Wer hat Erfolg auf dem Heimcomputermarkt – kein Zufall

Bei der Recherche zu meinen letzten Artikeln habe ich auch beim Stöbern alte Testberichte der ct aus den Jahren 83 bis 85 gelesen. Damals erschienen laufend neue Heimcomputer und in fast jeder ct‘ wurde einer getestet. In der Retroperspektive wissen wir natürlich, was erfolgreich war. Die richtigen Millionenseller waren:

  • Sinclair ZX81: 1,5 Millionen Exemplare
  • Atari 8 Bit Serie: 2 Millionen Exemplare
  • Commodore VC20 – 2,5 Millionen Exemplare
  • Texas Instruments Ti 99/4A – 2,8 Millionen Exemplare
  • CPC-Serie – 3 Millionen Exemplare
  • C128 – 3,75 Millionen Exemplare
  • Sinclair Spectrum: 5 Millionen Exemplare
  • C64: 17 Millionen Exemplare

Alle Angaben sind Schätzungen, für den C64 findet man z.B. eine Bandbreite von 12,5 bis 37 Millionen verkauften Einheiten. Weggelassen habe ich Computer, die zwar hohe Stückzahlen erreichten, doch die bei uns kaum gekauft wurden wie die MSX-Serie (vor allem in Japan) und TRS-80 (fast ausschließlich in den USA).

Wenn man sich die Situation in Deutschland ansieht, dann gab es so Mitte der Achtziger Jahre eine Dreiteilung des Marktes auf drei Anbieter, obwohl es zig Konkurrenten gab:

  • Den Sinclair Spectrum
  • Den C64
  • Die CPC-Serie

Warum?

Wenn man sich die Rechner anschaut, so hat jede Serie spezifische Vorteile, die jeweils für einen bestimmten Kundenkreis wichtig waren. Der Spectrum punktete vor allem mit dem Preis. Er war mit Abstand der billigste Computer, nicht nur dieses Trios, sondern allgemein. Dazu kam, dass auch das Aufrüsten billig war. Sinclair bot lange Zeit kein Diskettenlaufwerk für den Computer an, stattdessen eine Abwandlung eines Bandlaufwerks, das Microdrive – sollte so schnell wie Diskette sein, war aber vor allem anfällig und bei den Medien recht teuer. Dafür war der Rechner auch „billig“ aufgebaut. Das war bemerkbar an der Tastatur, die das Gefühl der Gummitasten eines Taschenrechners vermittelte. Noch haarsträubender war der RAM-Ausbau. Die 48 K Version hatte 32 KByte RAM mehr als die 16 K Version, die aber aus acht defekten 64 KBit Chips bestand, bei denen nur eine Bank aktiv war. Sparsam war der Computer auch bei den Anschlüssen. Besonders auffällig: sogar ein Anschluss für die damals als obligaten Joysticks fehlte. Sie brauchte man für die Nutzung als Spielcomputer. An so was exotisches wie eine Schnittstelle für den Drucker dachte Sinclair auch nicht. Das musste der Anwender nachrüsten.

Der Spectrum wandte sich an die, die nicht planten mehr als den Basiscomputer einzusetzen und die nicht viel ausgeben wollten. Im Oktober 1985 kostete ein Spectrum 48K 333.- DM. Wollte man nur eine vernünftige Tastatur, so kostete das beim Nachfolgemodell Spectrum+ mit echter Tastatur schon 444.- Das Microdrive gab es für 388.- Echte Diskettenlaufwerke oder Anschlüsse für Joysticks oder Drucker erhöhten Preis dann rasch auf den des C64.

