Politiker

Zwei Nachrichten aus den letzten Tagen bringen mich dazu mal etwas über Politiker zu schreiben. Schon früher waren Politiker ja nicht so beliebt, findet sich doch selbst in Goethes Faust die Szene in Auerbachs Keller in der es heißt „Ein garstig Lied! Pfui! ein politisch Lied!“, okay das bezieht sich weniger auf die Politiker, als vielmehr die apolitische Einstellung damals.

Ich habe zwar keine Liste der für mich angesehensten Berufe, aber eine (recht kurze) der am wenigsten angesehenen Berufe. Das sind, ohne Berücksichtigung einer Rangfolge, Drogendealer, Anwälte und Politiker. Ich schreibe aber zuerst etwas zu Anwälten. Ich habe als Lebensmittelchemiker auch mit Lebensmittelrecht zu tun gehabt, als Lebensmittelchemiker kann man auch vor Gericht als Gutachter auftreten. Die Chemiker liefern den Staatsanwälten oder eben ihren Auftraggebern die Tatsachen die für Verfahren wichtig sind, also ob eine Probe verkehrsfähig ist oder nicht. Mit ihrem Wissen über Chemie und Ernährung und Lebensmittelrecht müssen sie aber auch viel beurteilen was nun mit den Lebensmitteln direkt nichts zu tun hat wie Werbungsslogans oder Verpackungsdeklarationen oder Aufmachung. Das betrifft dann das Lebensmittelrecht. Das tut man eher konservativ, also geht auf Nummer sicher.

Seit ich meine Website habe, habe ich aber auch immer mit Anwälten zu tun. Es geht dann meistens darum, das jemanden eine Kritik eines Produktes nicht gefällt. Darüber hinaus hatte ich es mit einer Kanzlei zu tun, als meine Mutter gestorben ist. Meine Schwester hat mit meinem Bruder einen Streit angefangen der mit dem Erbe eigentlich nichts zu tun hatte, aber weil er auch beim Erbe beteiligt war, sollte nun auch über die Kanzlei die Erbengemeinschaft aufgelöst werden. Das hat fast vier Jahre gedauert, meine Schwester eine fünfstellige Summe gekostet und am Ende hat sie über 1.000 Euro weniger geerbt als in meinem ersten Vorschlag. Die Anwälte haben nur dafür gesorgt das das Verfahren sich in die Länge zieht indem sie immer mehr und immer neues gefordert haben und eine Einigung kam erst zustande, als meine Schwester sich von der Kanzlei getrennt hat. Der Nutzen war gleich Null, also von einem Drogendealer, dem nächsten Beruf auf der Liste bekomme ich wenigstens etwas für das Geld was er mir abnimmt.

Bei der Website sind es immer wieder Firmen, die meinen sie könnten einen Artikel der ihnen nicht passt, durch einen Anwalt zum Verschwinden bringen. Als ob es das Recht der Meinungsfreiheit nach dem Grundgesetz nicht gäbe. Das wird allerdings seltener. Der letzte Fall ist schon einige Jahre zurück, er war aber auch der unverschämteste, da vorher keine Kontaktaufnahme durch die Firma erfolgte, sondern gleich ein Anwaltsschreiben mit Unterlassungserklärung und Rechnung des Anwalts. Es endete übrigens damit, dass ich nichts bezahlte, 1.800 Euro von der Firma bekam, damit ich den Artikel löschte und die Firma später weitere 4.000 Euro Strafe zahlen musste, weil da sie in dem Anwaltssschreiben mit Klage drohte, ich gleich mal die Firma wegen Verstoßes gegen §12 LFGB angezeigt habe (um Argumente bei einer Klage zu haben) und dann auch recht bekam. Auch hier ein Anwalt mit Null Ahnung. Normalerweise verstehen Juristen ja den Wink mit dem Zaunpfahl, dass heißt wenn man sie auf ein Urteil aufmerksam macht in dem ein ähnlicher Tatbestand schon von einem Gericht geprüft wurde, dann wissen sie das sie keinen Topf gewinnen können. Aber hier meinte der Anwalt allen Ernstes das dies nicht anwendbar wäre, weil in dem Urteil es um die Werbung von hydrolysiertem Kollagen aus Schweinen gehe und die Firma hydrolysiertes Kollagen aus Rindern herstellte. …

