Die Modellierung des Starship Testflugs ITF-3
Zeit einmal den Flug des Starships zu modellieren. Diesmal erreichte es ja fast einen Orbit, es fehlten weniger als 100 m/s für einen echten Orbit. Der suborbitale Flug war Teil der Strategie, da er kein Verlassen des Orbits nötig machte, um den Wiedereintritt des Starships über dem Indischen Ozean zu testen. Da wie sich zeigte das Starship im Orbit heftig taumelte (Video hier) und so auch die Zündung eines Raptor ausblieb, mit dem man sonst den Wiedereintritt aus einem Orbit einleiten würde, war dem auch gut so. Man kann nun aber relativ gut von der für diesen Orbit erreichten Nutzlast auf die theoretische Nutzlast für einen Orbit schließen. Errechnet wurde nach Jonathan McDowell ein Orbit von -55 x 234 km. Für Laien: Das Starship steigt bei einem solchen Orbit bis auf eine Entfernung von 234 km und sinkt dann. Gäbe es die Erdoberfläche nicht, so würde es eine Minimalentfernung von 55 km UNTER der Erdoberfläche erreichen. Da dies aber nicht der Fall ist, wird es in die Atmosphäre eintreten und verglühen, wie ja auch geschehen.
Die Modellierung
Ich habe dies mit meiner eigenen Aufstiegssimulation modelliert. Da ich noch zu den Dinosauriern unter den Computer-Nutzern gehöre, habe ich diese selbst programmiert. Daher erst mal einige einleitende Worte zu meiner Simulation.
Sie simuliert im wesentlichen die Physik einer Rakete. Eine Rakete startet von einer definierten Höhe (Abstand zum Erdmittelpunkt) definiert durch eine x,y,z Koordinate im dreidimensionalen Raum. Alle 0,025 Sekunden wird die Position neu berechnet, daneben die aktuelle Masse und der aktuelle Schub. Aus diesem ergeben sich die Beschleunigungen in die Raumrichtungen und diese integriert die Geschwindigkeit und zurückgelegte Strecke. Als weitere einwirkende Kraft wird der Luftwiderstand berechnet, wobei ich hier eine einfache Wiedergabe der Form in Form eines Kegels für die Spitze der Rakete und einer Fläche für den Seitenteil verwende. Ebenso wird der aktuelle Schub entsprechend dem Umgebungsdruck vereinfacht berechnet, indem er einfach der Differenz von Vakuum und Bodenschub multipliziert mit dem aktuellen Umgebungsdruck zum Bodenschub hinzuaddiert wird.
Die Atmosphäre ist eine einfache nach dem barometrischen Höhenmodell, das heißt der Druck nimmt exponentiell ab. In der Realität ist er natürlich auch von der Temperatur abhängig die in verschiedenen Höhenschichten durchaus unterschiedlich sein kann. Da die Verluste durch den Luftwiderstand aber in der Regel unter 200 m/s liegen ist diese Vereinfachung gültig.
Die größte Einschränkung, die ich ich habe, ist die das die korrekte dreidimensionale Modellierung der Erde bei mir nicht richtig funktioniert. So bis 30 Grad Breite sind die Resultate korrekt. Als workaround kann man mit einem Schalter auch die Rakete vom Äquator aus starten kann und es wird nur die Zielgeschwindigkeit der gewählten Inklination angepasst.
Die Bahnkurve wird zum einen durch einen Startnazimut (Winkel relativ zu Norden) und einem Startwinkel zur Horizontalen (normalerweise 90 Grad) festgelegt wie auch durch weitere Punkte in der Bahn, die jeweils aus einem Zeitindex und einem Winkel relativ zur Vertikalen bestehen.
Obwohl das Modell sehr einfach ist, liefert es sowohl bei historischen wie aktuellen Trägern relativ genaue Nutzlastangaben, meist nur wenige Prozent abweichend von den offiziellen Angaben.
