Das Foto des Tages – die „Blue Marble“
Das heutige Foto wurde auf den Tag genau vor 50 Jahren aufgenommen und ist das berühmte Bild der „Blue Marble“. Es ist die berühmte Aufnahme des Vollbilds der Erde, die von den Apollo 17 Astronauten (wer die Aufnahme genau machte, ist heute nicht mehr zu klären) aus einer Entfernung von rund 18.000 Meilen, rund 29.000 km also knapp unterhalb des geostationären Orbits aufgenommen wurde. Es gibt im Originalarchiv einige Aufnahmen, die sich in Belichtungszeit und Zeitpunkt unterscheiden. Entsprechend ist die Erde mal größer und mal kleiner oder leuchtkräftiger oder weniger. Die am häufigsten genannten Aufnahmen sind AS17-148-22726/7. Es gibt von der Vollerde im Magazin 148 die Aufnahmen 22725 bis 22727, daneben auch auf dem Magazin einige schöne Aufnahmen von Afrika oder aus größerer Aufnahmen, die aber nie so populär wurden, weil sie nicht die ganze Erde zeigten und nicht gerade die ganze Oberfläche beschienen wurde.
Das Foto war einflussreich. Eckhart von Hirschhausen nahm es als Aufhänger und leitete daraus ab das 1972 das Jahr war in dem die Klimaschutzbewegung startete. Am bekanntesten wurde die Inspiration von Al Gore. Al Gore war unter Clinton Vizepräsident und entwickelte Anfang der Neunziger Jahre ein immer größeres Engagement für den Umweltschutz. Dafür bekam er 2007 auch den Friedensnobelpreis. Er war dann auch Präsidentschaftskandidat bei den Wahlen von 2000, unterlag aber George W. Bush, obwohl er mehr Wählerstimmen bekam, weil der Staat Florida nach mehrfachen Nachtauszählungen sehr knapp an Bush ging.
Schon zu Clintons Zeiten setzte Al Gore sich für einen Satelliten ein, der die Erde dauerhaft aus der Perspektive zeigt, wie eben das „Blue Marble“ Foto von Apollo 17. Da die Erde sich um sich selbst dreht und auch um die Sonne rotiert, ist das mit einem Satelliten in einer Erdumlaufbahn nicht möglich. Auch bei den Apollo Missionen waren Vollerde Aufnahmen immer reiner Zufall. Sie gelangen, wenn das Raumschiff genau in der Linie Erde-Sonne sich befand. Eine „Vollerde“ dauerhaft aufnehmen, kann eine Raumsonde nur, wenn sie genauso schnell die Sonne umrundet wie die Erde. Also einmal in 365,25 Tagen. Dann behält sie ihre Position relativ zur Erde dauerhaft bei. Das ist bei der sonnenbeschienen Seite nur möglich im L1-Librationspunkt, ein Punkt bei dem sich die Anziehungskräfte von Sonne und Erde ausgleichen. Dieser Punkt liegt 1,5 Millionen km von der Erde entfernt Richtung Sonne. Er wird daher auch von Sonnenbeobachtungsmissionen wie SOHO, oder ICE genutzt. Würde man immer nur die Nachtseite der Erde aufnehmen wollen, so käme der L2-Librationspunkt in Frage, der sich ebenfalls 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist, nun aber auf der sonnenabgewandten Seite. Dieser Punkt wird genutzt von Infrarotobservatorien, da sie sich im permanenten Erdhalbschatten befinden und so die Sonneneinstrahlung reduziert ist und in dieser Entfernung auch die IR-Strahlung der Erde. In diesem Punkt beindet sich das James Webb Weltraumteleskop, schon vorher wurde er für die ESA-Observatorien Herschel und Planck genutzt.
Als Vizepräsident gab Al Gore der NASA den Auftrag seinen solchen Satelliten zu entwickeln und das Projekt „Triara“ genannt nahm Fahrt auf. Wie man sich denken konnte, war der Amtsnachfolger dann nicht so interessiert dieses Prestigeprojekt fortzuführen. Dazu kamen Kostensteigerungen und nach dem Verlust der Columbia auch das die Space Shuttles nun andere aufgaben hatten, als eine Raumsonde zu starten.
Triana wurde eingelagert. Bewegung kam in das Projekt, als die NOAA nach Wegen suchte, ihren alternden Sonnenüberwachungssatelliten ACE zu ersetzen. Die NOAA ist die US-Amerikanische Wetterorganisation und sie hat nicht nur die Aufgabe Satelliten für die Wetterüberwachung zu starten (und tut dies z.B. auch inzwischen in Zusammenarbeit mit der ESA), sondern Sie ist auch für das „Weltraumwetter“ zuständig. Dazu gehören Prognosen über die Sonnenaktivität und eine Vorwarnung vor kurzzeitig stark ansteigender Aktivität durch einen Sonnenflare oder die solaren Mass Injections. Dafür hat die NOAA in eben diesem L1-Librationspunkt Vorwarnsatelliten wie eben den 1997 gestarteten ACE. Die „Sonnenstürme“ bestehen aus vor allem aus Protonen, zum kleinen Teil auch Heliumkernen, die mit Geschwindigkeiten von 600 und mehr Kilometern pro Sekunde zu uns kommen. 600 km/s sind schnell, mehr als zehnmal schneller als die Erde um die Sonne kreist, aber selbst mit 600 km/s benötigen die Teilchen für die 1,5 Millionen Kilometer die uns vom L1-Librationspunkt trennen, 2.500 Sekunden, es gibt also eine Vorwarnzeit von etwa 40 Minuten, die kann bei höheren Geschwindigkeiten auch auf 20 bis 30 Minuten sinken. Das ist Zeit genug bei einem automatisierten System Kontrolleure in Satellitenkontrollzentren vorzuwarnen, sodass diese sich vorbereiten können, z.B. wichtige System herunterfahren oder den Satelliten so drehen das die Abschirmung am besten ist.