Aber ich komme mal zu den Politikern. Hier in Baden-Württemberg ist Innenminister Strobel seit einem Jahr in der Kritik. Es geht um eine Affäre um den Polizeiinspektor, den höchsten Beamten der Polizei im Land. Ihm werden sexuelle Übergriffe vorgeworfen, er soll einer Polizistin gesagt haben, das es in seinem Ermessen läge, ob sie befördert wird oder nicht. Da wollte dessen Anwalt ein Zweiaugengespräch mit Strobel und der hat dieses interne Schreiben an einen Journalisten weitergegeben. Er begründete dies mit „maximaler Transparenz“, er wollte nicht den Eindruck erwecken als würde er einen „Deal“ machen. Als das bekannt wurde, ermittelte zum einen die Staatsanwaltschaft wegen Geheimnisverrat, zum anderen gibt es seitdem zwei Untersuchungsausschüsse die sich zum einen mit dem Verhalten von Strobel wie auch den Beschuldigungen gegen den Polizeiinspektor wenden, beschäftigen.

Heute nun bekam Strobel das Angebot der Staatsanwaltschaft, das man das Verfahren gegen eine Buße von 15.000 Euro einstellt, das er angenommen hat, und das obwohl er ja genau gegen solche „Deals“ ist. Ministerpräsident Kretschmann meint, damit ist für ihn die Sache auch erledigt und er freue sich auf eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit. Strobel gilt hier in Baden-Württemberg als das „Stehaufmännchen“ der CDU, er hat den Posten als Landesvorsitzender und Vizebundesvorsitzenden seit Jahren besetzt und bei den letzten beiden Wahlen ist er z.B. nie gegen Kretschmann als Kandidat der CDU angetreten, wohl wissend das er verlieren würde. Aber das ist doch ein starkes Stück. Ob es Geheimnisverrat ist oder nicht, wage ich nicht zu beurteilen. Aber eine Geldbuße in der Höhe spricht doch eher dafür das die Staatsanwaltschaft eher dazu neigt den verdacht als gerechtfertigt zu sehen. Mehr noch: Strobel ist als Innenminister Dienstherr der Strafverfolgungsbehörden und hat das Amt nie ruhen lassen und wenn es nur um maximale Transparenz gegangen wäre, dann hätte es auch ausreicht, dass er den Erhalt eines Schreibens öffentlich macht und öffentlich ein Treffen mit dem Anwalt ablehnt ohne das Schreiben selbst zu veröffentlichen.

Strobel ist ein gutes Beispiel dafür wie sich die politische Kultur in den letzten Jahrzehnten geändert hat. Lothar Späth trat als Ministerpräsident zurück, weil er auf Kosten eines Unternehmens Urlaub in der Ägis machte. Vorwürfe gegen ihn aufgrund des Verdachts der Untreue und Vorteilsannahme bestätigten sich aber nicht. Cem Özdemir stolperte über sechs private Flüge die mit dienstlich angefallen Bonusmeilen durchgeführt wurden. Jenninger musste sein Bundestagspräsidentenamt abgeben, als er in einer Rede zum Jahrestags des Ende des zweiten Weltkriegs etliches verharmloste – heute hört man wesentlich schlimmeres jeden Tag von der Afd im hohen Hause. Herha Däubler Gmelin stolperte 2002 über eine Kritik wonach George W. Bush einen Krieg mit dem Irak anfängt, nur um von seinen innenpolitischen Problemen abzulenken und dem Vergleich mit Hitler (der das nach HFM Meinung auch schon tat). Ich habe das Gefühl früher wurde tendenziell wegen wirklichen Kleinigkeiten zurückgetreten, heute nicht mal wegen wirklich schlimmen Vorwürfen.

Aber schon immer waren einzelne Minister nicht bereit ihren Stuhl zu räumen, selbst wenn es wirklich dick kam. Otto Graf Lambsdorf blieb Minister, selbst als er von einem Gericht wegen Bestechlichkeit im Amt aussagen musste (später wurde er auch verurteilt) und bei Franz Josef Strauß musste nach der Lockheed Affäre (Anschaffung des Starfighters, es flogen Bestechungssummen) noch die Spiegel-Affäre dazukommen bei der er den Spiegel durchsuchen und Redakteure und Verleger inhaftieren lies – obwohl er als Vereinigungsminister dafür gar nicht befugt war.

