Das Wasserstoffzeitalter – Teil 2

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So nun geht es weiter im Text, ich wiederhole noch mal den Abschluss des letzten Textes:

Den Wasserstoff könnte man nun wie Methan oder Erdöl verbrennen. Selbst als Reduktionsmittel kann er fossile Energien ersetzen so, gibt es verfahren die Eisenerz mit Wasserstoff verhütten. Bei der Verbrennung wäre zwischen Brennwert und Heizwert zu unterscheiden. Der Heizwert ist die nutzbare Energie bei der Verbrennung, da sobald Wasserdampf auskondensiert Energie verloren geht. Ohne Kohlenstoffkomponente ist der Unterschied von Brenn- zu Heizwert beim Wasserstoff besonders groß. Hier ein kleiner Vergleich:

Substanz Brennwert inMJ/kg Heizwert in MJ/kg Differenz
Wasserstoff 141,800 119,972 15,4 Prozent
Erdgas 36 – 50 32 – 45 10 – 11,1 Prozent
Methan 55,498 50,013 9,9 Prozent
Heizöl S 42,3 40 5,5 Prozent
Diesel, Heizöl EL 45,4 42,6 6,1 Prozent
Benzin 42,7 – 44,2 40,1 – 41,8 6,0 Prozent

Man wird also mehr Wasserstoff für das Heizen brauchen als von seiner Energiegehalt eigentlich notwendig. Aber für den Fall der Nutzung als Wärmeenergie kann man wenigstens mal einen Kostenvergleich mit Erdgas machen. Auch Erdgas muss ja durch Röhren transportiert werden, verdichtet werden, im Sommer für den Winter eingelagert werden. Kosten für eine Infrastruktur für den Gastransport und Gasspeicherung, die beim Endverbrauchspreis mit eingepreist ist, nicht aber beim Preis von Erdgas am Börsenmarkt. Derzeit liegt der Erdgaspreis bei den Großhandelsmärkten bei 50 €/MWh. Nimmt man 70 Prozent Wirkungsgrad bei der Elektrolyse an, schlägt weitere 5 Prozent für den geringeren Heizwert hinzu, so benötigt man 1,5 MWh elektrische Energie für die Erzeugung von Wasserstoff mit dem Heizwert von 1 MWh. Das sind 1.500 kWh. Der teuerste regenerativ erzeugte Strom ist Strom aus privaten PV-Anlagen mit EEG Förderung. Für den werden 8,2 ct/kWh gezahlt. Für größere kommerzielle Anlagen weitaus weniger und Windkraft tendenziell noch weniger. Aber nehmen wir die 8,2 ct/kwh, dann würden die 1500 kWh heute 123 Euro kosten. Aber der Preis für Erdgas war im Juli fast fünfmal höher und erzeugt man den Wasserstoff mit Windkraft, was für die Betreiber den Vorteil hat das sie ihre anlagen bei Starkwind nicht abschalten oder herunterregeln müssen und nicht abhängig von Trassen in den Süden der Republik sind, welche die CSU so wirksam verhindert hat, dann reden wird von Stromgestehungskosten von 4 bis 6 ct/kwh und dann schon mit niedrigeren Preisen von 60 bis 90 €/MWh. Und das gilt für Erdgas, das wir bisher von Russland für Unter-Weltmarktpreise bezogen haben. Flüssigerdgas das man erst energieintensiv verflüssigen, mit Schiffen transportieren und dann wieder in Gasform bringt wird teurer werden. Vor allem aber werden die regenerativen Energien in den Stromgestehungskosten immer billiger. Als die EEG Umlage eingeführt wurde bekam man 30 ct/kwh, das ist in 20 Jahren auf ein Viertel gesunken!

Um gerechnet auf den Energiegehalt von Heizöl als zweitem fossilem Wärmeträger entspricht so erzeugter Wasserstoff einem Literpreis von etwa 1,24 €/l bei einem Strompreis von 8,2 ct/kWh.