Der C64 hatte sich im „Computerkrieg“ 1982/83 als Sieger und Marktführer durchgesetzt. Im Oktober 1982 für 1.495 DM erschienen senkte Commodore den Preis innerhalb eines Jahres auf die Hälfte. Dieser Preisdruck führt dazu, dass Texas Instruments sich vom Markt zurückzogen, die ihren Ti 99/4a nur noch mit Verlust produzieren konnten. Er löste aber einen Trend zu Rechnern mit 64 KByte RAM aus. Vorher kamen die Anwender einige Jahre lang problemlos mit maximal 16 KByte RAM aus. Nun erschienen in schneller Folge Rechner mit mehr RAM, manche wie der Spectrum oder Dragon sogar hastig (beide Rechner schienen zuerst mit 16 bzw. 32 KByte RAM) aufgerüstet. Der Commodore C64 hat wie viele Kommodore Rechner eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Gedacht ursprünglich als Apple II Konkurrent wurde er, nachdem man den Videoprozessor VIC nicht an andere Firmen lizenzieren, konnte um diesen herum gebaut. Was für Commodre extrem günstig war, war das die Firma Anfang der Siebziger Jahre den Hersteller MOS Technology aufgekauft hatte und so alle integrierten Bauteile vom Prozessor über Soundchip, Videoprozessor bis zu den RAM selbst produzieren konnte und so auch diesen Preiskrieg gewann. In der Retroperspektive kann man den C64 als Spielkonsole bezeichnen, der als Heimcomputer getarnt wurde. (Ja ich weiß nun kommen wieder die bösen Kommentare von ehemaligen C64 Besitzern). Anders kann man sich den Aufbau des Geräts nicht erklären. So wurde das BASIC 1:1 von der CBM Serie übernommen, die war aber textbasiert und Sound hatte die auch nicht. Nicht das es nicht möglich gewesen wäre ein besseres BASIC zu schrieben – im kurz darauf erschienen C16 war ja eines mit Befehlen für Sound und Grafik verbaut und der stand als 16 K Computer unter wesentlich größerem Preisdruck. Dazu gehört auch das die Floppy mehr als Alibi diente und man Geschwindigkeit nur dadurch opferte, indem man einfach nur eine anstatt acht Leitungen nach außen zog. Andere Aspekte wirkten richtig lieblos wie das hohe Gehäuse („Brotkasten, wurde aber später nachgebessert) oder das man, obwohl das ROM die obersten 20 KByte des Arbeitsspeichers überdeckte en Farbspeicher für den hochauflösenden Modus im unteren Speicher anlegte, wo der dann nochmals Speicher belegte. Dadurch hatte ein C64 beim Start weniger Bytes frei als ein Spectrum mit 48 KByte Speicher. Das alles zählte nicht, sofern man den C64 nur zum Spielen nutzte. Die konnte man auch von Kassette laden, gespeichert wurde da ja nichts und mit den Einschränkungen des Basics kam man so auch nicht in Berührung. Es gab den „Standard-Effekt“. Sobald viele Kumpels einen C64 hatten, war es auch leicht an Softwaere durch Tausch heranzukommen.

Relativ spät kam die Serie heraus, dich einsetzte. Die Amstrads. Sie wendeten sich aber auch an eine andere Zielgruppe. Sie kamen gleich als Komplettrechner heraus – mit Monitor und beim ersten Gerät Kassettenrekorder, dann gleich mit Disk. Der Monitor lieferte die 80 Zeichen Fähigkeit, wichtig, wenn man irgendwelche Arbeiten mit dem Rechner machen möchte, denn schon Textverarbeitung ist ziemlich mühsam, wenn man nicht mal die Zeile komplett auf dem Monitor sieht. Mit CP/M eröffneten sie einem auch die breite Palette an Anwendungsprogrammen für das Betriebssystem. Das war eine andere Zielgruppe. Leute denen ein „normaler“ CP/M Rechner, Apple II oder PC Kompatibler einfach zu teuer waren. Trotzdem auch als Spielerechner gut zu gebrauchen, denn die Grafik schlug beide Konkurrenten. Die höchste Auflösung war 640 x 200 Pixel und alle Modi hatten frei adressierbare Punkten (C64 und Sinclair erlaubten nur das Setzen einer Farbe für ein Zeichen also 8×8 Punkte) und dank gelungenem Bankswitching hatte man trotz eines viel größeren Bildschirmspeichers von 16 KByte (Spectrum 6 KB Farbspeicher, 0,75 KByte Zeichenspeicher, C64 (8 KByte Farbspeicher, 1 KByte Zeichenspeicher) mehr Bytes frei – 42,5 KByte bei den Modellen mit Disk. Im Preis war das Komplettpaket mit dem C64, Floppy 1541 und Monochrommonitor vergleichbar, nur denke ich wird kaum ein C64 Besitzer ihn an einen Monitor angeschlossen haben. So gab es drei Preisklassen die auch drei Anwendergruppen ansprachen. Man darf nicht vergessen, das selbst die 333.- für den Sinclair 48K inflationskorrigiert heute über 400 Euro entsprechen. Viel Geld für einen Schüler.

