Eine der positiven Folgen des Discovery Programms ist, das es nach dem Scheitern des ursprünglichen Ansatzes von sehr billigen Sonden beibehalten wurde und eine solide Finanzierung bekam. Seitdem gibt es regelmäßig eine neue Runde, in der neue Sonden genehmigt werden, meist zwei, manchmal auch nur eine. Bisher wurden 13 Missionen gestartet, zwei Insight und der LRO sind noch aktiv, vier weitere folgen.
Nun hat die NASA zwei Missionen zur Venus genehmigt, DAVINCI+ und VERITAS. Wie in dem Programm üblich wurden sie aus mehreren Missionen gewählt. Vorschläge durchlaufen einen mehrstufigen Selektionsprozess. Bekannt werden nur die Finalisten, weil die beteiligten Institute – NASA Standorte wie das JPL oder Goddard oder Universitäten wie die JHU von Arizona dann auch Mittel zur Ausarbeitung ihres Konzeptes bekommen.
Die beiden selektierten Sonden sind nicht neu. Bei DAVINCI+ deutet das Pluszeichen schon darauf hin. DAVINCI war schon in der letzten Runde dabei. Man hat nachgebessert und dies mit dem „+“ klargemacht. Das gleiche gilt für VERITAS. Auch diese Mission war schon bei der letzten Selektionsrunde dabei. VERITAS erinnert stark an Magellan. Wie Magellan ist es ein Radarorbiter mit nur einem zweiten Instrument, einem Nah-IR Spektrometer, das von der DLR stammt. Das VIRTIS Instrument auf Venus Express zeigte, das es Oberflächendetails im Nahen Infrarot auf Bildern zu „erahnen“ sind. Das heißt man sah Strukturen in den Bildern und als man diese mit Radarbildern der gleichen Region verglich, gab es Übereinstimmungen. Allerdings war VIRTIS ein Reserveexemplar des gleichnamigen Instruments auf Rosetta und nicht für die Venuserforschung gedacht. Der Venus Emmissitivity Mapper (VEM) des DLR arbeitet in fünf speziell selektierten Spezialbereichen. Er wird zwar keine scharfen Details der Venusoberfläche abbilden können, dazu verschmiert die dicke Atmosphäre viel zu stark und auch das theoretische Auflösungsvermögen von etwa 500 m ist zu gering. Aber man wird so heiße Spots, die eventuell vulkanisch aktiv sind, lokalisieren und untersuchen können.
Das Hauptinstrument ist wie bei Magellan ein SAR. Diese Instrumente haben sich seit Magellan enorm verbessert. Magellan nutzte noch die zweckentfremdende Hauptantenne einer Voyagermission mit ihren Sendern. Heute sind Phased Array Antennen im Einsatz. Ebenfalls verbessert wurde die elektronische Verarbeitung der empfangenen Rückstreuungen des RADAR, aus denen erst die Bilder entstehen. Heute liefern kommerzielle Erdbeobachtungssatelliten wie Capella von weniger als 200 kg Masse Bilder mit 1 m Auflösung. Das SAR von VERITAS wird so auch dank eines kreisförmigen niedrigen Orbits etwa zehnmal bessere Aufnahmen als Magellan anfertigen.
Die zweite genehmigte Mission, DAVINCI+ ist eine Nachfolgemission der Atmosphärensonde von Pioneer Venus. Die Sonde hat aber auch ein Novum. Sie hat, wie Huygens, Cameras die Bilder vom Abstieg machen. Ab etwa 5 km Höhe sollte die Atmosphäre nach den Annahmen genügend durchsichtig sein, dass man den Boden erkennen kann. Hauptaugenmerk ist aber die Untersuchung der Atmosphäre mit einem Spektrometer. Auch hier gab es seit Pionier Venus enorme Fortschritte. So verwendet DAVICI+ sowohl ein hochauflösendes Massenspektrometer, wie auch ein tunable Laserspektrometer das spezielle bestimmte Absorptionslinien vermisst. Sie basieren auf Instrumenten, die man für die beiden letzten Mars Rover Curiosity und Perseverance entwickelt hat. Beide Instrumente sind an den Spurengasen interessiert. Sie lassen zum einen Rückschlüsse auf die Chemie der Atmosphäre zu, aber auch, ob die Venus noch aktiv ist, denn einige Spurengase könnten vulkanischen Ursprungs sein. Das Vermessen von Edelgasen und Isotopen des schweren Wasserstoffs soll mehr Klarheit über die Evolution der Atmosphäre bringen, und auch ob die Venus mal einen Ozean besaß – dann würde man dies an den einzelnen Mengen der Isotope festmachen können. Dazu kommt ein einfaches Instrument, das Temperatur, Druck und andere Parameter beim Absteig misst und die erwähnte Kamera.
