Der Grundumsatz und Leistungsumsatz

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Als ich kürzlich mal auf obige Begriffe verlinken wollte, stellte ich fest, dass ich diese im Blog noch nie besprochen habe. Auf der Webseite dagegen schon, da zählt der Artikel zu den ältesten die ich publiziert habe, denn als ich 1998 (im September auch schon 25 Jahre her …) angefangen habe veröffentlichte ich nichts mit Raumfahrt oder Computern, sondern über die Dinge von denen ich wusste weil ich Lebensmittelchemie studiert habe. Gut es sind Begriffe aus der Ernährungslehre, aber die benötigt man auch als Lebensmittelchemiker, schließlich ist es auch eine Aufgabe Werbeversprechen der Hersteller, die meist mit Ernährung und den (angeblichen) Vorteilen ihrer Produkte zu tun haben zu beurteilen.

Unter den beiden Begriffen verbirgt sich nichts anderes, als die Energie die unser Körper zum Leben braucht. Der Grundumsatz ist weitestgehend konstant, der Leistungsumsatz dagegen variabel und er hängt davon ab was der Mensch so tut.

Der Grundumsatz ist die Energie die per Definition der Mensch benötigt um seine Körperfunktionen aufrecht zu erhalten. Alle Organe verbrauchen Energie, am meisten übrigens das Gehirn und das sogar noch völlig unabhängig ob man ein kniffeliges Problem löst oder nur Videos schaut. Die Energie wandelt unser Körper letztendlich in Wärme um, um die Körpertemperatur von rund 37 Grad aufrecht zu erhalten, fällt sie ab, so versagen die Organe sukzessive. Kaltblüter wie Reptilien und Amphibien benötigen eine solche „Heizung“ nicht und kommen mit viel weniger Energie aus. Damit der Grundumsatz genau bestimmt wird, findet eine Messung im Ruhen, also Liegen statt, in einem so temperierten Raum, dass man weder schwitzt noch friert (beides verbraucht Energie).

Der Grundumsatz ist aber nicht konstant. Es gibt zahlreiche Einflussgrößen:

  • Der Grundumsatz ist ab der 22.sten Schwangerschaftswoche durch das Wachstum des Embryos um 10 Prozent erhöht
  • Sportler: Die Muskulatur macht nur wenig am Grundumsatz aus (18 Prozent, bei 40 bis 50 Prozent Anteil der Muskeln am Körpergewicht), aber Sportler haben eben mehr Muskeln und die benötigen auch in der Ruhe Energie.
  • Schilddrüsenüberfunktion: Der Grundumsatz wird durch Schilddrüsenhormone reguliert. Eine Überfunktion setzt zu viel dieser Hormone ein die den Grundumsatz um 10 bis 15 Prozent steigern können
  • Fieber über 40 Grad erhöht den Grundumsatz um 13 Prozent
  • Die Menstruation verändert ebenfalls den Grundumsatz.
  • Zuletzt hat man festgestellt, (kein Witz) das labile und leicht erregbare Menschen einen erhöhten Grundumsatz haben. Ihre Muskulatur ist auch wenn sie sich nicht aufregen, nie ganz in Ruhe.
  • Der Grundumsatz ist im Schlaf um etwa 7 bis 10 Prozent erniedrigt, weil dann das Gehirn etwas weniger Energie benötigt.
  • Da mit dem Grundumsatz die Körpertemperatur aufrecht erhalten wird, sinkt er in den Tropen je nach Temperatur um 10 bis 20 Prozent ab.
  • Abnehmen: Reduziert man das Körpergewicht, so nimmt der Grundumsatz ab. Es handelt sich um eine Anpassung des Körpers an die geringere Energiezufuhr, ein „Sparprogramm“, denn von Natur aus ist Gewichtsabnahme ja Lebensbedrohend. Sinkt das Gewicht um 10 Prozent so nimmt der Grundumsatz um 16 Prozent ab. Bei 24 Prozent Gewichtsabnahme sind es schon 30 Prozent weniger Energie die benötigt werden.

Da wir die Wärme über die Haut abgeben, ist der Grundumsatz von der Hautoberfläche abhängiger als vom Gewicht. Nur ist diese Oberfläche schwer zu messen. Man kann sich aber damit behelfen das sie mit der Körpergröße korreliert. Also jemand der schlank und groß ist hat eine größere Körperoberfläche als jemand der klein und leicht übergewichtig ist. Dafür gibt es die Harris-Benedict Formel, nach der man den Grundumsatz etwas genauer als über die einfachen Schätzformeln ermitteln kann (Ergebnis in kcal):

Frauen:

Grundumsatz = 655 + (9,6 × Gewicht in kg) + (1,8 × Größe in cm) – (4,7 × Alter in Jahren)

Männer

Grundumsatz = 66 + (13,7 × Gewicht in kg) + (5 × Körpergröße in cm) – (6,8 × Alter in Jahren)

Also als Beispiel: der Autor: 1,76 m Größe, Körpergewicht 75 kg, Alter 58:

66 + 13,7*75 + 5 * 175 – 6,8 x 58 = 1574,1 kcal = 6.590 kJ.

