Bernd Leitenbergers Blog

Die Politik und die AfD

Den heutigen Blog habe ich einige Mal angefangen und dann wieder sein gelassen. Aber schlussendlich ist das Thema zu wichtig, um es zu übergehen. Ich weiß, dass es einige Leser gibt die meinen ich sollte nur was zu Raumfahrt schreiben. Diese können aber dann einfach diesen Blog nicht lesen. Schlussendlich ist das ein Blog, ein Blog gibt meist nur die Meinung des Autors wieder. Also alle, die nichts politisches hier lesen wollen, bitte nicht weiterlesen.

Seit einigen Wochen gehen die Menschen wieder auf die Straße. Diesmal gehen sie nicht wegen Gesetzen, die ihnen die Heizung vorschrieben oder 7 Prozent ihrer Agrarsubventionen kürzen, auf die Straße, sondern wegen der AfD.

Ich mache ja einen Fach- und Sachblog und selbst wenn ich meine Meinung mal wiedergebe, dann ist die fachlich unterfüttert und wie zumindest ich meine, auch fundiert. Die Politik halte ich meist raus, auch aus eigener Erfahrung. So ist mein Bruder in vielen Dingen anderer Ansicht. Er hat eine ziemlich kapitalistische Weltsicht. Selbst wenn es um seinen Fußballclub geht, redet er selten von Spielern oder Taktik, sondern welche Fehler das Management im Spielerkauf machte. Aus Erfahrung weiß ich, die politischen Ansichten anderer sind nur schwer zu verändern, auf der anderen Seite sollten vernünftige Leute mit anderer auch vernünftig diskutieren können, auch wenn sie unterschiedlicher Meinung sind und daher wage ich es mal. Ich gehe aber davon aus, das Kommentare zu diesem Blog sich an gesellschaftliche Normen halten und nicht andere Personen beleidigen oder diskriminieren. Ansonsten behalte ich mir vor, auch mal Blogkommentatoren dauerhaft in die Spamliste zu verschieben. Ist Jewgeni-7 erst gerade nach Siegfried Marquard als zweiten in nun 15 Jahren des Blogs gelungen.

Ich fange mal an mit den Ergebnissen der Recherche, wonach AfD Funktionäre sich mit anderen Rechten getroffen haben und über die Ausweisung von 15 Millionen Einwohnern Deutschlands diskutieren. Das war der Auslöser der Demonstrationen. Vielleicht war es der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat genauso wie die Kürzung der Subvention für den Agrardiesel bei den Protesten der Landwirte. Betroffen dürften angesichts dieser Größe von 15 Millionen Personen jeder sein, der in den letzten 25 Jahren in Deutschland eingewandert ist oder mit so jemanden verwandt ist.

Das Ergebnis verwundert mich nicht, denn seit langem wendet sich die AfD gegen Migration, nicht nur gegen Flüchtlinge, sondern jede Art von Migration, auch die von Personen, die hier nur Arbeit suchen – obwohl unsere Politik es diesen Personen schwer macht, was ja im Sinne der AfD sein sollte. Höcke und Co, die ja nun inzwischen die Partei kontrollieren, verwenden in ihren Reden ganz offen Parolen, die aus dem Gedankengut des Dritten Reiches kommen und nur mit modernen Begriffen versehen. Im Wesentlichen wollen sie ein Deutschland, in dem nur Deutsche leben, wobei natürlich sie definieren, wer Deutscher ist. Das kennt man ja schon. Schon im dritten Reich mussten etliche feststellen, dass sie, obwohl sie sich als Deutsche fühlten und in Deutschland geboren waren, keine Deutschen waren. Was die Zahl der Betroffenen angeht so sind bei der AfD viel mehr Personen als durch die Nürnberger Gesetze betroffen, das waren damals 790.000 Personen im Reichsgebiet.

Ich denke, vielen dämmert nun, dass es bei der AfD nicht nur um Flüchtlinge geht, egal ob dies politische oder Wirtschaftsflüchtlinge sind. Das ist ja nicht neu. Schon 2016 wandte sich Alexander Gauland gegen den Fußballspieler Boateng: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben“, wie immer wurde dann zurückgerudert, eine der vielen Versuche auszutesten, wie weit man gehen kann einerseits durch solche Parolen rassistisch gesinnte Menschen, als Wähler zu gewinnen, ohne das man nicht so extrem denkende Sympathisanten am anderen Spektrum verliert. Dabei geht Gauland sogar weiter als die Pläne für die „Remigration“ die die Demonstrationen ausgelöst haben, denn Boateng wurde in West-Berlin geboren ,ist also nie nach Deutschland migriert. Es geht also darum, jeden auszuweisen, der nicht – da kommt man wieder auf die NS-Idiologie „deutsch“ oder besser gesagt „arisch“ aussieht.

