Amazon hat nun auch einen Startvertrag für eine Megakonstellation abgeschlossen, wenngleich eine Nummer kleiner, man könnte eher von Kilokonstellation sprechen, denn es sind nur 3236 Satelliten. Das ist also eine Größenordnung kleiner als Starlink und auch die zweite Ausbaustufe von Oneweb. Sie werden mit 83 Starts ins All gebracht und zwar mit:
- Vulcan (38 Starts mit je 45 Satelliten
- Ariane 64 (18 Starts) mit je 35 bis 40 Satelliten
- New Glenn (12 Starts) mit je 61 Satelliten
Im Artikel ist von 83 Starts die Rede, das heißt 15 der Starts sind noch nicht gebucht. Sie sollen aber auf der New Glenn erfolgen, wenn es nicht anders kommt. Die Satelliten scheinen schwerer zu sein als die von Starlink und Oneweb, denn die Raketen haben folgende Maximalnutzlasten:
- Vulcan: 26,7 – 31,4 t
- Ariane 64: 20 t
- New Glenn: 45 t
Das heißt, wenn ich die kleinste Angabe (Nutzlast/Satellitenzahl) nehme, das jeder Satellit knapp 600 kg wiegt und damit deutlich schwerer als die von SpaceX und Oneweb ist. Was mich persönlich gewundert hat, ist dass Blue Origin die wenigsten Starts bekommen hat. Da Jeff Bezos Chef sowohl von Amazon wie Blue Origin ist, hätte ich anderes erwartet. Wahrscheinlich ist der Grund, dass deren Rakete eben in der Entwicklung doch noch hinter den anderen beiden hinterherhinkt, daher auch die Option für weitere 15 Starts. Der große Gewinner ist ULA, nicht nur hier, die haben in den letzten Jahren sehr viele kommerzielle Starts gewonnen, haben jetzt schon 47 Starts ausstehend, und das trotz SpaceX… Der Auftrag ermöglicht die Position zu festigen, so hat ULA wenige Tage nach dem Abschluss mit Aerodyne einen Vertrag über die Lieferung von 116 RL-10 Triebwerken abgeschlossen – die werden bei der Stückzahl natürlich deutlich billiger und das wird für alle Teile der Rakete gelten.
Im Artikel wurde erwähnt, das 16 der 18 Starts von Arianespace mit einer Ariane 64-Version mit einem verlängerten Feststoffbooster durchgeführt werden. Wie immer, hört man in solchen Meldungen zum ersten Mal davon, während man früher solche Entwicklungen von der ESA angekündigt bekam. Über die Änderungen fand ich nur, das der neue Booster um 1 m länger sein soll, was der mit 14 t mehr Treibstoff verbunden ist. Dies soll 2 t mehr Nutzlast für den LEO bringen. Ich habe mir mal die Aufgabe gestellt zu berechnen, welche Auswirkungen das auf andere Orbits und die Ariane 62 und Vega hat.
Leider kennt man vom P120C weniger als von seinem Vorgänger. Ich habe hier mal eine Tabelle aufgeführt mit einigen bekannten und von mir geschätzten Werten:
P120C (Wikipedia) | P120C (Vega, Vega Users Manual) | P80FW | |
Startmasse: | 154,6 t | 155,027 t | 95,316 t |
Trockenmasse: | 11 t | 13,393 t | 7,03 t |
Davon Masse Motorgehäuse | 3,35 t | ||
Länge: | 11,7 / 12,5 m | 13,38 m | 10,50 m |
Davon Länge Motorgehäuse | 8,63 m | ||
Durchmesser: | 3,40 m | 3,01 m |
Schon die Daten sind nicht konsistent. Es gibt zwei Längenangaben und die Länge und Leermasse der Wikipedia galten schon für eine ältere Angabe von Avio, bei der hat der Booster aber nur 134 t und nicht 143 t Treibstoff. Vieles spricht dafür das die 12,5 m schon eine Verlängerung um 0,8 m sind. Dann stimmen die 11,1 t Trockenmasse aber auch nicht, die zudem ohne die aerodynamsiche Verkleidung sind. Bei der Vega-C von der es noch ein User’s Manual mit Detaildaten gibt, sind es höhere Massen und Längen – allerdings mit Stufenadapter, den muss man wieder abziehen.