Warum kam aus den vielen anderen Modellen nicht der Renner?

Es gab mehrere Gründe. Zum einen konnte man zumindest die Commodore und Amstrad Rechner in jedem Kaufhaus kaufen. Das setzte die Hemmschwelle herab und damit gab es von Anfang an ein großes Filialnetz. Die Amstrads wurden z.B. in Deutschland von Schneider in Lizenz gebaut. Viele andere Computer, die ja meist in den USA oder England entwickelt wurden, gab es nur über einen deutschen Generaldistributor zu kaufen.

Das zweite ist, das diese drei Rechner auch in ihrer Klasse die billigsten waren. Die CPC waren zwar im Einstiegspreis teuer als ein C64 doch wenn man diesen um die Flopy und einen Monitor erweiterte sah es anders aus. Alle Konkurrenten waren teurer und zwar oft erheblich teurer. Nehmen wir den Alphatronic PC, in der Leistung und Ausbaumöglichkeiten in etwa mit einem CPC vergleichbar, nur ohne Floppy und Monitor. Das Grundgerät kostete 1495 DM, die Floppy weitere 1750 DM. Ein CPC 664 mit Monitor und Floppy war dagegen für 1598 DM zu haben. Ähnlich sieht es bei den Konkurrenten für den C64 wie Dragon 64 oder Spectrum wie den Oric aus. In einer Zeit, wo das für viele der erste Computer war, konnte sich der potenzielle Käufer mangels Vorwissen nur an technischen Daten orientieren. Wenn die gleich aussahen, aber ein Rechner erheblich teurer war als ein anderer, dann war die Wahl oft schon gelaufen. Das man vielleicht beim Ausbau dann wieder Geld sparte oder mehr Vielfalt bei der Auswahl an Zubehör hatte, wenn die Druckerschnittstelle mit verbaut war oder gar eine Standardschnittstelle und kein herstellereigener Bus merkte man erst hinterher. Manche Tücken sind sogar ziemlich versteckt, so das viele Rechner gar nicht jedes Pixel einfärben konnten, sondern nur acht einer Rasterzeile eines Zeichens (TMS 9928/29 Videoprozessor verbaut in vielen Geräten) oder gar nur eines ganzen Zeichens (wie Spectrum, C64, VC20 und alle Geräte die eigentlich nur Blockzeichengrafik konnten). Das entnahm man nicht den technischen Daten und wie ich feststellt,e auch nicht den Tests.

Vot allem gaben sich viele Konkurrenten auch technische Bloßen. Der ORIC kam zuerst mit einer schlechten Tastatur, dann als ORIC Atmos mit echter Tastatur, patze aber bei den Anschlussmöglichkeiten. Nicht mal einen Gameport gab es. Der Dragon war ein umdeklarierter Tandy Color Computer mit seinen ganzen technischen Mängeln oder es gab kein deutsches Manual (damals konnten nicht so viele englisch) oder kaum Peripherie. Andere Rechner kamen einfach zu spät. Ich habe in der ct‘ Tests des Enterprise 128, Memotech 512 und Thomson MO5 gefunden. Alle hatten was besonders. Waren entweder schnell (Memotech) oder mit einem guten BASIC und viel freiem Speicher (Enterprise) oder hatten nette Extras wie einen Lichtgriffel (Thomson). Aber in einem Markt in dem die Segmente (siehe oben) schon weitestgehend aufgeteilt sind bleibt nicht viel Platz für Newcomer, die zudem beim Einstand zwangsläufig teurer sind und noch kein Vertriebsnetz haben. Erfolg hatten neben den obigen drei Marktführern eigentlich nur schon etablierte Firmen, die alte Rechner etwas aufbohrten. So Atari, nachdem Tramiel die Firma übernommen hatte. Man verpasste den alten Modellen mehr Speicher, eine bessere Tastatur und verkaufte sie vor allem billiger. In die Zeit fallen dann auch Aufrüstoptionen mit Speicher, die dem Käufer wenig nutzen bringen wie der Spectrum 128, Atari 130 XE oder mein absoluter Liebling, die 64 KByte MSX Rechner – egal ob man einen MSX Rechner mit 32 oder 64 KByte kaufte, man hatte immer genau 28.711 Bytes unter BASIC frei …

