Die Nutzlast der Ariane 62 / 64 „PPH“
Bevor man zu dem heutigen Konzept der Ariane 6 kam, gab es das PPH abgekürzte Konzept. Die Abkürzung steht für Powder-Powder-Hydrogen, also Pulver-Pulver-Wasserstoff. Damit war gemeint, dass die Ariane 6 in den ersten beiden Stufen Feststoffantriebe einsetzt, in der Oberstufe dann eine Stufe mit dem Vinci Triebwerk.
Mir fiel auf, das die derzeitige Treibstoffzuladung von 143 t nahe der 135 bis 145 t die für den Booster geplant war. Auch die Treibstoffzuladung der Oberstufe von 30 t ist nahe bei den 30 bis 36 t die damals geplant waren. Warum das Konzept also nicht imitieren?
Der einzige Unterschied ist nur, das man die Zentralstufe LLPM durch einen P120C Booster ersetzt. Der benötigt an der Basis eine Verstärkung. Mit der ist er an der Startbasis angebracht. Ich habe dazu 2 t addiert, das war das Gewicht, das damals für die PPH-Variante vorgesehen war. Der Stufenadapter muss auch angepasst werden, um von 3,5 auf 5,4 m Durchmesser zu vermitteln. Doch da er auch bei der Ariane 6 anfällt, addiert er kein Zusatzgewicht. Eher wird er durch den unten geringeren Durchmesser leichter. Ich habe trotzdem noch 1,2 t für ihn addiert, so viel wog er beim PPH-Konzept. Die Trockenmasse der Oberstufe ist unbekannt. Ich habe meine Modellierung des ULPM der Ariane 6 übernommen. Die passt leider nur mit dieser hohen Leermasse, doch dazu später mehr
Im Folgenden finden sie die Nutzlasten der Versionen:
Version | Nutzlast |
---|---|
4 Booster (Ariane 64 PPH) | 6.500 kg GTO |
2 Booster (Ariane 62 PPH) | Keine GTO Nutzlast |
2 Booster (Ariane 62 PPH) | 7.000 kg LEO (5 Grad , 200 km) |
3 Booster (Ariane 6 PPH) | 6.500 kg GTO |
2 Booster (Ariane 6 PPH) | 3.500 kg |
2 Booster Ariane 62 | 5.000 kg GTO |
2 Booster Ariane 62 | 10.350 kg LEO, 5 Grad 300 km |
4 Booster Ariane 64 | 11.500 kg GTO |
Verglichen mit dem PPH Konzept fällt auf, das die Nutzlasten kleiner sind. Die naheliegende und korrekte Antwort ist, dass dies an der Trockenmasse der Oberstufe liegt. Wie schon gesagt, sie ist geschätzt, passt aber zu den angegebenen Nutzlasten der Ariane 64 für Fluchtbahnen und GTO, sodass ich mir relativ sicher bin, dass sie korrekt ist. Mich bestätigt auch die Meldung, dass man eine zweite Version (PHOEBUS-Demonstrator) entwickeln will die 1 bis 2 t leichter ist – und das geht eigentlich nur, wenn die Version jetzt schon recht schwer ist. Eventuell kostet auch das anders als bei Ariane 5 vorgesehenen Deorbitieren der Oberstufe Nutzlast aufgrund der dafür notwendigen Treibstoffvorräte.
Bei der Trockenmasse muss man berücksichtigen, das sie auch die VEB enthält (wiegt derzeit 950 kg), dazu kommen Restflüssigkeiten (bei der Ariane 6 auf maximal 700 kg geschätzt) und es Verdampfungsverluste gibt die nach einer Doktorarbeit auf die ich bei der Recherche stieß, auf 200 kg geschätzt werden. Die rund 1,5 bis 2 t Trockenmasse für den Tank die der Autor der Arbeit errechnet, war übrigens auch in der Ausschreibung für die Oberstufe des PPH Konzepts vorgesehen.
Die schweren Oberstufen sind ein Ariane 5/6 Dauerärgernis. Die ESC-A wiegt mit VEB schon 4,3 t bei 14,6 t Treibstoffzuladung, die ESC-B sollte 6,3 t bei 28 t Treibstoff wiegen. Dagegen hätte die Oberstufe des PPH Konzepts eine Trockenmasse mit VEB von etwa 6,2 t bei 32 t Treibstoff nach meinen Simulationen. Ansonsten kommt man nicht auf die angegebene Nutzlast. Das ist relativ verlässlich, weil ich auch auf die 3,5 t GTO-Nutzlast bei zwei Boostern komme, die für diesen Träger genannt werden. So ist auch relativ gut verständlich, wie man die 2 t weiger Trockenmasse erreichen kann – die Stufe wiegt jetzt schon 2 t mehr als die Entwürfe für die ESC-B und Ariane 6 PPH.
Doch zurück zum Konzept. Bringt es etwas?