In meiner Wahrnehmung trat man früher aber tendenziell eher wegen heute relativ kleiner Vorkommnisse zurück, während heute – siehe Beispiel Strobel – die Leute selbst bei großen Verfehlungen im Amt bleiben. Die Extreme dafür findet man allerdings außerhalb Deutschlands – was musste passieren, dass Boris Johnson zurücktrat und Donald Trump wollte ja nicht mal das Wahlergebnis anerkennen und ist am Sturz auf das Kapitol maßgeblich mitbeteiligt.

Ein zweiter Punkt ist der das ich das Gefühl habe, das Politiker immer inkompetenter werden. Das mit Karl Lauterbach ein Gesundheitsminister im Amt ist der Arzt ist, ist ja schon was besonderes. Natürlich kann man sich in ein Amt einarbeiten, aber besser wäre wenn man schon beim Amtsantritt etwas davon verstehen würde und dann nicht die Öffentlichkeit ein Jahr abwarten muss, bis der neue Minsker sich in der Materie auskennt. Wie schlimm es ist zeigt der Fall Christine Lambrecht. Eine Verteidigungsministerin die nicht nur keine Ahnung vom Fach hat, sondern sich auch weigert die Dienstabzeichen zu lernen. Also wenn das schon zu viel ist, ich nehme an Soldaten müssen das nach einigen Tagen Grundausbildung beherrschen, dann zeigt das schon wie wenig die Qualifikation für ein Ministeramt zählt. Als Krönung verlautet Lambrecht öffentlich, dass sie eigentlich Innenministerin sein will.

Das nächste ist das ich erwarte das Politiker für das Wohl des ganzen Landes arbeiten, und nicht eines Industrieverbandes oder einer bestimmten Wählerklientel. Spontan fällt mir hier sofort der Tankrabatt der FDP ein. Schon als er beschlossen wurde stiegen die Gaspreise ja wesentlich drastischer an als die Preise für Erdölprodukte inklusive Kraftstoffe. Nutzen tut er vor allem denen die einen hohen Verbrauch haben und – wen wundert das, angesichts der Erfahrungen mit früheren Schwankungen des Erdölpreises – den Mineralölkonzernen. Vor allem dürfte jedem klar sein, das er nicht hilft die Leute vom Auto weg zu bewegen wie es das 9 Euro Ticket tat. Der Verkehr ist ein Paradebeispiel für Lobbyismus. Jahrelang wurde das Vierkehrministerium genutzt, um in Bayern Straßen zu sanieren, das Bundesland bekam durch die CSU-Verkehrsminsiter immer mehr Mittel, überholte sogar das doppelt so bevölkerungsreiche NRW, was sogar bei CSU Parteitagen gelobt wurde. Jetzt haben wir mit Wissing einen Büttel der Autoindustrie. Angesichts einer Bahn, die nicht pünktlich ist, mit einem niedrigen Takt und überall Baustellen auf den Strecken gibt es dieses Jahr wieder doppelt so viel Geld für die Straße als die Schiene. Logisch zu begründen ist das nicht. Genauso wie das Eintreten für ein längeres Produzieren von Verbrennungsmotoren, wenn selbst die großen drei (VW, Daimler, Audi) angekündigt haben das sie bis 2030 keine Verbrennungsmotoren mehr produzieren willen.

Schlimmer ist nur im Ausland. In England hat die konservative Partei mit dem Brexit nichts auf die Reihe bekommen. Weder wurde es danach besser noch haben sie Corona gemeistert. Johnson musste man aus dem Amt prügeln und bei Truss wurde es noch schlimmer. Wie kann man auf die Idee kommen, Steuern zu senken und dafür Schulden aufzunehmen? Auf der anderen Seite: Trump, Johnson, Meloni wurden gewählt. In den Ländern gab es also eine Mehrheit, die diese geistig beschränkten oder radikalen Menschen gewählt haben. Da fällt mir nur noch eines ein, ein Sprichwort das ich seit meiner Jugend immer wieder anwenden kann: „Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber“.

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