Nun soll es einen – nicht von der Regierung, sondern den Abgeordneten entworfene – Gesetzesvorlage geben, die noch im Januar debattiert werden solle und dann im April / Mai in Kraft treten soll. Es geht wie schon seit Monaten um die Impfpflicht. Wie immer in den letzten zwei Jahren, da ändert sich bei der neuen Regierung nicht substanziell viel – wird darüber debattiert, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist.
Ich hatte schon als die ersten Demonstrationen von Coronaleugnern und Impfgegnern im Sommer 2020 aufkamen, die Überlegung das es schwer würde, die berühmt-berüchtigte Herdenimmunität durch Impfen zu erreichen. „Herdenimmunität“ – ein fürchterliches Wort, das wohl aus der Veterinärmedizin kommt, heißt das, wenn ein ausreichender Anteil der Bevölkerung immunisiert ist, auch der Rest geschützt ist, weil ein Virus dann im Schnitt nicht mehr genug nicht immunisierte Personen als Kontakte findet, an die es übergehen kann. Es verschwindet dann aber immer noch nicht, weil es immer noch Fälle gibt, wo es trotzdem noch Kontaktpersonen findet, aber es kann sich nicht mehr explosionsartig unter der ganzen Bevölkerung, sondern nur lokal vermehren. Zudem haben fast alle Viren mit denen wir es zu tun haben, noch ein Reservoir an Wirten aus dem Tierreich. Das einzige bekannte Virus, dass nur den Menschen infiziert, waren die Pocken und die konnte man so durch Impfen ausrotten.
Damals gab es noch keine Virusvarianten und aufgrund des R-Werts der ersten Coronapopulation rechnete man, damit dass wenn man rund 70 Prozent der Bevölkerung geimpft hat, man die Herdenimmunität erreicht.
Seitdem (Frühjahr 2020) hat sich viel verändert. Zum einen kamen die Virusvarianten hinzu. Seit der Delta-Variante ist eines nicht mehr gegeben: die Herdenimmunität. Eine Impfung hat im Idealfall zwei epidemiologische Effekte. Zum einen erkrankt der Geimpfte weniger stark oder im Idealfall gar nicht. Zum anderen ist er nicht infektiös. Bei der Delta-Variante gilt das zweite nicht mehr. Geimpfte können nicht ernstlich erkranken, das Immunsystem kann das Virus also bekämpfen, aber es kann sich trotzdem ausbreiten und der Infizierte kann andere infizieren. Bei der Delta-Variante dient die Impfung daher vorwiegend als Selbstschutz, zumal diese Variante auch deutlich schwerere Krankheitsverläufe als Alpha und Beta oder die Ursprungsvariante verursachte.
Die Omikron-Vriante ist zudem noch ansteckender, wenngleich die Krankheitsverläufe nicht mehr so stark sind. Nach Informationen des RKI benötigt man für die Omikron-Variante eine Impfquote von 95 Prozent für die Herdenimmunität. Das ist nicht erreichbar. Denn zum einen gibt es immer Risikogruppen, die man nicht impfen kann, zum anderen empfiehlt derzeit niemand die Impfung von ganz jungen Kindern unter 5 Jahren und bei den 5 bis 12-jährigen ist die Meinung geteilt. Damit fehlen aber so viele Menschen, dass man nicht auf dieses 95 Prozent Ziel kommen wird.
Höre ich die Aussagen der Politiker, so scheint es mit dem Impfen ja schwer im Argen zu liegen. Schaut man sich aber Dashboard des BMG an, so sieht die Situation anders aus. Es gibt in Deutschland 74,9 Prozent mindestens einmal geimpfte, diese Zahl steigt kaum noch an. Für 95,2 Prozent der Bevölkerung ist der Impfstoff zugelassen, nämlich alle Personen über 5 Jahre. Die Personen, die nicht gegen SARS-2 Covid-19 geimpft werden können sind bei dieser Zahl aber nicht dabei.
Schaut man sich dann aber die Aufschlüsselung nach Altersgruppen an, so sieht man das von den über 18-Jährigen 83,1 Prozent vollständig geimpft sind. Die mindestens einmal geimpften, werden in dieser Altersgruppe gar nicht mehr ausgewiesen, das heißt es ändert sich nichts am Prozentsatz der Ungeimpften in dieser Gruppe. Dagegen sind in der Altersgruppe 12 bis 17 nur 61,6 Prozent mindestens einmal geimpft und 55,9 Prozent zweimal geimpft – dort ist also die Erstimpfung noch voll im Gange und bei den unter 12-Jährigen sind nur 12,4 Prozent geimpft und dies nur einmal, da ist man also gerade erst am Anfang. Die Empfehlungen für die Impfung dieser Altersgruppe sind auch noch recht jung.