Das Alter spielt eine rolle, weil der Grundumsatz mit dem Alter abnimmt, nach den Formeln um 4,7 bzw. 6,8 kcal pro Lebensjahr.

Die einfachere Formel ist die, die nur das Gewicht zu berücksichtigt. Demnach verbraucht eine Frau 3,8 kj/Stunde/Kilogramm Körpergewicht und ein Mann 4,2 kJ. Multipliziert man dies mit 24 Stunden und dem Körpergerecht, so erhält man den Grundumsatz in kJ. Also beim Autor: 4,2 kJ * 75 kg * 24 Stunden = 7.560 kJ. Wie man sieht, differieren beide Angaben um rund 1.000 kJ. Das macht das Alter aus, wäre der Autor 26, wo der Grundumsatz am höchsten ist, so wäre der Grundumsatz auch nach der Harris-Bededict Formel bei 7.560 kJ. Die Formeln gelten aber nur für Erwachsene und sie werden mit zunehmenden Lebensalter immer ungenauer, da dann der Grundumsatz absinkt.

So genau man den Grundumsatz berechnen kann, er taugt nicht als individuelles Maß. Untersuchungen an Personen mit bilanzierter Diät ergaben, das ein „sparsame“ und „verschwenderische“ Stoffwechseltypen gibt. Damit hat die Wissenschaft bestätigt was eigentlich jeder weiß: es gibt Menschen die können sehr viel essen und nehmen nicht oder kaum zu und andere haben, obwohl sie weniger essen als sie rechnerisch für die Deckung ihres Energiebedarfs benötigen, kämpfen damit nicht zuzunehmen. Neben verschiedenen Hormonen scheint das braune Fettgewebe eine Rolle dabei zu spielen, das bei den „verschwenderischen Stoffwechseltypen“ in größerer Menge vorhanden ist. Dieses Fettgewebe gibt es bei vielen Säugetieren und auch menschlichen Babys. Es produziert Wärme und steigert so den Grundumsatz. Hier ein Link zu einem Interview mit Dr. Tim Hollstein, der das erforscht hat. Ich habe mitgenommen, dass ich im Winter vielleicht die Heizung noch etwas niedriger stelle, denn da nehme ich immer einige Kilos zu, die ich im Sommer mit viel Schwimmen wieder abtrainiere.

Der Leistungsumsatz

Alles was über den Grundumsatz hinausgeht, also durch die menschliche Tätigkeit an Energie verbraucht wird, nennt man Leistungsumsatz. Den gibt es schon, wenn man nur liegt. Denn alleine das Verdauen der Nahrung erfordert Energie, man kann also nicht die volle Energie, die in der Nahrung steckt nutzen. Zudem verbraucht das Gehirn im Wachzustand mehr Energie als beim Schlafen. Es gibt für zahlreiche Tätigkeiten Messungen wie viel Energie man verbraucht. Bei vielen Aktivitäten ist der Energieverbrauch vom Niveau abhängig, also zügiges Radfahren (25 km/h) braucht mehr Energie als gemütliches Radfahren (15 km/h). Man kann die Werte für verschiedene Tätigkeiten in Tabellen nachschlagen. Auch hier werden als Werte kcal bzw. kJ pro Kilogramm Körpergewicht und Stunde angegeben. Eine solche Tabelle findet sich z.B. hier. Ich habe auch mal ein Programm geschrieben mit dem man das komfortabel erledigen kann in dem schon 45 Aktivitäten hinterlegt sind.

Aber es hat sich eingebürgert, es zu vereinfachen. Man geht davon aus, dass Menschen durch ihre Arbeit in bestimmte Tätigkeitsbereiche fallen und für diese einen Faktor, genannt PAL (Physical Acticity Level) eingeführt. Das berücksichtigt das diese Tätigkeit den Energiebedarf dominiert. Treibt man bei Tätigkeiten mit kleinem PAL noch Sport als Ausgleich, so kann man diesen leicht erhöhen:

Tätigkeitsprofil

Beispiele / Berufsbilder

Faktor

Grundumsatz

Schlafen

1,0

Nur sitzend und liegend

Alte und gebrechliche Menschen

1,2

Fast ausschließlich sitzend,
wenig sportliche Aktivitäten

Typische Büroarbeit, Sekretärinnen, Computernerds

1,4

Überwiegend sitzend,
zusätzliche stehende und gehende Tätigkeiten

Studenten, Laboranten, Kraftfahrer

1,6

Überwiegend stehend/gehend

Verkäuferinnen, Kellner, Handwerker, Hausfrauen

1,8

Körperlich anstrengende Tätigkeit

Bergleute, Landwirte, Waldarbeiter, Sportler

2,0-2,4

Wer eine Uhr hat, die die Herzfrequenz misst kann den PAL auch selbst bestimmen, denn man entdeckte, dass die Herzfrequenz mit dem PAL zusammenhängt:

