Die Erforschung Jupiters mit Raumsonden und JUICEs Mission
Es gab bisher wenige Sonden zu Jupiter, das liegt zum einen an der Entfernung die eine hohe Startgeschwindigkeit nötig macht und so die Trägerrakete verteuert, aber auch an der hohen Belastung durch den Strahlengürtel und die geringe Sonneneinstrahlung die früher RTG als Energieversorgung nötig machte. Bisher gab es nur zwei Sonden, die in einen Orbit um Jupiter einschwenkten und fünf weitere die ihn passierten.
Den Anfang machten Anfang der Siebziger Jahre Pioneer 10 und 11. Wie der Name „Pionier“ schon sagt gehörten diese Sonden zu einem Programm, bei dem es darum ging, die ersten zu sein, den Weg zu bereiten. Pioneer Sonden waren relativ einfach aufgebaut und hatten eine beschränkte wissenschaftliche Nutzlast. Pioneer 10 und 11 hatten neben der Erforschung des Jupiters selbst vor allem die Hauptaufgabe den Asteroidengürtel zu durchfliegen und festzustellen in wiefern er gefährlich für eine Raumsonde sein kann. Bedingt durch das kleine Kamerasystem und die geringe Datenrate, lieferten die Sonden nur wenige Hundert Bilder von Jupiter und nur jeweils ein grobes von den vier großen (galileischen) Monden. Ihre wichtigste Beobachtung bei Jupiter war aber die Feststellung eines starken Magnetfelds, das geladene Teilchen der Sonne einfängt und so einen Strahlengürtel bildet, der um ein vielfaches stärker als der Van Allen Strahlungsgürtel der Erde ist. So konnte man die im Bau befindlichen Voyager Sonden zusätzlich gegen die Strahlung abschirmen.
Voyager 1 und 2 für die Pioneer 10 und 11 den Weg geebnet hatte,n sollten eine seltene Planetenkonstellation ausnutzen die es Ende der siebziger Jahre gab. Eine Sonde konnte nacheinander alle vier Gasplaneten besuchen. Das tat auch Voyager 2, während Voyager 1 nur an Jupiter und Saturn vorbeiflog. Die Voyagers waren mehr als dreimal so schwer wie die Pioneers und hatten eine umfangreichere Instrumentensuite zur Beobachtung der Gasplaneten und ihrer Umgebung. Jupiter ist so groß, das beide Sonden etwa 80 Tage vor und nach dem Vorbeiflug Aufnahmen machen konnten und sie flogen auch erstmals relativ nahe an den vier galileischen Monden Io, Europa, Ganymed und Kallisto vorbei. Beide Sonden lieferten zusammen über 30.000 Bilder von Jupiter und seinen Monden. Sie enthüllten, dass diese Monde nicht die uninteressanten Eisbrocken waren, für die man sie vorher hielt. Begingt durch die Gezeitenkraft Jupiters waren die inneren drei galileischen Monde tektonisch aktiv. Beim jupiternächsten Mond Io reichte das Durchwalken durch die Gezeitenkräfte Jupiters für eine starke vulkanische Tätigkeit, welche die Oberfläche permanent verändert. Selbst zwischen den vier Monaten die zwischen den Vorbeiflügen der Voyagers lagen veränderte sich die Oberfläche – und das auf einer Skala die noch aus großer Entfernung sichtbar war. Bei dem nächstäußeren Mond Europa reichten die Gezeitenkräfte noch für eine Einglättung aller Impaktstrukturen. Dafür gab es merkwürdige Linien, deren Natur man erst später verstand. Der größte galileische Mond Ganymed zeigte einen Aufbau aus verschiedenen Schollen mit Bruchlinien. Lediglich der äußerste galileische Mond, Kallisto entpuppte sich als vollständig mit Einschlagkratern bedeckt. Die Voyagers entdeckten einen Plasmatorus zwischen Io und Jupiter, Nordlichter auf Jupiter, drei weitere Monde und einen Ring um den Planeten.