Meiner Meinung nach, die ich mir auch durch die Konversation mit zahlreichen Moon Hoax Anhängern gebildet habe, sind 20 bis 25 Prozent der Bevölkerung in irgendeiner Weise empfänglich für Verschwörungstheorien oder nicht rationale Erklärungen. Das müssen nicht mal wirre oder aggressive Leute sein. Meine Nachbarn, die schon meine Katzen betreut haben, als ich weg war, glauben an eine Verschwörung von Microsoft die bewusst Sicherheitslücken offen lässt und mutmaßen ihre Nachbarn wollten ihre Katzen vergiften, weil sie mal im Keller weißes Pulver gesehen haben. Ihre Katzen verlassen daher nicht die Wohnung. Hält man sich von Themen fern, so kann man mit ihnen normal reden.

In der Größenordnung liegt auch das Potenzial der AfD, die eben für alle Probleme eine einfache Lösung bietet: es sind die Migranten oder Asylanten. Das Konzept ist ja nicht neu. Es war immer so das man Splittergruppen für etwas verantwortlich gemacht hat. Das früheste Beispiel, das mir einfällt, war das man die Christen für den Brand von Rom im Jahre 64 verantwortlich machte. Im Mittelalter gab es Judenprogrome, wenn Seuchen wie die Pest auftraten und in der Renaissance waren es dann die Hexen. Man muss also nicht unbedingt den Nationalsozialismus als Beispiel bemühen, auch wenn der alleine durch die Dimension heraussticht.

Leider lesen die Leute nicht Parteiprogramme, sonst denke ich hätte die AfD wesentlich weniger Wähler. Das Programm ist in dem Bereich, der die meisten Bürger am stärksten betrifft, nämlich der Wirtschaftspolitik und den Beziehungen zum Ausland nämlich so gestrickt, dass wenn diese Positionen umgesetzt werden, es hier wirklich schlimm wird. Die AfD will aus er EU austreten. Klar, die EU ist reformbedürftig. 27 Staaten mit unterschiedlichen Interessen müssen zusammenarbeiten, dass da eher lauwarme Kompromisse, als entscheidende Schritte nach Vorne herauskommen ist klar. Aber was passiert, wenn man austritt, sieht man doch an England. Schon vor einem Jahr fasste die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) die Bilanz des Brexit als „wirtschaftliches Desaster“ für Großbritannien und die EU zusammen. Die Folgen für Deutschland wären noch gravierender, denn wir wickeln viel mehr Handel mit EU-Ländern als England ab, liegen mitten in Europa anstatt auf einer Insel und exportieren mehr nach Europa als wir importieren.

Noch verwunderter bin ich, dass die Wähler die Nähe der AfD zu Russland ignorieren. Sie wollen ja wieder das Erdöl und Erdgas von Russland haben. Hat jemand das Jahr 2022 vergessen? Enorme Preissteigerungen weil die Rohstoffe von Russland wegfielen (übrigens nicht, weil wir auf sie verzichtet haben, sondern Russland den Hahn zudrehte), Sparprogramme wie geschlossene Hallenbäder. Das kann jederzeit wieder vorkommen. Schon vor dem Krieg hat Russland ja der Ukraine den Gashahn zugedreht und Putin hat unverhohlen mit einem Atomkrieg gedroht, sollten wie der Ukraine Waffen liefern. Wie kann man auf die Idee kommen, sich einem Diktator der jeden beseitigen lässt, der auch nur etwas öffentliche Aufmerksamkeit hat, wie jetzt gerade Nawalny sich anzubiedern? Ich kann mir nicht vorstellen, das alle, die die AfD wählen das wollen.

