Bernd Leitenbergers Blog

Scholz, die Ukraine, Waffenlieferungen und Erdgasembargo

Ich will weil es mir inzwischen zum Hals rauskommt wieder mal einen Blog zum Krieg in der Ukraine – mit meiner Meinung, ich behaupte nicht ein Experte zu sein, aber eine Meinung darf man ja bei uns noch vertreten, zum „noch“ noch später mehr.

Fangen wir an mit unserem Bundeskanzler Olaf Scholz an. Also besonders spontan war er ja noch nie, inzwischen erscheint er in meiner Wahrnehmung so langsam und unbeweglich, das Prinz Valium von Spaceballs wie jemand auf Ritalin gegen ihn erscheint. Ich vermisse Führungskraft oder überhaupt eine Führung, Aussage oder Entscheidung. Stattdessen wird er innerhalb der Koalition zum Handeln gedrängt, so von Hofreiter und Strack-Zimmermann. Inzwischen wird seine Politik ja von Wolfgang Kubiki verteidigt. Kleine Merkregel: Wenn dich Kubiki lobt und Du in der SPD oder Den grünen bist, dann hast Du etwas falsch gemacht. Es hat auch nicht lange gehalten. Schon einen Tag später, gestern beim FDP-Parteitag hat er die SPD wieder kritisiert. Über etwas Nachdenken ist ja eine Sache. Aber Nichtstun eine andere. Auch wer nichts macht, kann etwas falsch machen. Ich vermisse bei Scholz überhaupt das er etwas tut oder das ich überhaupt weiß wofür er steht. Entsprechend können sich die anderen Koalitionspartner profilieren, vor allem die FDP, die so mein Eindruck inzwischen die Politik der Bundesregierung bestimmt.

Vor allem aber fängt langsam an die Ukraine zu nerven. Das ging los, als man Steinmeier nicht haben wollte. Seine frühere Politik als Außenminister mag Wolodymyr Selenskyj nicht gefallen zu haben. Doch meiner Erinnerung nach war er nie für die Annektion der Krim und hat den Überfall auf die Ukraine 2014 nicht gutgeheißen, er hat vielmehr danach versucht mit Russland im Gespräch zu bleiben. Den Irrtum hat er inzwischen bereut und das man mit Putin reden kann und etwas bewegen kann, haben viele Politiker geglaubt: Bis zur Invasion gab es da dauernd persönliche Gespräche und Telefonate zwischen Vertretern des Westens und Putin. Vor allem ist er aber seit fünf Jahren Bundespräsident und in der Zeit kann ich mich nicht an eine russlandfreundliche Äußerung entsinnen. Wenn man anfängt Gesprächspartner aufgrund ihrer früheren Haltung abzulehnen, dann wird die Zahl der Länder, die dann noch als Partner für Selenskyj in Frage kommen, aber wirklich arg klein. Ich empfinde das als eine Brüskierung Deutschlands, denn rein formell steht der Bundespräsident über dem Kanzler, er ernennt und entlässt den Kanzler, nicht umgekehrt.

Das zweite nervende seitens der Ukraine ist die dauernde Kritik, wir würden zu wenig für die Ukraine tun und die Forderung nach schweren Waffen, sowohl von Wolodymyr Selenskyj, wie auch dem ukrainischen Botschafter. Gerade hat man ein 1 Milliarde Euro Paket mit Militärhilfe verabschiedet. Das steht im intentionalen Vergleich nicht so schlecht da. Was mich vor allem wundert, ist das man unbedingt deutsche Waffen haben will und nicht auf den „Ringtausch“ eingehen will. Vielleicht erscheinen dem Präsidenten ohne militärische Sachkenntnisse die deutschen Waffen besser, zumindest nach Videos des Panzermuseums Münster (übrigens sehr empfehlenswert) scheinen russische Panzer ja technisch den Leopard unterlegen zu sein, die russische Taktik basiert auf massiver Überlegenheit an Material.

Vor allem – und wahrscheinlich deswegen auch deutsche Waffen – braucht die Ukraine schwere Waffen derzeit weniger. Sie braucht sie nicht im Abwehrkampf, aber sie benötigt sie, wenn sie die nun besetzten Territorien zurückerobern will. Das erklärt auch das Festhalten an deutschen Waffen. Denn natürlich kann man nicht einfach so Besatzungen die am T-64, T-72 oder T-80 ausgebildet sind, in einen anderen Panzer setzen. Sie müssen darin ausgebildet sein und das dauert. Keine Ahnung wie lang, aber ich würde Wochen ansetzen, vielleicht auch Monate. Je mehr Ausbildung die Leute haben, desto besser, denn in allen Kriegen, die es bisher gab, hat nicht nur das Material, sondern vor allem auch der Ausbildungsstand entschieden. Klar kann man dann die eigenen Verluste minimieren, wenn man besseres Gerät hat. Daher die Forderung nach besseren Waffen als sie Russland hat.