Ich habe die Trockenmasse für die Ariane 6 (ohne Stufenadapter aber mit aerodynamischer Verkleidung) daher auf 13 t geschätzt, die des Motorgehäuses auf Basis der Daten des P80FW auf 6 t. Eine Verlängerung um 1 m würde dann die Gesamtmasse um 14,2 t erhöhen und die Trockenmasse um 600 kg. Offen ist auch, was sich an weiteren Parametern ändert – es kann sich durch mehr Treibstoff der Schub erhöhen oder die Brenndauer. Verändert man nichts an der Düse, und das ist am wahrscheinlichsten, so produziert eine Verlängerung mehr Gase, sie erhöhen den Brennkammerdruck und damit steigt der Schub, die Brenndauer, bedingt durch die Abbrandgeschwindigkeit und Durchmesser bleibt aber weitestgehend konstant. Das habe ich im Folgenden angenommen.
Was sind die wesentlichen Auswirkungen des größeren Boosters? Man muss unterscheiden zwischen der Vega und Ariane 6. Die Vega als fast reine Feststoffrakete ist weitestgehend linear in ihrem Verhalten. Der neue Booster addiert 7 % Gewicht, das sollte sich in 7 % mehr Masse im Orbit niederschlagen. Da dorthin auch das AVUM gelangt, dessen Masse aber konstant bleibt sind das dann im Referenzorbit rund 100 kg mehr Nutzlast.
Bei Ariane 6 ist es komplizierter. Die Feststoffbooster bringen einen Großteil der Beschleunigung in der ersten Startphase auf, von der lebt die Ariane 6 nach Abtrennung der Booster. Die Auswirkung ist dramatisch, wie man bei dem Abnehmen der Nutzlast zwischen Ariane 62 und 64 sieht. Mehr Treibstoff sollte hier deutlichere Auswirkungen auf die Nutzlast haben obwohl die Startmasse nur wenig ansteigt (etwa um 5 Prozent bei der Ariane 64, 6,7 Prozent bei der Ariane 62) das gilt besonders für die Ariane 62, die ja nur zwei Booster hat.
Da für die Ariane 6 aber genauso wenige Angaben vorliegen wie für den P120C basiert die Simulation auf den von mir auf Basis der Nutzlastangaben und Ariane 5 Daten geschätzten Massen. Daher erst einmal die Angaben zu den Trägern wie ich sie modelliert habe:
Rakete: Ariane 62
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
Nutzlastanteil [Prozent] |
Sattelpunkt [km] |
Perigäum [km] |
Apogäum [km] |
|
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
523.250 | 4.500 | 10.283 | 3.030 | 0,86 | 190,00 | 250,00 | 35790,00 | |
Startschub [kN] |
Geographische Breite [Grad] |
Azimut [Grad] |
Verkleidung [kg] |
Abwurfzeitpunkt [s] |
Startwinkel [Grad] |
Konstant für [s] |
Starthöhe [m] |
Startgeschwindigkeit [m/s] |
6.286 | 6 | 90 | 2.500 | 200 | 90 | 5 | 10 | 0 |
Stufe | Anzahl | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez. Impuls (Vakuum) [m/s] |
Schub (Meereshöhe) [kN] |
Schub Vakuum [kN] |
Brenndauer [s] |
Zündung [s] |
1 | 2 | 154.600 | 13.000 | 2.732 | 2662,6 | 2913,0 | 132,80 | 0,00 |
2 | 1 | 170.350 | 20.350 | 4.248 | 960,9 | 1391,3 | 458,00 | 0,00 |
3 | 1 | 36.700 | 6.700 | 4.560 | 180,0 | 180,0 | 760,00 | 465,00 |
Rakete: Ariane 64
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
Nutzlastanteil [Prozent] |
Sattelpunkt [km] |
Perigäum [km] |
Apogäum [km] |
|
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
839.950 | 12.000 | 10.283 | 2.050 | 1,43 | 190,00 | 250,00 | 35790,00 | |
Startschub [kN] |
Geographische Breite [Grad] |
Azimut [Grad] |
Verkleidung [kg] |
Abwurfzeitpunkt [s] |
