Bernd Leitenbergers Blog

Der Impfstoff für alle zwischen 60 und 65

Ich könnte über Corona eigentlich jeden Tag was schreiben. Ich tue es nicht, weil ich denke das alle Blogleser von dem Thema genug gehört haben, bzw. mit dem Umgang durch die Politik und die Maßnahmen genug genervt sind und von mir auch etwas anderes erwarten. Aber nun muss ich mal was zum Impfstoffdebakel sagen. Also erst war es so, dass der Impfstoff von Astrazeneka ein schlechtes Image hatte, weil der Begriff der „Wirksamkeit“ falsch vermittelt wurde – die 70 % „Wirksamkeit“ beziehen sich nicht auf den Coronaschutz allgemein, sondern darauf, das der Anteil derer die dann zwar eine Infektion bekommen, aber symptomlos oder mit geringer Schwere eben höher ist. Das Wesentliche, nämlich der Schutz vor einer schweren oder tödlichen Erkrankung ist aber genauso gegeben wie bei den moderneren mRNA-Impfstoffen.

Dann wollte man keine ab 65 impfen, weil es zu wenig Daten über diese Gruppe in den Studien gab – England hat das nicht gejuckt, auch die haben mit dem Impfen bei den ältesten angefangen und zwar mit dem Impfstoff von AstraZeneka und die sind inzwischen bei der Gruppe der Fünfzigjährigen angekommen. Dann hat die Politik sich zwei Wochen lang darum gedreht, welche unter 65 jährigen man damit impfen kann und etliche Berufsgruppen wie Erzieher, Lehrer, Polizisten und Ärzte haben sich gemeldet, damit sie die ersten sind. Eine überflüssige Diskussion, die man sich ersparen kann. Wenn es noch immer noch so ist, das nicht jeder einfach so einen Impftermin bekommt.

Dann gab es den Impfstopp, weil es einige wenige Fälle bei mehr als eine Million geimpften von tödlicher Thrombose gab. Der wurde einige Tage später wieder aufgehoben, weil die Zahl nicht relevant sei und nun nach einigen Fällen mehr darf er nicht mehr an über 60 Jährige verimpft werden, außer nach ausführlicher Aufklärung. Schon erteilte Impftermine werden gestrichen oder verschoben. Als Summe aus dem Debakel würde ich sagen. Der Impfstoff ist wohl geeignet für 60 bis 65 jährige Männer. Das wäre wahrscheinlich die Antwort eines Computers bei dem eine künstliche Intelligenz versucht, aus den Entscheidungen logische Schlüsse zu ziehen.

Das ganze Debakel hat mehrere Aspekte. Das Erste ist dieses Hin- und Her, das dazu beiträgt, Unsicherheit gegenüber den Impfstoffen allgemein und gegen den von Astrazeneka im Speziellen zu schüren. Das ist nur schädlich und kann dazu führen das wir mit freiwilligen Impfungen wohl nie auf die Herdenimmunität kommen, weil zu den Impfverweigerern noch viele kommen, die verunsichert sind oder meinen, wenn das so riskant ist, dann lasse ich mich besser nicht impfen. Sollen die anderen sich doch impfen lassen. Was dann? Coronasonderregeln bis zum Sankt-Nimmerleinstag? Normales Leben nur noch mit Impfpass? Zwangsimfpung?

Vor allem aber zerstört das Gerangel und Hin-undHer das Vertrauen in die Politik. wenn es jede Woche was anderes zu dem Thema gibt. Das ist ja nicht nur beschränkt auf das Impfen. Diese Hüh-und-Hott Politik durchlaufen wir seit Monaten. Jede Woche was Neues. Da gibt es eine komplexe Regelung mit „Fallback“ eingeführt, dann müssen die Fallbackregeln nun bei steigenden Inzidenzzahlen greifen und schon gehen erneut Diskussionen los. Beschreiten einzelne Landkreise und Bundesländer Sonderwege. Da gibt es Extraregeln für Ostern, die nicht mal einen Tag später wieder einkassiert werden. Alles, nur kein System.

Ich wünsche mir von der Politik nur drei Dinge:

Erstens: Macht Anordnungen auf Basis von wissenschaftlichen Fakten. Nach einer Untersuchung kann ein Infizierter in einem Großraumbüro achtmal mehr Menschen anstecken als im Supermarkt. Dort wird aber die Personenzahl überwacht und es gibt Maskenpflicht. Beim Arbeitsplatz nicht. Die Wirtschaft muss ja laufen.

Ebenso die Schulen. Ich entnehme der Studie, das eine Oberschule bei 50 % Belegung mit Maske einen Wert von 2,9 hat, die Schwimmhalle in die ich nicht mehr darf aber eine von 2,3. Mit Wissenschaft haben die Regeln wer unter welchen Umständen wie geöffnet hat absolut nichts zu tun.