Um dieses nun viel interessantere Jupitersystem eingehender zu untersuchen, baute die NASA die Galileosonde. Sie basierte auf Voyager, zahlreiche Instrumente waren direkte Fortentwicklungen der Voyagerinstrumente. Daneben sollte sie eine Atmosphärensonde mitführen, die etwa eine Stunde lang beim durchqueren der Wolkenschicht die oberste Schicht untersuchen sollte. Anders als Voyager sollte die Hauptsonde aber in einen Orbit eintreten und diesen durch Vorbeiflüge an den galileischen Monden verändern und diese dabei aus viel geringerer Distanz (wenige Hundert bis Tausend Kilometer anstatt zehntausende bis Hunderttausend von Kilometern) als Voyager untersuchen. Zwischen den Vorbeiflügen würde sie Jupiter beobachten. Galileo geriet aber zum Pechvogel. Erst stand lange Zeit nicht fest, wie die Sonde zu Jupiter kommen sollte. Als der Start anstand, verlor die NASA die Challenger bei der Mission 51L. Danach dürfte aus Sicherheitsgründen die Centaur-Oberstufe nicht mehr eingesetzt werden. Ohne diese Stufe kam die Sonde aber nicht zu Jupiter. Man erarbeitete einen Ersatzplan, der drei Vorbeiflüge an Venus und der Erde vorsah bei der diese Swing-Bys die nötige Energie lieferten. Der Start verzögerte sich so um drei Jahre und die Reise zu Jupiter dauerte auch drei Jahre länger. Als man dann die entfaltbare Hauptantenne auf die endgültige Größe bringen wollte, stellte sich heraus das dies nicht ging. Die Ursache konnte nie vollständig geklärt werden, man vermutet aber das bei dem mehrfachen Transport der Sonde mit einem Truck quer durch die USA von Kalifornien zu Florida und zurück durch Erschütterungen Schmiermittel auslief und so eine Strebe durch die erhöhte Reibung nicht weiter aufging.
Ohne die Hauptantenne sank die Datenrate auf ein Tausendstel ab, da man nur eine ominndirektionale Hilfsantenne nutzen konnte. Die Sonde konnte so trotz Hinzunahme der größten Empfangsantennen und ursprünglich nicht vorgesehener Komprimierungsalgorithmen nicht die Ergebnisse bringen, die man sich von ihr erhoffte. Die Mission wurde mehrmals verlängert, als sich Ausfälle durch die Strahlenbelastung häuften und die Finanzierung auslief versenkte man sie im Jupiter, damit sie nicht auf einen der Monde aufschlug, denn Galileo zeigte, das Europa wahrscheinlich einen sehr ausgedehnten unterirdischen Ozean hat.
Dagegen passierte Cassini Jupiter nur, um Schwung zu holen, um zu ihrem endgültigen Ziel Saturn zu kommen und Treibstoff für die Reise zu sparen. Da sie dafür nicht stark beschleunigt werden darf, sonst muss sie die Überschussgeschwindigkeit bei Saturn abbauen, hielt sie einen großen Abstand zu Jupiter von 10 Millionen km. Das reichte aus um Jupiter und seine Atmosphäre zu erkunden, aber nicht um das innere Magnetfeld, den Strahlungsgürtel und die galileischen Monde zu beobachten.
Etwas näher an Jupiter kam New Horizons 2007 beim Vorbeiflug. Auch sie nutzte ihn als Sprungbrett, diesmal zu Pluto. Doch auch New Horizons näherte sich Jupiter auf maximal 3,2 Millionen km und konnte keinen der vier großen Monde detailliert abbilden. Für das Erforschen der Plasmaumgebung, die in dieser Entfernung schon stark ist, fehlten der Raumsonde die Instrumente, da man eine Plasmaumgebung nicht bei Pluto erwartete. Es gelangen jedoch eindrucksvolle Aufnahmen von Jupiter.