Beim Starship gibt es aber noch einige Besonderheiten. Zum einen geht mein Modell davon aus, das der Schub konstant ist, ist das nicht der Fall, so kann die Simulation anpassen, indem man die Stufenbetriebszeit in zwei Phasen – einmal mit hohen und einmal mit niedrigem Schub aufteilt. Beim Starship haben wir einige Perioden mit nicht 100%-Schub. Das ist bei der SuperHeavy beim Hochlaufen der Triebwerke so, wenn die -Triebwerke nacheinander gezündet werden und bei der Stufentrennung, wenn drei Triebwerke noch etwas länger laufen. Auch beim Starship zünden nicht alle Triebwerke simultan, doch der Zeitversatz ist gering. Bedeutsamer ist das vor MECO drei der sechs Triebwerke zuerst abgeschaltet werden und drei weiter arbeiten.
Eine weitere Besonderheit ist, dass das Starship zwei Triebwerke einsetzt einmal für das Vakuum optimiert und einmal nicht. Hier verwende ich den spezifischen Impuls im Mittel.
Ein grundlegendes Problem ist, dass es bei Starship noch weniger gesicherte Angaben gibt als bei der Falcon 9 oder Heavy. Der Users Guide hat überhaupt keine Angaben mehr zum Träger. Auf der Website erfährt man Folgendes:
Starship: 1.200 t Treibstoff, 50 m Hoch, 9 m Durchmesser, 1500 t Schub:
Superheavy: 3.400 t Treibstoff, 71 m hoch, 9 m Durchmesser, 7.690 t Schub.
Alle anderen Angaben, die ich verwendete, stammen aus Tweets von Elon Musk, wobei dabei nie klar ist, ob es Ziele sind oder erreichte Werte und vor allem, ob das aktuelle Starship überhaupt diese Werte (Schub, spezifischer Impuls) erreicht.
Ich bin daher einen anderen Weg gegangen.
Ich habe die Brennzeit der Raptoren nach dem Video bestimmt und zwar die Brennzeit die resultieren würde, wenn alle Triebwerke laufen. Das ist nicht ganz genau, aber die geziehen Möglichkeit. Dann habe ich zu MECO jeweils den Balken bei der Treibstoffanzeige ausgewertet und den vorhandenen Resttreibstoff noch zur Leermasse addiert (200 t bei der Superheavy, 120 t Starship). Der Schub wurde dann auf Basis der bekannten spezifischen Impulse berechnet. Wobei ich auch hier Werte des DLR bzw. eigene Berechnungen mit CEA2 oder RPA genommen habe, da bei einigen Werten die Elon Musk reklamiert, physikalisch nachweisbar ist, dass sie nicht erreichbar sind.
Hier die verwendeten Daten:
Superheavy Brennzeit bis MECO: 164 s, Resttreibstoff: 8,2 % LOX, 9,2 % CH4 → Restreibstoff: 131,8 t, Winkel 35 Grad
Starship Brennzeit bis Meco: 339,5 s, Resttreibstoff: 3,3 % LOX, 3,8 % CH4 → Resttreibstoff: 40,9 t, Winkel 7 Grad
Aus den bekannten Brennzeiten und dem ebenfalls bekannten Treibstoff kann man dann denn Schub berechnen. Hier die wesentlichen Stufendaten:
Rakete: Super Heavy / Starship ITF3
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
Nutzlastanteil [Prozent] |
Sattelpunkt [km] |