Startwinkel [Grad] |
Konstant für [s] |
Starthöhe [m] |
Startgeschwindigkeit [m/s] |
11.215 | 6 | 88 | 2.500 | 190 | 90 | 5 | 10 | 0 |
Stufe | Anzahl | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez. Impuls (Vakuum) [m/s] |
Schub (Meereshöhe) [kN] |
Schub Vakuum [kN] |
Brenndauer [s] |
Zündung [s] |
1 | 4 | 154.600 | 13.000 | 2.732 | 2563,7 | 2912,8 | 132,81 | 0,00 |
2 | 1 | 170.350 | 20.350 | 4.248 | 960,0 | 1390,0 | 458,42 | 0,00 |
3 | 1 | 36.700 | 6.700 | 4.560 | 180,0 | 180,0 | 760,00 | 465,00 |
Rakete: Vega C
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
Nutzlastanteil [Prozent] |
Sattelpunkt [km] |
Perigäum [km] |
Apogäum [km] |
|
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
212.302 | 2.500 | 8.576 | 1.109 | 1,18 | 130,00 | 700,00 | 700,00 | |
Startschub [kN] |
Geographische Breite [Grad] |
Azimut [Grad] |
Verkleidung [kg] |
Abwurfzeitpunkt [s] |
Startwinkel [Grad] |
Konstant für [s] |
Starthöhe [m] |
Startgeschwindigkeit [m/s] |
2.659 | 5 | 0 | 860 | 220 | 90 | 5 | 20 | 0 |
Stufe | Anzahl | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez. Impuls (Vakuum) [m/s] |
Schub (Meereshöhe) [kN] |
Schub Vakuum [kN] |
Brenndauer [s] |
Zündung [s] |
1 | 1 | 155.027 | 13.393 | 2.736 | 2658,7 | 2855,6 | 135,70 | 0,00 |
2 | 1 | 40.477 | 4.236 | 2.872 | 1120,4 | 1120,4 | 92,90 | 142,00 |
3 | 1 | 12.000 | 1.433 | 2.902 | 256,4 | 256,4 | 119,60 | 249,00 |
4 | 1 | 1.438 | 698 | 3.069 | 2,5 | 2,5 | 905,97 | 348,00 |
Die Nutzlast von Ariane 62 entspricht in meiner Simulation sehr genau den 4.500 kg für einen GTO nach dem Arianespace Users Manual. Die Ariane 64 liegt mit 12 t etwas höher (11,5 t nach Users Manual). Bei der Vega C modelliere ich ohne lange Freiflugphasen und beende die Simulation, wenn ich einen stabilen Übergangsorbit (160 x 700 km) erreicht habe und ziehe von der Restmasse die noch benötigte Treibstoffmenge für das Zirkularisieren wieder ab, die Nutzlast liegt hier mit 2,5 t auch etwas höher als im Users Manual (2,25 t). Allerdings kosten die Freiflugphasen der realen Vega C Nutzlast, sie machen bei der Optimierung aber Probleme weshalb ich sei weggelassen habe.
Mit den um 14.200 / 600 kg schwereren Boostern sehen die Raketen so aus:
Rakete: Ariane 62+
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
Nutzlastanteil [Prozent] |
Sattelpunkt [km] |
Perigäum [km] |
Apogäum [km] |
|
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
552.350 | 5.200 | 10.283 | 2.923 | 0,94 | 190,00 | 250,00 | 35790,00 | |
Startschub [kN] |
Geographische Breite [Grad] |
Azimut [Grad] |
Verkleidung [kg] |
Abwurfzeitpunkt [s] |
Startwinkel [Grad] |
Konstant für [s] |
Starthöhe [m] |
Startgeschwindigkeit [m/s] |
6.798 | 6 | 90 | 2.500 | 200 | 90 | 5 | 10 | 0 |
Stufe | Anzahl | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez. Impuls (Vakuum) [m/s] |
Schub (Meereshöhe) [kN] |
Schub Vakuum [kN] |
Brenndauer [s] |
Zündung [s] |
1 | 2 | 168.800 | 13.600 | 2.732 | 2918,4 | 3192,8 | 132,80 | 0,00 |
2 | 1 | 170.350 | 20.350 | 4.248 | 960,9 | 1391,3 | 458,00 | 0,00 |
3 | 1 | 36.700 | 6.700 | 4.560 | 180,0 | 180,0 | 760,00 | 465,00 |
Rakete: Ariane 64+
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
Nutzlastanteil [Prozent] |
Sattelpunkt [km] |
Perigäum [km] |
