Bernd Leitenbergers Blog

Trump und die Verschwörungstheoretiker

Da ich derzeit wieder mit jemanden kommuniziere, der offensichtlich der Meinung ist alles besser zu wissen als Generationen von Astronomen und Technikern drängt sich mein Thema für heute praktisch auf. Ich vermute mal, keiner meiner Blogleser hat mangels Website, die sich mit Raumfahrt beschäftigt, es jemals mit einem Moon Hoaxer oder anderen Verschwörungstheoretiker zu tun gehabt, auch wenn man durch Interviews die in der Heute-show oder Extra 3 erscheinen, man ahnen kann wie diese Leute ticken. Aber ich will es mal aufdröseln und beim Nachdenken fiel mir auf, dass es doch beträchtliche Parallelen zu Trump gibt.

Das Universalgenie

Ein sehr wesentliches Merkmal eines Verschwörungstheoretikers ist, das er ein Universalgenie ist, oder es in zwei abgewandelten Zitaten zu formulieren: „Ich denke, also weiß ich es besser“ (Descartes) und „Ich weiß, das ich alles weiß“ (Sokrates). Der Verschwörungstheoretiker weiß alles, vor allem aber alles besser. Er ist der selbst ernannte Experte für das Gebiet, weiß aber auch sonst über alles Bescheid. Dabei muss er von dem Fachgebiet keine Ahnung haben, denn er ist der Überzeugung das man alleine durch Nachdenken, ohne sich in so was Lästiges, wie Grundlagenwissen anzueignen alles beurteilen kann. Die Moon Hoaxer die durch ihre Bücher Geld verdienen, haben so illustre Berufe wie Tischler, Journalist und Drucksetzer. Das sind natürlich die besten Voraussetzungen um etwas zu beurteilen, denn so wird man nicht durch Vorwissen im Denken eingeschränkt. Gut das auch Trump intelligenter als die meisten anderen ist.

Selektive Wahrnehmung

Einen Verschwörungstheoretiker zeichnet aus, dass er nur Teile einer bestimmten Sache betrachtet. Bei der Mondlandungsverschwörung werden z.B. die Fotos nach Widersprüchen die zur Theorie passen untersucht. Andere Fotos werden ignoriert, ebenso komplett andere Quellen wie z.B. die Zehntausende von Reporten im NTRS, Sprechfunk etc. Ebenso macht er keinen Unterschied bei den Sekundärquellen, sofern sie in sein Konzept passen. Ich bin ja gewohnt, wenn ich etwas lese, die Qualität der Quelle zu beurteilen. Es macht einen Unterschied, ob ich etwas in einer Webseite einer Privatperson lese, auf Wikipedia oder in Science oder Nature. Für einen Verschwörungstheoretiker gibt es diese Unterschiede nicht, es gibt nur zwei Kategorien der Qualität von Quellen: Sie unterstützen die Theorie, dann kann der Autor jeden x-beliebigen Beruf haben. Oder sie unterstützen die Theorie nicht, dann ist es, egal ob die Person ein ausgewiesener Fachmann für das Gebiet ist, denn sie ist dann automatisch Bestandteil der Verschwörung. Vor allem aber sucht der Verschwörungstheoretiker nur nach Quellen, die seine Behauptung stützen. Alle anderen werden ignoriert, selbst wenn er drauf stößt.

Von Trump ist bekannt, das er unzählige Personen als unfähig bezeichnet hat und auch er bezieht seine Informationen vor allem aus einem fragwürdigen Medium: Fox News.

Die Aufdringlichkeit

Kennzeichnend für einen Moon Hoaxer und allgemein für einen Verschwörungstheoretiker ist die Aufdringlichkeit und das Fehlen von normalen Umgangsformen. Ich bekomme etliche Mails, in denen ich nur beschimpft werde. Bei denen die „Diskutieren“ wollen, soll ich als Privatperson ihnen etwas „beweisen“. Gerne wird auch als Beweis angeführt, dass Raumfahrtagenturen nicht auf Emails reagiert haben. Der Verschwörungstheoretiker erwartet das ihm andere alles erklären, was er nicht versteht oder als Beweis ansieht. Tut man das nicht fühlt er sich bestätigt, auf die Idee das andere schon Erfahrungen mit dieser Personengruppe gemacht haben und gar nicht erst antworten bzw. die meisten Privatpersonen gar nicht erst auf Mails antworten in denen sie völlig fremden seitenweise und damit auch arbeitsintensiv etwas erklären sollen, was man leicht im Internet nachlesen kann oder sogar in der Schule vermittelt bekommt.