Perigäum [km] |
Apogäum [km] |
|
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
4.920.000 |
0 |
7.895 |
3.324 |
0,00 |
110,00 |
– |
234,00 |
|
Startschub [kN] |
Geographische Breite [Grad] |
Azimut [Grad] |
Verkleidung [kg] |
Abwurfzeitpunkt [s] |
Startwinkel [Grad] |
Konstant für [s] |
Starthöhe [m] |
Startgeschwindigkeit [m/s] |
64.300 |
29 |
90 |
0 |
210 |
90 |
15 |
10 |
0 |
Stufe | Anzahl | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez. Impuls (Vakuum) [m/s] |
Schub (Meereshöhe) [kN] |
Schub Vakuum [kN] |
Brenndauer [s] |
Zündung [s] |
1 |
1 |
3.600.000 |
331.800 |
3.443 |
64300,0 |
68612,0 |
164,00 |
0,00 |
2 |
1 |
1.320.000 |
161.000 |
3.546 |
11061,0 |
12105,0 |
339,50 |
164,00 |
Da garantiert der Einwand kommt: würde man mit den noch höheren spezifischen Impulsen, die Elon Musk reklamiert, arbeiten so wäre die Diskrepanz beim Schub noch größer. Gemäß SpaceX Angaben arbeitet die Superheavy mit 85 und das Starsjhip mit 80,6 Prozent des reklamierten Schubs. Es ist relativ leicht mit einem Dreisatz ausrechenbar, dass selbst wenn überhaupt kein Treibstoff mehr ind den Tanks verbleibt beide Vehikel nie mit den Schubangaben auf der Website auf die Brennzeit kommen, die sie in der Realität hatten.
Ein weiteres Problem betrifft meine Simulation. Die hat eine eingebaute Optimierfunktion, das heißt sie verändert Position und Winkel der Stützpunkte so, dass eine vorgegebene Bahn mit der maximalen Nutzlast erreicht wird. Diese ist in diesem Falle nicht brauchbar. Die Superheavy soll zum Startplatz zurückfliegen. Für sie ist es daher günstig, wenn sie eine möglichst geringe horizontale und möglichst hohe vertikale Geschwindigkeit hat. Ich habe daher in einem ersten Schritt durch Probieren den MECO der SuperHeavy so gelegt, dass er möglichst mit der Höhe im Video übereinstimmt. Dann habe ich den Endpunkt für Meco Starships so gelegt dass auch er in der geplanten Höhe liegt. Geachtet habe ich auch das die Neigung der Raketen – im Video unten im Balken erkennbar – auch mit der realen Orientierung übereinstimmt.
Da fiel mir schon auf, das das Starship zu MECO deutlich geneigt ist. Eine „ideale“ Aufstiegsbahn würde von 90 Grad Neigung (Vertikal, beim Start) auf 0 Grad (parallel zur Erdoberfläche umlenken. Da der Schub variabel und die Beschleunigung zum Brennschluss hin immer stärker wird, ist es so das bei vielen Aufstiegskurven, die in den LEO führen dann die Nase sogar zur Erde zeigt (negativer Winkel), weil man so ein weiteres Ansteigen des Apogäum reduziert. Würde ein Starship mit den obigen Daten einen Orbit von etea 200 km Höhe anstreben, so wäre der Endwinkel z. B. Bei -25 Grad. Was ich allerdings nicht ausschließen kann ist, dass dieser Endwinkel von etwa 7 Grad mit der suborbitalen Bahn zusammenhängt.
