Schneller als die Bahn …

… waren die Astronauten gestern zur ISS unterwegs. Sie haben in 2 Stunden 57 Minuten nach dem Abheben an das Rasswet-Modul angekoppelt. Ein Rekord, zumindest für die ISS, es gab in den Sechzigern mal eine ankopplung an eine Agena nach einem Umlauf also rund 90 Minuten. Damit sind die Raumfahrer schneller zur ISS unterwegs als die meisten von uns mit der Bahn. Selbst wenn man nur die Distanz in der Höhe nimmt sind das 407 km in weniger als 3 Stunden oder im Mittel 128 km/h. Das schafft unsere Bahn nicht. Im Idealfall schaffe ich die einzige längere Strecke die ich regelmäßig befahre in der gleichen Zeit, das sind aber nur 200 km mit dem Auto (Google Maps gibt wenn man die Bahn wählt eine Strecke aus, die ein Riesen Umweg ist). Es war der letzte reguläre Start eines US-Astronauten zur ISS.

Nun ja ind er sojus ist es auch ziemlich eng, wie man an den Videoaufnahmen gut erkennen kann, da freuen sich die Astronauten/Kosmonauten über einen schnellen Trip. Bei den US-Vehikeln gibt es mehr Platz und zumindest am Anfang wird man es langsam angehen und nach jedem sChritt eine Pause machen und nochmals alles überprüfen. Aber so kommt Russland auch Touristen entgegen die nun ja wieder mitfliegen können. Verlautbart wurde darüber nichts. Auch nicht ob Russland den nun bei jedem Start frei werdenden Sitz nun selbst nutzen will oder ihn anderen Staaten anbietet. Es gibt ja noch ESA und JAXA als ISS-Partner.

Heute morgen flog BepiColombo übrigens an der Venus vorbei. Leider ist die Kamera noch durch den mit fliegenden JAXA-Orbiter MMO blockiert, sodass es nur Aufnahmen der Ingenieurs Kameras gab die eigentlich für die Überwachung einiger Systeme zuständig sind. Für diese ist die Venus ein Ball ohne Details. Aber vielleicht gibt es noch einige Aufnahmen des abbildenden Vis/IR Spektrometers MERTIS.

2 thoughts on “Schneller als die Bahn …

  1. Ja, zu Beginn der bemannten Raumfahrt erfolgten die Kopplungen in Rekordzeiten, sowohl bei den Amerikaner als auch bei den Russen die ihre Lösung als Direkt-Anflug bezeichneten. Die Amerikaner gingen auch den schneller Weg. Ihre Startrampen befinden sich sehr günstig: Sie hatten zwei Versuche pro Tag, Raumschiffe zu starten, bei den Russen nur alle 24 Stunden. Es muss gesagt werden, dass der Weltrekord für ein bemanntes Andocken (an Agena) der Besatzung von Gemini-11 gehört, der liegt bei 94 Minuten.

    Im Oktober 1967 haben zwei unbemannte Sojus-Raumschiffe erfolgreich in nur 77 Minuten angedockt. Ein absoluter Rekord der bis heute seine Gültigkeit hat, folgte ein halbes Jahr später, im April 1968 haben zwei Sojus-Raumschiffe, getarnt als Kosmos-212 und Kosmos-213, in 47 Minuten erfolgreich gekoppelt.

    Den bemannten Rekord der Amerikaner wollten die Russen mit dem Start von Beregowoi auf Sojus-3 im Oktober 1968 brechen, die Annäherung an das unbemannte Sojus-2 erfolgte in weniger als 60 Minuten auf 200 Meter. Der Versuch im Schatten der Erde anzudocken verlief leider erfolglos, für seine mangelnde Leistung wurde der Kosmonaut nie wieder für ein Raumflug nominiert.

    Mit der Ära der Orbitalstationen erfolgten die Kopplungen in 24 Stunden, war weniger stressig, es wurde von 1969 bis 1986 bis zum Start der Mir-Station verwendet.

    Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass es unterschiedliche Meinungen zum eintägigen System gab. Es wurde angenommen, dass die Anpassung an die Schwerelosigkeit eines Kosmonauten etwa zwei bis drei Tage dauert. Einen Tag vor Beginn des Andockens erlebten die Kosmonauten die akuteste Phase der Anpassung an die Schwerelosigkeit. Und die Kosmonauten waren nicht immer in der Lage, in den „manuellen“ Modus (Steuerung von Anflug und Landung) zu wechseln und die Andockvorgänge angemessen abzuschließen. Möchte hier aber eindeutig erwähnen, das die damalige russische Technologie war nicht ausgereift, die war sehr mangelhaft, zu sehen an den vielen misslungen Kopplungen. Damit wären auch keine bemannte Mondflüge möglich.

    Danach haben die Russen nach 2-Tage-Programm geflogen und hatten einen Phasenbereich von 150 Grad. Später nach 5 Umkreisungen betrug der Phasenwinkel etwa 35 Grad, nach 4 Umkreisungen betrug der Phasenbereich nur noch 15-20 Grad. Anmerkung: Der anfängliche Phasenwinkel ist der Winkelabstand zwischen dem Schiff und der Station zum Zeitpunkt des Starts des Schiffes. Die Amerikaner sagten zu den Russen, dass im Zusammenhang mit der Notwendigkeit, solch genaue Phasenbedingungen bereitzustellen, möglicherweise zu viele Korrekturen der Umlaufbahn der ISS-Station erforderlich sind. Praktisch hat sich aber die Zahl der Korrekturen verringert.

    Noch ein mathematischer Vergleich: Früher wurde in 50 Stunden angedockt, heute auch in 5,5 Stunden, die Geschwindigkeit wurde 9 mal erhöht. Jetzt folgt das Plus und ein Hieb an die Skeptiker: Die Progress konnten damit etwa 20kg an Treibstoff sparen, das sind ungefähr 7-8 Prozent des gesamten Treibstoffverbrauchs des Raumfahrzeugs für das Rendezvous. Neben der Verkürzung der Flugzeit wurde auch ein materieller Treibstoffgewinn. Das ist sehr einfach zu erklären. Im Gegensatz zu einem normalen Flug, bei dem 7 Modi zum Erstellen einer Orientierung ausgeführt werden müssen, ist es hier nur einmal unmittelbar nach dem Start erforderlich und danach fliegen die Progress und Sojus in diese Ausrichtung bis zum Andocken. Hier ist also eine Einsparung von ca. 20 kg.

    Es ist schon wirklich erstaunlich, das vor 50 Jahren Kopplungen in Rekordzeit möglich waren, so flogen die Apollo in 8,5 Stunden zu Skylab.

  2. Ballistisches Curling und die Vorteile einer schnellen Kopplung

    Gemäß dem Flugplan der Internationalen Raumstation ISS dockte am 2. Juli 2021 das Transportfrachtfahrzeug Progress MS-17 an das MIM2-Poisk-Modul des russischen Segments der ISS (nach 33 Umkreisungen) an. Bei der Kopplung wurden auch neue Elemente eines vielversprechenden autonomen Rendezvous-Schemas erprobt, die ab 2022 nach einer Umkreisung eine Kopplung mit der ISS möglich sein wird. Das Konzept eines solchen Fluges hat ab 2019 RKK Energia entwickelt, danach wird des Schiff nach dem neuen Schema die Station in etwa 1,5 Stunden anfahren.

    Das bemannte Andocken (nach 48 Stunden) selbst erfolgt auf der 34. Umlaufbahn. Obwohl der Computer für das Manöver verantwortlich ist, muss der Schiffskommandant im Falle einer anormalen Situation die Kontrolle selbst in die Hand nehmen. Auch das „manuelle“ Andocken erfordert zusätzliche Schritte. So muss die Crew beispielsweise auf bestimmte Cut-off-Bedingungen warten, damit ihnen beim Andocken nicht die Sonne in die Augen scheint.

    Zu Progress MS-17: Als Ergebnis einer Reihe von Beschleunigungsimpulsen des Rendezvous-korrigierenden Antriebssystems erhöhte das Raumfahrzeug allmählich die Orbitalhöhe und schaltete auf der 32. Umlaufbahn in den autonomen Rendezvous-Modus, um das berechnete Andocken an die Station durchzuführen. Im letzten Stadium trat der Progress MS-17 in die sogenannte coelliptische Umlaufbahn ein, gekennzeichnet durch einen konstanten Höhenunterschied zur ISS-Umlaufbahn, in der es etwa eine halbe Umkreisung dauerte, bis beim Umschalten der optimale Impuls zur Abfangbahn der Station ausgeführt wurde.