Wenn man tatsächlich antwortet und das Argument entkräftet, wird dann einfach etwas anderes als neuer Beweis angeführt. Das erinnert ein wenig an das geozentrische Weltbild. Als man mit der Annahme von Kreisen der Planeten und der Sonne um die Erde die Bahnen nicht erklären konnte, führte man auf diesen Kreisen weitere Kreise ein, und dann wieder neue usw. (Epizykeltheorie). Nur die Grundannahme wechselte man nie.

In jedem Falle haben sie, vorsichtig formuliert, einen rauen Umgangston. Mindestens unterschwellig hört man zwischen den Zeilen raus, das alle die ihren offensichtlich richtigen Argumenten nicht folgen, dumm oder Bestandteil der Verschwörung sind. Die Urheber dieser Verschwörung bleiben übrigens immer diffus. So wird oft von den „Eliten“ gesprochen. Das komische ist das für mich „Elite“ ein positiv besetztes Wort ist. Es gab mal eine Hausmarke von Kaufhof namens „Elite“, in einem gleichnamigen Computerspiel, das ich wirklich viel gespielt habe, war das höchste Level das man erreichen konnte auch „Elite“. Und mir fällt sofort ein, dass man in kommunistischen Ländern alle systemkritischen Personen als „Intelligenz“ bezeichnet – ebenfalls bei mir positiv besetzt woraus ich schloss, dass jeder der dort intelligent ist, systemkritisch sein muss und der Großteil des Volkes inklusive aller Parteimitglieder dann das Gegenteil von Intelligent sein muss.

In jedem Falle findet man in der Argumention bald Kraftausdrücke. Es scheint, als meinen die Verfasser, das ein Argument alleine nicht reicht, sondern man es durch einen Kraftausdruck verstärken muss oder wahlweise auch etablierte Argumente der Gegenseite so herabsetzen muss. Ich kann nur rätseln warum. Die für mich offensichtlichste Erklärung ist, dass dies in der sozialen Schicht aus der die Verschwörungstheoretiker entstammen so üblich ist. Und fallen einem dann nicht sofort Trumps Tweets mit Beleidigungen, Superlativen und vielen GROSS GESCHRIEBENEN WÖRTERN ein?

Die Wiederholung

Von Göbbels stammt die Aussage, dass man eine Lüge nur oft genug wiederholen muss, dann wird sie irgendwann einmal geglaubt. So meinen auch Verschwörungstheoretiker, sie müssten ihre Behauptungen wiederholen. Manche schaffen nicht mal eine Befragung auf einer Demo, von der einige Sekunden übertragen werden, ohne sich zu wiederholen. Die Wiederholung ist ein starkes Mittel, nicht umsonst ist ein wichtiges Element vieler Religionen das man einen Text dauernd wiederholt. Das funktioniert nämlich nicht nur bei anderen, sondern primär bei einem selbst. In der normalen Wissenschaft ist es anders. Eine Theorie kann noch so toll sein so oft in einem Lehrbuch stehen, wie sie will, sobald es nur eine Tatsache gibt die gegen sie spricht muss sie zumindest verändert werden – nach Verschwörungstheoriekern ist sie ja dann schon komplett ungültig, aber das ist eben selten der Fall, vielmehr ist es oft so das eine Theorie für einen bestimmten Bereich anwendbar ist und für einen anderen nicht. So reicht Newtons Gravitationstheorie für alle Geschwindigkeiten die man heute mit der Raumfahrt erreicht vollständig aus. Für Quasare und Schwarze Löcher braucht man aber Einsteins Theorie. Ebenso gab es geschichtlich mehrere Atom- und Molekülmodelle, die jeweils ihre Daseinsberechtigung haben. Für viele einfache chemische Reaktionsgleichungen reicht z.B. das Valenzmodell vollkommen aus.

Anders beim Verschwörungstheoretiker. Er kann nicht akzeptieren, das schon ein widerlegtes Argument von ihm zeigt, dass er auf dem Holzweg ist, er schiebt dann weitere „Argumente“ nach oder Stützbehauptungen. Natürlich arbeitet auch Trump mit der Wiederholung. Wie oft hat er vor und nach der US-Wahl behauptet, dass Briefwahl einen Wahlbetrug ermöglicht?