Zudem kamen die MSX zumindest nach Europa einfach zu spät. 1985 war schon der Atari ST erschienen, der Amiga stand vor der Tür. Die Zeit der 8 Bit Rechner neigte sich dem Ende zu, sie waren technisch veraltet und wurden jetzt über der Preis verkauft, denn nicht jeder konnte sich die 3.000 DM für einen Atari ST leisten, ein PC Kompatibler war sogar noch teurer. Aber gerade mit dem Preis haben Newcomer, die ja erst mal die Investitionen in das Gerät – Software, Custom-IC, Gehäuse etc. reinbekommen, müssen eben ein Problem.

Schmunzeln musste ich auch bei manchem Testbericht, so dem über den C64, bei dem der Autor als Fazit empfiehlt, doch einen VC20 mit Speicherweiterung zu kaufen, wenn man BASIC lernen wolle. Mein absolute Lieblingsstelle ist aber die in dem Test über den Commodore Plus 4, dort heißt es „wem 60 K Speicher unter BASIC nicht reichen, der sollte seinen Programmierstil überprüfen“ … Ich dachte zuerst daran, wie lange heute bei mir Programme sind, aber dann muss ich dem Autor recht geben: 60 KByte lange Programme in einer Sprache zu entwickeln, die keine lokalen Variablen, keine Prozeduren und Funktionen unterstützt ,und bei der alle Zeilen durchnummert sind … das hat schon was von Masochismus. Das „Plus 4“ Paket verriss der Text übrigens und empfahl einen „Minus 4 Rechner“ ohne das Paket. Wenn ich lese, das die Textverarbeitung auch nur Dokumente mit maximal 99 Zeilen (etwa eineinhalb Seiten Text) bearbeiten konnte, dann wundert mich das auch nicht. Eher das man sich traut so etwas überhaupt auf den Markt zu bringen.

2 thoughts on “Wer hat Erfolg auf dem Heimcomputermarkt – kein Zufall

  1. Der CPC war sehr unflexibel in der Grafik, soweit ich weis hatte die Kiste nicht mal einen echten Textmodus. CGA konnte immerhin 80 Zeichen in 16 Farben darstellen. Auch der Acorn BBC war da besser aufgestellt. Die Spiele des C64 liefen übrigens meistens im Text und nicht im Bitmapmodus, man hat dann einfach die Grafik aus Kackeln aufgebaut und diese als Textbausteine hinterlegt, man hatte ja auch Sprites. Laut Bil Herd waren 75% der Chipfläche des Grafikchips nur für die Sprites zuständig und laut Jens Schönfeld war der VIC2 schon ähnlich komplex wie die Amiga Bausteine.

    1. Ja und der CPC hatte auch noch Windows, und das vor Windows 1.0. War trotz des Umweges über windows-Manager und Grafikmodus im HL-Benchmarktest bei der Textausgabe schneller als viele Konkurrenten und das waren allesamt 16 und 16/32 Bit PC. Ich werde in den nächsten Tagen es mal veröffentlichen auch um mehr 8 Bit Ergebnisse zu haben, denn als man das 1987 gemacht hat war der CPC der einzige 8 Bitter im Testfeld.

      Wenn man eine unbewegliche oder fast unbewegliche Szene hat wie Du schreibst ist es übrigens egal ob man die im Grafik- oder Textmodus zeichnet. Anstatt Sprites gab es dann eben Hardware-Scrolling beim CPC.

      Zudem wandte sich wie ich geschrieben habe der CPC an eine andere Zielgruppe, ich habe mit dem PC fast nur unter CP/M gearbeitet, selten gespielt und für CP/M gab es auch ein Programm bei dem man die Textausgabe um den Faktor 2 beschleunigen konnte, weil man dann direkt die Routinen für Mode 2 (80 Zeichenmodus) ins RAM kopiert und angesprungen hat.

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