Apogäum [km] |
|
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
897.950 | 13.200 | 10.283 | 1.974 | 1,47 | 190,00 | 250,00 | 35790,00 | |
Startschub [kN] |
Geographische Breite [Grad] |
Azimut [Grad] |
Verkleidung [kg] |
Abwurfzeitpunkt [s] |
Startwinkel [Grad] |
Konstant für [s] |
Starthöhe [m] |
Startgeschwindigkeit [m/s] |
12.018 | 6 | 88 | 2.500 | 190 | 90 | 5 | 10 | 0 |
Stufe | Anzahl | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez. Impuls (Vakuum) [m/s] |
Schub (Meereshöhe) [kN] |
Schub Vakuum [kN] |
Brenndauer [s] |
Zündung [s] |
1 | 4 | 168.800 | 13.600 | 2.732 | 2764,4 | 3140,8 | 135,00 | 0,00 |
2 | 1 | 170.350 | 20.350 | 4.248 | 960,0 | 1390,0 | 458,42 | 0,00 |
3 | 1 | 36.700 | 6.700 | 4.560 | 180,0 | 180,0 | 760,00 | 465,00 |
Rakete: Vega C+
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
Nutzlastanteil [Prozent] |
Sattelpunkt [km] |
Perigäum [km] |
Apogäum [km] |
|
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
226.702 | 2.700 | 8.576 | 0 | 1,19 | 130,00 | 700,00 | 700,00 | |
Startschub [kN] |
Geographische Breite [Grad] |
Azimut [Grad] |
Verkleidung [kg] |
Abwurfzeitpunkt [s] |
Startwinkel [Grad] |
Konstant für [s] |
Starthöhe [m] |
Startgeschwindigkeit [m/s] |
2.914 | 5 | 0 | 860 | 220 | 90 | 5 | 20 | 0 |
Stufe | Anzahl | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez. Impuls (Vakuum) [m/s] |
Schub (Meereshöhe) [kN] |
Schub Vakuum [kN] |
Brenndauer [s] |
Zündung [s] |
1 | 1 | 169.227 | 13.993 | 2.736 | 2914,0 | 3129,8 | 135,70 | 0,00 |
2 | 1 | 40.477 | 4.236 | 2.872 | 1120,4 | 1120,4 | 92,90 | 142,00 |
3 | 1 | 12.000 | 1.433 | 2.902 | 256,4 | 256,4 | 119,60 | 249,00 |
4 | 1 | 1.438 | 698 | 3.069 | 2,5 | 2,5 | 905,97 | 348,00 |
Der Nutzlastgewinn ist sehr unterschiedlich. Bei Ariane 62+ sind es 700 kg, gemessen an den 4.500 kg Ausgangsbasis ist dies der deutlichste Gewinn von über 15 %. Bei Ariane 64+ sind es 1.200 kg, das ist als Masse erheblich mehr, doch wegen der viel höheren Nutzlast sind es nur 10 % und bei der Vega sind es lediglich 200 kg, was aber ziemlich genau dem prozentualen Zusatzgewicht entspricht.
Anbei noch die Aufstiegskurven die sehr ähnlich sind. Man erkennt auch die ungünstige Aufstiegskurve der Ariane 62, die so viel Nutzlast kostet, aber notwendig ist, soll die Rakete sich nach dem Buckel nicht zu stark wieder der Erde nähern und aufheizen.
Da die Maßnahmen aber eigentlich keine großen Mehrkosten erzeugen, ist dies eine gute Optimierung. Warum hat man es nicht sofort gemacht? Meine Vermutung: Mehr Treibstoff erzeugt mehr Innendruck. Bei den Tests – es gab ja Brennversuche mit den P120C – wurde erkannt das der höhere Brennkammerdruck noch sicher ist, sodass man verlängern konnte. Natürlich nicht beliebig lang, denn die Booster müssen bei Ariane 6 in der Zwischentanksektion angebracht werden. Es bleibt aber wie bei der Phoebus-Oberstufe der Beigeschmack, dass man noch vor dem Jungfernstart Leistungssteigerungen durchführt, anstelle das man gleich die Rakete so auslegt. Phoebus wurde 2019 als Projekt aufgelegt. Ein Demonstrator ist erfolgreich gebaut worden und im Mai 2021 gab es einen Anschlussauftrag für die Fortentwicklung, die ja – zumindest nach den Daten von 2019 – im Jahre 2025 beendet sein soll.