Tja nun gibt es doch eine kleine Nachlese zu SpaceX. Die haben ja erst im Jahr gut begonnen und im Januar innerhalb weniger Tage drei Raketen gestartet. Zu meinem Geburtstag haben sie 49 Starlink Satelliten gestartet. Davon sind innerhalb einer Woche 40 wieder verglüht.
Starlink Feuerwerk
Hier die Begründung von SpaceX:
„Unfortunately, the satellites deployed on Thursday were significantly impacted by a geomagnetic storm on Friday. These storms cause the atmosphere to warm and atmospheric density at our low deployment altitudes to increase. In fact, onboard GPS suggests the escalation speed and severity of the storm caused atmospheric drag to increase up to 50 percent higher than during previous launches. The Starlink team commanded the satellites into a safe-mode where they would fly edge-on (like a sheet of paper) to minimize drag—to effectively “take cover from the storm”—and continued to work closely with the Space Force’s 18th Space Control Squadron and LeoLabs to provide updates on the satellites based on ground radars.
Preliminary analysis show the increased drag at the low altitudes prevented the satellites from leaving safe-mode to begin orbit raising maneuvers, and up to 40 of the satellites will reenter or already have reentered the Earth’s atmosphere. The deorbiting satellites pose zero collision risk with other satellites and by design demise upon atmospheric reentry—meaning no orbital debris is created and no satellite parts hit the ground. This unique situation demonstrates the great lengths the Starlink team has gone to ensure the system is on the leading edge of on-orbit debris mitigation.“
Also ein geomagnetischer Sturm hat die Atmosphäre erwärmt und zum Ausdehnen gebracht. Das ist nicht ungewöhnlich. Zum einen steuert die Sonne derzeit wieder auf ein Maximum zu. Der Eintrag von geladenen Partikeln durch die Sonne führt zu Kollisionen mit den Ionen der Erdatmosphäre. Es wird Energie eingetragen (die Partikel sind 600 bis 1200 km/s schnell. Teilchen in der Atmosphäre viel langsamer) und die Atmosphäre dehnt sich aus, was natürlich vor allem für erdnahe Satelliten eine Gefahr darstellt.
Was mich verwundert ist die Vorgehensweise. Man hat die Satelliten in einen Safe-Mode kommandiert, obwohl sie erdnah sind und daher die Gefahr eines Absturzes besteht. Daraus kamen sie – so verstehe ich den Absatz – nicht von alleine und per Kommando hat man auch nichts getan und so gingen sie verloren.
Daneben ist der geomagnetische Sturm der just am 2/3. Februar anstand kein großer. Die Skala geht von G1 bis G5. Eingestuft wurde er für den 3. Februar als G1, für den 2. Februar als G2, der Start fand aber erst am 3. statt. (Bei der NOAA kann man zwar die Vorhersagen einsehen, aber leider nicht was daraus wurde). G1 Stürme sind relativ häufig, den letzten gab es am 16/17 Januar also einen alle 14 Tage. Davor sollte man sich schon schützen. Wie bei der Beaufortskala, an die diese Skala angelehnt ist, nimmt die Stärke exponentiell zu, überträgt man dies auf die Beaufort-Skala, um ein Analogon zu haben so wäre G5 ein Orkan, G1 aber nur stürmischer Wind. Es gibt pro Sonnenzyklus (11 Jahre) zwischen 900 und 1.700 G1 Stürme, also einen alle 2 bis 3 Tage und G2 Stürme 360 bis 600 pro Zyklus also einen alle 5 bis 10 Tage. Sich gegen so was nicht zu wappnen ist also grob fahrlässig.
