Bernd Leitenbergers Blog

Der digitale Impfausweis

… soll nun ja kommen. Denn obwohl es weder Bundesregierung, noch die Landesregierung in BW hinbekommen ein funktionierendes Konzept und eine Lernplattform nur für das Lernen zu Hause hinzubekommen, geschweige den von etwas so selbstverständliches, wie funktionierendem WLAN oder Lüfter in den Schulen, muss der Impfnachweis nun digital sein. Den Digital oder besser „Digitalisierung“ ist das Wunderwort in der Politik. Egal was es mit Informationstechnologien zu tun hat, es wird immer Digitalisierung genannt – ich habe das schon mal thematisiert, Es isst ein Wortmissbrauch, denn unter Digitalisierung versteht man ja die Umwandlung von etwas Analogen in etwas Digitales. Also man kann Musik, Videos oder Fotos digitalisieren, wie auch Texte und auch Prozesse wie Abläufe in Unternehmen. Aber die Schaffung eines Netzzuganges, wo vorher keiner war, ist keine Digitalisierung, außer man hat vorher schon einen analogen Netzzugang gehabt, ein Zugang mittels eines Telefonmodems (erinnert sich noch jemand an die?) wäre so was.

Der digitale Impfnachweis soll das hantieren mit dem gelben Impfpass ersparen, der auch nie dafür ausgelegt war, dass man ihn dauernd vorzeigen muss, sondern vielleicht ein paar Mal pro Jahr, wenn man eine Impfung bei einer Einreise nachweisen muss. Da zerfleddert er gerne bei häufiger Benutzung. Bei mir – ich brauche ihn für den Eintritt in das Schwimmbad – käme noch die Gefahr durch Wasser dazu.

Die Frage, die ich mir stelle. Warum muss der digitale Impfpass nun ein Zertifikat für die Corona-Warnapp sein? Mir fallen da gleich mehrere Gegenargumente ein. Zum einen hat nicht jeder ein Smartphone. Gerade in der älteren Generation ist das noch selten, ich habe auch keins, weil ich nie den Nutzen für mich erkannt habe. Muss ein digitaler Impfpass nicht genauso barrierefrei sein, wie der Impfpass auf Papier? Für den muss ich mir ja auch kein Gerät anschaffen und eine App installieren.

Das nächste Argument ist die Umständlichkeit. Dieses Jahr gehe ich im zweiten Jahr unter Coronabedingungen zum Schwimmen ins Neckar-Freibad. Beide Mal drucke ich dafür was aus. Letztes Jahr war es nur ein QR-Code. Dieses Mal eine ganze Seite Papier mit den Infos in Klartext, QR-Code und Barcode. Sie haben bei ihrem System hinzugelernt, denn letztes Jahr haben sie den QR-Code mit einem Tablett fotografiert und das hat dann signalisiert, ob er gültig ist oder nicht. Das hat nicht immer geklappt und war vergleichsweise langsam. Dieses Jahr nehmen sie einen portablen Barcodescanner wie an der Supermarktkasse und das geht ratzfatz. Der Barcodestandard ist so alt, dass er auch robust gegen ein falsches Halten vor dem Scanner ist. Ich kann auch mit dem QR-Code durch eine automatische Schließanlage das Bad betreten. Doch das geht weder ratzfatz, noch immer auf den ersten Versuch.

In beiden Jahren gibt es auch Leute, die mit dem Smartphone ins Schwimmbad rein kommen wollen. Die halten dann den Rest der Leute auf. Also erst Smartphone rausholen, dann App starten oder Bild aufrufen und dann das Snmartphone mit dem Display gegen das Tablett halten. Die Erkennungsquote ist gegenüber Papier nochmals geringer, wahrscheinlich, weil das Display spiegelt. Diese Technologie sehe ich daher als fehlerhaft, unnötig umständlich und zeitaufwendig an.

