestgehend unverändert gebaut wurde, etwas was man sonst nur von der Konkurrenz in Europa, China und vor allem Russland kennt. Das hängt natürlich zusammen. Denn die Sicherheitsanforderungen verhindern zwar nicht Änderungen, aber sie machen sie langwierig und teuer. Ich will heute mal beleuchten, welche Möglichkeiten es gab und was die gebracht haben, die umgesetzt wurden.

Der Orbiter

Der Orbiter war zweierlei: wiederverwendbares Gefährt und Nutzlastspitze. Das grundlegende Problem des ganzen Systems war, das er mit den Orbit gelangte. Im optimalen Fall machte der Orbiter 70 % der Gesamtmasse aus. Daraus war klar, das schon bei geringfügig höheren Anforderungen, wie höherer Orbit und höhere Inklination die Nutzlast stark absank. Gerade an ihm konnte man aber wenig ändern. Es gab viele kleine Änderungen so ein neues Cockpit, die Zahl der Hitzeschutzkacheln wurde reduziert. Aber sie veränderten nicht viel an der Gewichtsbilanz. Das Grundproblem gab es schon beim Jungfernflug. Geplant sollten die Fähren leer rund 68 t wiegen. In der Realität waren es 78 bis 82 t. Also 10 bis 14 t mehr. Das bedeutete, das die Nutzlast im gleichen Maße sinken musste, also auf 16 bis 20 t maximal. Die Columbia war rund 4 t schwerer als die folgenden. Die Challenger 3 t. Die folgenden Orbiter erhielten dann schon Verbesserungen und waren leichter.

So begann man schon bei der Entwicklung mit Upgrades. Das einzige System, bei dem das aber ging, waren die Haupttriebwerke. Dies geschah durch den Brennkammerdruck und damit dem Schub. Die ersten fünf Flüge erfolgten mit den ursprünglichen Triebwerken. Danach folgte die erste Generation mit verringertem Wartungsaufwand. Die NASA plante ein Upgradeprogramm, bei dem der Schub auf 109 % mit 112 % in Notsituationen anstieg. Das hätte zusammen mit LWT die Nutzlast bei den beiden leichteren Orbitern Discovery und Atlantis auf 28,7 t angehoben, nahe der Vorgabe von 29,5 t. Nach dem Verlust der Challenger hatte Sicherheit Vorrang und die Bemühungen gingen nun auf eine höhere Zuverlässigkeit, sodass man auf den höheren Schub verzichtete. Bei der SLS werden die Triebwerke aber in dem 109 % Niveau betrieben. Beim Space Shuttle waren es nur 104,5 %. Jedes Prozent mehr steigerte die Nutzlast um 600 kg.

Die Feststoffbooster

Die Feststoffbooster basierten auf der Technik der Titan 3 Booster. Sie bestanden, wie diese aus Stahlsegmenten die man durch Steckverbindungen zum Boostergehäuse verband. Neu war nur die hydraulisch schwenkbare Düse, anstatt einer Sekundärinjektion. Ebenso verwandten die Booster die alte Treibstoffmischung auf Basis von PBAN.

Es gab den Plan sie durch neue Booster auf Basis der Technologie der Titan 4B Booster zu ersetzen. Diese verwendeten CFK-Werkstoffe für das Gehäuse und eine aluminiumreichere Mischung mit dem Binder HTPB. Die Titan 4 Booster waren gegenüber ihren Vorgängern leichter, hatten einen höheren Brennkammerdruck und die Mischung hatte auch einen höheren spezifischen Impuls. Sie kamen nicht über das Projektstadium heraus, obwohl die Planungen noch von konservativen Annahmen ausging (Reduktion der Masse um 11,3 t entsprechend 15 % – als man bei der Ariane 5 analoge Pläne hatte, sollte CFK-Booster die Leermasse um 30 % senken) lies man die Pläne 1993 fallen. Selbst spätere Pläne nur die bisherigen Booster zu redesignen, indem man die Zahl der Segmente halbiert und diese verschweißt, analog, wie man dies bei Ariane 5 bei den Boostern der Evolution Variante tat und die Treibstoffmischung auf HTPB umzustellen wurden fallen gelassen. Diese Booster hätten die Nutzlast um 5,4 t erhöht.

Für die Versorgung der ISS und die letzten Flüge hatte man schließlich noch die Idee, die Booster um ein Segment zu verlängern also von vier auf fünf. Das war unkritisch möglich, beeinflusste das Restsystem kaum und vor allem war es technisch einfach umsetzbar. Die Nutzlast wäre vor allem durch geringere Aufstiegsverluste um 9,1 t für die ISS gestiegen. Nachdem die Columbia verloren ging, wurde aber das ganze Programm eingestellt und damit auch die 5-Segment-Booster die nun bei der SLS zum Einsatz kommen.