Auf der anderen Seite weiß man in der Ukraine wohl nicht, das bei uns mehrere Bundesregierungen die Bundeswehr kaputt gespart haben. Wir haben von allem zu wenig und vieles ist nur teilweise einsatzbereit. Für internationale Kampfverbände muss man das Material in den ganzen Republik zusammensuchen. Schnell was abzugeben geht da nicht. Wenn in der Talkshow „Anne Will“ ein General a.D sagt, zu seiner Zeit hätte er 2.500 Panzer in den Beständen gehabt, es wäre damals kein Problem gewesen, davon 1.000 abzugeben und dann Anne Will nachfragt, und wie viele sind es heute und die Antwort dann „386“ ist, dann zeigt das doch die Misere. Wie ich schon mal in einem Blog schrieb: Von den 100 Mrd. sollte auch von dem was wir schon haben so viel nachgekauft werden, dass wir im Verhältnis Waffen zur Soldatenzahl den Stand vor der Wiedervereinigung haben. Die Reserve braucht man für Reparaturen / Aufrüstungen, aber auch wie Kriegsfall für Ausfälle und man kann kurzfristig Waffen abgeben.

Ansonsten halte ich den Ringtausch für sinnvoll, da viele östliche Nato-Partner genau die Waffen aus Sowjetbeständen haben die ukrainische Soldaten kennen. Rheinmetall sagte ja, man habe 50 Leopard 1, die man sofort abgeben könne – warum tauscht man die nicht gleich gegen T-72 aus Polen und Slowenien? Von mir aus liefert sie gleich an die Ukraine, dann hört wenigstens das fauernde Jammern und Beklagen dort auf.

Bleibt noch das Erdgasembargo. Das wird ja nicht nur von der Ukraine, sondern auch den europäischen Partnern gefordert. Nun fordern kann man viel. Aber ich glaube kein anderes EU-Land, hat eine 55 Prozent-Abhängigkeit von russischem Erdgas – übrigens wurde Nordstream 2 nicht von Schröder beschlossen von Merkel – schuld daran sind an der Abhängigkeit die aber über Jahrzehnte gewachsen ist viele Regierungen und Partien. Natürlich wirkt das Embargo am meisten, einfach, weil dies eine Haupteinnahmequelle von Russland ist, dessen Exporte von Brennstoffen vor dem Krieg 64 Prozent der Exporterlöse ausmachten. Aber: den Krieg in der Ukraine beeinflusst ein Erdgas-Embargo direkt nicht. Für den Krieg braucht man Waffen und die Waffen, die jetzt eingesetzt werden hat Russland seit vielen Jahren und Jahrzehnten. Wenn Russland neue Waffen produzieren müssen, um die Verluste zu ersetzen, dann dauert das Jahre und sie können jetzt Waffen aus anderen Verbänden in die Ukraine versetzen. Aber ein Embargo schädigt weiter die Wirtschaft Russlands und es treibt die Inflation an. Das Embargo wirkt langfristig und sorgt vielleicht dafür, dass Putin doch noch gestürzt wird. Wahrscheinlich nicht vom Volk aber vielleicht vom Militär. (Ob dann aber was besseres nachkommt wage ich zu bezweifeln). Den Krieg in der Ukraine beeinflusst es aber nicht, außer dieser würde wirklich lange dauern.

Trotzdem sollte mal auch hier in die Puschen kommen. Das heißt mal beschleunigtes Verfahren für die Flüssiggasterminals. Wenn man eine Gigafactory in Brandenburg (nein Elon, nicht Berlin) in zwei Jahren in einem Wasserschutzgebiet bauen kann, dann sollte man etwa,s was zumindest in anderen Häfen eine Standardausrüstung ist, erheblich schneller bauen als bisher. Wir reden hier von einer Hafenanlage, keiner Fabrik die einen Hektar Fläche in einem Gebiet mit Wasserknappheit und schwer tragfähigen Böden entsteht und wenn man gleich dabei ist – Flüssiggas kann man auch besser speichern, als Erdgas im gasförmigen Zustand sollte man dort gleich Speicher für den Winter erreichten. Jetzt, bis diese Terminals und andere Quellen (Pipelines) umgesetzt sind, sollte man aber beginnen alle Speicher für den Winter bis zum Rand zu füllen,m und sobald wir uns es leisten können, weil wir genügend Vorräte haben, dann sollte auch das Embargo kommen.

Wir bauschen ja nicht nur für Flüssiggasterminals, sondern auch für den Ersatz von fossiler Energie – Erdgas das man gar nicht erst benötigt erzeugt keine Abhängigkeit – schnellere Genehmigungsverfahren und nicht nur dort, eigentlich überall. Die Zahl der Vorschriften beim Bau hat enorm zugenommen, nicht nur dort. Seit Jahrzehnten wird immer mehr geregelt, immer mehr Vorschriften gibt es – darüber beklagt sich auch die Wirtschaft und im Steuerrecht wird es auch immer schlimmer. Ich muss als Eigenständiger seit einigen Jahren ein weiteres Formular „Anlage EÜR“ ausfüllen, in dem es zig Posten gibt die alle auf Vertriebe zutreffen, aber nicht Privatpersonen. Völlig überflüssig, ändert an meiner Steuerlast nicht einen Cent und bringt auch nicht dem Finanzamt neue Einblicke, weil ich eben das meiste alles unter „Sonstige Betriebsausgaben“ verbuche – weil es nirgendwo sonst reinpasst. Die Koalition hat sich ja auf die Fahnen geschrieben, Vorschriften für Windenergieanlagen zu vereinfachen, um deren Ausbau zu forcieren. Gute Idee, fang damit an, macht aber nicht hier halt, sondern dehnt das mal gleich auf alle Vorschriften aus welche die Wirtschaft und die Bürger betreffen.