Meiner Erfahrung nach sind aber gerade Jugendliche und Kinder wesentlich offenerer für eine Impfung, sie werden ja auch anders als Erwachsene noch öfters gegen andere Krankheiten geimpft und ein gewisser Starrsinn, Neigung zu Verschwörungstheorien und Radikalismus scheint mit zunehmenden Alter zuzunehmen. So glaube ich, wird man in dieser Altersgruppe sicher den gleichen Prozentsatz wie bei den Erwachsenen hinbekommen, aber vielleicht nicht höher, denn über die Impfung entscheiden ja die Erziehungsberechtigten und wer sich nicht impfen lässt, wird wohl kaum seine Kinder impfen lassen. Die Kinder und Jugendlichen müssen wir nach dem derzeitigen Stand nur deswegen impfen, um die Impfquote zu erhöhen also, um die Herdenimmunität zu erhalten, weil nach den bisher vorliegenden Daten bei unter 15-Jährigen das Risiko sowohl einer schweren Coronaerkrankung wie auch Long-Covid im Alter unter 15 gering ist. Danach steigt es erst langsam, dann mit zunehmenden Alter stark an.
Weiterhin entnehme ich dem Dashboard das die Drittimpfung gut vorankommt, die haben inzwischen 45,8 Prozent der Bevölkerung oder 54,2 Prozent der über 18-Jährigen.
Kurz mit dem Impfen bei dem größten Teil der Bevölkerung läuft es gut. Nach meinen bisherigen Erfahrungen mit Verschwörungstheorien, AfD, Pegida und Konsorten halte ich 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung für anfällig für abstruse Ideen und rationalen Überlegungen nicht zugänglich. Mit 83,1 Prozent Impfquote unter den Erwachsenen ist man dann gerade in dem Bereich der rationalen Argumenten zugänglichen Bevölkerung eben 100 minus 15 bis 20 Prozent. Mehr wird es nicht werden. Darauf deuten auch Befragungen hin, die bei Erwachsenen 7 Prozent eine absolute Ablehnung gegenüber dem Impfen ergaben. Diese Personengruppe wird man nie erreichen und so fehlen zwischen 83,1 Prozent derzeit geimpften und 93 Prozent die sich überhaupt impfen lassen sind es weniger als Zehn Prozent. Rechnet man dann noch die Schwangeren und die ab die eine Erkrankung haben, die sollten nach derzeitigem Stand nicht geimpft werden, dann bleibt nicht mehr viele übrig die sich bisher nicht impfen lassen aber auch nicht total dagegen sind oder Risikofaktoren haben-
Was soll nun ein Impfgesetz daran ändern? Schon in den letzten Monaten wurden doch für Nicht-Geimpfte die Daumenschrauben angezogen. Zutritt nur mit 2G, also geimpften oder genesenen (wobei die auch eine Impfung bekommen, also wäre korrekt eigentlich 1G). Das gab es eine Zeitlang und ist in einigen Teilen immer noch so. Dann kam 2G+, also zusätzlich mit Test oder Auffrischimpfung damit die Drittimpfung vorankommt. Zweitweise sollten auch die kostenlosen Tests abgeschafft werden, dann wird es für nicht geimpfte nicht nur umständlicher, sondern auch teurer. Wenn das jemanden nicht bewegt sich impfen zu lassen was dann? Also jeder der vernünftig denkt überlegt sich ob er sich einmal impfen lässt oder jeden Tag testen lässt. Selbst, wenn das kostenlos ist, ist es doch zeitaufwendig.
Das zweite wichtige Gegenargument ist die Kontrolle. Wie bitte soll man eine Impfpflicht kontrollieren? Schon jetzt kommen die Ordnungsämter bei den vorgeschriebenen Kontrollen bei Gastronomie und anderen Betrieben mit Auflagen, nicht mehr nach. Sie haben dafür zu wenig Personal und schränken andere Kontrollen wie die der Verstöße gegen die Straßenverkehrsverordnung (Falschparken etc.) ein. Einfach ginge die Kontrolle des Impfstatus wohl nur, wenn es so was wie einen sofort ersichtlichen Nachweis gäbe, den man nicht erst aus der Tasche zücken oder dem Smartphone aufrufen muss. Also ich werde da sofort an den Judenstern erinnert den Juden im dritten Reich sich auf die Kleidung aufnähen lassen mussten und so was wollen wir doch sicher nicht. Also praktisch ist die Kontrolle des Impfstatus ohne aufwendige persönliche Kontrollen nicht möglich.