Der externe Tank

Bei praktisch allen US-Trägerraketen wurde der Tank verlängert. Der Schritt ist normalerweise am einfachsten möglich und durch den hohen Schub der Feststofftriebwerke gab es auch die Reserven dafür. Doch das war wegen der Geometrie nicht möglich. Der Orbiter hing am Tank – seine Last von 114 t Gewicht plus der Schub der Triebwerke von maximal 600 t wurden auf den Tank übertragen und das ging nur, wenn dies an Punkten geschah, wo dies möglich war. Das war in der Zwischentanksektion und am Heck. Hier gab es drei Träger mit Verbindungen zum Orbiter. Daher gab es auch keinen Integraltank. Durch die fixen Positionen konnte man den Tank nicht verlängern. Man konnte ihn nur im Durchmesser vergrößern. Doch dann musste man an der Startbasis einiges ändern, da die Triebwerke ja fest vorgegebene Löcher im Sockel hatten. Das blockierte diese für Starts während der Umbauten. Das Haupthindernis war aber eine aufgebaute Fertigungsstraße für einen Durchmesser von 8,38 m. Die wäre nicht mehr nutzbar gewesen und die Investitionen in die Straße waren sicher auch der Grund, warum die SLS-Kernstufe denselben Durchmesser hat. Das Einzige was man machen konnte war das Leergewicht zu senken. Bei den Testflügen war der Tank weiss angestrichen. Darauf verzichte man später. Das alleine sparte 272 Kilogramm ein. Die orangene Oberfläche ist eine Reminiszenz an die ersten Trägerraketen, die als ICBM auch noch keinen Anstrich hatten, wie die ersten Atlas. Es folgte der LWT (Lightweight-Tank), bei dem man die strukturellen Maximalbelastungen absenkte und so 4,5 t Gewicht einsparte. Da der Tank fast einen Orbit erreicht, erhöht eine Reduktion des Leergewichts um 4,5 t die Nutzlast um 4,2 t. Der Rest entfällt auf mehr Treibstoff, den der Orbiter für das Erreichen und Verlassen der Umlaufbahn benötigt.

Mit dem SWLT flogen die Fähren über 25 Jahre lang. Erst mit dem Aufbau der ISS reichte er nicht mehr aus. Man ging nun beim Wasserstofftank, der rund die Hälfte der Masse des Tanks ausmacht auf die Lithium-Aluminiumlegierung 2195 über, und machte ihn um weitere 2,7 t leichter. Ebenso verringerte man die Masse der Zwischentanksektion durch ein neues Schweißverfahren. Der Tank ist daher das einzige System, das im Laufe der Einsatzgeschichte stark verbessert wurde. Alle Maßnahmen zusammen senkten seine Masse um 7,2 t, die 6,7 t mehr Nutzlast entsprechen. Ohne sie wäre die Nutzlast für die ISS auf 12 t abgesunken.

Oberstufen

Das Space Shuttle war als System nur fähig keinen niedrigen Erdorbit zu erreichen. Bedingt durch die hohe Leermasse des Orbiters sank die Nutzlast sowohl bei höherer Inklination wie auch höherer Bahnhöhe stark ab. Bei sonnensynchronen Bahnen so um 15 t und bei der Bahnhöhe von 611 km des Hubble Weltraumteleskops um 13 t. Man benötigte also Oberstufen. Als das Shuttle ausgeschrieben wurde, evaluierte man die Optionen. Es gab Vorschläge bestehende Oberstufen anzupassen so Agena, Transtage und Centaur und für neue Oberstufen. Man dachte sogar noch weiter und plante ein System, das Satelliten (Erderkundungs- und Wettersatelliten) in einem höheren Orbit einfängt zur Wartung oder Bergung in einen niedrigen Orbit bringt und dann wieder dorthin transportiert. Das System geriet in die Schlagzeilen, als man damit die Raumstation Skylab retten wollte. Doch es hatte dasselbe Problem wie die Oberstufen – die NASA hatte das Problem schon das Shuttle zu finanzieren. Sie stellte alle Entwicklungen zurück. Die einzige Oberstufe, die entwickelt wurde, stammte vom Militär und war die IUS.

Auf dem Papier war die IUS eine die ideale Oberstufe für das Space Shuttle. Sie war eine zweistufige Feststoffoberstufe und damit kompakt und lies viel Platz für die Nutzlast. Zudem waren feste Treibstoffe sicher, konnten ohne Zündung nicht explodieren. Der spezifische Impuls war vergleichsweise hoch und wenig kleiner als bei Stufen mit lagerfähigen flüssigen Treibstoffen. Doch das war auf dein Papier. Die IUS sollte etwas leisten, was sonst keine Feststoffoberstufe leisten sollte – einen Transport vom LEO in den GEO mit hoher Präzision. Dazu war sie dreiachsenstabilisiert und hatte ein eigenes RCS und Steuerung. Das machte sie zum einen teuer und zum anderen war die Leermasse hoch. Schon die Entwicklung war teuer und die Oberstufe ebenso.