Kurz: ich meine das war vorhersehbar, besonders weil es die NOAA Warnung vor dem Start gab. Wieder einmal macht SpaceX durch „Anomalys“ reden die woanders nicht passieren wie explodierende Oberstufen bei Probecountdowns oder explodierende Starships bei Drucktest. Es gibt sicher mehrere Möglichkeiten diesen Leichtsinn zu erklären. Die für mich plausibelste: Auch zwanzig Jahre nach Firmengründung scheint es dort nicht so etwas wie eine Planung, Durchspielen von Risiken und Richtlinien zu geben. z.B. Richtlinien welche Minimalhöhe beim Start nicht unterschritten werden darf. Alles geschieht nach Versuch und Irrtum und wie kleine Kinder lernt man nur durch Fehlschläge dort etwas.
Es war aber absehbar. Die ersten Starlink Satelliten wurden am 24.5.2019 in einen 434 x 442 km x 53.0 Grad Grad Orbit gebracht. Später wurden die Satelliten wohl immer schwerer, es kamen ja noch die Intersatellit-links hinzu und man musste nicht nur die Zahl der Satelliten reduzieren (anfangs 60, beim letzten Start waren es noch 49), sondern man ging auch dazu über sie in einem immer niedrigeren Orbit auszusetzen. Die letzten hatten ein Perigäum von nur noch 210 km. In dieser Höhe hat ein Satellit mit 0,5 m² Stirnfläche und 250 kg Masse bei der derzeitigen SFU von 127 nach NOAA eine Lebensdauer von unter 10 Tagen. Das war also höchst leichtsinnig.
Starlink Gegenwind
Inzwischen gibt es immer mehr Kritik an dem weiteren Ausbau von Starlink. Noch hat die FCC ja noch über eine Genehmigung entschieden. Aber neben anderen Satellitenbetreibern hat sich nun auch die NASA gemeldet. Sie drückte gegenüber der FCC Besorgnis aus, bemängelte das man nun fünfmal so viele Objekte verfolgen muss und hegte Zweifel an SpaceX „automatischen Kolissionsvermeidungssystem“.
“With the potential for multiple constellations with thousands and tens of thousands of spacecraft, it is not recommended to assume propulsion systems, ground detection systems, and software are 100% reliable, or that manual operations (if any) are 100% error-free,”.
Tja wie toll dieses automatische Kolissionsvermeidungssytem ist, zeigte schon die Fast-Kolission mit ADM Aeolus am 3.9.2019 und nun gab es einen weiteren Vorfall: Die chinesische Raumstation musste dem Starlink 1095 der gerade seinen Orbit für das Verglühen absinkt ausweichen. Der Raumfahrtexperte Jonathan McDowell schreibt dazu:
„SpaceX appears to take the view that other space users should trust them to make avoidance burns and not hit them. That may be sufficient for most satellites, but for spacecraft with astronauts on board, a wider berth and more active cooperation might seem reasonable.“
Also das automatische Kolissionsvermeidungssytem scheint wohl nur zwischen Starlink Satelliten zu funktionieren. Alle anderen müssen ihnen ausweichen. So was nennt SpaceX dann „zero risk„.Wie immer bei SpaceX – die Werbeaussagen und die Wirklichkeit könnten nicht weiter auseinanderliegen. Wie toll automatische Systeme von Musks Firmen sind, findet ihr weiter unten bei Tesla.
Starship Update
Dann gab es wieder ein Starship Update. Na ja zumindest nennt Musk das so. Eine große Show, aber keine Fakten. Immerhin es reicht, um die Fehler in den vorherigen Ankündigungen aufzudecken. War bisher immer Brownsville, als Startplatz angegeben so will man nun die meisten Starts ins Kennedy Space Center (wohlgemerkt nicht Cape Canaveral, also den militärischen Teil mit viel mehr Startrampen) verlagern:
Under such a plan, SpaceX would have teams at two locations building Starships. After rapidly expanding its factory footprint in Texas over the last few years, SpaceX is planning to construct a rocket production facility inside the gates of Kennedy Space Center
Die Frage die man nach den bisherigen Ankündigungen stellen muss: Wozu eine zweite Fabrik? Nach Musks Ankündigungen wird die erste Stufe 1000-mal die zweite 100-mal und die interplanetare Version 12-mal wiederverwendet werden. Also wenn SpaceX mal 100-Starts pro Jahr durchführt und dann mehr Nutzlast transportiert, als heute mit 700 Falcon 9 Starts, dann müssen sie nur ein Starship und alle 10 Jahre eine Super Heavy bauen. Da sollte eine Fabrik doch ausreichen, oder?