Klar die AfD ist eine Protestpartei. Sie wird gewählt, weil man der Bundespolitik einen „Denkzettel“ verpassen will. Aber was soll das bewirken? Die AfD ist seit 2017 im Bundestag, also sowohl bei einer CDU/SPD wie SPD/FDP/Grünen Regierung. Damit haben wir bis auf die Linken ja alle Parteien im Bundestag abgedeckt. Das heißt aber auch die Wähler sind mit keiner der obigen Parteien zufrieden oder sie machen sich schlicht und einfach keine Gedanken, was ihre Stimme für Auswirkungen hat. Das sehen wir doch jetzt gerade. 2021 reichte es für keine Zweierkoalition. Die programmatisch größten Schnittmengen gab es bei Dreikoalitionen bei SPD/Linke/Grünen, doch die Linken hatten zu wenige Stimmen, damit es eine Mehrheit gibt. Es wird immer schwerer eine Mehrheit zu bilden, eben weil niemand mit der AfD koalieren will und weil das bei ihrem Programm ja auch nicht geht. In der Realität ist das Programm ja sowieso nur Makulatur, denn verfolgt man mal die Debatten im Bundestag und Landesparlamenten dann geht es ja nur um Migration und Flüchtlinge. Egal welches Thema auch wenn es überhaupt nichts damit zu tun hat, sie kommen auf diesen Punkt. Sie können substanziell nichts beitragen.

Was folgt?

Ich muss sagen, ich habe keine Lösung. Die Leute werden meist erst durch Erfahrung klug. Aktuelles Beispiel: die FDP. Die FDP hat sich in den Neunzigern von einer Partei bei der Liberal auch dafür stand, dass der Staat die Freiheitsrechte des Bürgers respektierte und nicht beschnitt, zu einer rein wirtschaftsliberalen Partei gewandelt. Sprich: sie vertritt Klientelpolitik. Das sind die (wirtschaftlichen) Interessen von Unternehmern, Selbständigen und Freiberuflern. Diese Interessen setzen sie in einer Koalition knallhart durch und schrecken auch nicht vor Erpresser des Koalitionspartners zurück. Da die einzigen beiden Fälle, in der Geschichte der Bundesrepublik in denen eine Regierung während ihrer Regierungszeit gestürzt wurde, es jeweils dadurch geschah, dass die FDP die Regierung verließ, nehmen das die Partner ernst. Die beiden Male waren: 1966 die Regierung von Ludwig Erhard und 1982 die Regierung von Helmut Schmidt.

Auch jetzt sehe zumindest ich in dem Dauerstreit der Ampel meist die FDP in der Verantwortung. Wenn etwas schon beschlossenes nachträglich wieder in Frage gestellt wird, ist es meist die FDP und meist kommen auch von ihren Politkern Attacken gegen die eigenen Koalitionspartner wie vorgestern vom FDP-Generalsekretär. Als weitere Parallele gibt es zumindest im Wirtschaftsprogramm der FDP die meisten Parallelen zur AfD und in Westdeutschland wählen vor allem die Bevölkerungsgruppen die AfD, die auch das Wählerpotenzial der FDP sind.

Die Leute merken sich aber, was eine Partei in der Regierung von ihren Versprechungen umsetzt: nachdem die groß angekündigten Steuersenkungen im Wahlkampf der FDP ein Rekordergebnis 2009 einbrachten aber es nur Geschenke an Reiche gab, flog sie 2013 aus dem Bundestag und derzeit wäre dem auch so, wäre jetzt Bundestagswahl. Sie liegt seit Monaten konstant in den Umfragen bei 4 Prozent.

Auch bei der AfD ist dem so, dass deren „Erfolg“ nachlässt, wenn die Leute merken, dass sie keine Lösung für die echten Probleme hat. Zwischen den beiden Bundestagswahlen 2017 und 2021 lag die Coronaepidemie in der die AfD zuerst den Regierungskurs unterstützte und sich dann um 180 Grad drehte und auf die Seite der Coronaleugner stellte. Sie hat bei der Bundestagswahl 2021 2,2 Prozent gegenüber 2017 verloren.

Doch derzeit hat sie ein Hoch und die letzten Umfragen deuten an, dass die Demonstrationen sich nicht wesentlich auf das Wahlverhalten auswirken.