Dieser Wasserstoff könnte eingesetzt werden wo immer wir heute fossile Energie zur Wärmeerzeugung benötigen, in vielen Anwendungsgebieten auch als Ersatz für das Redoxpotenzial von fossilen Brennstoffen.

Ich weiß nicht ob Ottomotoren mit Wasserstoff arbeiten können, aber die Verbrennung wäre beim Auto eine schlechte Wahl, anders als bei einem Düsenverkehrsflugzeug wo man prinzipbedingt den Wasserstoff verbrennen muss (schon bei einer Propellermaschine dürfte es effizienter sein erst aus dem Wasserstoff wieder elektrische Energie zu gewinnen und damit einen Elektromotor anzutreiben).

Hier kommt – wie auch bei der Stromgewinnung aus Wasserstoff die Brennstoffzelle ins Spiel. Dazu aber mal eine persönliche Bemerkung. Von der Brennstoffzelle habe ich erstmals 1981 gehört als ich mich für Raumfahrt interessierte, weil sie die Stromversorgung für das Space Shuttle und bei Apollo war. Erstmals im Weltraum eingesetzt wurde sie 1965 bei Gemini und die erste kommerziell verfügbare Zelle wurde 1955 entwickelt. Ich fand damals die Raumfahrt wahnsinnig progressiv, weil ich im alltäglichen Leben noch nie was von einer „Brennstoffzelle“ gehört hatte. Also eine echte Zukunftstechnologie dachte ich damals.

Nun ja, zum einen gehen die ersten Versuche mit dem Prinzip bis ins Jahr 1838 zurück und zum andern ist sie heute – lächerliche 43 Jahre später – immer noch Zukunftstechnologie. Mercedes Benz war ganz stolz das sie in der zweiten Hälfte der Neunziger Jahre Brennstoffzellen testeten – lächerliche 30 Jahre nach dem ersten Weltraumeinsatz.

Die Brennstoffzelle ist im Prinzip die Umkehrung der Elektrolyse. Aus Wasserstoff und Sauerstoff aus der Luft wird Wasser gewonnen und die bei der Reaktion entstehende Energie wird in Strom umgewandelt. Es gibt wie bei der Elektrolyse mehrere Technologien, die sich aber stark im Wirkungsgrad und der maximalen Leistung unterscheiden. Der Wirkungsgrad liegt bei minimal 35 Prozent und maximal 70 Prozent. Leider arbeiten die meisten Technologien mit hohem Wirkungsgrad bei hohen Temperaturen die dann bei kommerzieller Stromerzeugung angewandt werden können, aber nicht wenn man die Brennstoffzelle in ein Auto einbaut. Gerade die dafür eingesetzten Technologie PEMFC hat eher einen geringen Wirkungsgrad von 40 bis 60 Prozent. Trotzdem ist es sinnvoller aus dem Wasserstoff zuerst elektrischen Strom zu gewinnen und damit einen Elektromotor anzutreiben, weil in der Gesamtkette der Wirkungsgrad immer noch höher ist als bei einem Verbrennungsmotor und dies noch unabhängig vom Lastbereich – bei Otto- und Dieselmotoren sinkt der Wirkungsgrad im Teillastbereich deutlich ab. Der Autofahrer merkt davon nichts, weil der bei höherer Leistung und damit höherer Geschwindigkeit ansteigende Luftwiderstand jegliche Effizienzsteigerungen egalisiert.

Brennstoffzellen sind immer noch sehr teuer. Was die Akzeptanz auch etwas einschränkt ist, das Wasserstoff als Gas eine niedrige Dichte hat. Es muss in einem Druckgastank gelagert werden und der Tank wiegt trotz beschränkter Menge ein vielfaches des Inhalts. Aber Fahrzeuge wie von Hyundai haben immerhin eine Reichweite von 500 bis 600 km und das Auftanken ist in 5 Minuten erledigt. Damit wäre die Brennstoffzelle eine Alternative zum Verbrennermotor überall dort wo lange Strecken zurückgelegt werden. Für Deutschland wäre aber die bessere Alternative das man wieder mehr Fracht auf die Schiene bringt, was eine Umkehr der Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte darstellt und angesichts der mächtigen Automobillobby eher unwahrscheinlich ist.