Nun die Version mit zwei Boostern erreicht keinen GTO, aber sie ist für LEO-Bahnen nutzbar. Sie würde hier die Sojus ersetzen und wäre eine Konkurrenz zur Ariane 62 die 10,4 t in diesen Orbit befördert, aber natürlich ist wegen der kleineren und leistungsschwächeren Zentralstufe auch hier die Nutzlast geringer. Die GTO Nutzlast liegt mit 6,5 t bei vier Boostern etwas höher als die Ariane 62 die mit 5 t angegeben wird (bei meiner Simulation aber über 6 t erreicht).
Interessant ist der finanzielle Aspekt. Die Booster sollen nach einem SAFRAN Papier von 2015 rund 7,4 Millionen Dollar kosten, damals noch bei einem Startpreis von 110,3 Millionen € für einer Ariane 64. Inzwischen liegt der Startpreis bei 120 Millionen Euro, sodass man von einem Stückpreis von 8,1 Millionen Euro ausgehen kann. Demgegenüber kostete die EPC damals 38,1 Millionen (heute hochggerechnet: 41,5). Die Datenlage ist aber nicht konsistent, denn wenn man vom Startpreis einer Ariane 64 die Kosten von zwei Boostern abzieht, kommt man nicht auf den angegebenen Startpreis der Ariane 62. Das scheint eher so eine Art Mischkalkulation zu sein. Wenn ich diese voraussetze, und der Boosterpreis dann nicht für vier, sondern drei (das Mittel das bei Mischung von Ariane 64 und 62 Starts anfällt) Booster gilt, verteuert sich die Rakete um etwa 3 Millionen Euro.
So käme man bei 8,1 Millionen pro Booster und 41,45 Mill. € für die LLPM auf folgende Kostentabelle:
Träger | Nutzlast | Kosten |
---|---|---|
Ariane 64 | 11,500 kg GTO | 120 Mill. € |
Ariane 62 | 5.000 kg GTO | 90 Mill. € |
Ariane 62 | 10.400 kg LEO | 90 Mill. € |
Ariane 62 PPH | 7.000 kg LEO | 57 Mill. € |
Ariane 64 PPH | 6.500 kg GTO | 87 Mill. € |
Ich sehe durchaus einen Markt für die kleinere Version. Für LEO-Bahnen ist selbst die Ariane 62 zu groß, zumindest wenn wir von Forschungssatelliten oder Anwendungssatelliten und nicht bemannten Raumschiffen reden. Hier wäre diese Version eine kostengünstige Alternative, die sogar noch billiger wäre als heute eine Sojus. (rund 70 Millionen Euro). Die Ariane 64 PPH liegt zwar bei höherer GTO Nutzlast preislich gleichauf mit der Ariane 62, doch dürfte diese vor allem bei Nicht-GTO Bahnen zum Einsatz kommen, z. B. für Fluchtkurse (JUICE) oder Galileobahnen. Für GTO-Orbits macht es immer noch Sinn die Ariane 64 im Doppelstart einzusetzen denn die Nutzlast ist viel höher und der Preis nur geringfügig höher. Warum man aber auf die, geometrisch ebenfalls mögliche, Zwischenversion mit drei Boostern verzichtet hat, weiß wohl nur die ESA.
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Mit fiel nach dem Posten noch ein, das natürlich die Versorgungsleitungen für die Oberstufe dann auf der falschen Höhe sind. Doch da ein P120C ungefähr halb so lang wie die Zentralstufe ist, kann man sie auch auf einen weiteren P120C stellen, das ist dann eine genaue Kopie des PPH Konzepts. Das wären dann drei bzw. fünf Booster beim Start.
Hier die Tabelle nochmals mit den beiden Optionen:
Träger | Nutzlast | Kosten |
---|---|---|
Ariane 64 | 11,500 kg GTO | 120 Mill. € |
Ariane 62 | 5.000 kg GTO | 90 Mill. € |
Ariane 62 | 10.400 kg LEO | 90 Mill. € |
Ariane 62 PPH | 7.000 kg LEO | 57 Mill. € |
Ariane 64 PPH | 6.500 kg GTO | 87 Mill. € |
Ariane 65 PPH | 8.500 kg GTO | 95 Mill. € |
Ariane 63 PPH | 3.500 kg GTO | 65 Mill. € |
Arianespace hat eine interessante Pressemeitteilung rausgebracht:
Jahresrückblick und Ausblick für nächstes Jahr: https://www.arianespace.com/press-release/in-celebrating-its-40th-anniversary-arianespace-confirms-the-companys-geostationary-market-segment-leadership-and-gears-up-for-a-record-number-of-launches/]https://www.arianespace.com/press-release/in-celebrating-its-40th-anniversary-arianespace-confirms-the-companys-geostationary-market-segment-leadership-and-gears-up-for-a-record-number-of-launches/
-Arianespace Marktführer für kommerzielle GTO-Sats 2019 mit 8 Sats vs. 6 der Konkurrenz (vielleicht etwas schöngerechnet, habe die Konkurrenzstarts nicht nachgezählt)
-54 Starts im Backlog, damit leichter Anstieg gegenüber Jahresmitte. Davon 10 A5 und 9 A6, 10 Vega und 25 Sojuz
-weitere interessante Statistiken, durchlesen lohnt sich