Kiffen schützt vor Corona
So, kurz zusammengefasst könnte man Ergebnisse der medizinischen Forschung im letzten Jahr wiedergeben. Doch da ich immer etwas tiefer bohre hier die ganze Geschichte inklusive der vielen offenen Fragen.
Als die Pandemie losging, installierte die John Hopkins Universität (JHU) ihr Covid-19 Dashboard, dessen Daten über Fallzahlen weltweit auch bei uns in den Medien lange zeit verbreitet wurden, weil das bundeseigene Robert Koch Institut lange brauchte, um etwas ähnliches nationales auf die Beine zu stellen. JHU hatte von der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA die Aufgabe bekommen, die Daten über Infektionen und Todesfälle zu sammeln und auszuwerten. Primär um das Risiko bestimmter Bevölkerungsgruppen bestimmen zu können. In den USA ist das weitestgehend leichter als bei uns, im Prinzip kann die JHU auf alle Daten zurückgreifen, die den Krankenversicherungen vorliegen mit Ausnahme von persönlichen Daten. Wie z. B. Der Name. Aber Alter oder Wohnort in Form des ZIP-Codes, dem Pendant unserer Postleitzahl werden weitergegeben.
Perah Rhamabaking an der Fakultät Center for Systems Science and Engineering (CSSE) untersuchte im Rahmen seiner Masterarbeit, wie hoch das Risiko von Covid-19 SARS/2 bei Personen ist, die Drogen nehmen. Dazu wertete er die Daten statistisch aus. Wie nicht anders zu erwarten ist es bei Rauchern deutlich erhöht. Bei Alkohol ist das Risiko leicht erhöht. Bei den meisten anderen Drogen – zumindest dehnen die wir, als solche bezeichnen würden, denn in den USA zählt dazu auch der Missbrauch von Medikamenten, der bei uns kaum erfasst wird, waren aber die Fallzahlen zu klein für eine statistische Aussage. Was möglich war, war es die Fälle einfach zu zählen und eine Reihenfolge festzustellen. Rhamabaking konnte keine Aussage über das Risiko für die meisten Drogen machen, aber nach Alkohol eben die Häufigkeit des Auftretens benennen. Da fiel auf, dass Marihuanakonsum an sechster Stelle rangierte, bei der Gesamtbevölkerung liegt der Konsum aber an dritter Stelle nach Alkohol und Nikotinkonsum. Das Ergebnis wurde im August 2020 im National Journal of Drugs veröffentlicht.
Damit war Rhamabakings Arbeit abgeschlossen. Dr. Florence Schwartz las den Artikel und fand es interessant dem nachzugehen. Schwartz arbeitet an der University of Californa und untersucht wie Viren Lungengewebe infizieren und schädigen. Seit Januar 2020 gehören dazu auch Tests mit Covid-19 Viren in einem Sicherheitslabor. Da dort die einzelnen Proben sowieso von der Umgebung isoliert sind, war es relativ einfach möglich, eine entsprechende Versuchsreihe anzusetzen. Nachdem man bei einem Probanden den THC Gehalt in der Ausatemluft bestimmt hatte und damit wusste, wie viel man vom Marihuanadampf man der Umgebungsluft zumischen musste, begannen klinische Tests mit Zellkulturen. Drei Reihen gab es: In einer wurde der Luft nichts beigemischt als Referenz, in einer Zweiten wurde Marihuana auf 200 Grad erhitzt, wie dies beim Vaporizer der Fall ist und die Luft der Umgebungsluft zugefügt und in der dritten Reihe wurde Marihuana verbrannt. Schon in der ersten Messreihe zeigte sich ein deutlicher Rückgang der Infektionen bei beiden Reihen, die Marihuana enthielten. Die Luft aus dem Vaporizer war dabei etwas effektiver, da offensichtlich, so die bisherige Erklärung, bei der Verbrennung entstehende Giftstoffe die Zellen schädigen können. Im Folgenden wurde dann auch nur noch trocken erhitztes Marihuana für die Versuche verwendet.