Ich hätte durchaus eine Alternative: warum nicht eine Plastikkarte im Scheckkartenformat? Die bekomme ich auch vom Schwimmbadbetreiber, wenn ich (in normalen Jahren) eine Saisonkarte buche. Diese hat auch einen Barcode. Kurz in den Schlitz des Kassenautomaten geschoben und ich bin reingekommen. Solange es nur um diese eine Impfung gegen Corona geht, reicht ein aufgedruckter Barcode. Ja man kann für die Fans von QR-Codes, diesen auch mit dem Barcode kombinieren, indem man auf die andere Seite der Karte einen QR-Code druckt. Die Sicherheit wird ja nicht erreicht dadurch, dass der QR-Code fälschungssicher ist, sondern das er wie der Barcode eine eindeutige ID-Nummer enthält. Diese ID-Nummer übermittelt das System an eine Stelle, die alle Impfdaten hat und die sieht nach, wer dies ist und welchen Impfstatus er hat und überträgt das zurück zum Lesegerät, das die Angaben entweder anzeigt, oder wenn nicht möglich, einfach piept – in zwei unterschiedlichen Tönen für akzeptiert oder nicht.

Scheckkarten bzw. Karten im selben Format wie Kreditkarten oder EC-Karten haben sich Jahren bewährt, sind robust und jedes Portemonnaie hat ein Fach für sie.

Man kann das Konzept sogar noch weiterdenken und auf der Karte alle Impfungen ablegen. Es gibt zwei Möglichkeiten. Zum einen kann die ID nicht für eine Impfung, sondern eine Person stehen. Dann kann man die Informationen über den Impfstatus an das Lesegerät senden – die einfachen mit Pips sind dann auf eine Impfung beschränkt, was aber bei Pflichtimpfungen z.B. gegen Malaria bei der Einreise in bestimmte Staaten schon ausreicht, oder zeigen auf dem Display alle Impfungen an.

Alternativ legt man die Informationen direkt auf der Karte ab. Dann kommt man nicht mit einem Barcode aus, aber mit einem Magnetstreifen oder teurer aber sicherer, mit einem Chip, wie er auf einer EC-Karte sitzt. Zumindest beim Auslesen ist ein Magnetstreifen noch schneller – einfach durchziehen. Der Vorteil dessen wäre eine Offline Lösung, den Magnetstreifen kann man auch ohne Onlineanbindung auslesen. Der grundsätzliche Nachteil einer Fälschung müsste man durch kryptografische Verfahren begegnen.

Beide Verfahren – Barcode oder Magnetstreifen wären erheblich schneller als eine Coronapp und unabhängig von einem technischen Gerät, das ja auch mal ausfallen kann, und wenn nur der Akku leer ist. Diese Vorteile zählen, wenn ich bei praktisch jeder Aktivität meinen Impfstatus nachweisen muss und die Personen, welche die Kontrolle durchführen, haben ja meist auch noch etwas anderes zu tun.

Ich denke auch das uns ein Impfnachweis noch lange begleiten wird. Denn durch dauernde Mutationen von Covid-19 wird man sich dagegen in Zukunft wohl jährlich oder vielleicht noch öfter impfen lassen müssen und dann zählt der Nachweis noch mehr. Schon heute ist es ja so, das selbst bei Geimpften ein Impfnachweis nicht mehr ausreicht, wenn sie aus einem Risikogebiet der Delta-Variante stammen, da benötigt man zusätzlich einen negativen Antigen-Test. Das heißt aber auch, in Zukunft wird es Kontrollen geben – nicht nur ob man gegen Covid-19 geimpft ist, sondern auch gegen welche Varianten.

Vor allem fehlt es an Sicherheit den ein solcher Ausweis geben würde, nämlich wie man die Impfung nachweist. Ich wollte den Impfpass nicht jedes Mal mitführen und habe mich bei den Esslinger Bäder erkundigt, wie man das umgehen könnte – dort riet man mir, die Vorderseite mit Anschrift und die Seite mit der Impfung abfotografieren und auszudrucken. Das muss einmal mit dem Pass vorgelegt werden und die Mitarbeiterin an der Kasse vermerkt auf dem Ausdruck, dass er mit dem Original übereinstimmt und hinterlegt ihn an der Kasse. Fürderhin braucht man keinen Nachweis mehr. Nun fiel die Nachweispflicht wegen sinkender Inzidenz für Freibäder weg, aber nicht für Hallenbäder und als diese Woche, die auch öffneten, wollte ich genau diese Regelung bei einem Hallenbad anwenden. Kam also mit Ausdruck und Impfausweis. Die Antwort: „Das geht nicht. Das ist ein Dokument und ich (der Mitarbeiter) würde ja dann die Echtheit beurkunden, dafür bin ich gar nicht befugt und das Verwahren an der Kasse geht aus Datenschutzgründen gar nicht“ (Kommentar von hinten in der Schlange „Immer, wenn man zu faul ist, muss der Datenschutz herhalten!“).