Was kann man tun? Das wichtigste ist meiner Ansicht nach, sich nicht mit der AfD gemein zumachen. Das betrifft vor allem die CDU/CSU. Aus ihren Reihen gibt es seit Jahren immer wiede Parolen die AFD-nahe Positionen aufgreifen. Ich kann mich an Äußerungen von Seehofer, Söder und Merz erinnern. Der erstere hat ja sogar Maaßen, der nun eine weitere rechts gerichtete Partei gegründet hat, als Kritik an seinen rechtsextremen Äußerungen zuerst hochgelobt, sprich auf einen besser dotierten Posten gehoben. Ich meine Äußerungen wie von Merz über „kleine Paschas“ oder die vor allem bei der CSU beliebte Vorstellung das es eine „Obergrenze“ bei Flüchtlingen geben soll. Ich schreibe das in Anführungszeichen, weil eigentlich jedem denkenden Menschen klar sein sollte, das so was nicht funktioniert. Mal angenommen, es gäbe eine solche Grenze. Was macht man, wenn die erreicht wird? Für den Rest des Jahres alle Leute ausweisen, die nach Deutschland kommen? Daneben die ebenfalls von dieser Partei geäußerten vorwürfe Flüchtlinge würden nur den Sozialstaat ausnutzen, wären alle kriminell und gehören in Ankerzentren verwahrt, ebenfalls eine Idee von Seehofer.

Natürlich gibt es unter Migranten schwarze Schafe, aber die gibt es auch unter Millionären und selbst unter CSU/CSU Politikern. Gegen schwarze Schafe hilft es aber nicht eine ganze Bevölkerungsgruppe unter Generalverdacht zu stellen oder benachteiligen, außer das man so mehr Kriminalität erzeugt. Genauso wenig wie es sinnvoll ist, bei irgendwelchen Greueltaten – seien es Taten von Deutschen (gerade jährt sich das Attentat von Hanau) wie Ausländern nach neuen oder verschärften Gesetzen zu rufen. Die Gesetze verbieten das alles schon seit Jahrzehnten, was verbessert werden muss, ist der Schutz und damit die Polizei.

All diese Dinge, die ich immer wieder in den letzten Jahren beobachte, helfen letztendlich nur der AFD. Doch was kann man wirklich gegen sie tun? Ich glaube nicht, dass die Demonstrationen da helfen. Der springende Punkt ist, das heute jeder in seiner eigenen Welt leben kann. Er kann sich im Internet in sozialen Medien nur mit Gleichgesinnten austauschen und wird so in seiner Meinung bestätigt. Die Äußerungen von AfD-Funktionären, das diese Demonstrationen alle staatlich gelenkt werden, werden ja auch geglaubt. Ich sehe nur einen Weg die AfD dauerhaft klein zu machen: die FDP stürzte immer dann ab, wenn sie in der Regierung war oder jetzt ist. Denn dann sieht jeder wie viel oder besser wie wenig sie für die Allgemeinheit tut. Die AfD muss in eine Regierung. Nach den Umfragen ist die AfD in Sachsen derzeit die Partei mit den meisten Stimmen. Vielleicht sollte mal dieses Bundesland dran glauben, auch wenn ich niemanden eine AFD-Regierung wünsche. Da die Partei ja immer Fundamentalopposition betrieb, musste sie sich nie darum kümmern ein Parteiprogramm auszuarbeiten, das funktioniert geschweige denn, dass man in den eigenen Reihen Fachleute für die Themen hat, die man als Regierung vertreten muss und das ist ja nicht nur Asylpolitik (die ja sowieso nur zum Teil in Länderverantwortung fällt). Wenn Sachen – ich sage es mal ganz vulgär – den Bach runtergeht wachen vielleicht auch die AfD Wähler woanders auf und es wird ihnen klar, dass sie auch damit rechnen müssen, das die Partei, die sie wählen auch das mal umsetzt was sie propagiert und es eine Dumme Idee ist, sie nur aus Protest zu wählen.

Ihre Fantasien zur Machtergreifung („Abschaffung des Parteienstaats“) wird sie trotzdem nicht durchsetzen können, dazu fehlt ihr zum einen die Mehrheit, zum anderen ist das durch das Grundgesetz geregelt also nicht Landesrecht von Sachsen. Ebenso wenig könnte Sachsen aus der BRD austreten (bis 1990 konnte man der BRD beitreten, der entsprechende Artikel 23 des Grundgesetzes wurde nach Beitritt der DDR aber aus dem Grundgesetz gestrichen).

Dazu wird es aber nicht kommen, weil ja niemand mit der AfD zusammenarbeiten will. Stattdessen glaube ich wird das Regieren noch schwerer werden, denn nun gibt es ja als Konkurrenz zur AfD das Bündnis Sarah Waagenknecht, das nach den Umfragen aber nicht die AfD Wähler kostet und es kann noch die „Werteunion“ dazukommen, dann kann es durchaus so sein, das die anderen Parteien nur noch mit Drei-Parteien-Koalitionen zu einer Regierung kommen und wie man derzeit sieht ist das wegen der politischen Differenzen sehr schwierig.

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