Da nun die NOAA auch nach einer Möglichkeit suchte, ihre Instrumente in den L1-Librationspunkt zu bringen kam wieder Bewegung in das Projekt. Triana wurde wieder reaktiviert, veraltete Elektronik durch neue Teile ersetzt und ein Startauftrag mit SpaceX abgeschlossen. Inge samt wurde das Projekt durch eine mehr als zehnjährige Verzögerungen und Umplanungen sechsmal teuer als geplant, wobei man gerechterweise sagen muss, das bei Triana der Space Shuttle Start nie Bestandteil des Budgets war. Der Start auf einer Falcon 9 (Block 1) kostete übrigens mit 96 Millionen Dollar auch erheblich mehr als SpaceX auf ihrer Website auslobte (54 Millionen Dollar). Triana wurde sann umbenannt in DSCOVR, das ist die Abkürzung für Deep Space Climate Observatory. Sie startete schließlich am 8.2.2015. das erste Bild lieferte sie am 20.7.2015. Die Aufnahmen kann jeder über eine Website einsehen, wenngleich nicht in Echtzeit, sie sind meist einen Tag alt. Das Bild von gestern sieht fast so aus wie die Blue Marble Aufnahme, auch weil zur gleichen Jahreszeit die Beleuchtungssituation dieselbe ist. Ich persönlich finde die seltenen Aufnahmen von Sonnen und Mondfinsternissen faszinierend. Bei einer Sonnenfinsternis sieht man den Kernschatten über die Erde wandern. Ganz selten – weil die Bahn des Mondes um 5,2 Grad zur Erdbahn geneigt ist zieht er auch durch das Kamerafeld. Bei einer Sonnenfinsternis vor die Erde – man sieht dann die Mondrückseite, und bei einer Mondfinsternis hinter die Erde, dann in roten Farben getaucht weil er sich im Erdschatten befindet. Auf den Originalaufnahmen (hier nur die Helligkeit auf den gesamten Bereich angepasst) sieht man auch das unser Mond viel dunkler ist als die Erde. Seine Albedo, also der Anteil des zurückgeworfenen Lichts beträgt nur ein Drittel der Erde.
Es gab aber schon vorher Vollerdaufnahmen und seitdem immer wieder. Zum einen gibt es solche von Mondsatelliten. Berühmt ist z.B. diese Aufnahme des japanischen Mondorbiters Kaguya. Bei Mondsatelliten versucht man natürlich immer auch die Mondoberfläche mit abzubilden, um den Kontrast hervorzuheben. Die erste dieser Aufnahmen lieferte Lunar Orbiter 1 am 23.8.1966.
Aber jeder geostationäre Satellit sieht die Erde einmal pro Tag als Vollerde, nämlich dann wenn gerade über dem Längengrad wo er sich befindet Mittag ist. Das erste Bild aus dem geostationären Orbit liefere der Technologiesatellit ATS-1 (Applied Technology Satellite) der am 7.12.1966 startete und in die geostationäre Umlaufbahn gelangte, das war rund acht Jahre, bevor die NASA ihre ersten operationellen geostationären Satelliten (GOES-1) einsetzte und wenn man es ganz genau nimmt, zeigt die Aufnahme auch keine Vollerde. Das Bild wurde aus vielen einzelnen Punkten aufgebaut wobei der Satellit um die eigene Achse rotierte und parallel dazu eine Photodiode ausgelesen wurde. Nach einer Rotation wurde wieder die Abtastung eine Zeile tiefer begonnen. Abgetastet wurde ein Gebiet von 7,5 bis +7,5 Grad, was aber nur dem Bereich von + 52 bis -52 Breitengraden entsprach, durch Neigung der Spinnachse von ATS-1 konnte dies auch verschoben sein, so bei diesem Bild das erstmals Mond und Erde zusammen zeigt.
Es gab also sehr viele Aufnahmen der Vollerde im Laufe der Zeit. Aber ich denke die von Apollo 17 bleibt die bekannteste. Ob sie allerdings nun die Menschheit dazu inspiriert mehr für das Klima und damit das eigene Überleben zu tun, das wage ich doch zu bezweifeln. Wer übrigens die ersten beiden Bilder der EPIC und von Apollo 17 vergleicht wird feststellen, das der Wüstengürtel der Sahara deutlich nach Süden in den letzten 50 Jahren gewandert ist, also sich die Wüste ausbreitet. Dabei ist das eine globale Erdaufnahme, auf der damit man Veränderungen sieht sich etwas schon um hunderte von Kilometer ausgebreitet haben muss. So gesehen ist das Bild von Apollo 17 doch ein wichtiges für die Klimabewegung, allerdings nicht alle, sondern nur im Vergleich mit aktuellen Aufnahmen.