Außer das Ganze mit der häufigen Wiederverwendung ist nur gelogen ….
Wie immer hat man dann um Fortschritte vorzutäuschen wieder mal ein Starship-Super Heavy Gespann zusammengebaut. Das man auch schon vor ein paar Monaten getan, hübsche Fotos gemacht und alle warteten auf den baldigen Start. Nun eben als Kulisse für Musks Auftritt. Das ist durchsichtig wie die Ukrainepolitik von Russland. Aber offensichtlich hält Musk die Öffentlichkeit für doof.
Gegenwind gibt es übrigens auch von der FAA, die die Starts absegnen muss. Gegen die Starts von so großen Trägern und vor allem den möglichen Folgen, wenn sie scheitern (man denke an die vier verlorenen Starships bei nur wenig Resttreibstoff und die Explosionen bei Druckbeaufschlagung) gibt es etliche Proteste, sodass die FAA bisher jede Entscheidung vertagt hat. Das man bisher Teststarts ohne FAA Genehmigung durchführte, macht es auch nicht besser.
Starlink Abdeckung und User
Dann hat Musk wieder ungebeten seine Hilfe angeboten. Nachdem Tongas Unterseekabel – der primäre Zugang zum Internet durch den Unterwasservulkan gekappt wurde bot er an über die Starlink Station bei den Fidschis Hilfe zu leisten. Das ist wieder mal ein Lehrstück das der große „Chefingenieur“ wie er bei SpaceX auch tituliert wird, keinen blasen Schimmer über die Leistungsfähigkeit seines Systems hat. Für eine gute Abdeckung ohne große Ausfallzeiten muss eine Bodenstation maximal 400 km vom Standort des Users entfernt sein. Die Fidschi Station ist 750 km von der größten Insel Tongas entfernt. Eine Simulation ergibt nichts gutes:
„Zu 28 Prozent der Zeit wäre Starlink auf Tongatapu gar nicht nutzbar, nur zu sieben Prozent der Zeit wären die Internetverbindung gut. Puchol kommt mit einer eigenen Simulation mit leicht unterschiedlichen Standorten sogar auf 34 Prozent Totalausfall.“
Also in einem drittel der Zeit kein Internet? Das wäre wohl für niemanden zumutbar. Mehr noch: Das Terminal kann man nur mit einer App in Betrieb nehmen und die benötigt Internet, um zu funktionieren. Ein paar Tage später dämmert Musk das er wieder Unsinn gerdet hat:
„@Reuters Could people from Tonga let us know if it is important for SpaceX to send over Starlink terminals?“
Dabei hat Sapce im November gerade mal 145.000 User (von denen auch nur 100.000 Terminals bekommen haben). Nur um mal wieder Musk zu zitieren: Ein Jahr vorher prognostizierte er für den gleichen Zeitpunkt 500.000 Nutzer, na ja nur um den Faktor 3 daneben, das verglichen mit Musks Terminangaben schon fast Ultragenau. Nur wie man das System so finanziert – im Prinzip teilen sich 70 User einen Satelliten der einen einstelligen Millionenbetrag kostet, daran habe ich meine Zweifel.
