Man gestatte mir heute mal wieder einen reinen Meinungsblog. Es geht um etwas, was mir in den letzten Jahren aufgefallen ist: eine Veränderung der Nachrichten. Was mir – zumindest bei meinem Hausradiosender SW1 – auffällt, ist, dass es immer mehr Meldungen über Morde und andere schwere Verbrechen gibt. Die letzte Woche sogar zwei. Zuerst über einen Mann, der eine Frau und ihr Kind vor einen heranfahrenden Zug in Frankfurt stieß, dann über einen der einen ehemaligen Mitbewohner mit einer Stichwaffe in Stuttgart tötete. Das ist ein Beispiel. Es gäbe noch weitere, wie über Gruppenvergewaltigungen, Kindesmissbrauch. Es sind auch nicht nur die Verbrechen selbst, die eine einmalige Meldung erzeugen. Sondern in den nächsten Tagen kommen dann noch Meldungen über den Fortgang der Ermittlungen und die reisen auch nicht ab. So in dem Fall über Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz, wo es alle paar Monate neue Meldungen gibt. Sei es über verschwundene CDs mit Tatvideos oder die Ermittlung eines weiteren Tatverdächtigen und schließlich dann noch Meldungen über die Prozesse: Prozessbeginn, Prozessverlauf, Urteil.
Ich frage mich in letzter Zeit, warum diese Meldungen zugenommen haben und was ihr tieferer Sinn ist. Es gab früher auch schon Verbrechen, doch wurde über Mord nur selten berichtet. Heute ist das anders. Meine Vorstellung: durch die terroristischen Attentate hat sich irgendwie die Wahrnehmung bei der Bevölkerung, aber auch Redakteuren verändert. Nun erscheinen solche Taten viel bedrohlicher als vorher, wo sie auch vorkamen, aber eben nicht so stark wahrgenommen werden. Nehme ich nur die Statistiken, so sind die Morde von 1994 bis 2014 von 1194 auf 664 Fälle zurückgegangen. Es ist heute also fast doppelt so „sicher“ wie vor 20 Jahren. In den Nachrichten ist das genaue Gegenteil der Fall. Damals wurde kaum über Einzeltaten berichtet, außer sie hatten regionale Bedeutung. Ein Redakteur würde nun sicher sagen, das ist Öffentlichkeitsinteresse. Kurz die Leute interessieren sich dafür. Das ist ein Argument, denn es wird auch über Dinge berichtet, die ich für völlig unnötig halte wie irgendwelche Hochzeiten oder Geburten bei Königshäusern. Aber es gibt einen Unterschied. Im zweiten Fall ist es mehr oder weniger Unterhaltung, man könnte auch sagen, eine positive Nachricht, bei Berichterstattung über Verbrechen ist es eine negative Nachricht. Die löst im Unterbewusstsein etwas aus. Man fühlt sich nicht mehr so sicher, wenn fast jede Woche über einen Mord berichtet wird, (rein statistisch gesehen, passiert auch jeden Tag mindestens einer). Sonst hätte man von den Taten nichts mitbekommen außer man wäre in der direkten Umgebung. Ich halte das für gefährlich, denn so wird suggeriert, das es viel mehr Verbrechen gibt und das verunsichert und verängstigt die Leute.
Noch etwas hat sich geändert. Nach jeder der Taten tritt die Politik auf. Seehofer hat seinen Urlaub unterbrochen und will, weil der Täter von Frankfurt aus der Schweiz stammt, nun verstärkte Kontrollen zur Schweiz einführen. Bei anderen Verbrechen in den letzten Jahren wurde nach einer Verschärfung von Gesetzen geschrien und natürlich dienen diese Vorfälle dazu, die Überwachung der Bevölkerung bzw. ihres Telefon- und Internetverkehrs zu rechtfertigen und immer mehr zu verschärfen. Die letzte deutsche Verordnung hat ja mittlerweile der EuGH kassiert.
Ich denke Politiker wollen so zeigen, dass sie etwas tun. Aber was sie tun, ist Unsinn. Mord ist ja strafbar und das nicht erst seit heute. Wir haben für alle möglichen Straftaten Gesetze, manchmal sogar ziemlich überflüssige wie gegen Majestätsbeleidigung und Werbung für Abtreibung. Gesetze und Verordnungen verhindern aber keine Straftaten. Straftaten verhindert die Polizei durch ihre Präsenz, bzw. bei Berufskriminellen durch den Fahndungserfolg und auch der hängt mit der Personalstärke aber auch ihrer Ausrüstung und Ausbildung zusammen. Dafür muss man aber Geld ausgeben. Gesetze sind dagegen als Beschlüsse des Parlaments relativ günstig. Ich sehe das wie bei den Verkehrsregeln: die kennt auch jeder und trotzdem halten sich viele nicht daran. Daran ändern dann nur Kontrollen, Überwachung wie Radargeschwindigkeitsmessungen oder Bußgeldbescheide etwas. Es geht nicht um verschärfte Regeln, sondern dadurch, dass man die Einhaltung auch gewährleistet. Wie bei den Gesetzen könnte man auch die Verkehrsregeln entschlanken und überflüssige entfernen. Aber auch hier sehen wir den Trend zu „billigen“ Maßnahmen. Das sind Schilder. Wir haben überall Schilder, bei den meisten kenne ich nicht mal die Bedeutung. Auch da würden einige weniger nicht schlecht sein.
Immerhin: mein Sender hat noch nicht eine Rubrik, die der Stammsender meines Bruders „Antenne 107,7“ hat: dort gibt es zu den Nachrichten jeweils eine Liste von Meldungen, wo Radarfallen aufgestellt sind. Ich denke das ist grenzwertig. Es ist im Prinzip eine Warnung an alle, die sich nicht an das Tempolimit halten, wo ihnen ein Bussgeld winken könnte. Klar wird das, wenn derselbe Sender nicht vor „Blitzern“, sondern Polizeikontrollen oder -patrolien warnen würde. Auch diese überwachen ja nur den Verkehr und stellen auch Geschwindigkeitsverstöße fest. Also wenn die Sendeanstalten schon was tun wollen: bringen sie doch in den Nachrichten jeden Tag wie viele Menschen durch verkehrsunfälle heute gestorben sind. Das hat vielleicht sogar einen Nutzen, nämlich den das der eine oder andere vorsichtiger fährt.
Zuletzt noch ein Schmankerl: ich habe, während ich den Beitrag schreib, eine Folge von TerraX über den Mars angeschaut. Gleich zu Beginn gab es folgende Szene, aus der ich einen Screenshot gemacht habe:
Fällt euch was auf? Die Venus ist leicht größer als die Erde, in Wirklichkeit aber etwas kleiner. Der Mars hat etwa die halbe Erdgröße ist aber auf der Abbildung auch zu groß, ebenso der Merkur. Vor allem ist die Sonne mit geschätzt 3-4 fachem Erddurchmesser viel zu klein. Hier ein korrekter Vergleich aus der Wikipedia. Und Mars 3 machte auch nicht die erste erfolgreiche Marslandung … In der Sendung wird dann auch noch der Eindruck erweckt, das Elon Musk, dort betitelt als „Multimilliardär“ alleine eine Marskolonisierung finanziert. Ich frage mich nur wie.