Hier ist meine erste Simulation, bei der ich durch weitere Stützpunkte in der Aufstiegsbahn gewährleistet habe, das zumindest das Perigäum stimmt:
Rakete: Super Heavy / Starship ITF3
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
Nutzlastanteil [Prozent] |
Sattelpunkt [km] |
Perigäum [km] |
Apogäum [km] |
|
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
4.920.000 |
0 |
7.895 |
3.324 |
0,00 |
110,00 |
– |
234,00 |
|
Startschub [kN] |
Geographische Breite [Grad] |
Azimut [Grad] |
Verkleidung [kg] |
Abwurfzeitpunkt [s] |
Startwinkel [Grad] |
Konstant für [s] |
Starthöhe [m] |
Startgeschwindigkeit [m/s] |
64.300 |
29 |
90 |
0 |
210 |
90 |
15 |
10 |
0 |
Stufe | Anzahl | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez. Impuls (Vakuum) [m/s] |
Schub (Meereshöhe) [kN] |
Schub Vakuum [kN] |
Brenndauer [s] |
Zündung [s] |
1 |
1 |
3.600.000 |
331.800 |
3.443 |
64300,0 |
68612,0 |
164,00 |
0,00 |
2 |
1 |
1.320.000 |
161.000 |
3.546 |
11061,0 |
12105,0 |
339,50 |
164,00 |
Simulationsvorgaben
Azimut | Geografische Breite | Höhe | Startgeschwindigkeit | Startwinkel | Winkel konstant |
---|---|---|---|---|---|
90,0 Grad | 28,8 Grad | 10 m | 0 m/s | 90 Grad | 15,0 s |
Abbruch wenn Ziel-Perigäum und -apogäum überschritten | |||||
Perigäum | Apogäum | Sattelhöhe | |||
Vorgabe | -55 km | 234 km | 110 km | ||
Real | -55 km | 12.370 km | 110 km | ||
Inklination: | Maximalhöhe | Letzte Höhe | Nutzlast | Maximalnutzlast | Dauer |
27,9 Grad | 335 km | 335 km | 0 kg | 10.787 kg | 498,7 s |
Umlenkpunkte | Nr. 1 | Nr. 2 | Nr. 3 | Nr. 4 | |
Zeitpunkt | 89,5 s | 164,0 s | 333,8 s | 503,5 s | |
Winkel | 40,0 Grad | 35,0 Grad | 10,0 Grad | 7,5 Grad |
Wichtige Aufstiegspunkte
Bezeichnung | Zeitpunkt | Höhe: | Distanz: | v(x): | v(y): | v(z): | v: | Perigäum: | Apogäum: | Beschleunigung: |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Start | 0,0 s | 0,01 km | 0,0 km | 0 m/s | 0 m/s | 0 m/s | 0 m/s | -6378 km | -6378 km | 3,3 m/s |
Rollprogramm | 15,0 s | 0,41 km | 0,0 km | 1 m/s | 55 m/s | 0 m/s | 55 m/s | -6370 km | 0 km | 4,2 m/s |
Winkelvorgabe | 89,5 s | 18,66 km | 0,0 km | 567 m/s | 436 m/s | 0 m/s | 716 m/s | -6327 km | 24 km | 12,0 m/s |
Winkelvorgabe | 164,0 s | 70,10 km | 3,1 km | 2317 m/s | 1039 m/s | 0 m/s | 2539 m/s | -5958 km | 117 km | 31,9 m/s |
Verkleidung | 208,6 s | 115,03 km | 12,0 km | 2680 m/s | 843 m/s | 0 m/s | 2809 m/s | -6378 km | -6378 km | 0,9 m/s |
Sim End | 498,7 s | 334,72 km | 597,0 km | 8916 m/s | -558 m/s | 0 m/s | 8933 m/s | -55 km | 12370 km | 59,5 m/s |
Winkelvorgabe | 503,5 s | 0,00 km | 0,0 km | 0 m/s | 0 m/s | 0 m/s | 0 m/s | 0 km | 0 km | 0,0 m/s |
Parameter der Stufen
nr.: | Geschwindigkeit | Maximalhöhe | Maximaldistanz | Flugzeit | Perigäum | Apogäum | Inklination |
---|---|---|---|---|---|---|---|
1: | 2.542,9 m/s | 137,5 km | 155,9 km | 467,4 s | -5.938,6 km | 117,5 km | 30,3 Grad |
Zuerst will ich diese erste Simulation diskutieren. Also das Apogäum stimmt natürlich überhaupt nicht. Das liegt schlicht und einfach daran, dass das Starship viel zu leicht ist, auf den Punkt komme ich noch zurück. Die erste Stufe würde, wenn sie keinen Landungsburn hätt,e bis auf 117 km Höhe steigem, das passt zu den 106 km die sie tatsächlich erreichte – die Rückkehr zum Landungspunkt bremst sie auch in der Vertiaklen Achse etwas ab. (Die Angabe von 127 km Höhe bezieht sich auf den Startort, da die Erdkrümmung hierbei noch einige Kilometer extra liefert). Ohne diesen Landungsburn würde sie in 155 km Distanz zum Startplatz landen.
