Bernd Leitenbergers Blog

Raumfahrt und Profifußball

Na, bei dem Titel ins Grübeln gekommen? Was haben Raumfahrt und Profifußball gemeinsam? Nun am Ende des Artikels kommt die Auflistung.

Ich kam auf den Artikel, weil ich mir einige Dokus über Voyager angesehen habe, dabei war eine um die es sich vor allem um Bruce Murray drehte. Okay, die meisten von euch werden mit dem Namen nichts anfangen können, wenn „Bruce Murray“ bei Google oder ähnlichen Suchmaschinen eintippt, dann ist der erste Treffer aus ein gleichnamiger Fußballspieler. (Nein, das ist nicht die Parallelität). Bruce Murray war an zahlreichen Raumsonderplänen in führender Position beteiligt, ich kannte ihn von Bücher über Planetologie. Murray war von 1976 bis 1982 Direktor des JPL, also des NASA Zentrums, in dem die meisten Raumsondermissionen entstehen und darum ging es in dem Video, es war das schwarze Jahrzehnt der NASA. Das lag aber nicht an Murray

Die Geschichte beginnt eigentlich schon, bevor Murray den Posten übernahm, 1972. In diesem Jahr wurde das Space Shuttle Programm beschlossen und gleichzeitig kürzten die Volksvertreter das NASA-Budget drastisch. Zeitweise stand die Streichung der Apollo 17 Mission im Raum, nachdem schon in den vergangenen Jahren drei Apollomissionen gestrichen wurden. Viking erhielt eine zu kleine Finanzierung und musste um zwei Jahre verschoben werden. Schlussendlich wurde das auch zum Verhängnis für TOPS, aus dem Voyager entstand.

Doch man war noch beim JPL optimistisch, das das begonnene Jahrzehnt viele weitere Missionen bringen würde. Es hatte sich zu dem Zeitpunkt einiges verlagert. Zum einen der Fokus vom inneren auf das äußere Sonnensystem – Pioneer 10/11 standen vor dem Start, Voyager (damals noch Mariner Jupiter/Saturn) würden 1977 folgen und später kam Galileo hinzu. Aber auch die Missionen wurden komplexer. Mariner 10 erkundete die Venus und dreimal den Merkur. Viking würde auf dem Mars landen. Im August 1974 waren folgende Missionen in der Planung:

Wer sich etwas mit der Geschichte der Raumsonden, auskennt, weiß das viele dieser Missionen später kamen, wenn auch deutlich verzögert: Galileo und Juno hatten die Mission der beiden Jupiterorbiter, Magellan, die Venuskartierung mit Radar, der Mars Observer war der Mars Orbiter, Der erste Mars Rover startete 2003, der Messenger wurde dann zum Merkurorbiter und auf die Marsbodenprobengewinnung warten wir bis heute. Einiges setzte die ESA um, so Sonde um die Sonnenpole (Ulysses), den Vorbeiflug an Grigg-Skjellerup (Giotto) und die Begleitung eines Kometen (Rosetta). Die Projekte sind insofern interessant, weil sie auf der Verwendung von existierender Hardware basieren. Die Marsprojekte auf Viking, die Sonden zu Jupiter und darüber hinaus auf Voyager. Viele Vorbeiflugsonden und der Merkurorbiter auf Mariner 10.

Nun war schon damals klar, dass es so viele Sonden nicht geben würden, aber 1982 waren immer noch drei auf der Agenda: Der Venusorbiter, der mittlerweile VOIR hieß, die Kometensonde mit solar elektrischem Antrieb und der polare Mars Orbiter.

