Bernd Leitenbergers Blog

Space-Power

Derzeit hat SpaceX einige schlechte Nachrichten zu verkraften. Die FCC hat Subventionen für Firmen vergeben, die in schlecht versorgten Gebieten der USA schnelle Internetzugänge zur Verfügung stellen. Bis zur Deadline schaffte SpaceX es nicht mit Starlink die Mindestanforderung von 100 Mbit/s im Download im Durchschnitt zu erbringen. Im letzten Quartal waren es 64,54 Mbit/s im Durchschnitt. Auch wenn sich nun der Abstieg der Datenrate, den Starlink seit Beginn hatte, stabilisiert hat (sprich es nun genauso viele neue User in den USA wie neue Satelliten gibt) ist das eben deutlich unter den Mindestanforderungen. So werden 886 Millionen Dollar an Subventionen zurückbehalten. SpaceX Trost: es ist nicht die einzige Firma, die keine Gelder bekommt, LTD Broadband muss sogar auf 1,3 Milliarden Dollar verzichten. Noch etwas schlechter steht Starlink bei den Uploads da: mit 9,72 Mbit/s erreichen sie nicht mal die Hälfte der Forderung von 20 Mbit/s. Immerhin: Das Tief von 53 MBit Downloadgeschwindigkeit, das 2022 erreicht wurde, hat es mittlerweile hinter sich gelassen.

Immerhin, sie haben nun 2,2 Millionen Nutzer weltweit, 1,3 Millionen davon in den USA. Allerdings sollten es nach Projektvorgaben schon letztes Jahr 20 Millionen sein. Von Bedeutung ist das für das Starship, denn nach den Plänen für Investoren um Geld einzutreiben von 2015 sollte Starlink 2022 einen Umsatz von 12 Milliarden Dollar und einen Gewinn von 7 Milliarden Dollar einbringen. Mit dem Gewinn wäre dann die Entwicklung des Starships, die alleine dieses Jahr mehrere Milliarden verschlingt, finanzierbar. Nun waren es 2022 aber gerade mal 1,4 Milliarden Dollar Umsatz bei Starlink und den allerersten Gewinn nach fünf Jahren gab es erst im ersten Quartal 2023. Da ist der Wegfall von fast 900 Millionen Dollar dann schon ein Rückschlag. Zudem sinken mit der Datenrate auch die Preise – bei uns startete Starlink mit 1.000 Euro für die Hardware und 100 Euro monatlich, derzeit kostet es noch 300 Euro für die Hardware und 50 Euro pro Monat. Für die Nutzer angenehm, aber der Gewinn sinkt so eben auch ab.

Aber SpaceX hat auch eine andere Finanzspritze bekommen, wenn auch nur 7,4 Millionen Dollar, von dem US-Energiemisterium für die Demonstration der Übertragung von Energieübertragung aus dem Orbit. Was streckt dahinter?

Inzwischen scheint Elon Musk sein Marsprojekt ernsthaft zu durchdenken. Da gibt es ja einige Grundsatzentscheidungen zu treffen und erst mal viel Grundlagenforschung zu treiben. Denn die Maussiedlung muss ja autonom sein. Die ISS braucht für 7 Astronauten rund 30 t Versorgungsgüter pro Jahr, die Marssiedlung muss nicht nur ihre eigene Nahrung anbauen, sondenr auch alles andere was sie benötigen – Kleidung, natürlich die Gebäude, aber auch so kleine Teile wie Chips für die Elektronik. Und sie braucht Energie für all das. Da hat Musk persönlich sich dafür eingesetzt, dass SpaceX angereichertes Uzran für Kernreaktoren von den USA bekommt. Das hat nicht nur nicht geklappt, man hat ihm verstehen gegeben, dass es angereichertes Uran – auch nicht waffenfähiges – für keine Firma und Privatperson in den Uta gibt, außer diese fertigt für oder durch Genehmigung der USA Kernreaktoren. Mehr noch, sollte Musk das spaltbare Material woanders besorgen, würde das das Aus aller Aufträge durch Regierungsorganisationen bedeuten. Das wird er wohl kaum bedeuten, denn die generieren drei Viertel seiner Einnahmen.

Die Auswahl an alternativen Energieformen ist aber beim Mars beschränkt: Die Atmosphäre ist zu dünn für Windräder, Wasser für Wasserkraft gibt es nicht und die Siedler dürften froh sein, wenn sie genügend Biomasse für ihre Nahrungsversorgung anbauen können und nicht noch welche für die Stromgewinnung übrig haben.

