Bernd Leitenbergers Blog

Die Zahl für heute: -28.5.585 (584)

Wi ihr an der komischen Schreibweise seht ist die heutige Zahl eine besondere, es ist eigentlich keine Zahl sondern ein Datum, der 28. Mai 585 vor Christus. Doch da jeder Kalender auch nur eine Zählung ab einem bestimmten Datum – bei uns der (eigentlich unbekannte) Geburtstermin von Jesus Christus ist und man anstatt in Tagen, Monaten und Tagen zu rechnen, auch einfach die Tage ab diesem Datum zählen kann ist es letztendlich doch nur eine Zahl.

Die Zahl für heute ist das (zumindest mir bekannte) älteste Datum das auf den Tag genau bekannt ist. Doch zuerst mal eine kleine Einführung. Die Datierung von Ereignissen geschieht in der Regel durch Chroniken, also Geschichtsschreibung. Naturgemäß ist dies fehlerbehaftet. Je weiter man in die Vergangenheit schaut desto ungenauer wird es. Dafür gibt es eine reihe von Ursachen. Es gibt immer weniger Personen die die Ereignisse dokumentieren, weil natürlich jeder die Dinge erneut anführen kann die schon geschehen sind. Die Gefahr das man in der Chronologie Lücken hat, die einfach nie aufgezeichnet wurden (oft auch durch Absicht) steigt je weiter man in die Vergangenheit geht an und natürlich halten es verschiedene Völker unterschiedlich mit ihren Überlieferungen. So haben wir von den alten Kulturen, die schon vor dem ersten Jahrtausend vor Christus existieren, vor allem von den Ägyptern eine gute Überlieferung, da diese in der Königsliste jeden Pharao aufführten, schließlich galt er als Gott. Aber selbst in dieser Königsliste gibt es aber Lücken. Zum einen wurden bestimmte Pharaonen weggelassen, weil man so sie sogar noch im Tod bestrafen wollte (wer nicht erwähnt wird, hat auch kein ewiges Leben) und zum anderen gab es Perioden ohne geordnete Verwaltung so an den beiden Brüchen zum mittleren Reich (Bürgerkrieg) und neuen Reich (Besetzung Ägyptens durch die Hyksos in beiden Fällen gab es keinen Pharao). Die Genauigkeit der Datierung von Überlieferungen sinkt so von wenigen Jahren in der 18 Dynastie (Blütezeit des neuen Reiches mit der größten Ausdehnung Ägyptens) zu Jahrzehnten im Alten Reich. Andere Völker haben überhaupt keine Geschichtsschreibung. So benutzten die Sumerer die Keilschrift, die sie erfanden, dazu Kaufverträge und Warenlisten zu fixieren, aber nicht für Geschichtsschreibung. Auch bei vielen amerikanischen Kulturen scheint die Geschichtsschreibung eine untergeordnete Rolle gespielt zu haben und auch unsere Vorfahren die Germanen benutzten die Runen nur für religiöse Zwecke.

Doch selbst Überlieferungen beziehen sich oft auf Herrscher. Man weiß dann zwar wann dieser regierte, aber nicht wann genau in seiner Regierungszeit was passierte. Wir wissen wie lange Cheops regierte, aber nicht wie lange die Pyramide die er erbauen lies für die Fertigstellung brauchte obwohl die bis heute beeindruckend ist und sicher einer Überlieferung wert.

Ich habe mich gefragt, „Was ist das erste Datum das man mit einem historischen Ereignis verbinden kann und das bis auf den Tag genau bekannt ist?“. Beim Nachdenken fiel mir auf, das aus dem Kopf ich nur wenige Ereignisse Tagesgenau beziffern kann wenn sie vor 1900 lagen. So den Sturm auf die Bastille, die Erklärung der Unabhängigkeit der USA und der Anschlag der 95 Thesen durch Luther oder die Entdeckung Amerikas durch Kolumbus.

Schließlich kam ich auf den 15. März 44 v. Chr. An dem Tag wurde Julius Cäsar im Kapital ermordet und das hatte ihm eine Wahrsagerin vorhergesagt, Cäsar solle sich vor den Iden des März in acht nehmen – das ist der 15. März. Na ja ob das stimmt ist nicht so sicher, aber so kam das Datum wenigstens in die Analen.