Tätigkeit

PAL Wert

Herzfrequenz

Sehr leichte Arbeit

1,0 – 1,4

< 80

Leichte Arbeit

1,6

80 – 100

Mäßige Arbeit

1,8

100 – 120

Schwere Arbeit

2,0 – 2,4

120 – 140

Sehr schwere Arbeit

2,5 – 3

140 – 160

Es ist auch beim Leistungsumsatz ein deutliches Geschlechtergefälle zu beobachten. Die Ursache liegt wiederum in der geringeren Muskelmasse. Auch wenn Muskeln nicht die volle Leistung erbringen müssen, so werden sie doch durchblutet und mit Nährstoffen versorgt. Ein positiver Effekt eines Muskelaufbaus durch Sport ist daher, dass die Muskeln, wenn sie einmal gebildet sind, weiterhin Energie verbrauchen, auch wenn keine sportliche Tätigkeit ausgeübt wird. Der mittlere Muskelanteil bei normalgewichtigen Männern liegt bei 40 Prozent. Bei Frauen sind es nur 23 Prozent. Entsprechend geringer ist auch der Energieverbrauch. Dieses Ungleichgewicht wirkt sich auch auf den Grundumsatz aus, weil Muskeln nur 30 Prozent der Energie in Form von mechanischer Arbeit nutzen können. Die restlichen 70 Prozent sind Wärme. Da die Muskeln aber nicht einfach „abgeschaltet“ werden können, produzieren sie auch Wärme, wenn wir schlafen, und damit ist der Grundumsatz von Männern höher als der von Frauen. Allerdings entfallen nur 10 Prozent bis 20 Prozent des Grundumsatzes auf die Skelettmuskeln. Man sollte diesen Effekt also nicht überbewerten.

Messungen

Die Frage ist wie man denn nun die Energie messen kann die jemand umsetzt, egal ob dieser nun schläft oder sich bewegt. Es gibt zwei Methoden. Die direkte Kalorimetrie ist sehr aufwendig und teuer und wird nur bei Ruhestudien eingesetzt. Dabei wird jemand in einen abgeschlossenen Raum gesetzt und genauestens gemessen, wie sich die Temperatur des Raums verändert, denn das muss ja auf die Person zurückzuführen sein. Dafür benötigt man ein umfangreiches Instrumentarium und speziell präparierte Räume. Das ist sehr teuer und wird heute nur noch selten angewandt. Bei Langzeitstudien wird zudem genau gemessen wie viel jemand von den vorgesetzten Portionen isst, wie der Energiegehalt des Urins und Kots ist und welche Abbauprodukte man in ihm findet.

Sobald sich jemand bewegt scheidet diese Methode oft aus. Dann nimmt man die indirekte Kalorimetrie. Dafür bekommen die Probanden Atemmasken und es wird bei der ausgeatmeten Luft der Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalt gemessen. Die Methode geht davon aus, das von den drei Hauptnährstoffen – Eiweiß, Kohlenhydrate und Fett – man Eiweiß nur für den Aufbau von Körpereiweiß benötigt. Es sollte also nur in Notlagen verstoffwechselt werden. Es bleiben zum Decken des Energiebedarfs also noch Fett und Kohlenhydrate. Beide Stoffe benötigen Sauerstoff um das Kohlenstoffskelett zu Kohlendioxid zu oxidieren, das heißt der Sauerstoffanteil der Luft nimmt ab, dafür wird Kohlendioxid ausgeatmet. Fettsäuren bestehen aus einem Kohlenwasserstoffskelett, pro C-Atom braucht man zwei Sauerstoffatome um Kohlendioxid zu bilden. Kohlenhydrate haben dagegen pro C-Atom ein Sauerstoffatom, man benötigt daher nur ein Sauerstoff-Atom um es zu oxidieren, Misst man beide Gase, so kann man ermitteln wie viel Kohlenhydrate und wie viel Fett verbrannt wurden, weil beide Stoffe unterschiedlich viel Sauerstoff zur Bildung einer bestimmten Menge Kohlendioxid benötigen. Über den Quotienten kann man die prozentuale Anteil an Kohlenhydrate und Fett am Energieverbrauch bestimmen und über die Kohlendioxidmenge die absolute Höhe des Energieverbrauchs.

One thought on “Der Grundumsatz und Leistungsumsatz

  1. Hallo Bernd

    „ Untersuchungen an Personen mit bilanzierter Diät ergaben, das ein „sparsame“ und „verschwenderische“ Stoffwechseltypen gibt.“

    Kannst du diese Streuung des Grundumsatzes irgendwie quantifizieren?

    Danke

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