Das Einzige, was bleibt ist Solarenergie. Auf der einen Seite ist sie auf dem Mars zuverlässiger als auf der Erde – selbst bei einem globalen Staubsturm sinkt die Helligkeit nicht so stark ab wie bei bewölktem Himmel auf der Erde, das zeigen Messungen der Raumsonden die auf dem Mars landeten. Aber es gibt andere Probleme. Die Paneele verstauben. So kam das Ende der Raumsonde Phoenix, als die Solarpaneele durch zu viel Staub zu wenig Leistung lieferten. Man kann sie säubern, aber das wird bei richtig großen Solarfarmen doch aufwendig und unabhängig davon verkratzt der Staub die Paneele – sie verlieren an Leistung. Das Schützen mit Glas hilft auch nicht – dann wird eben das Glas trübe, mit demselben Effekt.

Eine Lösung, an der SpaceX schon forscht, ist die Gewinnung von Strom aus dem Orbit. Das Prinzip ist relativ einfach: Man positioniert in einer Umlaufbahn einen Satelliten mit einem riesigen Solarzellenarray und einer ebenso riesigen Antenne. Die sendet die gewonnene Leistung als Mikrowellen zur Oberfläche. Dort wird sie von „Antennen“ aufgefangen. Ich schreibe das in Anführungszeichen, weil es keine Antenne in dem Sinne ist, wie man sie sich vorstellt. Es ist vielmehr ein Gitter aus Drähten mit riesigen Dimensionen – einige Quadratkilometer groß. Dieses Gitter könne weit über der Vegetation z.B. einem landwirtschaftliche genutzten Feld aufgespannt werden. Einen Überblick liefert folgendes Dokument. Schon in den Siebzigern untersuchte die NASA dies und kam zu dem Schluss, das man so Strom für 10 ct pro kWh (Preisbasis 1981) erzeugen kann. Seitdem ist der Zugang viel preiswerter geworden, so kostete in diesem Jahr (1981) der Space Shuttle 24 Millionen Dollar pro Flug, das Starship wird ein Vielfaches der Nutzlast für nur 10 Millionen Dollar pro Flug transportieren.

Der Vorteil der Anlage im Weltall vor allem eine viel höhere Energieausbeute. Bei uns generiert eine PV Anlage mit einem Kilowatt Peakleistung (kWp) im Jahr bei optimalen Bedingungen etwa 1.200 kWh. Wir haben rund 2.000 Sonnenstunden im Jahr, dieses Jahr z. B. bis jetzt 1.930. Im Weltall gibt es pro Jahr 365 x 24 Stunden Sonne, 8.760 Stunden pro Jahr. Und die Atmosphäre, die auch bei wolkenlosem Himmel etwa ein Drittel der Sonnenstrahlung absorbiert, fällt auch weg. In der Summe wird eine Anlage im Weltall etwa fünfmal so viel Leistung gewinnen wie dieselbe Anlage bei uns. In bestimmten Gegenden auf der Erde wie äquatornahen Wüsten sieht es besser aus, aber selbst dann reden wir von einem Faktor 3 bis 4.

Gegenüber damals /als die NASA das untersuchte) hat sich auch die Technologie weiter entwickelt. Damals waren Solarzellen extrem teuer, heute sind sie billig. Und es gibt neue Technologien. Für eine Weltraummission zählt vor allem das Gewicht und beim Starship auch das Volumen. Heute kann man Solarzellen so dünn fertigen, dass sie biegsam sind und sich leicht auf eine Trägerschicht aus Kunststoff aufziehen lassen. So kann man entrollbare Paneele herstellen. Ein solches wird schon bei der ISS eingesetzt und ergänzt die alten Solarzelle die mittlerweile teilweise 20 Jahre alt sind. Das ROSA Array schafft eine Leistung von 100 bis 120 Watt pro Kilogramm Masse. Bei einer – leider gestrichenen – Technologiemission wollte man Dünnschichtsolarzellen mit einer Leistung von 300 W/kg erproben. Ein Starship, das 50 t ins All bringt könnte so mit einem Start ein 15 MW Kraftwerk befördern.

Der Hauptvorteil ist aber, dass diese Stromversorgung unabhängig von Tageszeiten und Wetter ist. In einer sonnensynchronen Umlaufbahn kompensieren sich die Bewegung des Satelliten im dreidiemensionalen Raum und die Drehung der Erde um die Sonne, sodass eine Station dort immer von der Sonne beleuchtet wird. Die sonst nötigen sehr teuren Energiespeicher wären so bei der irdischen Anlage nur noch für Spitzenzeiten nötig.

Übertragen wird der Strom durch Mikrowellen. Dabei konzentriert man sich auf niedrige Frequenzen weil diese die Atmosphäre besser durchdringen als höhere – auch wenn die ausgeleuchtete Fläche auf der Erde so größer ist. Dafür ist der Abstand der Drähte größer und die Fläche darunter ist normal nutzbar. Man wird dort nicht gegrillt. Bei Verwendung des C-Bandes mit Frequenzen von 2 GHz reicht ein Drahtgeflecht mit 90 cm Maschenweite. Erwartet wird nach obigem Dokument, dass der Verlust zwischen Erzeugung und Empfang nur 0,2 bis 20 Prozent der Energie.