Doch dann kam das Space Shuttle in die Krise, und es begann etwas was ich seitdem immer wieder erlebt habe. Wann immer ein bemanntes Programm aus dem Ruder läuft, wird bei den unbemannten Projekten gekürzt. Niemals bekommt es einfach mehr Geld aus dem normalen Haushalt. Weil die bemannte Raumfahrt an sich schon teuer ist, führt ein relativ kleiner Zusatzfinanzbedarf dieser zu dramatischen Kürzungen bei den unbemannten Programmen. Es begann noch unter Jimmy Carter. Für Carter war das Shuttle wichtig. Seine Berater (kein Präsident der USA hat sich jemals für unbemannte Raumfahrt interessiert, sie folgen meist nur Ratschlägen von Beratern, die so ihre Meinung durchdrücken können) verwiesen darauf, das man mit ihm schwere militärische Aufklärungssatelliten starten kann, mit denen man die SALT Abrüstungsvereinbarungen überprüfen kann. Immerhin, unter Carter wurde Galileo als Voyager-Follow-On genehmigt, wenngleich nur eine anstatt zwei Orbiter. Doch auch hier hatte Murray viel Überzeugungsarbeit bei den Volksvertretern zu leisten.

Unter Reagan wurde es noch schlimmer. Nicht das er gegen Raumfahrt an für sich gewesen war, aber er betrieb eine Aufrüstungspolitik in enormen Maßstab, die eben auch durch Kürzungen finanziert wurde. Das Shuttle war tabu zum einen weil man sich mit den Flügen brüsten konnte, zum anderen aus den gleichen Gründen wie bei Carter. Mit SDI kam sogar noch ein weiterer Grund dazu. Es traf erneut das unbemannte Programm. Nun wurde fast alles im Planetaren Programm eingestellt, auch der Venus Mapper und die Kometensonde. Als 1986 Halley sein Perihel durchlief, sandten alle Raumfahrtmissionen von Rang Sonden dorthin – die UdSSR, ESA, Japan, nur die USA nicht. Auch die polare Sonnenmission, die man inzwischen mit der ESA begonnen hatte wurde gestrichen, so startete nur die ESA Sonde zur Sonne (1989 als Ulysses). Selbst Galileo, nun schon weitestgehend fortgeschritten stand vor der Streichung. Carl Sagan brachte es fertig die Öffentlichkeit dagegen zu mobilisieren. Die Achtziger Jahre sind bis heute der traurige Tiefpunkt in der Planetenforschung der USA. Die USA starteten in dem ganzen Jahrzehnt genau zwei Sonden – Galileo und Magellan, weniger als heute in einem Jahr. Magellan kam nur zustande, weil man die Sonde aus Resten anderer Programme wie Voyager, Galileo und sogar Mariner 9 zusammenbaute, sie sieht auch entsprechend aus.

Auswirkungen gibt es erst nach Jahren, denn ein Raumsonderprojekt braucht, wenn es schnell gebt vier Jahre, typisch aber eher fünf bis sieben von de Genehmigung bis zum Start. Doch dann stiegen mit einem neuen Präsidenten und anderen Schwerpunkten in der zweiten Hälfte der Neunziger die Zahl der Sondenstarts stark an, auch wegen einer neuen Initiative, dem Discoveryprogramm, das es bis heute gibt.

Doch dann kam George Dabblju Bush an die Macht und seine Berater hatten eine super tolle Idee: Ein Mondprogramm namens Constellation, das nichts kostet! Ist das nicht toll? Apollo kostete rund 170 Milliarden Dollar im heutigen Weert und Bushs Berater fanden heraus, das man es aus der Portokasse finanzieren kann. Außer Bush hätte man so was wahrscheinlich nur Trump noch weiß manchen können, aber Bush schluckte es und so begann 2005 die nächste Streichungswelle. Natürlich kann man Constellation so nicht finanzieren und als es nach 6 Jahren praktisch kaum vorangekommen war, aber Milliarden gekostet hatte wurde es von Obama wieder eingestellt.