Alle diese Raumsonden nutzten RTG als Energiequelle. Das sollte sich mit der nächsten Mission ändern. Solarzellen wurden in den letzten Jahrzehnten deutlich in ihrer Leistung gesteigert, sodass sie als alternative Stromquelle in Betracht kommen. Für Europa, die JUICE bauen, ist dies auch die einzig mögliche Energieversorgung, denn über RTG verfügt die ESA nicht. Die ESA hat aber schon Solarzellen auf der Raumsonde Rosetta eingesetzt, die sich auch bis Jupiterentfernung von der Sonne entfernte. Die erste Sonde, die allerdings nur Solarzellen dauerhaft bei Jupiter als alleinige Stromquelle nutzt, ist Juno. Juno umkreist Jupiter seit 2016 auf einer polaren Umlaufbahn und kommt ihm bis auf wenige Tausend Kilometer nah. Damit umgeht sie den Strahlengürtel, der am Äquator am stärksten ist und unterhalb der Ringe nur schwach ist. Juno konzentriert sich wieder auf Jupiter selbst, während seit Voyager das Hauptaugenmerk von Sonden auf den galileischen Monden lag. Sie erforscht die Atmosphäre, ihre Strahlenbilanz und die Magnetosphäre und die Plasmaumgebung Jupiters. Auf ihrer Umlaufbahn kam sie bis zur erweiterten Mission keinem der Satelliten nahe, das soll sich nun ändern. 2021 fand der erste Vorbeiflug an Ganymed statt. Ein weiterer an Europa und zwei an Io folgen in den nächsten Jahren. Leider verfügt Juno, da sie normalerweise nur Jupiter aus geringer Distanz beobachtet, über keine hochauflösende Kamera, so sind nur Aufnahmen im globalen Maßstab möglich, trotzdem sind dies die besten seit Galileo, also mehr als 20 Jahren.
Ende des Jahrzehnts wird Jupiter nun erneut Besuch von zwei Raumsonden bekommen: JUICE von der ESA und Europa Clipper von der NASA, die im Oktober 2024 startet und 2030 Jupiter erreicht. JUICE wird seit 2014 entwickelt und soll im Mai nächsten Jahres starten. Verpasst sie dieses Startfenster so gibt es weitere bis 2025, dann kann die Reise aber bis zu 9, anstatt 7,6 Jahren dauern. JUICE (JUpiter ICy moons Explorer) wird Jupiter und die großen Eismonde, das sind Europa, Ganymed und Kallisto untersuchen. Sie verfügt über 10 Instrumente, darunter einige die bisher noch nie im Jupitersystem eingesetzt wurden, wie ein Radargerät. Die über 5 t schwere Sonde gelangt wie alle seit Voyager nicht direkt zu Jupiter, sondern führt drei Vorbeiflüge an der Erde und je einen an der Venus und dem Mars durch. Ende 2029 schwenkt sie in eine erste Umlaufbahn ein. Der erste Vorbeiflug mit Ganymed findet schon vor dem Eintritt in den Orbit ein. Die erste Phase dient dann dazu die Umlaufdauer zu reduzieren, die anfangs bei 272 Tagen liegt. In dieser Phase ist daher Jupiter das wichtigste Beobachtungsziel. Zwei weitere Vorbeiflüge an Ganymed reduzieren die Umlaufdauer auf 7,15 Tage, ein vierter Vorbeiflug an Ganymed bringt JUICE auf den Kurs zu Kallisto und damit in die nächste Phase der Mission. Kallisto lenkt JUICE zu Europa. Der Mond wird zweimal in zwei Umläufen passiert, dann hebt ein weiterer Kallistovorbeiflug die Bahn wieder an, da in Europa Umgebung die Strahlenbelastung 20-mal höher ist, als bei Ganymed. Die nächste Phase gilt wieder Jupiter. Bisher kennt man den Strahlengürtel vor allem um den Äquator, weil alle Raumsonden Jupiter auf niedrig geneigten Bahnen passierten, sie sollten ja schließlich noch weitere Ziele ansteuern bzw. bei Galileo sollten die Monde die ebenfalls auf der Äquatorebene Jupiter umkreisen häufig passiert werden. Juno fliegt dagegen bei der polaren Bahn über dem Strahlengürtel. Sechs Vorbeiflüge an Kallisto sollen die Bahnneigung auf 22 Grad erhöhen, optional kann man diese weiter erhöhen sechs weitere würden die Bahnneigung auf 30 Grad erhöhen und weitere fünf die Bahnneigung auf 40 Grad. Derzeit gilt die 22 Grad Grenze als die wahrscheinlichste Option, doch vielleicht entscheidet man, wenn JUICE erst mal bei Jupiter ist und man die genauen Treibstoffreserven kennt, neu. Schließlich bedeutet jeder Vorbeiflug an Kallisto auch weitere Beobachtungsmöglichkeiten. Diese Phase dauert minimal 117 Tage.