Das zweite sind die Folgen, wenn jemand der Impfpflicht nicht nachkommt. Ein Verstoß ist dann eine Ordnungswidrigkeit. Es gibt solche Regelungen überall. Und die meisten von uns begehen Ordnungswidrigkeiten im Alltag, die jedoch meist nicht geahndet werden. Bekannte Beispiele sind Verstöße gegen die Straßenverkehrsverordnung (Falschparken, nicht angeschnallt fahren) oder das Abfallgesetz (Wegwerfen von Müll in die Landschaft). In diesem Falle wäre es ein Verstoß gegen eine Verwaltungsvorschrift. Wie bei anderen Ordnungswidrigkeiten ist die primäre Folge dann ein Bußgeld. Schreckt das Impfgegner ab? Wohl kaum. Denn man muss nur mal durch die Städte gehen und sehen wie viele Leute falsch parken. Auch sie müssen, wenn sie erwischt werden ein Bußgeld „Knöllchen“ zahlen, und da dies ein konstanter Einnahmeposten für die Kommunen ist, kontrollieren die meisten Kommunen auch regelmäßig und viele erwischt es so mehr als einmal. Dabei ist das irklich einfach, anders als den Impfstatus zu ermitteln, denn der Verstoß ist beim Falschparken ja offensichtlich, man muss nicht dazu alle Fahrzeuge kontrollieren, während man wohl 10 Personen kontrollieren muss, um einen ohne Impfung zu erwischen.
Wenn eine Impfpflicht in dieser Form kommt, dann macht sie meiner Ansicht nach nur Sinn, wenn jemand der dagegen verstößt, dann laufend ein Bußgeld zahlen bis er geimpft ist, muss vergleichbar anderen fortlaufenden Verstößen gegen Verwaltungsvorschriften. Eltern, die gegen die Schulpflicht verstoßen, müssen ja auch dauernd ein Bußgeld zahlen nicht nur einmalig. Dann wird es auch richtig teuer, zumal solche Bußgelder die Eigenschaft habe,n mit fortschreitender Dauer anzusteigen. Aber ein einmaliges Bußgeld, das man bei einer Kontrolle berappen muss, schreckt wohl kaum ab.
Die allgemeine Impfpflicht – es gibt ja bereits eine, die für Personen gilt, die im Gesundheitswesen arbeiten – ist übrigens auch kein modernes Produkt eines autoritären Staates wie die Impfrandalierer dies darstellen. Die erste Impfpflicht führte im Jahre 1874 Reichskanzler Otto von Bismarck gegen die Pocken ein. Ja genau dieser Mensch der den Leuten auch die Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung, Unfall- und Krankenversicherung einfach so als Pflicht aufgezwungen hat! Von allen Impfpflichten ist dank der Impfbereitschaft bei anderen Impfungen, wo komischerweise, obwohl die Krankheiten gegen die geimpft wird weitaus weniger gefährlich sind, sich die meisten impfen lassen, nur noch die Impfpflicht gegen Masern bei Kindern und Beschäftigten im Gesundheitsweisen und der Kleinkindbetreuung übrig.
Derzeit steckt ja der Tennisprofi Djokovics in einem Abschiebehotel in Melbourne fest. Der Einwanderungsminister hat sein Visum widerrufen, nun geht es erneut vor Gericht. Ich hoffe nur das er nicht an den Australian Open teilnehmen kann. Ob er sich impfen lässt ist seine persönliche Entscheidung, auch wenn man sich als Tennisprofi sich seines Vorbildcharakters bewusst sein sollte. Was gegen Djokovic spricht ist, das er nach seiner Coronainfektion einige öffentliche Termine wahrgenommen hat, also keinerlei Quarantäne eingehalten hat. Er hat damit wissentlich riskiert andere anzustecken. Sollte so jemand einreisen dürfen? In eine Stadt, die 262 Tage strikten Lockdown (den längsten weltweit) gerade hinter sich hat, in ein Land mit einer restriktiven Anti-Coronapolitik und einem Prozentsatz von 83 Prozent unter der Gesamtbevölkerung, also neun Prozent besser als wir. Ich meine wer sich gegen eine Impfung entscheidet, sollte auch die Folgen tragen. Es muss ja nicht gleich so verlaufen wie beim AFD-Fraktionsvorsitzenden des Landtags in BW Roland Oberst. Der ist nach einer Coronainfektion verstorben.