    Das 2016 entwickelte ultrakurze Rendezvous-Schema mit zwei Umläufen wurde durch den Übergang zur Sojus-2.1-Rakete möglich. Im Gegensatz zum bisherigen Sojus-FG verfügt der neue Träger über ein digitales Kontrollsystem, mit dem die Fahrzeuge mit hoher Genauigkeit in den Orbit gebracht werden können. Der Flug beginnt nach dem gleichen Prinzip wie beim Vier-Turn, aber aufgrund der Genauigkeit der Rakete sind keine Korrekturmanöver erforderlich.

    Der Flug mit zwei Umläufen vereinfacht die Arbeit der Astronauten – weniger Operationen, weniger Starts des Sojus-Triebwerks. Für die Ballistik hingegen werden die Aufgaben immer größer. Der Schlüsselparameter, der die Fähigkeit zum Andocken an die Station beeinflusst, ist der Phasenwinkel. Das Raumfahrzeug und die ISS müssen sich zum Zeitpunkt des Starts in einem bestimmten Winkel befinden. Je kürzer die Flugzeit, desto kleiner wird der Phasenbereich. Zum Vergleich: Der Phasenbereich eines zweitägigen Schemas beträgt 150 Grad, bei vier Umläufen – 22, bei zwei Umläufen nur 6 Grad. Es wird schwierig, eine Station mit einem Zwei-Turn-Schema zu „fangen“. Nur ein Fehlers kostet den Übergang zu einem zweitägigen Schema.

    Außerdem nimmt die Station täglich an der Höhe ab. Um strenge Phasenbedingungen bis zum Starttermin sicherzustellen, planen die Spezialisten notwendige Korrekturmanöver, um die ISS-Bahnhöhe für Monate im Voraus zu halten. Der Entwickler und führender Chefballistiker, Rafail Murtazin, vergleicht diesen Ansatz mit ballistischem Curling.

    Die ersten Tests des Zwei-Turn-Schemas (Umläufe) konnten 2017 und Anfang 2018 bei Progress nicht durchgeführt werden: Aufgrund technischer Probleme erfolgte der Übergang zu einem zweitägigen Schema. Die erfolgreiche Kopplung wurde im Juli 2018 abgeschlossen, Progress MS-09 erreichte die Station in 3 Stunden und 40 Minuten. Nach fünf erfolgreichen Flügen wurde beschlossen, das ultrakurze Schema an einem bemannten Raumschiff zu testen. Der erste ultraschnelle Flug der Sojus zur ISS fand am 14. Oktober 2020 statt. Die Russen Sergei Ryzhikow, Sergei Kud-Swerchkow und die NASA-Astronautin Kathleen Rubins flogen in Rekordzeit von 3 Stunden 3 Minuten zur Station.

    Im April 2021 wurde bekannt, dass das Singleturn-Flugschema bereits 2022 auf Progress getestet werden könnte. Dem Plan zufolge muss das Raumfahrzeug nach dem Start zwei Impulse machen, die es in eine coelliptische Umlaufbahn bringen. Seine Besonderheit ist, dass die Entfernung zum ISS-Track an jedem Punkt gleich ist. Wenn der Beobachtungswinkel der Station vom Schiff aus 23 Grad beträgt, wird ein dritter Impuls ausgegeben. Er wird das Raumschiff zum Andocken zur ISS bringen. Um dieses Schema zu implementieren, muss jedoch ein weiteres Element eingeführt werden – die quasi-koplanare Injektion.

    Wie schon beschrieben, der Hauptfaktor, der die Dauer des Rendezvous von Raumschiff und ISS bestimmt, ist der Wert des Phasenwinkels zwischen ihnen zum Zeitpunkt des Starts. Der muss bei einer Kopplung nach einer Umkreisung nur 0,5 Grad betragen. Das ist fast unmöglich, das ist ein Nadelöhr. Ja, und was ist zu tun? Hier gibt eine Methode namens quasi-koplanare Inferenz oder Injektion.