In der nächsten Phase wird die Sonde für das Eintreten in einen Ganymedorbit vorbereitet. Je zwei Vorbeiflüge an Ganymed und Kallisto reduzieren die Annäherungsgeschwindigkeit drastisch von 3,8 auf 1,6 km/s. Danach wird nur noch Ganymed passiert, wobei dies immer so erfolgt soll, dass ein neuer Resonanzorbit resultiert, das heißt Ganymed und Raumsonde sind nach n/m Umläufen am selben Ort und ein neuer Vorbeiflug erfolgt. Solche Resonanzorbits sind z.B. 9:5, 7:4, 3:2, 7:5, 4:3. Ein Umlauf dauert zwischen 64 und 40 Tagen. Nach etwa 200 Tagen wurde so die Geschwindigkeit zu Ganymed auf unter 200 m/s reduziert und die Sonde kann in einen ersten Orbit eintreten. Der erste Orbit ist zur Sicherheit elliptisch, er wird nach kurzer Zeit in einen kreisförmigen Orbit in 5.000 km Distanz zur Oberfläche umgewandelt. In diesem wird Ganymed global mit den Instrumenten untersucht, und global kartiert. Störungen durch Jupiter und die Sonne führen nach 80 Tagen zu einem Ansteigen der Exzentrizität. Wenn nach weiteren 20 Tagen das Perizentrum auf 500 km abgesunken ist, wird ein neuer kreisförmiger Orbit in 500 km Distanz angestrebt. Hier untersucht man dann einzelne Ziele der Oberfläche in höherer Auflösung. Diese Phase dauert weitere 180 Tage, sodass die Sonde zusammen 280 Tage Ganymed untersucht.
Damit wäre die Mission nominell beendet. Doch der Orbit kann mit geringem Treibstoffverbrauch aufrecht erhalten werden. Optional könnte m,an nach Ende der Primärmission noch näher an Ganymed heranrücken, 200 km Oberflächendistanz als Alternative werden untersucht. Ohne eine Verlängerung wäre die Mission im Juni 2033, nach drei Jahren und acht Monaten im Jupitersystem beendet.
Frage an den Autor. Was hat denn die gescheiterte Mission Challenger 51L mit dem Verbot des Einsatzes der Centaur Oberstufe zu tun? Die Centaur ist doch für bemannte Missionen gar nicht entwickelt worden.
Aber sie hat Wasserstoff und Sauerstoff an Bord. Der kann explodieren, das können die sonst eingesetzten Feststoffoberstufen nicht.
Als ich lass, was man bei einer Notlandung tun musste, nämlich Treibstoff ablassen, damit das Gesamtgewicht der Nutzlast und Centaur unter 14,5 t fällt und wie man dem nach der Landung weiter verdampfenden Treibstoff begegnen wollte (Auslasse an gegenüberliegenden Seiten) muss ich der NASA recht geben. Ich sehe für den normalen Einsatz keinen Problem, aber für einen Notfall waren die Operationen doch sehr riskant.
Ich vermute, als man im Sommer 1986 das Programm zur Nutzung der Centaur-G-Prime im Shuttle-Programm einstellte, ist es aufgefallen, das der Aufwand zur Nutzung dieser Stufe einfach zu hoch ist. Die Anzahl von Nutzlasten die auf diese Stufe angewiesen waren, war sehr gering. Von den drei Nutzlasten der NASA brauchte eigentlicht nur eine diese Stufe, nämlich Galileo. Wahrscheinlich benötigten die neun Nutzlasten der USAF diese Stufe auch nicht.
Das war das Stichwort „Centaur-G-Prime“
Mit dem Artikel „Space Shuttles Oberstufen“ auf dieser Seite hat sich meine Frage vollumfänglich beantwortet.