[Edit 26.4.2022]

Heute gab es zwei Änderungen. Zum ersten Mal genehmigt man schwere Waffen – den Flugabwehrpanzer Gepard. Auf der einen Seite endlich eine Bewegung. Ich konnte das Rumgeeiere langsam nicht mehr aushalten. Dauernd das Geschwätz, man werde sich mit den Verbündeten absprechen. Schön, aber nicht über zwei Monate und dann sollte auch was rauskommen. Die USA tun das ja auch nicht und liefern das was die Ukraine wünscht. Bekannt wurde auch das die Ukraine schon wenige Tage nach dem Einmarsch bei Rheinmetall nach Leopard-1 und Mardern fragte und Rheinmetall die auch liefern könnte – nur fehlt dazu eben die Ausfuhrgenehmigung der Bundesregierung. Zwei Monate Zeitverlust, die man sich hätte ersparen können. Ich gehe auch konform mit Kommentaren, das ich den Nutzen dieser Panzer für die Ukraine als zweifelhaft ansehe. Zum einen sind es alles veraltete Fahrzeuge, die ausgemustert wurden. Das spielt aber eine untergeordnete Rolle. Auch wenn es seitdem Kampfwertsteigerungen gab, scheint es zumindest bei Russland in den letzten Jahrzehnten (Ausnahme der aktuelle T-14 nur wenige Verbesserungen gegeben zu haben. Nach dem Panzermuseum sind der T-64, T-72, T-80 und T-90 (eigentlich ein umbenannter T-72, nachdem diese reihenweise im ersten Golfkrieg durch Abrahams ausgeschaltet wurden) im Kampfwert in etwa gleich zu sein. Wichtiger ist das es Ausrüstung ist, welche die ukrainische Armee nicht kennt und in die sie eingearbeitet werden muss, was meiner Ansicht nach nicht in Wochen geht. Zumindest wenn man damit auch in den Kampf gegen Truppen zieht, die ihre Panzer aus dem F-F kennen. Den Nutzen des Gepards seh ich als relativ gering an. Er ist als Kanonenpanzer nur gegen tief fliegende Ziele einsetzbar. Dafür gibt es aber auch tragbare Flugabwehrraketen.

Was mich vor allem nervt und auch die dauernde Kritik seitens der Ukraine hervorruft, ist die Haltung der Bundesregierung, dass man meint, man wüsste, was die Ukraine will. Das steckt ja auch hinter dem Ringtausch. Ich halte ihn für sinnvoll, eben weil ukrainische Soldaten russische Ausrüstung kennen, aber wenn die Regierung Leopard-Panzer haben will, dann soll man nicht schlauer sein als die Regierung der Ukraine, sondern liefern. Die USA liefern auch 200 M113, der neu für die ukrainische Armee ist und Niederland Panzerhaubitzen 2000.

Seitens Russland glaube ich, ist inzwischen die Kacke am Dampfen. Die Regierung macht denselben Fehler wie andere autoritären Regime. Ich werde direkt an die Meldungen des NS-Regimes in der Endphase des Zweiten Weltkriegs erinnert. Je schlechter die Situation ist, desto optimistischer werden die Aussagen zur Lage und desto größer werden die Drohungen. Nun droht Lawrow mit einem dritten Weltkrieg. Hat der Mann sie noch alle? Anscheinend befürchtet er das die Waffenlieferungen des Westens eine Trendwende bringen, und man dann auch die schon gewonnenen Gebiete wieder aufgeben muss. Wenn er verklausuliert von einer „Gefahr“ spricht, dann sollte doch klar sein, das Russland sie abwenden kann. Sie müssen nur nicht einen NATO-Staat angreifen. Wenn sie das tun, dann ist klar, dass sie verlieren. Sie schaffen es ja nicht mal die kleine Ukraine mit einem Rüstungsetat, der ein Zehntel ihres Etats beträgt zu besiegen, wie soll das dann bei der ganzen NATO gehen? Wenn sie Atomwaffen einsetzen, dann wäre es mit Sicherheit ein atomarer dritter Weltkrieg, aber warum sollte man ihn beginnen, wenn man dabei nichts gewinnen kann, aber das ganze Land in Schutt und Asche legt?

Ich halte für naheliegender, den russischen Einsatz taktischer Nuklearwaffen, also Atomwaffen mit „kleinerer“ Sprengkraft, wie auch die Bundeswehr befürchtet. Da diese in der Ukraine eingesetzt werden läge kein Bündnisfall vor und das dabei viele Zivilisten sterben dürfte Russland angesichts dessen, was schon jetzt bekannt ist, egal sein.

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