Der Elonjet
Schlagzeilen machte auch ein Student der aus frei verfügbaren Daten eine Website konstruierte die jeden Flug von Elon Musks Privatjet akribisch protokolliert. Musk hat ihn angemailt, aber das Angebot von 5.000 Dollar das einzustellen, war ihm zu wenig, er will wenigstens einen Tesla Roadster. Die Vorgehensweise spaltet die Netzgemeinde, die eine findet es toll, das man sieht wie viel Musk zurücklegt, die andere wittert das der Student so Musk „erpresst“. Angesichts der häufigen Flüge, des Listenpreises der beiden Jets die er hat (je eine Gulfstream 550 und 650 – wert 42 und 64 Millionen in der Basisausführung) sind die 50.000 Dollar oder ein Roadster Peanuts. Erstaunlich für mich war das er die Jets sogar für kurze Flüge nutzt wie von Browsnville nach Austin, also innerhalb von Texas. Nun ja würde er sich wirklich was aus dem Klima machen, würden er sicher auch Autos bauen, die sich jeder leisten kann und keine Spielzeuge für reiche Hipster. Aber er hat diese Welt ja schon aufgegeben und will auf den Mars auswandern. Aber wie heißt es so schön – bei den Armen kann man kochen lernen und bei den Reichen das Sparen. Wenn Musk schon seine Arbeiter ausbeutet dann kann er nicht jedem dahergekommenen einfach einen Roadster schenken.
Der Student hat übrigens auch noch ähnliche Tracker für andere Flugzeuge von Promis aufgebaut, so für Jeff Bezos oder Bill Gates, nur sind die nicht in die Schlagzeilen gekommen, weil sie nicht darauf reagiert haben. SpaceX hat übrigens noch zwei eigene Flugzeuge.
Der Dauer Beta-Test
Nun zu etwas anderem hat mit SpaceX nichts zu tun aber mit Elon Musk: Tesla. Ist nicht meine primäre Baustelle, aber beim Lesen eines Artikels in der ct’ beschlich mich das Gefühl, das die beiden in Sachen Herangehensweise vieles verbindet.
Es geht um einen Erfahrungsbericht nach zwei Jahren Fahrt mit 20.000 km in einem Tesla S90D mit „Autopilot-Hardware“. Dieser Autopilot lässt sich offensichtlich leicht irritieren. Der Autor (und später auch Leserzuschriften) von plötzlichen Abbremsmanövern die einer Notbremsung gleichen. Offensichtlich sieht das Auto plötzlich ein Hindernis und bremst radikal ab. Das können Leitplanken sein, aber das scheint auch auf der Autobahn zu passieren, wenn die völlig frei ist, aber am Horizont ein Hügel auftaucht. Berüchtigt scheint hier Kassel zu sein. Also eine Notbremsung bei Tempo 130, bei leerer Fahrbahn – welcher einem Tesla folgender Autofahrer rechnet damit. Das Gleiche scheint auch beim Überholen zu passieren. Andere Probleme sind einfach nur lästig wie viel zu heftige Scheibenwischer oder eine Navigation die nicht eindeutig ist.
Dafür gibt es aber Softwareupdates im Monatsrhythmus und man kann den Wagen für 3.800 Euro mit einem Enhanced autopilot und für 7.500 Euro mit einem „Autopilot 3“ aufrüsten. Das klingt nach einer teuren Fehlerbeseitigung. In den Leserzuschriften beklagt einer das er sieben Mal einen Tesla in die Werkstatt gebracht hat, bis man einen Fehler abgestellt hat.
Bei mir hinterlässt das den Eindruck als würde Tesla ähnlich wie SpaceX verfahren – erst mal ein unausgereiftes Produkt herausbringen und dann nachbessern. Im Softwaresektor wird so was „Bananensoftware“ genannt. Zudem habe ich den Eindruck als würden Gimmicks mehr zählen als die Kernfunktionalität eines Autos, das einen ja primär von A nach B bringen soll.
Epilog
Ich bin gespannt was SpaceX dann zu meinem 58.sten Geburtstag veranstaltet. Also ich würde ein explodierendes Starship recht schön finden. Und zum 60-sten könnte Musk dann auf den Mars auswandern. Dann hätten wir sicher dauerhaft Ruhe vor ihm – denn ich vermute auch das Umweltkontrollsystem der Marssiedlung entwickelt man nach der SpaceX Herangehensweise „Versuch und Irrtum“…