Schwartz bekam eine eigene Arbeitsgruppe, die dem Thema nachging. Als nächsten Schritt analysierten sie die Zusammensetzung des Gases. Das war bedeutend einfacher bei der Luft aus dem Vaprozier, da hier die Verbrennungsprodukte fehlten, also konzentrierte man sich nur auf die dort gefundenen Stoffe. Die flüchtigen Stoffe von Hanfblüten, also dem, was als Marihuana im Handel ist – Haschisch sind die mit Fett extrahieren Stoffe aus den Blüten – bestehen vor allem aus Cannaboiden und Terpenen. Zu den Cannaboiden gehören der psychoaktive Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) und das kaum psychoaktive Cannabidiol (CBD), das derzeit „in“ ist. Dazu später noch mehr. Terpene sind eine Klasse von Stoffe, die aus Vielfache des Moleküls Isopren bestehen. Terpene sind im Pflanzenreich weit verbreitet und dienen unter anderem als Fraßschutzmuttel gegen Insekten und als Botenstoffe. Mit ihnen warnen Pflanzen ihre Umgebung vor einem Insektenbefall. Einige Pflanzen nutzen Terpene sogar um Fraßfeinde der Insekten anzulocken, die sie befallen. So locken einige Akazienarten Ameisen mit Terpenen an. Terpene werden wieder in Unterklassen unterteilt je nachdem, wie viele Isoprenmoleküle sie enthalten. Fündig wurde man bei der Klasse der Sesquiterpene. Dies sind Moleküle mit 15 Kohlenstoffatomen. Unter ihnen findet man zahlreiche Geruchsstoffe wie das Caryophyllen (Geruchsstoff im Nelkenöl) oder das Geosmin, das nach Erde riecht. In dieser Klasse und noch häufiger bei den Monoterpenen findet man die Stoffe, nach denen Marihuana so streng riecht. Für den Versuch wurde die Luft mit Druck durch eine Chromatografiesäule gepresst, dabei aufgetrennt und nach definierten Zeitabschnitten jeweils anderen Zwllkulturen zugeführt. Zeigte sich eine Verringerung der Infektionsrate, dann wurde die Fraktion weiter aufgetrennt. Aufgrund der Inkubationszeit von mehreren Tagen dauerte das ziemlich lange, doch Ende Dezember 2020 hatte man den Stoff identifiziert, auf dem die Verringerung der Infektionsrate beruhte, es war das 5-Methyl Cannaterpenol (5-MCT). Seitdem laufen Messreihen, in denen untersucht wird, wie es wirkt und welche Dosis präventiv wirksam ist. Beides ist nicht einfach. Es gibt jedoch in beiden Gebieten erste Theorien. 5-MCT lagert sich nach Analysen der Zellen bevorzugt in die Zellmembran ein. Das scheint nur möglich zu sein, wenn es aus der Unmgebungsluft stammt. Setzt man es der Nährlösung zu, so enthalten Zellen danach kaum 5-MCT und sind genauso leicht infizierbar wie in Vergleichsgruppen. Warum es aber eine Infektion verhindert, ist offen. Die gängige Theorie ist es, dass es die Öffnung von Kanälen behindert, mit denen die Zellen normalerweise größere Moleküle aufnehmen die zu groß sind, um die Zellmembran durch Diffusion zu passieren. Dazu gehört auch die Virus-DNA. Eine andere Theorie, die verfolgt wird, ist das 5-MCT die Oberflächenstruktur so verändert, das das Virus schlechter andocken kann. Da nach einer Publikation von Schwartz im Januar nun aber andere Arbeitsgruppen in den USA, England und den Niederlanden die Arbeit aufgenommen haben, hofft man auf baldige Fortschritte bei der Aufklärung des Mechanismus.
Mehr Aussagekraft gibt es bei dem Schutz. Hochgerechnet auf die gesamte Oberfläche der Lunge gab es einen Schutz, wenn mindestens 3 mg 5-MCT aufgenommen wurden. Die Schutzwirkung stieg an, um oberhalb von 10 mg konstant zu bleiben. Setzte man die Zellen dann normaler Luft aus, so waren sie je nach vorher eingesetzter Dosis noch 8 bis 15 Tage gegen die Viren geschützt.
Was problematisch ist, und darauf weisen die Forscher hin, ist dies in Konsumeinheiten umzurechnen. Zum einen ist der Gehalt von 5-MCT in Marihuana schwankend. Er liegt zwischen 1,5 und 4 % bei Proben, die in den USA gehandelt wurden. Hier wurden Labors in Ländern, in denen der Marihuanakonsum legal ist, um weitere Analysen gebeten. Anhand dessen kann man die Marihuanamenge errechnen, die diese Menge an 5-MCT enthält bei 3 mg Gehalt sind es 200 mg, bei 4 % nur 75 mg. Für die maximal wirksame Dosis von 10 mg sind es entsprechend 667 bzw. 250 mg. Diese liegen deutlich über üblichen Konsummengen. Da in den statistischen Zahlen der JHU sich aber der Effekt bei normalen Konsumenten zeigte, die dann auch normale Mengen konsumieren, geht man davon aus, dass der Stoffwechsel verlangsamt ist, wofür auch die Schutzwirkung über mehrere Tage spricht. Vereinfacht gesagt, reichern sich kleine Mengen die als Einzeldosis unwirksam sind, bei regelmäßigem Konsum in den Zellmembranen an. Übersteigt die Zufuhr durch regelmäßiges Rauchen von Cannabis die Abbaurate, so entsteht nach einiger Zeit Schutz, der bei weiterem regelmäßigem Konsum dauerhaft Bestand hat. Welche Menge und welche Frequenz dafür notwendig ist, wird derzeit erforscht.
