Bernd Leitenbergers Blog

Mathematik à la Zubrin

Ich halte nicht viel von Zubrin, war aber bisher noch der Meinung das er zumindest die Grundrechenarten beherrscht. Dieser Aufsatz belehrt mich allerdings eines besseren. Er meint allen Ernstes, dass man eine bemannte Mondlandung mit zwei Falcon Heavy Starts und einer Crew Dragon durchführen kann. Zeit mal das nachzuprüfen. Hier mal die Fakten:

Mein Ansatz ist es zu berechnen, was diese Kombination landen und wieder in den Halo Orbit bringen könnte, verglichen mit Apollo Mondlander. Dessen Leichtgewicht dürfte heute nicht zu schlagen sein, denn schon wegen den inzwischen viel höheren Sicherheitsanforderungen hätte er eine viel schwerere Hülle und man würde wojhl auch nicht nur zwei Astronauten zum Mond entsenden.

Fangen wir mit der Nutzlast der Falcon Heavy für eine Mondtransferbahn an. Geschwindigkeitsmäßig liegt die Mondtransferbahn fast genau in der Mitte zwischen GTO und Marstransferbahn. Daher kann man ohne einen großen Fehler zu machen als Nutzlast für eine Mondtransferbahn das geometrische Mittel der Nutzlasten zwischen beiden Bahnen annehmen, das sind (22,2 + 14 ) / 2 = 18,1 t.

Crew Dragon

Die Crew Dragon muss 840 m/s aufwenden um in den Haloorbit einzuschwenken und ihn wieder zu verlassen. Selbst wenn man zusätzliche Manöver für die Ankopplung an den Mondlander und Kurskorrekturen weglässt, kann man den Faktor Startgewicht/Trockengewicht für dieses Δv nach der Raketengrundgleichung wie folgt berechnen:

f = exp(840/2000) = 1,53

Multipliziert mit der Trockenmasse von 9,5 t ergibt sich so eine Startmasse von 14,5 t. Dazu kämen in der Realität noch das Trockengewicht der Tanks und das zusätzliche Druckgas, denn die Crew Dragon ist ja für ISS Missionen ausgelegt und die haben ein kleineres ΔV-Budget. Aber auch damit läge sie sicher unter den 18 t.

Mondlander

Der Halo-Orbit ist ein Orbit von 3.000 x 70.000 km. Für eine Mondlandung muss er angepasst werden, wobei ich mit Apollo vergleiche, weil das eben die bisher einzige Datenbasis ist. In der Praxis würde man leicht anders vorgehen und das Perilunäum auf 0 km Höhe legen.

Um mit dem Apollo-Orbit zu vergleichen, müsste man den Orbit auf einen 100 x 70.000 km Orbit umwandeln. Dann läge das Perilunäum wie bei Apollo, das Apolunäum höher, die zusätzliche Geschwindigkeit im Perilunäum würde beim Abstieg vernichtet werden.

Dies muss man zu den 2.500 bzw. 2.200 m/s ΔV der Stufen berechnen, man erhält so ein ΔV von 3.183 m/s (Abstiegsstufe) und 2.863 m/s (Aufstiegsstufe)

Man wird sicher aus Sicherheitsgründen und wegen der einfacheren Regelbarkeit ein Triebwerk mit lagerfähigen Treibstoffen einsetzen. SpaceX hat für die Falcon 1 das Kestrel entwickelt, das auch im richtigen Schubbereich (~ 30 kN) liegt. Sein spezifischer Impuls beträgt 3105 m/s.

Vor der Landung muss der Mondlander aber zuerst in einen Mondorbit, denn die Besatzung muss ja von der Crew Dragon umsteigen. Dafür benötigt man die Hälfte des ΔV der Crew Dragon (man verlässt den Orbit ja nicht mehr). Das sind weitere 420 m/s. Ich habe sie zum ΔV der Abstiegsstufe hinzugerechnet, die so auf ein dV von 3603 m/s kommt.

So kann man die Landemasse berechnen:

Die Landemasse berechnet sich nach:

Für die Berechnung der Masse der Aufstiegsstufe muss man nun die Trockenmasse der Landestufe abziehen, denn die bleibt auf dem Mond. Nach der Definition des Strukturfaktors f mit Startmasse/(Startmasse-Treibstoff) und dem Wert von 4,85 kann man schreiben:

Das lässt noch 2,45 t für die Abstiegsstufe übrig (5,67-3,22 t oder 18,1 – 15,65 t)

Damit könnte man eigentlich die Berechnung schon beenden, denn das ist das Gewicht der Apollo Aufstiegsstufe, nur eben ohne Treibstoff. Doch um Zubrins ganze Kompetenz zu zeigen, rechne ich weiter. Diese Kombination muss nun den Halo Orbit errechnen, für den ein Δv von 2.683 m/s benötigt wird. Die Restmasse kann man wieder Errechnen nach

Etwas knapp, aber das ist ja noch mit dem Antriebssystem. Ohne Landegestell und die gesamte Ausrüstung Wasser, Sauerstoff und Batterien wird der Strukturfaktor des Antriebssystems höher sein. SpaceX erreichte bei ihrer Falcon 1 Zweitstufe einen f von 8,42, also nehme ich diesen auch an. Damit erhält man als Trockenmasse:

Die muss man noch von den 975 kg abziehen, dann bleiben noch 776 kg übrig. 776 kg für ein Raumfahrzeug mit Kommunikationsausrüstung, Luftschleuse, Avionik, Energieversorgung, Thermalkontrolle, Wohnraum (Außenhülle), Vorräten und nicht zu vergessen einigen Astronauten mit ihren Backpacks und Anzügen und die Mondproben. Hmmm, dürfte knapp werden. Aber ich bin sicher Zubrin hat eine Lösung dafür z.B., indem er einen riesigen Luftballon als Mondlander nimmt. Menschenleben bedeuten ihm ja nicht viel, wie man von seinen hochriskanten Marsplänen ja schon weis.

Kurze Abschätzung ohne Rechnung

Es gibt aber eine andere Erklärungsmöglichkeit, nämlich das Zubrin absolut nichts von Weltraumfahrt versteht. Warum? Schon ohne Rechnung wusste ich das dieser Plan mit zwei Falcon Heavy eine Mondlandung durchzuführen nicht klappen kann. Warum? Nun auch ohne genaue Rechnung war die Nutzlast einer Falcon Heavy, wie oben erläutert, irgendwo zwischen 14 und 22 t abzuschätzen. Anders als bei Apollo musste der LM aber die Fluchtgeschwindigkeit und nicht die Kreisbahngeschwindigkeit des Mondes vernichten bei der Landung und fast dieselbe Geschwindigkeit auch beim Rückstart, da der Haloorbit ein sehr hohes Apolunäum hat. Da ist klar, dass diese Masse nicht ausreicht, zumal der Lander schon nicht mehr als der Apollo LM wiegen kann, der vom CSM in einen niedrigen Mondorbit gebracht wurde und auch nur diesen erreichen muss. Man kann sich auch der Sache aus einem anderen Blickwinkel nähern – die Apollo CSM-LM Kombination wog bis zu 48,6 t, so viel können zwei Falcon heavy nicht zum Mond schaffen und wie Zubrin selbst schreibt, wiegt alleine die Crewed Dragon, im Prinzip also nur die Kommandokapsel, 1,5 mal mehr als die von Apollo. Wie also soll das gehen? Negative Masse? Anti-Schwerkraft?

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