Wie gerade bei der Maskenaffäre, habe ich das Gefühl, unsere Regierung besteht aus Dilettanten, die gerne auf unausgereifte Lösungen setzen, Hauptsache sie klingen schick. Das ist ja nicht nur bei Corona so. Erinnert sich noch jemand an die Elektroroller? Auch hier wurde ein unausgegorenes Konzept durchgepeitscht, weil es eben „hipp“ ist, durch die Gegend zu rollen – nun ja für genau 30 Minuten, dann wechseln die meisten eben doch wieder aufs Fahrrad. Dafür hat man für die eine Versicherungspflicht eingeführt, die man für wesentlich schnellere E-Bikes nicht benötigt. Dazu die Sache mit der Maut. Das vom Bundesverfassungsgericht einkassierte Klimaschutzgesetz und gerade aktuell die Maskenaffäre, wo man ohne Prüfung und viel zu viele Masken bestellt hat.

[Nachtrag 30.12.2021}

Inzwischen ist ein halbes Jahr herum, ich bin ein drittes Mal geimpft und beim dritten Mal gab es (seit dem 1.12.2021) eine neue Regelung. Der Impfpass wird als Nachweis alleine nicht mehr akzeptiert, wahrscheinlich, weil es zu viele Fälle von gefälschten Impfpässen gab. Ich habe bei meiner Impfung am 29.11.2021 einen Ausdruck mit einem QR-Code bekommen. Auf meine Frage ob es nicht auch etwas praktischer ginge, bekam ich die Antwort, das die Apotheken eine Karte für den Code ausstellen. Das habe ich gemacht und tatsächlich auch drei Wochen später gegen 10 Euro Gebühr eine Plastikkarte bekommen, die enthält den QR-Code auf einer Seite und die Daten in Textform wie Anzahl der Impfungen, letzter Impftermin, auf der Rückseite. Damit ging es seitdem problemlos und schneller als mit einem Smartphone in die Bäder, die ich besuchte. Die Kontrolle der Mitarbeiter beschränkte sich auf den lesbaren Teil. Bei den Esslinger Bädern, bei denen ich über Weihnachten war erlebte ich eine Überraschung. Die lasen den QR-Code mit einem Tablett ein, ich dürfte aber noch eine ganze Seite mit vielen Fragen, die überhaupt nichts mit der Impfung zu tun hatten, wie vollständige Adresse, Geburtsdatum etc., ausfüllen – vorgeschrieben ist nur eine Kontaktmöglichkeit also Telefonnummer oder Emailadresse. Vor allem fragte ich mich, warum ich dies tun sollte, wenn sie doch die Daten mit dem Tablett erfassen. Im QR-Code sind doch sicher nicht nur der Impfstatus, sondern auch die anderen Daten die auf der anderen Seite stehen und da steht eben meine Adresse und Telefonnummer – gespeichert. Die Antwort: Das Gerät erfasst nur, ob die Daten in Ordnung sind, aber nicht welche es sind.

Auch hier hat man anscheinend ein Konzept nicht vollständig durchdacht, denn die Benutzer der Corona-Warnapp oder Luca müssen keinen Zettel ausfüllen, hier werden also entweder die Daten an das System übermittelt oder ein anderer Weg beschritten um die Personen, wenn man sie verständigen muss (weil es z.B. in dem Zeitfenster einen Coronafall gab) auch kontaktieren zu können. Insgesamt ist aber die Karte einfacher als ausgedruckte Kopien des Impfausweises. Lästig ist nur das ich immer auch den Personalausweis mitführen muss. Denn habe ich die letzten 40 Jahre immer zuhause in der Scheintischschublade gehabt, weil ich n meinem ganzen Leben nur einmal eine Personenkontrolle erlebt habe, aber der Aufwand, wenn man den Personalausweis verliert, einen neuen Ausweis ausstellen zu lassen, groß ist.

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