Ebenso arbeiten zwei Arbeitsgruppen in den USA an Verfahren den Stoff aus Marihuana in Reinform zu extrahieren, bzw. ihn synthetisch herzustellen. Dann könnte er als Medikament eingesetzt werden, eine Zulassung vorausgesetzt. Er würde dann inhalativ aufgenommen vergleichbar Asthmasprays. Schon vorher könnte die Industrie auf den Zug aufspringen, denn 5-MCT ist nicht der erste Stoff der aus Cannabis gewonnen und vermarktet wird. Das geschieht seit einigen Monaten schon mit Cannabidiol. Cannabidol (CBD) ist ein Cannaboid, gehört also zu einer anderen Stoffklasse als 5-MCT, derselben wie das berühmtere THC. Anders als dieses ist es aber nicht psychoaktiv. Was CBD kann und was nicht, ist noch wenig erforscht, das ist die unmittelbare Folge dessen, dass Cannabis in den meisten Ländern als Rauschgift eingestuft wird und damit der Handel und natürlich auch die Forschung verboten bzw. eingeschränkt sind. Glaubt man den vielen Webseiten, die CBD verkaufen so ist es ein reiner Tausendsassa, wissenschaftlich abgesichert sind nur entkrampfende, entzündungshemmende, angstlösende und gegen Übelkeit gerichtete Wirkung. Für jede dieser Wirkungen gibt es aber auch andere Mittel, so wirkt auch Acetylsalicylsäure, also der Wirkstoff von Kopfschmerztabletten entzündungshemmend. Trotzdem wird heute CBD-Öl wie geschnitten Brot verkauft. Vielleicht weil es eben aus Cannabis stammt. Wir sehen hier den Effekt eines offenen Binnenmarkts, denn in Deutschland ist CBD als Stoff, der aus Cannabis stammt nach wie vor verboten. Die Stellungnahme des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) ist eindeutig:
„Dem BVL ist derzeit keine Fallgestaltung bekannt, wonach Cannabidiol (CBD) in Lebensmitteln, also auch in Nahrungsergänzungsmitteln, verkehrsfähig wäre.
Aus Sicht des BVL muss für CBD-haltige Erzeugnisse vor dem Inverkehrbringen entweder ein Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels oder ein Antrag auf Zulassung eines neuartigen Lebensmittels gestellt werden. Im Rahmen dieser Verfahren ist die Sicherheit des Erzeugnisses vom Antragsteller zu belegen.“
Nur stammt das bei uns gehandelte CBD nicht aus der Bundesrepublik sondern aus Österreich, wo es seit Dezember 2018 legal ist, sofern der THC Gehalt unter 0,3 % liegt. Wenn man CBD-Öle im Internet bestellt merkt man oft nicht, das die Ware eigentlich aus Österreich kommt. Damit der THC Gehalt dieses niedrige Niveau erreicht, in Marihuana ist selbst in sogenannten CBD-reichen Sorten das THC immer noch häufiger als das CBD, müssen die Wirkstoffe getrennt und angereichert werden. Da ist es nur ein weiterer Prozessschritt, aus der Fraktion noch das MCT herauszulösen. Da 5-MCT anders als das Paar CBD / THC aber eine komplett andere chemische Struktur hat, dürfte dies kein großes Problem sein. Das Haupthindernis ist immer noch die Rechtslage. Die Zulassung von CBD in Österreich erfolgte nach einem Urteil des EuGH. Das gilt aber eben nur für CBD. Das einzige legale Schlupfloch in der BRD dürfte die generelle Zulassung von Hanfprodukten sein, sofern ihr THC-Gehalt so gering ist, das sie garantiert nicht berauschend sind. Ein Hersteller könnte dann auf den MCT Gehalt hinweisen, dürfte das MCT aber selbst nicht aktiv bewerben also ihm Wirkungen zuschreiben, denn dann wäre es schon kein Nahrungsmittel mehr sondern ein Arzneimittel oder zumindest ein Nahrungsergänzungsmittel. Beides erfordert nach deutschem Recht eine Zulassung mit Wirkungsnachweis. Man wird , sofern MCT wirklich wirksam ist, dann wohl Produkte für Vaporizer sein. Also so was wie Aromaöle mit einem „Zusatz“. So was gibt es schon für CBD. Man bewirbt bei solchen Produkten nicht das CBD und vertraut darauf, dass der Verbraucher weis, was sich hinter diesen drei Buchstaben verbirgt.
So lange bleibt für die Vorbeugung wohl nur eines: Regelmäßiger Marihuanakonsum entweder geraucht oder für Nichtraucher mit einem Vaporizer verdampft. Ich habe gute Erfahrungen mit dem V-Tower von Arizer gemacht, den ich seit 7 Jahren einsetze. Er eignet sich natürlich auch für die Aromatherapie oder um die Atemwege bei Erkältungen frei zu bekommen, indem man Eukalyptus-, Minz- oder Kamillenaroma verdampft. Wer sich schon jetzt schützen will: Samen für Cannabis kann man heute sehr einfach und sicher übers Internet einkaufen.
Am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie in Potsdam wurde Heute ein Forschungsprojekt gestartet, das nach Pflanzen suchen soll die diesen Wirkstoff enthalten. Man hofft dabei, etwas zu finden das den Wirkstoff in höherer Konzentration enthält. Das würde Anbau und Wirkstoff-Extraktion rentabler machen.
Für den Fall das die Suche kein verwertbares Ergebnis bringt, könnte in einem weiteren Projekt das Gen für den Wirkstoff auf Mikroorganismen übertragen werden.