Nun bin ich aber auch astronomisch bewandert und da kannte ich die Geschichte von einer Schlacht in Kleinasien die durch eine Sonnenfinsternis beendet wurde. So wurde es zumindest von Herodot überliefert. Da haben wir schon das Problem. Herodot war nicht da und hat viel später darüber geschrieben – Herodot lebte rund 150 Jahre später – und wie um die Ungenauigkeit zu bestätigen ist in der Wikipedia sein Geburts- und Todesdatum auch nur auf zehn Jahre genau bekannt. Aber Herodot war nicht vor Ort und er war Grieche, nicht ein Teil der Kriegspartien. Er berichtete also von „Hören-Sagen“.

Die Schlacht am Halys fand zwischen den Medern und Lydern statt. Zwei Königreichen in Kleinasien. Die Lyder herrschten damals über die Westtürkei, die Meder hatten ihre Heimat in Persien, bei den Griechen wurden sie „Perser“ genannt. (Wir erinnern uns: Perserkriege um 490, 480 vor Christus, Alexanders Eroberung des Perserreiches um 333-331 vor Christus). Die Meder dehnten, nachdem sie zusammen mit den Babyloniern das assyrische Reich zwischen 614 und 609 v. Chr. niederrangen ihr Reich nach Westen aus. Gleiches taten die Lydier, die einige griechische Städte an der Mittelmeerküste unterwarfen und dann nach Osten expandierten. Am Halys, dem Grenzfluss prallten die beiden Heere aufeinander. Nach den Überlieferungen von Herodot soll eine Sonnenfinsternis die Schlacht beendet haben und die Völker zum Friedensabschluss gebracht haben. Das war es aber auch schon mit der Kenntnis über diese Schlacht. Auch das Daum war nicht bekannt. In antiken Überlieferungen wurde angeblich die Sonnenfinsternis vorhergesagt. Ich halte das für die damalige Astronomiekenntnis für kaum möglich. Das genaue Datum der Schlacht wurde erst im 20 Jahrhundert berechnet.

So genau das Datum ist durch das astronomische Ereignis, so wenig ist über die Schlacht überhaupt bekannt. Also wo fand sie statt? Wie groß waren die Heere? Wer kämpfte gegen wen? Historiker die sich mit dem Thema befasst haben kommen zu einem ernüchternden Schluss: Erwiesen scheint nur, dass im ersten Viertel des 6. Jahrhunderts v. Chr. eine Schlacht zwischen Lydern und Medern stattfand. Weder das genaue Jahr noch der Ort der Schlacht seien sicher und nicht einmal die zur Schlacht amtierenden Könige der beiden Parteien könnten mit Sicherheit ermittelt werden. Der Ort ist deswegen schwer einzugrenzen weil es eine partielle Sonnenfinsternis war. Wäre es eine totale Sonnenfinsternis, so gäbe es eine vollständige Verdunklung der Sonne über kurze Zeit in einem dünnen, etwa 200 km breiten Streifen. Das ist wirklich ein eindrucksvolles Ereignis. eine partielle Sonnenfinsternis ist praktisch über eine Erdheimsphäre sichtbar. Das spricht auch gegen die Überlieferung von Herodot, dass der Tag zur Nacht wurde, da dies nur bei einer totalen Sonnenfinsternis der Fall ist. Schon 1 % Nichtbedeckung der Sonne reichen aus, dass es immerhin noch über 1000 Lux hell ist, in etwa so viel wie im Winter bei einem bewölkten Tag.

Mit einem NASA-Tool habe ich die Eklipsen für den Ort von Ptera, die Medische Provinzhauptstadt rechts des Halyses berechnet. Wie man in der Tabelle sieht, gibt es im Jahre 585 vor Christus gar keine Eklipse – keine Angst, das Tool rechnet korrekt, nur rechnet es mathematisch korrekt. Da es in der Geschichtsschreibung kein Jahr Null gibt (auf -1 vor Christus folgt gleich +1 nach Christus) ist es die im Jahre 584 vor Christus. Schaut man auf die genauen Daten der Finsternisse um diesen Zeitpunkt herum an, so finde ich passt diese Sonnenfinsternis nicht gut. Die Finsternis beginnt um 18:00 lokaler Zeit, da ist die Sonne nur noch 19 Grad über dem Horizont und als sie endet – um 19.44 ist sie schon untergegangen. Immerhin ist es fast eine totale Finsternis, die Sonne wird zu 96 % bedeckt. Aber angesichts dessen, das die Finsternis kurz vor Sonnenuntergang stattfindet wird es wohl nicht so eindrucksvoll gewesen sein und leicht mit der normalen Dämmerung verwechselbar sein.