    Beim Start von Baikonur hilft die quasi-koplanare Injektion, den Phasenbereich auf bis zu 20 Grad zu erhöhen (die Chance, die Station zu „fangen“, wird deutlich höher). Der Kern dieser Methode besteht darin, dass das Raumfahrzeug in eine Umlaufbahn mit einer anderen Neigung als der Neigungswinkel der ISS-Umlaufbahn zum Äquator (51,66 Grad) gestartet wird. Somit befinden sich das Schiff und die Station nach dem Start in unterschiedlichen Ebenen. Um dies zu beheben, muss das Schiff danach ein zusätzliches Manöver ausführen. Laut Murtazin ist die Trägerrakete Sojus-2.1a technisch in der Lage, ein Singleturn-Schema zu implementieren.

    Ein Rendezvous-Schema nach einen Umlauf für einen quasi-koplanaren Start wird für Starts vom Kosmodrom Wostochny, der sich in der Region Amur befindet, effektiver sein.

    Baikonur liegt auf einem Breitengrad von 46,5 Grad und Wostochny auf 51,7 Grad, was näher am Wert des Neigungswinkels der ISS-Umlaufbahn liegt. Durch den quasi-koplanaren Start von Wostochny aus kann ein Phasenbereich von etwa 100 Grad erreicht werden. Dadurch können fast täglich Starts durchgeführt werden.

    Die Entwicklung von Singleturn-Kopplungen ist nicht nur ein sportliches Interesse. Superschnelle Flüge sind für die Durchführung anderer Weltraumprogramme, insbesondere des Mondprogramms, erforderlich. In den 1960er Jahren entwickelten die UdSSR und die USA Docking-Technologien nur für bemannte Flüge zum Mond. Im Rahmen der amerikanischen Apollo-Mission half diese Technologie, die Landung eines Mannes auf dem Mond sicherzustellen. Laut Experten wird ein solches Schema auch für moderne Programme relevant sein, da eine Sauerstoff-Wasserstoff-Oberstufe, für die Beschleunigung des Komplexes zu Mond oder auch zum Mars, kann nicht Tage auf die Ankunft der Kosmonauten warten. Das Schiff muss so schnell wie möglich an die Oberstufe daran andocken.

    Eine schnelle Kopplung hat viele Vorteile, für das Wohlbefinden der Kosmonauten, darüber hinaus spart das Schiff Treibstoff (um die 35kg) und reduziert den Batterieverbrauch, was sich auf die Sicherheit der Besatzung auswirkt. Aber das sind nicht alle Vorteile. Die Realisierung von Kopplungen nach einer Umkreisung eröffnet zusätzliche Möglichkeiten. dadurch wird der Arbeitstag nicht nur im Orbit, sondern auch auf der Erde reduziert. Während des Starts nach dem traditionellen Zwei-Tage-Schema arbeitet das MCC (oder ZUP) 24 Stunden lang fast drei Tage lang. Nach 1-2 Umkreisungen werden terrestrische Dienste erheblich entlastet. Das haben die Arbeiter bereits bei den Double-Turn-Flügen zu schätzen gewusst.

    Darüber hinaus sind kurze Flugzeiten bei Rettungseinsätzen im Weltraum oder in Notsituationen auf der ISS erforderlich. Die Hilfe von der Erde wird schneller dorthin gelangen können, und wenn es um Menschenleben geht, zählt jede Minute.

    Ein weiterer Vorteil dieser Systeme ist die schnelle Lieferung verschiedener Biomaterialien an die Station für wissenschaftliche Experimente. Auf der ISS wird in diese Richtung gearbeitet, in den 22 Jahren des Bestehens der Station haben die Besatzungsmitglieder mehr als 2000 Experimente durchgeführt, die meisten davon im Bereich Biologie und Biotechnologie. Zum Beispiel das Wachsen komplexer Proteinstrukturen. In Baikonur (oder auch in USA) werden die Experimente in speziellen Labors vorbereitet und die notwendigen Komponenten zwei bis drei Stunden vor dem Start ins Schiff gepackt. Für Biologen ist es wichtig, dass die Lieferzeit zur ISS minimal ist.

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