Was aber jetzt schon auffällig ist, ist das die Geschwindigkeit nicht übereinstimmt. Es sind über 2500 m/s, während es in Wirklichkeit unter 1.600 m/s waren. Diese Diskrepanz ist sehr groß und meit einer anderen Flugbahn kaum zu erklären. Da in der Brennschlussmasse schon der Landetreibstoff mit berücksichtigt ist, macht es auch wenig Sinn um sich der wahren Angabe zu nähern die Leermasse der Superheavy zu erhöhen, zumal das Starship, das in dieser Simulation 1.320 t wiegt, ja der schwerere Brocken bei der Abtrennung ist.
Am sinnvollsten ist es meiner Ansicht nach das der Schub geringer ist, was aber bei bekannter Treibstoffladung einen niedrigeren spezifischen Impuls zur Folge hat, andere Parameter kann man nicht mehr variieren.
Die Oberstufe hätte hier 5 Sekunden vor dem realen Zeitpunkt Brennschluss was rund 16 t weiteren Treibstoff hinterlässt. Trotzdem würde ein leeres Starship bis auf über 12.000 km Höhe steigen. Das war aber nicht der Fall.
Die einfachste Lösung für dass Dilemma, zumindest beim Starship, wäre es das es schwerer wäre. Wenn 140 t Ballast an Bord wären, dann würde ein schon viel besser zu diesen Angaben passender Orbit resultieren. Die Differenzen bei der SuperHeavy bleiben aber, sie wäre dann immer noch 2.150 m/s schnell, da bleibt immer noch eine Differenz von 550 m/s zur realen Geschindigkeit bei MECO.
Nur mit mehr Gewicht ist die Diskrepanz nicht zu lösen, vor allem weil Elon Musk nach dem Start ja getwittert hat die Nutzlast dieses Starships werde im Nicht-Wiederverwendbaren Fall 150 t betragen. Setze ich bei diesem Starship die Treibstoffreserven auf Null, so resultieren aber 190 t. Offen bei dieser Aussage ist, ob sie sich nur auf das Starship bezieht oder auch die Super Heavy verloren geht. Würde man diese Stufe bergen so wären es aber immerhin noch 165 und nicht 150 t.
Da ich schon realistische Werte für den spezifischen Impuls genutzt habe, die deutlich unter den Wunschwerten von Elon Musk liegen habe ich verzichtet diese anzupassen, meine Werte liegen ja schon in der Nähe was andere LOX/Methantriebwerke der ESA (Prometheus, M10) erreichen .habe ich mal die Trockenmasse erhöht und zwar im Verhältnis 2:1,2, das entspricht dem Verhältnis der Trockenmassen, die von Elon Musk genannt werden (200 bzw. 120 t).
Ein leer um 30 t schwere Superheavy und um 18 t schweres Starship würde dann die 150 t Nutzlast erreichen. Allerdings scheint mir das immer noch ein zukünftiges Starship zu sein, denn bei diesem Flug verblieben ja nur wenige Prozent Treibstoff in den Tanks, obwohl das Starship keinerlei Nutzlast hatte.
Nutzlastabschätzung und Ausblick
Das ist für mich die größte Überraschung. Es fehlen für einen kreisförmigen 234 km Orbit rund 90 m/s Geschwindigkeit, es ist keine Nutzlast, auch kein Ballast an Bord – sicher ist alles mit zusätzlichen Sensoren versehen worden, aber das wiegt eben nicht 100 t, die nominelle Nutzlast eines Starships.
