Bernd Leitenbergers Blog

Die Mainachlese 2023 von SpaceX – zweiter Teil

So, heute geht es mit dem zweiten Teil der Mainachlese weiter. In diesem Teil geht es um den HLS wo es einen Konkurrenten gibt, dem Fortschritt beim Lunar Starship und den Gefahren die daraus für den Kontrakt entstehen, Spekulationen um einen Starlink Börsengang und allgemein schlechte Nachrichten von Musks Firmenkonglomerat.

Die letzte Neuigkeit kommt vom HLS. Also für alle die nicht akronymfit sind, das steht für Human Landing System und ist der Mondlander des Artemisprogramms. Die NASA hat am 19.5.2023 angekündigt, dass das Team um Blue Origin einen zweiten Auftrag für einen Mondlander zu bauen bekommt, der bei ihnen „Blue Moon“ heißt, ein Wortspiel, in dem zum einen die Firmenbezeichnung „Blue Origin“ wie auch ein besonderer Vollmond, eben der „Blue Moon“ gemeint ist. Die NASA wird diesen zweiten Mondlander mit 3,4 Milliarden Dollar finanzieren. Ein Sprecher von Blue Origin sagte, man werde „signifikant mehr“ selbst investieren. Origin arbeitet an dem Blue Moon seit 2016 nach eigenen Angaben. Sie bewarben sich auch um den HLS-Vertrag und offerierten das Integrated Lander Vehicle (ILV) mit dem „National Team“, bei dem auch Lockheed-Martin, Grumman-Nrothrop und Draper beteiligt waren. Als SpaceX den HLS Kontrakt am 16.4.2021 bekam, protestierte Blue Origin zuerst bei der GAO, dem Gegenstück zu unserem Finanzrechnungshof. Das weis den Protest am 30.7.2021 ab, danach prozessierte man gegen die NASA direkt, weil die Bewertung nicht korrekt war, also man bei ihrem Lander Risiken sah, aber die Risiken bei SpaceX herunterspielte. Jeder der das Konzept von SpaceX kennt weiß, das dem auch so ist. Der Teststart am 20.4.2023 bestätigte dies. Jeff Bezons bot dann an, eigenes Geld in die entwickeln zu stecken. Die NASA, das bestätigte Administrator Nelson, würde ja gerne zwei Entwicklungen finanzieren, aber das Budget gibt dies nicht her.

Das war vor zwei Jahren. Inzwischen kam es wie man sich denken konnte. SpaceX aka Elon Musk dachte gar nicht daran, ein „Lunar Starship“ zu bauen. Im August 2021 sagte er in einem Interview, also drei Monate nach dem SpaceX den Auftrag erhellt, dass er alle Arbeiten an der Auftanktechnologie stoppen lies. Ohne diese ist das Projekt nicht durchführbar. Real braucht SpaceX das Geld von der NASA, um ihr normales Starship zu finanzieren. Dann wurde bekannt, das sie zuerst gar nicht einen „Human“ Lander bauen wollen, sondern ein „Skeleton Lander“, also ein System das weder eine Besatzung versorgen kann noch überhaupt von der Mondoberfläche zurück starten kann, also im Prinzip ein Starship mit der Absicherung das es nicht auf unebenem Boden umkippt. Für diese kleine Modifikation des normalen Starships sollte die NASA Milliarden bezahlen und natürlich wurde es teurer, weitere 1,18 Milliarden Dollar kamen zu den anfänglichen 2,89 Milliarden Dollar hinzu. Damit ist es jetzt schon teurer als der Blue Origin Kontrakt.

Wenig weiß man von dem „Blue moon“ Lander. Als Startmasse werden 45 bis 50 t genannt, als Trockenmasse 16 bis 17,6 t. Das ergibt für mich keinen Sinn, weil auch gesagt wird, das er in eine Nutzlastverkleidung einer New Glenn passt. 45 bis 50 t kann keine SLS zum Mond transportieren. Eine New Glenn sowieso nicht. Ich sehe hier eher eine Verwechslungsangabe. Der mondloser gelangt meiner Ansicht nach mit einer New Glenn in einen LEO und wiegt dort 45 t. Mit dem eigenen Triebwwrk gelangt er dann zum Lunar Gateway und dafür gilt die 16 bis 17 t Angabe. Er ist dann etwas schwerer als der Apollo Mondlander. Durch die Nutzung von Wasserstoff als Treibstoff kann die Trockenmasse niedriger und damit die Masse für Systeme für die Mannschaft trotzdem höher sein. Das ist aber nur eine Deutungsmöglichkeit. Wie 30 t Nutzlast auf den Mond und 20 t in den Orbit für die Mark II Cargo Variante zustande kommen sollen die Wikipedia nennt bleibt mir ein Rätsel. Man kann ja das abschätzen anhand der zu verändernden Geschwindigkeit und dem spezifischen Impuls von Wasserstoff/Sauerstoff Triebwerken und ich komme so auf 70 bis 80 t Startmasse aus dem Lunar Gateway heraus für 30 t Nutzlast (und dorthin muss er erst mal gelangen). Dagegen erscheinen die 4,5 t Nutzlast beim ersten Konzept als realistisch für einen anfangs 16,5 t schweren Lander. Damit man vergleichen kann: Der Apollo LM wog 16,4 t beim Start, die Aufstiegsstufe als „Nutzlast“ einer Cargo Version 4,7 t und in den Orbit gelangten noch 2,3 t. In jedem Falle ist dieses Konzept realistischer als das von SpaceX.

