Wie üblich bei SpaceX wurde der Start von jubelnden SpaceX-Angestellten begleitet. Diesmal durch eine Wand getrennt etwas leiser. Ich finde das sehr störend, zumal diese im Dauerjubelzustand sind, das beginnt schon 30 Sekunden vor dem Start, sie hinken aber wie man bei den letzten Sekunden des Countdowns sieht, einige Sekunden zurück. Erinnert mich an die Falcon 1, damals wurden nach dem ersten Start alle Videos zeitverzögert übertragen umd rechtzeitig abzuschalten, hat man beim dritten Flug dann auch gemacht.
Schon äußerlich sieht man, dass sich einiges zwischen den beiden Starts getan hat. Das Starship hat nun Hitzeschutzkacheln bekommen und ist ganz schwarz, an der Superheavy sind schon nach dem Start die Grid-Fins zum kontrollierten Eintritt angebracht. Ich habe das Video durchsehen und stütze mich auf die eingeblendeten Daten. Nach wie vor gibt es bei SpaceX keine Grafik die wie bei anderen Launch Service Providers die Soll- und reale Bahn zeigt, sodass man sehen kann, ob es auf Kurs ist.
Sie Superheavy arbeitete is zum Brennschluss wie vorgesehen. Hier die Daten des Brennschlusspunktes im Vergleich zum letzten Start:
Parameter | ITF 2 | ITF3 |
---|---|---|
Zeitpunkt: | 139 s | 142 s |
Geschwindigkeit: | 5.662 km/h | 5.731 km/h |
Höhe | 67 km | 67 km |
Dafür gibt es zwei mögliche Erklärung: Die Brennschlussmasse ist höher, sodass zu Erreichen derselben Geschwindigkeit und Höhe die Triebwerke länger brennen müssen. Alternativ hat man die Triebwerke im Schub gedrosselt, 2 Prozent würden schon reichen den Effekt zu erklären.
Diesmal klappte das Abbremsen der Superheavy. Dabei werden die 12 Triebwerke erneut gezündet und sie dreht sich gegen die Flugrichtung. 3 Minuten 48 Sekunden nach dem Start war dies in 103 km Höhe beendet bei einer Minimalgeschwindigkeit von 934 km/h. Die SuperHeavy wurde also deutlich stärker als eine Falcon 9 Erststufe abgebremst. Das liegt daran, dass sie zum Startplatz zurückkehrt, anstatt auf einem Dronenschiff zu landen. Sie stieg dann bis auf 106 km und verlangsamte sich bis auf 306 km/h.
Beim Wiedereintritt in die dichtere Atmosphäre geriet die Superheavy in eine Rollbewegung. Diese ist mit Sicherheit nicht erwünscht, weil man so nicht landen kann. 6 Minuten 57 Sekunden nach dem Start zündeten die Triebwerke bei 1.209 km/h in 1 km Höhe erneut. Das war viel zu spät. Drei Triebwerke zündeten, wenige Sekunden später waren 0 km Höhe erreicht und die Stufe schlug mit 1100 km/h auf. Bei einer Falcon 9 dauert das Abbremsen über 20 Sekunden und findet bei niedriger Geschwindigkeit von rund 800 km/h statt. Später wurde verlautbart, dass die Superheavy in 462 m Höhe explodierte.
Das Starship zündete um 2:48 seine Triebwerke in 71 km Höhe bei 5.710 km/h. Das war deutlich später als beim letzten Mal, wo das Herunterfahren der Superheavy bis auf drei Triebwerke erfolgte. Die ganze Stufentrennung dauere denn auch mehrere Sekunden, was eigentlich kein normales Hot-staging ist, wahrscheinlich wollte man Vibrationen abklingen lassen.
Meco des Starships erfolgte nach 8 Minuten 21 Sekunden, es zog sich aber sehr lange bis 8:36 hin, weil zuerst nur die drei Vakuumtriebwerke abgeschaltet wurden. Danach war das Starship 26.530 km/h schnell und in 150 km Höhe. Diese Geschwindigkeit entspricht 7.369 m/s. Selbst wenn man die Erdrotation vom Startplatz (26 Grad Nord) addiert kommt man nicht auf die benötigte Ohrbitgeschwindigkeit von 7814 m/s in dieser Höhe. Bei den Falcon 9 Raketenstarts sind die Geschwindigkeitsangaben aber mit Erdrotation, sodass über 400 m/s fehlen. So wurde kein Orbit erreicht. Bei ITF 2 war das Starship vor der Explosion bei 8:04 noch 24.104 km/h schnell und in 148 km Höhe, zu dem Zeitpunkt waren es diesmal 23.601 km/h und 146 km Höhe. Diese Differenz spricht dafür, dass das Starship diesmal schwerer war als bei ITF 2. MECO war nach den Planungen daher auch 2 Sekunden später als beim letzten Start. Offensichtlich hat man erkannt das es keine gute Idee ist Treibstoff während der Antriebsphase abzulassen.