Auf Basis dieser Fakten nützen aber alle Einschränkungen im privaten Bereich nichts, wenn die Hauptansteckungsherde so völlig ignoriert werden. Das kann man auch ausdehnen über den Sinn zahlreicher Maßnahmen wie Ausgangssperren von 22 bis 5 Uhr – wenn nichts offen ist, wohin man gehen kann, wer geht dann freiwillig um die Zeit raus, wenn er nicht gerade einen Hund hat (und dann darf er ja). Oder der Impfstoff von Astrazeneka. Es gibt hier einige Fälle von Sinusvenenthrombosen. Doch wie hoch ist das Gesamtrisiko? Wenn eine Frau die Pille nimmt, steigt ihr Risiko an Thrombosen zu versterben von 2 auf 10 pro 10.000. Bei Astrazeneka reden wir von 31 Fällen Erkankungsföllen bei 2,8 Millionen Impfdosen. Das sind 0,11 pro 10.000 also um den Faktor 20 niedriger, als das natürliche Risiko einer Frau an Thrombose zu erkranken und um den Faktor 100 wenn sie auch „die Pille“ einnimmt. Das bisher vor allem Frauen betroffen sind, verwundert angesichts dessen das „die Pille“ das Thromboserisiko um den Faktor 5 steigert, also weitaus mehr erhöht nicht. Auf der anderen Seite: da die Gruppe der Alten, für die das Risiko wirklich hoch ist, inzwischen geimpft wurde, sinkt die Zahl der Todesfälle durch Covid-19. Wir haben heute eine höhere Inzidenz als Anfang Dezember, bevor das Impfen anfing, aber weniger Tote. Man kann leicht hochrechnen, das wenn alle nur mit Astrazeneka geimpft würden, das dann wären das insgesamt weniger als 900 Erkannte (nicht Tote) – so viele „echte“ Todesfälle bekommen wir aber durch Covid 19 alleine in einer Woche hin. Anstatt also zu stoppen, sollte die Politik auch mit diesem Impfstoff weiter machen, und wenn man vorsichtig sein will, dann eben nur für Männer. Vor allem sollte eine faktenbasierte Politik auch mal einen Blick nach England werfen, wo vor allem mit diesem Pärparat geimpft wird, und zwar erheblich schneller als bei uns. Dort ist man inzwischen bei der Gruppe der über 50 Jährigen angekommen und Premier Johnson verspricht für Ende Juli das Ende aller Einschränkungen. Während unsere „oh-wie-ist-der-Impfstoff-gefährlich-politik“ sich nur alle paar Tage neue Einschränkungen einfallen lässt.

Zweitens: Haltet einfach einmal zwei Wochen lang die Klappe und dann könnt ihr wieder auf Basis der letzten Entwicklungen was beschließen oder eben nicht. Die Leute sind von Corona schon genervt genug. Fast jeder ist irgendwie betroffen. Ich darf seit 3.11. nicht mehr Schwimmen und habe seitdem 5 Kilogramm zugelegt, mein Ferienhaus ist ebenso seitdem zu, genauso wie schon zwischen März und Juni. Dabei ist es ein Ferienhaus, kein Hotel. In meinen Augen ist es völlig, egal ob eine Familie in ihrem Haus in NW ist oder im Allgäu ist, das Risiko ist unter denselben Personen ja das gleiche. Hier stelle ich fest, das bei dem Beherbergungsgewerbe nicht unterscheiden wird zwischen Hotel und Ferienhaus, bei Friseuren und Nagelstudios aber sehr wohl. Ähnlich haben etliche andere zu leiden, wobei es mir ja ja noch gut geht, anders als alle die irgendwie mit Veranstaltungen mit vielen Personen zu tun haben, die haben seit einem Jahr defakto Berufsverbot. Kurz: egal ob hart oder weniger hart betroffen. Die Leute haben von Corona die Schnauze voll, was der Strom von Mallorcatouristen ja auch zeigt und das angebliche Durchgreifen der Politik sieht jetzt eher nach einem hilflosen Herumstochere aus. Das gilt aber auch für jeden einzelnen Politiker und die Medien. Ich muss nicht jeden Tag hören, was Karl Lauterbach von sich gibt. Wie wäre es, wenn ihr Medienvertreter und Redakteure einfach mal einige Zeit nichts zu dem Thema bringt, außer es sind wieder tragende Beschlüsse, die ja so wichtig sind, dass sogar das laufende Fernsehprogramm für eine Pressekonferenz von Merkel unterbrochen wird. Ihr seht, ich halte die meisten Beschlüsse unserer Regierung in dieser Dache für nicht besonders wichtig.

Drittens: kümmert euch auch mal um andere Probleme, die es ja auch noch gibt. Nur mal ein kleines, harmloses Beispiel. Dieses Wochenende war wieder Zeitumstellung. Wollte man die nicht mal abschaffen? Hat man in den letzten Jahren nicht hingekriegt, die deutsche Leitung der EU im letzten Halbjahr hat das Thema nicht mal aufgegriffen. Der Grund: man bekommt nicht alle EU Staaten unter einen Hut. Ja dann eben nicht. Früher gab es auch mehrere Zeitzonen in Europa. Als ich als Kind und Jugendlicher nach Frankreich und Spanien reiste, musste ich die Uhr verstellen. Nun muss jeder die Uhr zweimal im Jahr verstellen. Von einer Kanzlerin erwarte ich das, wenn es keine gesamteuropäische Lösung gibt, man eine andere Lösung findet. Zum Beispiel mit Frankreich sich auf eine Zeitzone verständigen. Dann hat man schon mal ein Drittel der Bevölkerung im Zentrum Europas abgedeckt und ich wage zu prognostizieren, dass einige kleinere Nachbarländer sich dann anschließen. Und die osteuropäischen Staaten können dann eine eigene Zeitzone aufmachen und Spanien, Portugal eine zusammen mit England. Wahrscheinlich wäre sogar, das, wenn die beiden größten Staaten in Europa vorpreschen, die anderen Länder einfach nachziehen, so wie sie es ja schon bisher getan haben und damit auch von ihrer lokalen Uhrzeit abgewichen sind.

Was soll ich von der Politik halten, wenn sie nicht mal so eine einfache deklarative Sache, mehr ist, es ja nicht hinbekommt?

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