Nicht so Tasty
Letzte Woche gab es von der Aldi Marke „Mucci“ die energiereduzierten Eisvariationen der Marke „Less & Tasty“ im Angebot. Regulär kostet ein Becher von 500 ml 2,89 Euro und damit erheblich mehr als das normale Eis der Eigenmarke „Mucci“.
Ich habe mir mal zwei Becher gekauft und zwar „Walnuss Vanille“ und „Cookie dought“. Bei beiden steht dick und fett drauf, wie viele Kalorien ein Becher hat (418 und 462, bei anderen Sorten geht das herunter bis 313). Das stört mich schon. Wir haben seit 1978, das sind ja jetzt gerade mal 44 Jahre her, als Einheit das Joule und nicht die Kalorie für Energieeinheiten. Wenn die Industrie es nicht hinbekommt die gesetzliche Einheit hervorzuheben und dann die Kalorien klein schreiben anstatt umgekehrt, wie soll sie dann erst richtige Herausforderungen, wie Klimaneutralität bewältigen?
Damit der Hersteller ein Produkt als „Energiereduziert“ bewerben darf, wie er dies hier tut, muss es nach EU Recht 30 Prozent weniger Energie als ein herkömmliches Produkt aufweisen. Das ist hier gegeben, wenn man das Eis mal mit zwei Marken vergleicht:
Mucci Less & Tasty Walnuss-Vanille | Langnese Cremissimo „Walnuss Glück“ | Schöller Mövenpick „Maple Walnuss“ | |
---|---|---|---|
Energie: | 649 | 923 | 1.108 |
Fett: | 5,7 | 9,4 | 15 |
Davon gesättigte Fettsäuren: | 2,7 | 5,4 | 9 |
Kohlenhydrate: | 15 | 31 | 28 |
Davon Zucker: | 15 | 25 | 25 |
Eiweiß: | 4,2 | 2,7 | 3,9 |
Salz: | 0,13 | 0,1 | 0,1 |
Gewicht pro 1000 ml | 600 g | 589 g | 528 g |
Doch dann hört es schon auf mit dem Lob. Die Masse selbst schmeckt ziemlich indifferent, und zwar bei beiden Sorten. Bei Cookie dought hat man noch ein sandiges Gefühl auf der Zunge wie wenn man nicht aufgelöste Speisestärke in Wasser zu sich nimmt. Dafür schmecken einige der Walnüsse bitter, wahrscheinlich von den Häuten, die noch dran sind. Auf so etwas wie geröstete Walnüsse oder Ahornsirup muss man wegen der Energiereduktion verzichten. Das Anrösten erhöht den Fettanteil, der minimal ist und wahrscheinlich zum im energiereduzierten Eis größten Teil dem Fett entspricht, das in den Nüssen ist, der Ahornsirup erhöht den Zuckeranteil. Man sieht den Unterschied auch zwischen Schöller und Langnese: bei Schöller sind es angerostete Walnüsse, die haben gleich 50 % mehr Fett. Es bleiben ohne Anrösten und ohne Sirup eben Wahlnussstücke in einer Vanillemasse. Die Masse selbst ist bei beiden Sorten sehr fest, wenn es aus der Tiefkühltruhe kommt – meine Gefriertruhe hat keine besonders niedrigen Temperaturen, weil ich eine Kühl-Gefrierkombination habe und da regelt die beim mir hohe Kühlschranktemperatur die Temperatur der Gefriertruhe mit. Anderes Eis von Aldi, das ich kaufe, kommt normalerweise fast schon zu cremig aus der Truhe.
Alle diese Effekte sind darauf zurückzuführen, das zugesetztes Fett und Zucker eben nicht beliebig ersetzt werden können. Beide senken den Gefrierpunkt ab, wodurch Eis eben auch bei starken Minustemperaturen cremig sind. Fehlen sie, so kann man mit Dickungsmitteln gelieren, aber das Eis bleibt hart bis es 10 Minuten aufgetaut ist. Dem wäre anzuraten, denn frisch bekommt man es zum einen nicht gelöffelt, zum anderen schmeckte es dann noch schlechter.
Viel machen können die Hersteller nicht. Zucker ist noch relativ einfach durch Süßungsmittel zu ersetzen. Will man auch die licht eindickende und gefrierpunktsenkende Wirkung haben, so müsste man zu relativ teuren Zuckeralkoholen greifen, das wurde hier nicht getan. Stattdessen wurde Inulin zugesetzt. Inulin ist ein Kohlenhydrat aus miteinander verbundenen Fructosemolekülen. Diese Bindung ist von körpereigenen Enzymen nicht spaltbar. Daher gilt es als Ballaststoff und hat (zumidnest für die Deklaration) keine Energie. Inulin wird auch in Joghurt als Fettersatz genutzt um das Mundgefühl zu verbessern – fetthaltige Speisen fühlen sich auf der Zunge eben anders an als Speisen ohne Fett oder weniger Fett. Wer mal Creme Fraiche mit Saurer Sahne (30 zu 10 Prozent Fett) vergleicht, merkt das sofort.
Was mir auch auffiel: normalerweise ist Eis im Becher Eis mit weniger Aufschlag. Dieser Fachbegriff aus der Lebensmittelindustrie bezeichnet den Luftanteil im Produkt. Handwerkliches Eis hat einen Aufschlag von 20 Prozent, sprich aus 100 ml flüssiger Eisrohmasse werden 120 ml Eiscreme. Eis im Supermarkt hat einen Aufschlag von bis zu 100 Prozent, da werden aus 100 g Rohmasse 200 g Eiscreme. Hier sind es 66 Prozent, genauso viel wie bei Langnese. Mövenpick hat fast 90 Prozent Aufschlag. Da Eis nach Volumen und nicht Gewicht verkauft wird, muss es einen nicht wundern, wenn der Aufschlag hier so hoch ist. Bei Eis im Becher, das meist teurer verkauft wird ist aber in der Regel der Aufschlag kleiner. Hier nicht.
In der Summe bezahlt man für 500 ml Eis etwa 50 Prozent mehr als für 900 ml derselben Marke bei konventionellem Eis, es ist also mehr als doppelt so teuer, bezogen auf das Gewicht. Es ist sicher 30 Prozent „less“ Energie“, aber nicht tasty. Da esse ich lieber vom normalen Eis etwas weniger.
Immerhin in einem sind die Angaben realitätsnah: bei allen Eismarken, die ich kenne, entspricht eine Portion 100 ml. Also ich bilde mir ein nicht Riesenportionen Eis zu essen, aber für mich reicht eine 900 bis 1000 ml Packung für sechs bis sieben Portionen also so 140 bis 150 ml, nicht 100. Hier entspricht nach der Verpackung ein Becker drei Portionen also 166 ml pro Portion. Das ist realitätsnah, und nebenbei bemerkt, wenn ich von meinen 140 ml pro Portion ausgehe, senkt das den „Energiegewinn“ von 30 auf 19 Prozent ab. Es trägt aber auch dem Rechnung, dass man nach allgemeiner Erfahrung von energiereduzierten Lebensmitteln mehr isst, sei es, weil man meint sie enthalten weniger Energie, es ist aber auch so, dass der Körper einem Signale sendet, wann es genug ist und wenn die ausbleiben, isst man automatisch mehr.
Das Eis wird ohne Hinweis auf die mögliche abführende Wirkung von Polydextrose, Erythrit, Maltit & Inulin vertrieben. Erzeugte bei mir schwere nächtliche Durchfälle und schmeckte obendrein durch die „künstlichen“ Zucker widerlich süß.