Die Diffamierung

Gleitend ist der Übergang von Kraftausdrücken und Unterstellung zur Diffamierung. Die meisten Mails, die ich zu dem Thema bekomme, sind gar nicht an einer Diskussion interessiert, sondern beginnen mit Beleidigungen, weil den Briefschreibern offensichtlich nicht das gefällt, was sie auf meiner Website gelesen haben. Aber auch wenn es anfangs eine Diskussion gibt, dann kommt es oft früher oder später zu einer Beleidigung. Ich werde nun mangels Prominenz nicht öffentlich diffamiert, wohl aber andere. So bei der Mondlandungsverschwörung alle Astronauten. Und fühlt man sich nicht an Trump erinnert, der gefühlt in jedem zweiten Tweet irgendjemanden, egal ob politischen Gegner, ehemaligen Angestellten oder ein Land oder andere Staatsoberhäupter beleidigte?

Autokratie à la Verschwörungstheoretiker

Verschwörungstheoretiker haben ein ausgeprägtes Ego. Wie ich schon im Kapitel über das Universalgenie schrieb, wissen sie ja alles, vor allem alles besser. Die meisten Menschen würden aber, selbst wenn sie sich einer Sache sicher sein, doch ins Nachdenken kommen, wenn alle anderen anderer Meinung sind, und ich rede mit anderen nicht von der Bevölkerung, sondern Fachleuten, Lehrbücher, angewandter Technik. Die Person, mit der ich gerade zu tun hat, hat aus der Tatsache geschlossen, dass die Entfernungen im All alle falsch sind, dass auch bestimmte Satelliten nicht existieren. Komischerweise nur die über dem GEO Orbit, weil man bei denen darunter, ja durch die Nutzung von GPS, Satellitenbildern und übertragenem Fernsehen schlecht leugnen kann, das es sie nicht gibt. Das gilt allgemein. Wenn die Entfernungen nicht stimmen, dann haben sich eben Generationen von Astronomen geirrt. Wenn darauf natürlich die Ordnung des Universums aufbaut, da ja die Gravitationskraft mit der Entfernung abnimmt und damit Prozesse wie die Kernfusion im Inneren von Sternen, Bildung schwarzer Löcher und Pulsare, ob ein Planet eine Atmosphäre halten kann oder nicht und nicht zuletzt, ob sich das Weltall ausdehnt oder nicht, dann muss das natürlich auch alles falsch sein! Es gibt nur eine Tatsache und die hat eben ein Fleischermeister herausgefunden, weil Millionen von Astronomen, Lehrern, Hobbyastronomen dies über Jahrhunderte nicht geschafft haben. Das ist die Autokratie der Meinung. Ebenso ist bekannt das Trump von seinen Überzeugungen nicht abrückt, selbst wenn man beweist, dass sie falsch sind.

cui bono

Zumindest nach der Berichterstattung soll ein wesentlicher Teil von Verschwörungen sein, dass sie das Prinzip des cui bono anwenden. Also wem nützt die (angebliche) Verschwörung. Wie man am lateinischen Zitat sieht, stammt das aus der Antike. Cicero benutzte es bei einem Gerichtsprozess, bei dem man damals überzeugen musste. So etwas wie eine Kriminaltechnik gab es ja damals nicht. Bei einem Verbrechen ist das auch naheliegend und drückt sich darin aus, dass Polizisten bis heute zuerst nach einem Motiv suchen. Verschwörungstheoretikern sollen das Prinzip auf ihre Theorien anwenden. Ich meine das für die meisten geschichtlichen Ereignisse cui bono nicht anwendbar ist, außer es ist die Tat von Einzelpersonen. Wem nützt es, das der Erste Weltkrieg ausbrach? Selbst bei den Anschlägen des 11. September finde ich die Argumentation ziemlich löcherig. Demnach soll die US-Regierung ja die Anschläge selbst begangen haben, um einen Krieg anfangen zu können. Nur hat man ein Jahr später den Irakkrieg gar nicht mit Terroranschlägen begründet sondern der Produktion von Massenvernichtungswaffen und dafür reichten undeutliche Satellitenaufnahmen und selbst gezeichnete Grafiken aus. Tausende umzubringen nur um einen Krieg zu beginnen, zeugt schon von enorm viel Menschenverachtung, und wie man von der US-Politik in diesem Jahrhundert weiß, benötigen die gar keinen Anlass um Staaten zu überfallen (Annektion von Kuba, Philippinen, Überfall auf Granada und Panama, Eintritt in den Vietnamkrieg). Das sagt eher ziemlich viel über das Weltbild der Verschwörungstheoretiker und auch ihr Menschenbild aus.

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