Alte SpaceX Hasen fühlen sich an den ersten Start der Falcon 9 erinnert, die auch rollend in einer stark elliptischen, von den Vorgaben abweichenden Bahn landete. SpaceX sprach damals von einem perfekten Start und die Stufe wäre auf einer perfekten Kreisbahn. Als ein Journalist meinte, nach den NORAD Daten wäre das nicht der Fall, meinte Shotwell, „Wir rechnen vom Erdmittelpunkt aus“. Ja, dass war 10 Jahre bevor der Ausdruck „alternative Fakten“ populär wurde.
Das Starship stieg dann auf eine Spitzenhöhe von 234 km und eine Geschwindigkeit von 26.114 km/h, das war also eine ballistische Bahn. Über die Tests (Treibstofftransfer, Nutzlastbucht öffnen und schließen) erfuhr man wenig, stattdessen wurde Fahrstuhlmusik gespielt. Anscheinend scheinen das Öffnen der Nutzlasttür und der Treibstofftransfer stattgefunden haben, so vermelden zumindest US-Raumfahrtportale.
Am Schluss dreht sich dann das Starship – mit Sicherheit nicht geplant, genauso wie das Rollen, denn es gelangt am Ende des Drehens wieder in die Position, die es hatte vor dem Start. Ab etwa 46 Minuten in rund 100 km Höhe beginnt das Starship zu glühen durch die Reibung. Das Rollen ist immer noch nicht beendet, das Heck schaut in Flugrichtung, was mit Sicherheit nicht gewollt ist, es sollte der aerodynamisch geformte Teil in Flugrichtung schauen, so ist vorhersehbar, was passiert: es heizt sich noch schneller auf, weil der Widerstand am Heck größer ist. Dort sind keine Hitzeschutzkacheln, sondern die Triebwerke und das Rollen gehts ins Trudeln über, was dann auch die Oberseite ohne Hitzeschutzkacheln exponiert. Etwa um 48:40 in 75 km Höhe reist die Verbindung ab, das Starship ist verglüht. Das sieht eigentlich jeder im Video, die Moderatoren reden aber noch 10 Minuten später über die bevorstehende Landung. Der Blackout den die Moderatoren erwähnen kann nicht der Grund dafür sein, denn der schirmt vornehmlich zum Boden ab, schon die NASA hatte dauernde Funkverbindung zu den Space Shuttles bei der Landung, nachdem sie die TDRS-Datenübertragungssatelliten im Orbit hatten und SpaceX verfügt ja über Starlink, das wurde oft im Video erwähnt. Späterz wurde bekannt das 49 Minuten nach dem Start in 65 km Höhe die Verbindung sowohl zu Starlink wie TDRS ab.
Treibstoffmanagement
Ich habe aus den Balken einige Werte für den Treibstoff jeweils zu bestimmten Balken über die Microsoft Powertoys ermittelt:
Ereignis | ITG 3 LOX | ITF 3 CH4 | ITF 2 LOX | ITF 2 CH4 |
---|---|---|---|---|
MECO Superheavy | 8,1 % | 8,6 % | 11 % | 11 % |
Ende erster Landungsburn | 1,4 % | 2,8 % | 7,2 % | 5,4 % |
Starship MECO | 3,3 % | 3,8 % | 5,3 % | 7 % |
Bei ITF 2 wurden die beiden letzten Ereignisse nicht erweicht, die Daten sind daher vor der Explosion der entsprechenden Stufen. Die 3,3 Prozent Resttreibstoff (LOX, der Methanüberschuss kann ja nicht genutzt werden, wenn der Sauerstoff verbrannt ist) entspricht übrigens nur rund 40 t, in der Größenordnung wäre die Nutzlast bei diesem Flug gewesen. So ist für mich klar, warum sie erneut ohne Nutzlast und sei es auch nur Ballast geflogen ist, denn da hätte jeder gefragt „40 t? Ich dachte sie hat eine Nutzlast von 150 t) und dabei hat sie nicht mal Orbitalgeschwindigkeit erreicht.