Für die meisten PKW-Fahrer reicht aber eine Elektrofahrzeug, auch wenn das Laden länger dauert als das Auftanken, denn die meisten legen selten mehr eine Strecke Non-Stop zurück die mehr als einer Batterieladung entspricht und dann machen sie wenigstens eine Zwangspause beim Laden, was ihrer Konzentrationsfähigkeit nur gut tut.

Ich sehe die Brennstoffzelle aber eher in der Stromversorgung. Die Hochtemperaturtechnologien MCFC und SOFC eignen sich für große Leistungen und sie haben auch den höchsten Wirkungsgrad von bis zu 70 Prozent. Sie können die Rolle von Gaskraftwerken bei dem Ausgleich von Leistungsspitzen übernehmen.

Zuletzt noch einige Worte zur Verwendung von Wasserstoff als Chemikalie. Ganze Industriezweige leben ja heute vom Erdöl und vom Erdgas. Dabei benötigt man meist die niedermolekularen Bestandteile des Erdöls, da man aus diesen leichter größere Moleküle synthetisieren kann. Heute wird dazu Erdöl in Steamcrackern in kleinere Moleküle gespalten – eine besondere Rolle hat dabei das Ethen, oder Ethylen, da als ungesättigter Kohlenwasserstoff man es zum einen polymerisieren kann (zu Polyethylen, einem der wichtigsten Kunststoffe) wie auch leicht Fremdmoleküle addieren kann, wird Wasser addiert so wird z.b. Ethanol draus. Diese Anlagen haben heute einen enormen Energieverbrauch, werden mit Gas beheizt.

Relativ aufwendig ist die Synthese von Kohlenwasserstoffen aus Wasserstoff und Kohlendioxid als regenerative Alternative zu fossilen Brennstoffen. Es gibt mehrere Technologien, aber allen gemeinsam ist, dass nur ein Bruchteil der ursprünglich eingesetzten elektrischen und anderer Energie (z.B. thermische Energie in einem Solarturmkraftwerk) in den Produkten landet. Die Basisreaktion ist die Reduktion von Kohlendioxid mit Wasserstoff zu einem Kohlenwasserstoff, oft zuerst zu Methan, das dann zu weiteren, höheren Kohlenwasserstoffen reagieren kann. Bei bisherigen Versuchsstationen landet ein Sechstel der eingesetzten Primärenergie in den Refuels. Zum Vergleich: Beim Zyklus elektrische Energie – Wasserstoff – Brennstoffzelle – elektrische Energie ist es unter optimalen Umständen die Hälfte der Energie und wenn man noch den Elektromotor hinzunimmt, dann kommt man auf etwa 40 Prozent. Ich halte die Gewinnung von Kohlenwasserstoffen auf diesem Wege für das Verbrennen für unsinnig. Für die Synthese von teureren Produkten wie Ausgangsamaterialen für Kunststoffe, Arzneimittel etc. sieht die Rechnung besser aus, aber auch nur solange es nicht die Konkurrenz durch fossile Brennstoffe gibt, die man einfach aus der Erde pumpen kann.

Eventuell gibt es aber auch eine andere Alternative. Heute erzeugen wir aus organischen Substanzen, idealerweise Abfälle und Gülle Biogas. Dabei oxidieren Bakterien unter Luftabschluss die organischen Substanzen, meist Kohlenhydrate. Das Kohlenstoffskelett wird zu Kohlendioxid und Methan abgebaut. Es gibt Bakterien, die nutzen Wasserstoff als Energiequelle. Wenn man diese so genetisch verändern könnte, das sie aus organischer Materie und Wasserstoff Methan und Wasser anstatt Methan und Kohlendioxid gewinnen , dann hätten wir eine Möglichkeit die Abfälle nicht zur Energiegewinnung, sondern als Rohstoff zu nutzen. Allerdings kenne ich keine Bakterien die das heute tun, sondern nur welche die den Wasserstoff direkt zu Wasser oxidieren.