Es blieben – wenn man die Tankanzeige im Video ausmisst etwa 3 bis 4 Prozent Resttreibstoff, das sind bei 1.200 t Nennzugladung dann so um die 40 t Treibstoff. Selbst wenn das mit einem großen Fehler verbunden ist (wir reden von wenigen Pixeln Breite) ist es doch unwahrscheinlich es doppelt oder dreimal so viel ist.
Kleines Gedankenexperiment: Anstatt des Resttreibstoffs hätte man auch dieselbe Menge Ballast mitführen können. Dieser wäre zu Brennschluss dann auf dieselbe Bahn befördert worden. So müsste die Nutzlast bei diesem Testflug in der Region des Resttreibstoffs liegen, also weit weg von 100 oder gar 150 t wie von Musk/SpaceX reklamiert.
Das ist natürlich nicht ganz exakt. Der Treibstoff hat ja noch einen Energiegehalt anders als Ballast und beschleunigt das Starship weiter, wenn er verbrannt wird. Auf der anderen Seite würden 40 oder 50 t mehr Ballast auch dazu führen, dass das Starship wenn die Testtreibstoffmenge auf diese 40 t gesunken ist langsamer ist und zuletzt war dieser Flug suborbital, es fehlte also noch Geschwindigkeit um einen Orbit zu erreichen.
Ich würde schätzen, das die Nutzlast dieses Starships für einen niedrigen Orbit etwa 50 t betrug, damit rücke ich der Einlösung einer alten Wette nahe.
Vieles muss SpaceX aber noch korrigieren. Zum einen war die Superheavy bei der Landung wohl nicht in der Troposphäre kontrollierbar und bei der hohen Geschwindigkeit reicht wohl auch der Resttreibstoff nicht mehr zum Abbremsen, mehr Resttreibstoff bei der Abtrennung (das waren bei ITF 2 ja auch noch 11 antat 8 bis 9 %) wird nötig sein: das kostet Nutzlast.
Beim Starship wurde nach MECO viel ausgegast, es fing um Orbit an zu taumeln. Das war nicht beherrschbar und führte auch zum Verlust beim Wiedereintritt (offen ist ob es diesen überlebt hätte, wenn es nicht taumelte, denn das wurde ja gar nicht erst getestet). Das macht auch Nachbesserungen nötig, die aber wenig Nutzlast kosten.
Was offen ist, ist ob dieses Starship überhaupt den Treibstoff an Bord hat, um zu landen. Dass man vom Haupttank Treibstoff in den Landetank umpumpen wollte, spricht eher dagegen. Das ist dann ein ziemlicher Posten, denn auf Basis der Landeversuche kann man ableiten, dass alleine für das Verlassen des Orbits und die Landung weitere 20 t Treibstoff gebraucht werden, die nun nicht vorhanden sind und dann von der Nutzlast abgehen.
Ich weiß das Space Shuttle ist ein schlechter Vergleich, aber die physikalischen Anforderungen haben sich nicht geändert. Beim Space Shuttle hat man ja nicht inkrementell entwickelt, sodass Änderungen, die bei SpaceX erst nach jedem Testflug umgesetzt werden, schon in der Entwicklung auftraten. Die Space Shuttles wurden 10 bis 13 t schwerer als geplant, das sind 15 bis 19 Prozent des Startgewichts. Nimmt man einen ähnlichen Trend beim Starship an, so senkt das die Nutzlast um 18 bis 23 t. Ausgeschlossen halte ich dies nicht, denn bis heute stehen auf der Website Werte für die Nutzlast der Falcon 9 und Falcon Heavy die sie in Wirklichkeit nie erreichten. Dabei gibt es bei denen weitaus weniger Herausforderungen als wie bei der Bergung des Starships.
Das dürfte der Grund, warum SpaceX weitere Versionen plant, die 20 bis 30 m länger sind und 98.000 kN Schub haben. Das bedeutet, es wird um ein Drittel schwerer und anders dürften sie meiner Meinung nach nicht auf ihre Zielnutzlast kommen.