Ich vermute die letzten zwei Jahre haben dazu geführt das die NASA das Geld bekommen hat, das sie von Anfang an haben wollte für zwei Konzepte. Das Elon Musk meint, das wenn das Vehikel das 2025 Menschen auf dem Mond bringen soll – also in zwei Jahren – schon erfolgreich wäre wenn es den Startturm passiert und das Resultat des Testflugs haben wohl auch geholfen. Es könnte aber auch anders sein und das würde relativ gut erklären warum Musk einen Teststart ansetzt von dem er vorher weiß das die Erfolgschance minimal ist. Die NASA vergibt die Gelder ja nicht einfach so. Sie stellt Meilensteine auf, die die Firma erfüllen muss und werden die nicht erfüllt, so gibt es keine Gelder mehr. So kam Orbital zu ihrem COTS Kontrakt nachdem die Firma die zuerst den Auftrag bekam – Rocketplane Kistler – in einem Jahr keine Fortschritte vorweisen konnte. Bei einem Projekt wie dem Lunar Starship das nur SpaceX eigener Rakete gestartet werden kann kann auch die erfolgreiche Flugerprobung dieser ein Meilenstein sein. Warum sollte die NASA für ein Starship bezahlen wenn es noch nie geflogen ist?´Da könnte dieser Testflug und vor allem wie er ablief dann durchaus der NASA auch die Möglichkeit bieten den Kontrakt zu beenden und dann hat sie das Geld für den Blue Moon Lander, ohne es vom Kongress anzufordern. Selbst mit der Verschiebung von Artemis 3 auf 2025 bleibt nicht viel Zeit: bis dahin muss nicht nur das Starship den Orbit erreichen, sondern das selbst nach Musks Angaben acht bis zehnmal in einem kurzen Zeitraum hintereinander um das Lunar Starship aufzutanken, was auch noch nicht erprobt ist. Das muss auch fertig entwickelt sein, also auch Astronauten sicher beherbergen können, sicher auf unebenem Gelände landen und ein Aufzug muss auch funktionieren. Das alles in zwei Jahren zu schaffen halte ich für fast unmöglich.

Das mit dem NASA Geld vor allem das „normale“ Starship finanziert wurde, dafür spricht auch die Meldung wie viel Geld SpaceX bisher investiert hat. Es sind bisher nur 3 Milliarden Dollar, bedenkt man das der HLS-Kontrakt mit der NASA schon 2021 abgeschlossen wurde und 2024 schon die Landung anstehen dürfte so stammt 1 Milliarde davon von der NASA. Wie schon früher bzw. im Launch Business bis heute lebt SpaceX von Regierungsgeldern. Okay, das ist bei US-Weltraumfirmen normal, aber die stellen sich nicht als die Revolution auf dem Trägersektor dar. Weitere 2 Milliarden sollen dieses Jahr folgen, trotzdem. Schon 2016 gab Elon Musk die geschätzten Entwicklungskosten mit 10 Milliarden Dollar an und die letzten drei Jahre mit hoher Inflation dürften sie eher ansteigen lassen. Was die Einnahmen außerhalb des HLS-Kontrakts angeht, so sieht es aber düster aus: „He said “hundreds of thousands of people” have placed deposits for service but are waiting until those larger satellites can be launched to have sufficient capacity to serve them.

On a smaller scale, he said that SpaceX offered Starship/Super Heavy to NASA’s Venture-Class Acquisition of Dedicated and Rideshare (VADR) contract for smallsat launches. The company estimated VADR to generate at least $10 million in annual revenue for the company, a small fraction of a single commercial Falcon 9 launch.“

Aber für Kathy Lueders, welche die Vergabe des Kontrakts verantwortete, lief es gut. In der Begründung findet man ein Wort sehr häufig „I“ also „Ich“. Wer solche Dokumente kennt weiß das sie normalerweise ganz anders sind, sachlich geschrieben, voll mit technischen Vergleichen und Tabellen, niemals in Ich-form. Das deutet für mich hin, das Kathy Lueders dies weitestgehend alleine entschieden hat.