Übertragen müssen die Mikrowellen mit einer riesigen Antenne. Eine starre Antenne ist auf den Durchmesser des Nutzlastraumes beschränkt, also maximal 9 m beim Starship. Alternativen gibt es aber. Derzeit am weitesten entwickelt ist die Technologie von entfaltbaren Antennen. Marktführer Harris liefert welche bis zu 12 m Durchmesser die nur 4,3 m hoch sind. So sollte in der 20 m langen Nutzlastsektion des Starships eine 48 m durchmessende Antenne untergebracht werden kann, die hochgerechnet etwa 6 t wiegt. Sie würde bei einer Frequenz von 3 GHz einen Öffnungswinkel von 0,125 Grad haben. Das sind aus 1000 km Distanz ein Durchmesser von 2,1 km ausleuchten. Viel Arbeit wäre natürlich in die Entwicklung einer Antenne dieser Größe zu leisten

Leichter und potenziell größer wäre die Entwicklung einer Antenne auf Basis der Technologie für Solarsegel. Diese müssen auch aus einem kleinen Kanister entfaltet werden und sind sehr leicht. Leider weisen sie nicht die ideale Form der Antenne auf. Dies könnte durch eine Rotation verbessert werden.

Bisherige Studien konzentrierten sich auf den geostationären Orbit für stationäre Energieplattformen. Das dürfte für SpaceX nicht in Frage kommen, weil das Starship so schwer ist, dass es mehrmals aufgetankt werden muss, um den GEO-Orbit zu erreichen. Das verteuert das Unternehmen. Wahrscheinlicher ist, dass SpaceX wie bei Starlink einen erdnahen Orbit nutzt. Anbieten würde sich für mich die Zone zwischen 1.000 und 1.200 km Höhe die noch wenig belegt ist. Beide Konzepte haben Vor- und Nachteile. Wie beim Internet über Satellit ist auch bei der Energieversorgung immer ein Kontakt zu einem Satelliten nötig. SpaceX benötigt im niedrigen Orbit viele Satelliten, von mir geschätzt etwa 60 bis 100 für eine dauerhafte Versorgung. Daneben ist – selbst wenn SpaceX andere Staaten als Abnehmer findet – es immer so, das zwei Drittel der Umlaufsdauer sich der Satellit über Ozeanen befindet und dann keinen Strom übertragen kann. Diese Einschränkungen gibt es bei geostationären Satelliten nicht, dafür müssen wegen der viel größeren Entfernung die Antennenarrays auf der Erde wirklich riesig und damit teuer werden. Zudem sinkt die Nutzlast ab und die Energiestationen haben eine geringere Leistung. Und um eine Energiestation, welche die Nutzlastkapazität des Starships ausnutzt, vom LEO in den GTO befördern, braucht man entweder einen Space-Tug oder Ionentriebwerke mit heute unvorstellbarer Leistung.

Technisch umsetzbar ist es aber. Dünnschichtsolarzellen, die flexibel auf eine Folie aufgezogen werden können gibt es heute preiswert. Spate-Taugliche Solarzellen wird SpaceX wegen des hohen Preises kaum einsetzen. Doch selbst kommerzielle Solarzellen, die pro Jahr unter Weltraumbedingungen etwa 2 bis 3 Prozent an Leistung verlieren (auf der Erde: unter 1 Prozent) hätten nach 20 Jahren immer noch die halbe Anfangskapazität. Es kommt wohl darauf an, wie billig der Transport wird. Wenn 80 von 100 t der Nutzlast es Starships für die Solarzellen entfallen und 20 t für die Antenne und den Satelliten, so kann eine Energiestation rund 24 MW erzeugen, von denen dann etwa 20 MW auf dem Erdboden ankommen. Wird der Strom mit 8 Euro-Cent verkauft – man kann die Empfänger ja dort bauen, wo man den Strom braucht und so Netzentgelte sparen, so hätte bei 20 Jahren Laufzeit der Strom einen Wert von über 200 Millionen Euro, allerdings nur, wenn man auch die komplette Zeit nutzen kann.

Es kann allerdings auch sein, dass dies nur eine weitere Möglichkeit von SpaceX ist Geld zu verdienen, indem sie den Steuerzahler für etwas bezahlen lassen, was sie sowieso vorhaben, denn – das zeigt die geringe Summe schon – sie müssen nicht demonstrieren, dass das Prinzip funktioniert, sondern nur ein durchgerechnetes Konzept vorlegen.

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