Zuletzt noch ein Sprung an den Anfang des Artikels. Wenn irgendwann mal tatsächlich ein Fusionsreaktor funktioniert, auch dann sind wir im Wasserstoffzeitalter, denn auch der fusioniert Wasserstoff zu Helium, nur nicht wie in der Sonne der „normale“ Wasserstoff (Atommasse 1), sondern der schwere Wasserstoff (Deuterium), weil dieser bei viel geringeren Temperaturen fusioniert.

4 thoughts on “Das Wasserstoffzeitalter – Teil 2

  1. Streng genommen leben wir seit Beginn des 20. Jahrhunderts im Wasserstoffzeitalter. Erdöl ist Wasserstoffträger und hat Kohle im Verkehrssektor und in der Chemieindustrie abgelöst.
    Wenn von Wasserstoffwirtschaft geredet wird meint man die Verwendung von molekularen Wasserstoff. Das hat man immer nur genommen wenn nichts anderes brauchbar war.
    Ich bin skeptisch ob es sich jemals durchsetzen wird. Zumal es andere Verbindungen mit Wasserstoff gibt die wesentlich einfacher zu gebrauchen und transportieren sind als molekularer Wasserstoff. Zu erwähnen sind Methan, Methanol, Ammoniak und synthetische Kohlenwasserstoffe. Diese sind teilweise bei Normaldruck und Zimmertemperatur flüssig und reichen bei Energiedichte pro Gewichts- und Volumeneinheit an Diesel und Benzin heran.
    Was die Proponenten von Wasserstoff gern verschweigen ist das die Brennstoffzellen teilweise Material als Katalysatoren verwenden die noch seltener sind als Lithium, Kobalt oder Nickel. Platin ist da sehr prominent.
    Man sagt das der Wirkungsgrad bei erneuerbaren Energien zweitrangig sind weil es mehr davon gibt als wir jemals verbrauchen können. Allerdings gibt es Widerstand gegen mehr WKA und Solar auf alten Gebäuden und Ackerland. Von den Problemen mit großen Wasserkraftanlagen ganz zu schweigen. Also ist der Wirkungsgrad auch wichtig.

  2. Wasserstoff wirtschaft ist toll, aber nur auf dem Papier.
    Problem Wasserstoff:
    Wirkungsgrade der Brennstoffzellen
    (nur gruen machts sinn, werde nicht auf fossil gewonnen Wasserstoff eingehen, weil das noch unsinniger ist, leider nicht oekonomisch aber das mal beiseite)
    Transportverluste
    und zurueck zu strom, wieder die Effizienz.
    Das Problem ist, das Renewables bis jetzt noch viel zu wenig strom auch nur fuer eine stabile grundlast zur verfuegung stellen. Speicher wird das zwar verbessern, aber Wasserstoff bedingt durch die hohen verluste nur bedingt.
    Wissenschaftlich funktioniert das toll, weil Wasserstoff fast alles kann, aber verteilung ist immer noch in den Kinderschuhen. Fuer Co2 free bis 2035 wird das nichts. Und den Wasserstoff mit Diesel Trucks durch die Gegend zu befoerdern ist keine Loesung.

    Problem bei allem hier ist Effizienz. Renewables muessten extrem ausgebaut werden. Wind und solar (ueber dem Daumen sagt man immer 300 prozent der Grundlast, da Wind und Sonne halt nicht immer zuverlaessig versorgen).
    Nur und nur dann waere es sinnvoll mit Wasserstoff als Speicher zu arbeiten, da dann ueberkapazitaten fuer die produktion und speicherung bereit stehen wuerden.
    Batteriespeicher haben aber weiterhin vorteile in sahcen reaktionszeit bei netzinstabilitaeten.
    Kurz gesagt:
    Wasserstoffwirtschaft ist super, aber wird wohl niemals Realitaet werden

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