Die zweiet Oberstufe war die Centaur. Die NASA entschloss sich für eine Anpassung der Centaur D, bei der der Wasserstofftank auf den Durchmesser der Nutzlastbucht erhöht wurde. Es gab zwei Versionen mit unterschiedlich langen Tanks. Die kleinere für schwere Nutzlasten der Air Force und die größere für Raumsonden der NASA. Obwohl die Centaur in der Beurteilung geringe Risiken bescheinigt wurden, bekam sie nach dem Challengerunglück Startverbot. Das Problem war nicht die Stufe. Keine Centaur war jemals explodiert, nicht mal, als sie durch Fehler vorzeitig abgeschaltet wurde wie beim Start von Mariner 8. Das Problem waren die Abbruchszenarien. Denn dann waren Centaur und Nutzlast viel schwerer als die 14,5 t die maximal gelandet werden dürften. Dann hätte man die Treibstoffe teilweise während einer Notlandung ablassen müssen und das ist doch riskant.

So fehlte eigentlich eine adäquate Oberstufe. Meiner Ansicht nach war von den Konzepten die man untersuchte die Agena die beste Möglichkeit gewesen. Die Agena hatte gegenüber der Transtage durch die aktive Förderung ein geringeres Trockengewicht. Man hätte sie auf die moderne Mischung NTO/UDMH umgestellt und die Düse des Triebwerks verlängert. Es waren zwei Versionen gedacht, bei der die zweite abwerfbare Zusatztanks hatte. Durch dieses Konzept hätte man die Stufe leicht wiederverwenden können, indem man einfach neue Zusatztanks anbringt. Ein Pendelverkehr zwischen GTO/LEO und GEO/LEO war geplant. Selbst dann noch hätte man knapp 1.800 kg (IUS: 2270 kg) in den GTO transportieren können. Bei Verzicht auf die Wiederverwendung wären es sogar 6 t gewesen. Der einzige Nachteil dieser Agena mit Zusatztanks war, dass sie 1,2 m länger als eine Transtage als Konkurrenzmodell war. Man hätte nicht mehrere Agenas auf einem Flug transportieren können.

Die ersten kommerziellen Flüge wurden dagegen von der PAM-D dominiert. Die PAM-D wurde als Oberstufe entwickelt, die nur einen Satelliten der Delta Klasse von einem LEO in einen GTO transportiere. Dort zündete der Satellit seinen eigenen Antrieb. Es gab auch Pläne für ein PAM-A mit der Nutzlast der Atlas. Die GTO-Bahn reichte für kommerzielle Satelliten mit integriertem Antrieb völlig aus. Theoretisch konnte ein Shuttle bis zu vier dieser Satelliten befördern. Maximal wurden drei mitgeführt. Nach dem Challenger Unglück wurde auch dieser Transport eingestellt. Die wenigen verbliebenen Starts setzten dann die IUS ein.

40 Jahre später – nichts dazu gelernt

Nun entsteht ja ein Space Shuttle 2.0 genannt Starship. Und es scheint als wiederhole sich die Geschichte. Noch vor dem ersten Flug sinkt die Nutzlast drastisch ab. Zuerst durch Veränderung der Konfiguration – auch das Space Shuttle war ursprünglich ander geplant mit zwei vollständig wiederverwendbaren mit flüssigen Treibstoffen angetrieben Stufen – dann durch laufendes Ansteigen des Leergewichts. Die BFR sollte mal eine Nutzlast von 250 t haben, nun sind es noch 100 t. Natürlich ist es vollkommen falsch, das Space Shuttle mit dem BFR/Starship zu vergleichen. Denn das Space Shuttle war ursprünglich mal klein geplant mit 12 t Nutzlast und wurde erst durch Eingehen auf die USAF so groß um dann wieder Nutzlast zu verlieren – aber in moderatem Maße. Die BFR wurde dagegen laufend in der Nutzlast gesenkt, indem sie zuerst kleiner wurde und später schwerer. Sie transportiert zudem nur 20 % der Nutzlast in den GTO und 0 % in den GEO, das Shuttle mit Centaur G dagegen 37 % in den GTO und 21,5 % in den GEO. Kurz: das so beschriene Space Shuttle ist um einiges besser als die BFR. Es kommt nur auf den Vergleich an. (SpaceX Fans werden dann die Kosten nehmen, das ist das Schöne an Vergleichen ist: man muss sich nur mit dem richtigen vergleichen oder wie es so schön heißt: unter den Blinden ist der Einäugige König).

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