Kathy Lueders hat die Auftragsvergabe nicht bereut, sie schied zum 30. April bei der NASA aus und ratet mal wo sie nun arbeitet? Richtig, sie fing wenige Tage später bei SpaceX an, arbeitet am Starship Programm. Noch pikanter: SpaceX sammelt ja Gallionsfiguren. Eine der ersten war Ken Bowersox, erfahrener NASA-Astronaut. Er verließ SpaceX nachdem er erkannte das er nur der Firma Reputation bringen sollte, aber keinerlei Einfluss hatte. Nun übernimmt gerade er Lueders Posten ab dem 1. Mai.

Insgesamt wird es für SpaceX schwerer an Geld zu kommen. „Auf Plattformen, auf denen Vertragspartner Anteile von nicht-börsennotierten Unternehmen kaufen können, haben die SpaceX-Aktien zuletzt einen Nachfrageeinbruch erlitten, wie Rainmaker-CEO Glen Anderson gegenüber Barron’s erklärte. „Wenn wir vor sechs Monaten einen SpaceX-Block bekamen, war er in zwei, drei Tagen verkauft“, so Anderson. „Jetzt haben wir SpaceX-Blöcke seit zwei Monaten in den Büchern.“. Wundert mich bei einem hypothetischen Firmenwert von 137 Milliarden, also in etwa so viel wie der zehnmal mehr Mitarbeiter zählende Lockheed Konzern wert ist, nicht. So dürfte der Zustrom an Kapital dünner werden. Das Verkaufen von Anteilen klappte bisher gut, weil SpaceX-Anteile zu immer größeren Preisen verkauft wurden. Derzeit hält Musk nach dem obigen Artikel noch 42 Prozent der Anteile. Wie ich schon mehrmals erwähnte, versagen bei Personen die mit Börsenwerten und Gewinnen zu tun haben, gerne die Gehirnzellen. Im obigen Text wird weiter oben spekuliert ob aus SpaceX die Starlink-Sparte herausgelöst wird und an die Börse geht, was weiter unten aber für frühestens Ende 2025 zu erwarten ist. Im Artikel glaubt man an die Reduktion der Startkosten auf 3 Prozent, obwohl bei der Falcon 9 die Startkosten nach erfolgreicher Bergung des Großteils der Rakete nicht gesunken wird. Dort werden Einnahmen von 150 bis 300 Millionen Dollar pro Raketenstart angegeben, obwohl eine Falcon 9 nach Website 67 Millionen Dollar kostet und die gesamte Starlink Sparte mit 1 Million Abonnenten soll 70 Milliarden Dollar wert sein. Nun generiert ein Abonnent im Idealfall (er sitzt in den USA, in den meisten anderen Ländern sind die Gebühren niedriger) 1.200 Dollar Umsatz pro Jahr, 1 Million Abonnenten also 1,2 Milliarden Umsatz, nicht Gewinn. Etwas mickrig bei einem Unternehmen das 70 Mrd. Dollar wert sein soll. Im selben Portal weist die Lockheed Martin Aktie 2021 einen Umsatz von 67 Milliarden Dollar aus, alleine der an Aktionäre Gewinn war mit 3 Milliarden höher als der Umsatz den die Starlink Abonnement generieren. Der Firmenwert von SpaceX ist also völlig überbewertet und das kann bei einem Börsengang dann schnell zum Rückwärtsgang werden, wie es bei Tesla dank Musks Capriolen bei Twitter und sonstiger Äußerungen, die an seinem Verstand zweifeln lassen, schon der Fall ist. Den Wert von Twitter hat er Musk in wenigen Monaten durch seine Vorgehensweise auf ein Drittel schrumpfen lassen. Auch bei Tesla häufen sich die Schwierigkeiten. Da gab es ein Datenleak von Mitarbeiterdaten und Ergebnissen des Autopiloten. Da schwebt nun eine Strafe von 3,26 Milliarden Euro in der Luft. Gleichzeitig gab es über 1.000 Crashs durch den Autopiloten – bei 2,6 Millionen verkauften Fahrzeugen eine ganze Menge. Damit hinkt Tesla bei dem autonomen Fahren den Konkurrenten hinterher. Dumm wenn dann der Chef sagt das Tesla ohne Autopiloten „Null wert“ sei. Sollte man als Chef eines börsenorientierten Unternehmens nicht sagen. Derzeit macht Musk eine China-Tour. China ist bei E-Autos der Wachstumsmarkt schlechthin, die Verkäufe dort explodieren, letztes Jahr war ein Viertel der neu zugelassenen Fahrzeuge elektrisch angetrieben. Aber Tesla dürfte es genauso schwer wie andere Nicht-Chinesische Marken zu haben, inklusive deutsche – die Autos sind schlicht und einfach zu teuer. Umgekehrt expandiert der chinesische Hersteller BYD nun auf den europäischen Markt.

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