DAVINCI+ wird nicht sofort landen, sondern der Bus nutzt den ersten Venusvorbeiflug nur für die Beobachtung, er hat dazu Kameras. Nach einem Umlauf nähert er sich der Venus erneut, nun auf einer Bahn, die bessere Bedingungen für die Probe und den Empfang bietet und die Sonde wird abgesetzt.
Meine Meinung zu den beiden Missionen ist gespalten. So halte ich Missionen zur Venus für wichtig. Aber es waren noch zwei andere Missionen in der Auswahl, die ich für ebenso wichtig halte. Zum einen IVO, eine Raumsonde, die den Jupitermond Io untersuchen soll. Io ist als einziger vulkanischer Mond enorm interessant, aber weil er der nächste der vier großen galileischen Monde Jupiters ist, sparen ihn Missionen gerne aus, denn die Passage erfordert ein sehr jupiternahes Perijovium und das erhöht die Strahlenbelastung einer Sonde deutlich. Weder bei Europa Clipper noch JUICE sind viele Vorbeiflüge an Io vorgesehen. Bei Galileo konnte man den einen geplanten Vorbeiflug durch Ausfall der Hauptantenne nicht nutzen, und als er dann in der letzten Missionsphase dran war, fiel oft die Kamera durch die Strahlung aus. Trident sollte zu Neptun aufbrechen und den Mond Triton nahe passieren. Auch Triton hat eine sich veränderte Landschaft und aktive Geysire, ist also auch ein aktiver Himmelskörper. Zwei der vier Missionen sind also Kurzzeitmissionen – Trident ist einige Monate aktiv, DAVINCI+ nur eine Stunde, die anderen beiden sind Längezeitmissionen. Ich persönlich hätte es gerne gesehen, wenn eine der beiden Missionen ins äußere Sonnensystem zum Zuge gekommen wäre. Es gibt durchaus Gründe dafür. So plant die ESA die Envision Mission zur Venus. Sie hat ähnliche Instrumente wie VERITAS an Bord, geht in vielen Aspekten sogar über die VERITAS Mission hinaus , so sollen von einzelnen Regionen Bilder mit 1 m Auflösung entstehen, das ist dann nicht nur zehnmal schärfer als Magellan sondern 250-mal schärfer. Bei zwei Missionen mit ähnlicher Instrumentierung – wäre es dann nicht sinnvoller eine Sonde gemeinsam zu bauen und dafür eine der beiden Missionen ins äußere Sonnensystem zu genehmigen?
Warum Trident und IVO nicht zum Zuge kamen, kann man nur spekulieren. Meine Vermutung ist das diese Missionen einfach nicht in den Finanzrahmen des Discoveryprogramms passen. Die vergleichbare New Horizons Mission war eine des New Frontiers Programm. Dort kann man nahezu doppelt so viel Geld für die Sonde ausgeben. Die Sonden passen vielleicht in den Finanzrahmen noch rein, aber zumindest Trident benötigt RTG als Stromversorgung und die sind wegen dem aufwendig herzustellenden Plutonium-238 sehr teuer. IVO könnte noch mit Solarzellen auskommen doch auch diese würden bei Jupiters Strahlengürtel rasch an Leistung verlieren. Zumindest brauchen beide Sonden entweder eine sehr leistungsfähige und teurere Trägerrakete oder sie müssen zahlreiche SwingBys durchführen was die Missionszeit verlängert – das schlägt dann auf die Missionskosten durch. Zumindest bei Trident denke ich wird man direkt starten, anders kann man bei einer minimalen Flugzeit zu Neptun von etwa 10 Jahren nicht den Vorbeiflugzeitpunkt 2038 einhalten können.
Immerhin ist die NASA weggerückt von den Asteroiden, die ja Ziele der letzten Missionen (OSIRIS-REx, Psyche, Lucy) waren. Ich halte Asteroiden für langweilig, denn sie sind zu klein, um aktiv zu sein. Sicher unterscheiden sie sich, kleine Körper bilden sich anders als große und sind mehr Konglomerate als differenzierte Körper, und Körper nahe Jupiter wie sie Lucy anfliegt, dürften eher mit den Eismonden Saturns vergleichbar sein als mit den Hauptkörperasteroiden oder den erdnahen Asteroiden die OSIRIS-REx und Hayabusa 1+2 besucht haben. Zu wünschen wäre das Trident und IVO bei der nächsten Runde dran sind, aber ich befruchte, da nun seit einigen Runden keine Marsmission mehr dabei war, das wieder eine Marsmission in der nächsten Runde auftaucht und selektiert wird.
Zumindest eines hat sich geändert – die Zeiten zwischen Selektion und Start sind nun die die früher üblich warne. Bei den frühen Discoverysonden sollte der Start ja drei bis vier Jahre nach Genehmigung anstehen, nun wird für beide Missionen als Startzeitpunkt der Zeitraum 2028 bis 2030 genannt also sieben bis neun Jahre nach der Genehmigung.