Allerdings – Spoileralarm – bedeutet ein verlängertes Starship auch, dass die Anforderungen, vor allem beim Wiedereintritt andere sind als derzeit. Das kann dann weitere Testflüge und Fixes nötig machen.
Es wäre doch mal Interessant zurückzublicken wie die Entwicklung bei Falcon 9 war. Die Iterationen dürften inzwischen abgeschlossen sein. Wie ist da das Verhältnis kommunizierte Zahlen und tatsächliche Werte im Einsatz? Hat SpaceX die eignen Ziele erreicht?
Ist schon lange bekannt. Da SpaceX aber die Peformance-Angaben auf der Website nie korrigiert hat, wäre ja auch peinlich, wenn da nun weniger Nutzlast steht als vorher gibt es die Angaben nicht in Dokumenten, aber sie wurden mal bei einem Vortrag des IAF abfotografiert:
https://pbs.twimg.com/media/DokwEbqWwAEyj25.jpg
Etwas verklausuliert findet man die Angaben auch auf der Website nämlich beim Startpreis, die Nutzlast dort (5,5 t F9, 8 t FH) entspricht nämlich der bei Wiederverwendung.
Aufgrund der vielen Starlink-Starts weiß man, das die LEO Nutzlast der F9 etwa bei 17 t liegt. Wie beim Starship sinkt sie wegen des ungünstigen Verhältnisses der Massen von erster zu zweiter Stufe für höhere Geschwindigkeiten stärker ab.
Die NASA als Kunde kennt die Daten auch und so kann sie jeder überprüfen:
https://elvperf.ksc.nasa.gov/pages/Results.aspx
Um mal die Frage zu beantworten:
https://sma.nasa.gov/LaunchVehicle/assets/spacex-falcon-9-data-sheet.pdf
„In April 2008, SpaceX revealed new details for the higher-thrust Merlin 1C that would power both Falcon 1e and a „Block 2″ version of Falcon 9 …
The Block 2 Falcon 9 would be able to lift nearly 10.5 tonnes to LEO from Cape Canaveral and 4.54 tonnes to a 28.5 deg GTO. Stage recovery attempts were planned when light
payloads were launched, with unused payload mass apparently assigned to recovery hardware.“
Und die 10,5t waren in der verbrauchten Version! Die höchste LEO-Payload war diesen Februar mit 17,5t.
Die aktuellen Starships die für die Testflüge verheizt werden sind gewichtsmäßig nicht optimiert. Ich wette die Leermasse mit der Bernd immer rechnet stimmt nicht, der Booster wird vermutlich eher in Richtung 230t wiegen anstatt 200t und das Schiff auch einige Tonnen über 120t. Zum Beispiel sind die Finnen nicht aus teurem Titanium (wie bei Falcon 9), sondern aus schwerem Stahl. Erst wenn sich das ändert, mutmaßlich mit der Version 2, wird es ernst.
Einfach mal in deinem Dokument nach unten scrollen dann merkst Du das hier von zwei unterschiedlichen Raketen die rede ist. Die Falcon 9 mit 10,5 t Nutzlast wog 318 t, die heutige 549 t.
„Einige Tonnen“ mehr können bei 50 t die fehlen nicht die Bilanz groß ändern und bei der geringen Trenngeschwindigkeit von der superheavy schlagen auch bei ihr 30 t nicht mehr durch, zumal sie ja noch ein vielfaches dieser Masse an rEsttreibstoff in den Tanks hat.
Aussage von Elon zu der Theoretischen Nutzlast eine Starships wie bei ITF 3 sind übrigens 40 bis 50 Tonnen die man hätte mitnehmen können. Deine Rechnung liegt also gut.
Ich habe jetzt nicht abgeglichen ob die Daten zu Schub und Treibstoff bei dem „Make life multiplanetary“ Vortrag schon wieder anders sind.