Eine Schlacht, die um 18:00 stattfindet und dann beendet wird, erscheint mir aber unwahrscheinlich. Ich hätte angenommen, das die Heere nicht spontan aufeinander treffen, sondern zuerst eine Schlachtordnung aufbauen und eine Schlacht daher am morgen beginnt. So war das zumindest bei den antiken Schlachten die ich kenne. Dann würden die Finsternisse im Jahr zuvor und den folgenden Jahren die morgens oder mittags beginnen eher passen. Aber die sind weitaus weniger total.

Calendar Date Eclipse Type Partial Eclipse Begins Sun Alt Maximum Eclipse Sun Alt Sun Azi Partial Eclipse Ends Sun Alt Eclipse Mag. Eclipse Obs. A or T Eclipse Duration
-587-Jul-29

P

19:10:01

08

19:56(s)

0(s)

298

19:56(s)

0(s)

0.748(s) 0.664(s)

-586-Dec-14

P

10:49:21

22

12:22:23

27

176

14:00:13

24

0.636 0.537

-584-May-28

P

18:00:39

19

18:56:46

08

290

19:44(s)

0(s)

0.96 0.962

-583-May-18

P

07:49:33

26

08:30:42

34

095

09:14:15

42

0.256 0.151

-581-Sep-21

P

08:29:00

24

09:32:28

35

119

10:40:14

45

0.66 0.582

-580-Mar-16

P

08:02:57

11

09:14:19

24

118

10:32:55

36

0.587 0.483

-578-Jul-20

P

14:08:10

65

15:32:15

50

257

16:46:10

36

0.58 0.474

Immerhin: Wenn die Schlacht noch vor Sonnenuntergang tobte, dann könnte auch dies alleine ausreichen, das man sie abgebrochen hat. Zu kämpfen, wenn man den Gegner nicht mehr sehen kann ist eine schlechte Idee. In der Antike hat das Wetter und die Jahreszeiten viel mehr Feldzüge beeinflusst. Die fanden zumindest bei den offensiv eingestellten Römern immer im Frühling bis Frühherbst statt, nie im Winter.

Damit ihr mit den Angaben des NASA Eclipse Explorers mehr anfangen könnt – vielleicht erinnern sich die älteren Leser noch an die totale Sonnenfinsternis von 1999, die in Süddeutschland beobachtbar war. Hier deren Daten nach dem Tool für den Standort Stuttgart:

Calendar Date Eclipse Type Partial Eclipse Begins Sun Alt A or T Eclipse Begins Maximum Eclipse Sun Alt Sun Azi A or T Eclipse Ends Partial Eclipse Ends Sun Alt Eclipse Mag. Eclipse Obs. A or T Eclipse Duration
1999-Aug-11

T

10:13:10

47

11:32:56 11:34:05

55

157

11:35:13 12:56:55

56

1.028 1.000

2m1

Diese war wirklich total wie man an den Spalten „A or T …“ und der Dauer sieht.

Wenn man wirklich präzise Daten haben will dann braucht man zuverlässige Quellen. Und gibt es ein besseres Buch als die Bibel? Im Jahre 1650 berechnete der anglikanische Erzbischof James Ussher auf Basis der Bibel sogar den Schöpfungszeitpunkt. Also den Zeitpunkt bei dem die Erde entstand. Und zwar genau nicht auf einige Millionen Jahre genau. Ussher kam auf den 23.10.4004 vor Christus und wusste sogar noch die Uhrzeit:

„This work took place and man was created by the Trinity on October 23, 4004 B.C., at nine o’clock in the morning.“

Nach Ussher fand die Sintflut 2349 v. Chr. statt – erklärt warum wir nur so wenig von den Kulturen vorher kennen und die Sphinx die älter ist diese wellenförmigen Riffel hat, obwohl sie doch in der Wüste steht und nicht im Wasser…

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