Jetzt haben wir Orion und die SLS. Damit kann man den Mond umrunden, mehr nicht. Eine Raumstation um den Mond soll entstehen, dann Mondlandungen und längere Aufenthalte. Alles noch nicht finanziert. Derzeit reicht die Finanzierung gerade mal für eine SLS Mission alle zwei Jahre. Ja selbst der Auftrag für den Astronautenanzug wurde gerade erst vergeben. 4,1 Milliarden Dollar kostet eine Artemismsision bei dem dann einige Astronuten den Mond umrunden können, oder beim Jungfernflug einige Dummys. Für dasselbe Geld bekommt man eine der teurersten Missionen der NASA wie den Uranus Orbiter oder Neptun Orbiter. Kleine Missionen wie Dragonfly als Drohne auf dem Titan sind schon deutlich billiger und Discovery Class Missionen wie der Io-Erkunder IVO oder die Neptun-Vorbeiflugsonde Trident liegen bei unter 1 Milliarde Dollar. Für das Geld das man jährlich nur die Artemismission (nicht die Entwicklung von Landern, Raumstationen, Habitaten und Raumanzügen, das kommt noch oben drauf) ausgibt kann man zwei dieser Sonden pro Jahr starten. Nicht das Artemis insgesamt teuer wäre, der NASA Etat macht jedes Jahr weniger des US-Etats aus, zur Zeit Apollos war sein Anteil im Mittel sechsmal so hoch wie heute. Aber man findet immer etwas anderes, wofür man eher das Geld braucht.

Was liefert die bemannte Raumfahrt? Wissenschaftlich nichts von Bedeutung. Oder was waren die großen Entdeckungen von 20+ Jahren ISS? Ich befürchte, wenn Artemis erst an Fahrt zunimmt, dann plötzlich die kosten explodieren, beim Lunar-Starship ist das ja jetzt schon der Fall, für die 2,4 Milliarden bekommt die NASA inzwischen keinen vollwertigen Lander von SpaceX mehr sondern nur ein Gefährt das auf dem Mond landen kann, keine Astronauten versorgen und natürlich nicht zurück starten kann. Klar, so kann SpaceX die Vorschläge anderer Firmen leicht unterbieten. Ich wage die Prophezeiung dass das planetare Budget bald wieder gekürzt wird. Wie dies in der Vergangenheit war seht ihr in der Abbildung die auf Daten der Planetary Society beruht und die den Anteil von Planetary Sciences gemessen am Gesamtbudget für Wissenschaft zeigt.

Nun noch zu meinem Vergleich, was hat denn nun Raumfahrt mit Profifußball zu tun? Nun beide Gebiete kann man in zwei Teile aufspalten – bemannte und unbemannte Raumfahrt und Männer- und Frauenfußball. In der Raumfahrt hat die unbemannte Raumfahrt uns viele Erkenntnisse gebracht, spektakuläre Missionen und wunderschöne Bilder. Viel teurer ist die bemannte Raumfahrt über die viel mehr berichtet wird und die viel mehr öffentliches Interesse bekommt, aber nicht wirklich erfolgreich ist. Ja und beim Fußball gibt es die Männer, allesamt Millionäre in der Bundesliga. Ja und da gibt es die Damen, viele Spielerinnen in der ersten Bundesliga der Frauen müssen nebenher arbeiten, weil sie vom Spielergehalt nicht leben können. Die Männer-Bundesliga hat einem Etat von mehreren Milliarden pro Jahr, eine Berichterstattung über die Bundesliga zur gibt es zur Prime-Time die Leute zahlen sogar was für kostenpflichtige Sky Abos. Demgegenüber führen die Frauen, ein Schattendasein, es gibt nicht mal die Ergebnisse in den Nachrichten, geschweige denn Ausschnitte der Spiele. Genauso wie bei den Raumsonden. Und wie sieht es bei den internationalen Erfolgen bei Europa- und Weltmeisterschaften aus? , aber die Frauen-Nationalmannschaft hat acht Europameistertitel, zwei Weltmeistertitel und einen Vizeweltmeistertitel geholt – und das seit 1991, da sehen die Männer echt blass aus. Genauso wie die bemannte Raumfahrt verglichen mit den unbemannten ….

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