Zeitvergleiche
Hier einige Zeitangaben nach Ankündigung und in der Realität:
Ereignis | Plaung | Real |
---|---|---|
Meco Superheavy | 2:42 | 2:42 – 2:44 |
Hot Staging | 2:44 | 2:48 |
Superheavy Boostback2 | 2:55 | 2:52 – 2:54 |
Ende Boostback | 3:50 | 3;40 – 3:48 |
Dauer Boostback | 55 s | 48 / 54 s |
Landungsburn | 6:36 | 6:54 |
Landung | 7:04 | 7:00 |
MECO Starship | 8:35 | 8:21 – 8:36 |
Bei den vielen Triebwerken zünden und schalten nicht alle gleichzeitig ab, daher habe ich immer den Bereich (erstes – letztes Triebwerk) angegebenem.
Beim Landungsburn ist auffällig, dass dieser zu spät erfolgte – beim Planungszeitpunkt 6:36 war die Rakete noch in 13 km Höhe und über 3.500 km/h schnell. Ins Trudeln geriet sie erst etwa 10 Sekunden später in 8 km Höhe, sodass das Trudeln nicht die Ursache für die ausbleibende Zündung sein kann. Meine sinnigste Erklärung ist das die Modellierung des Flugverhaltens der Superheavy fehlerhaft war. Sie hinkte zum einen beim Landungsburn dem Zeitplan deutlich hinterher und das Trudeln war so auch nicht geplant. Der Computer hat wohl die Triebwerke bei instabilem Flug gar nicht erst gestartet. Der geringe Resttreibstoff ist nicht schuld – nach meinen Berechnungen sollte, alleine wenn man den LOX nimmt, die Brennzeit für 93 Sekunden bei drei Triebwerken reichen, wenn man die 20 t Resttreibstoffe berücksichtigt, die nach SpaceX nicht nutzbar sind, sind es immer noch 62 Sekunden, der Landungsburn sollte aber nur 28 Sekunden dauern.
Ausblick
Nach Elon Musk sind weitere sechs Teststarts dieses Jahr geplant, eine Zahl die ich für realistisch halte. Zwischen erstem und zweiten Start lagen sieben Monate, nun nur noch vier. Verkürzt man über drei, zwei auf einen Monat sollte das gehen. Man darf nicht vergessen, dass das Starship unverzichtbar für Starlink ist. Nur mit ihm bekommt man die vielen und schwereren Satelliten in den Orbit, vor allem aber soll es preiswertere Starts geben. Starlink hat inzwischen damit zu kämpfen das die Nutzerzahlen langsamer steigen, die meisten Abonnenten sitzen in den USA und dort ist sinkt die Datenrate dauernd, inzwischen werden im Mittel nur noch 50 Mbit/s erreicht und das bei einem Dienst der auch in den USA im Vergleich zu der Konkurrenz teuer ist.
Mein Urteil
Sie haben Fortschritte gemacht. Die Superheavy hat den Landungsburn überlebt, ich vermute das war der Grund warum das Hot-staging nun auch zu einem Warm-Staging wurde, denn nach der Trennung begannen letztes Mal die Probleme der Superheavy.
Das Starship hat nun einen Orbit erreicht weil man nicht Treibstoff während die Triebwerke brennen abgelassen hat (auf solche Ideen kommt man auch nur bei SpaceX).
Zu den Tests über Treibstofftransfer und Nutzlasttür öffnen sage ich nichts, weil es hier keine Videos gibt und ich erst mal allen Angaben von SpaceX misstraue (bei ITF 2 hieß es auch das FTS hätte das Starship gesprengt und dann war es eben doch ein Feuer, das durch den ausgelassenen Treibstoff entstand).
Aber es gibt noch viel zu tun. Essenziell für die Wirtschaftlichkeit dürfte die Wiederverwendung der SuperHeavy sein. Das deren Landung nicht klappte, ist nachdem SpaceX ja Erfahrungen von über 200 Falcon 9 Landungen hat, schwer verständlich, außer man schließt sich meiner Meinung an, dass alle Leute die damals das Konzept ausgearbeitet und alle Fehler beseitigt haben inzwischen die Firma verlassen haben und nun Neulinge erst mal ihre eigenen Erfahrungen machen müssen.
Das Starship erreichte eine ballistische Bahn, keinen Orbit, aber ich das ist mehr ein akademischer Punkt. Wenn das Tür-Öffnen klappt und das scheint nach dem Video der Fall zu sein, dann haben sie zumindest ein Gefährt das Starlink Satelliten starten kann, gut ein teures Vehikel weil die Wiederverwendung noch nicht klappt, aber das war bei der Falcon 9 ja auch so. Das Rollen kann man durch RCS-Triebwerke relativ einfach in Griff bekommen, das Ausgasen sollte aber nicht erfolgen. Die Daten vom Wiedereintritt sind meiner Ansicht nach unbrauchbar, weil das Starship ja schon bei hoher Geschwindigkeit und großer Höhe explodierte, die Kacheln also gar nicht richtig getestet wurden.
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