Die Raptoren

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Edit: ich habe noch etwas zu den Expansionsdüsen und dem wahrscheinlich zu geringen Schub ergänzt. Autor des Videos evenfalls angepasst.

Ich wollte schon mal was zu den Raptor schreiben, da nun ja für die V2 und V3 Versionen noch schlagkräftigere Versionen angekündigt sind. Da stieß ich auf diesen Beitrag von Alpah Tecg. Es gibt ähnliche Beiträge von dem „Everyday Astronaut“. Er ist ja einer der wenigen, dem Elon Musk ein Interview gibt und wenn man den Beitrag durchsieht, dann weiß man auch warum:

Er ist völlig unkritisch. Er diskutiert überhaupt nicht die Technik, sondern geilt sich an ihr auf und kann minutenlang über „Thrust to Weight Ratios“ reden basierend auf einer Massenangabe, die er erfunden hat. Netterweise nutzte er dann zum Vergleich auch nur Triebwerke, die schlechter sind und die eine völlig andere Technologie einsetzen wie Nebenstromtriebwerke oder Wasserstoff als Treibstoff. Ähnliches gilt für den Beitrag von Alpha Tech und anderen SpaceX-Fans, die noch mehr gemeinsam haben: SpaceX ist hier Hauptthema, andere Raumfahrtereignisse scheinen nebensächlich zu sein und viele verdinen noch an den Beiträgen, betrieben wie der Everyday Astronaut eigene Shops.

Zeit mal das Thema genauer zu beleuchten. Ich mache aber zuerst mal eine Bemerkung, die ich extra an den Anfang stelle, da die Aufmerksamkeit von SpaceX Fans von mir nicht sehr hoch eingeschätzt wird. Daneben versuchen sie mir Aussagen zu unterschieben, die ich nie getätigt habe. Also ich werde in diesem Beitrag nicht behaupten, dsas irgendetwas nicht möglich sei, ich werde nur an der Sinnhaftigkeit Zweifel stellen und die Folgen von technischen Entscheidungen beleuchten.

Der Artikel entstand nach dem Testflug ITF-4 und gibt daher den Wissensstand zu diesem Zeitpunkt wieder.

Warum braucht SpaceX neue Raptors?

Nun ganz einfach – sie bauen neue Versionen des Starships, das V2 und V3. Das derzeitige (Juni 2024) V1 erreicht mit 40 bis 50 t Nutzlast – von Elon Musk offiziell bekannt gegeben bei weitem nicht die Zielnutzlast von 100 t. (nach den Daten von ITF-4 ist die sogar noch um 10 t gesunken) Dies soll das V2 erreichen und V3 übertreffen. Dazu werden Superheavy und Starship verlängert und schwerer und brauchen mehr Schub zum Start.

Nun ja ganz richtig ist dies nicht. Damit einer Rakete sicher abheben kann, ohne das ihr Winde oder andere Kräfte, interne wie externe etwas ausmachen, sie z.B. auf den Startturm treiben, hat sich historisch eine Mindestbeschleunigung von 1,25 g, etwa 12,3 m/s eingebürgert. Manche Raketen wie die Saturn V oder Delta IV Heavy liegen noch darunter. Auch die Falcon 9 startet mit dieser Beschleunigung. Beim Starship sind es 1,5 g. Begründung nach Elon Musk, damit drei Triebwerke ausfallen können. Auch das ist nicht die ganze Wahrheit. Denn wenn das Starship wiederverwendet werden soll, werden die Triebwerke ja viel häufiger eingesetzt, bedingt durch die Enge kommt ein Ausbau zur Inspektion kaum in Frage, so müssen sie zwangsläufig sehr zuverlässig sein, sonst geht auch das Konzept der häufigen Starts nicht auf. Da wäre dann ein Ausfall von drei Triebwerken (schon beim Start, später ist es deutlich unkritischer) schon sehr unwahrscheinlich. Zudem sind das nur 9 % des Gesamtschubs, mithin würde die Rakete immer noch mit 1,38 g beschleunigen.

Kleiner Rückblick auf den ersten Teststart. Die Raptoren liefen damals mit 90 % Schub und schon vor dem Passieren des Startturms fielen vier Triebwerke aus. Die Rakete hob trotzdem ab, wenngleich sehr langsam. Sie beschleunigte zu dem Zeitpunkt mit 1,2 g.

Der wahre Grund ist: die Triebwerke sind so nahe zusammengepfercht, 33 Stück auf 9 m Durchmesser, bei der N-1 waren es 30 Triebwerke auf 15 m Durchmesser. Dies hat die Folge, dass nur die inneren 13 Triebwerke schwenkbar sind. In jedem falle, muss bei einem Triebwerksausfall die Rakete steuerbar sein und diesen asymmetrischen Schub kompensieren. Sind nur 13 der Triebwerke dazu fähig und ist ihr Schwenkbereich, weil sie eng beeidender stehen beschränkt, so ist es von Vorteil, wenn sie mehr Schub haben und dies dürfte der Grund für den hohen Schubüberschuss sein. Es dürfte auch der Grund sein warum nur drei Triebwerke ausfallen dürfen. Sind die nämlich ungünstig platziert so dürfte das die Grenze sein, die die 13 inneren Triebwerke durch das Schwenken noch kompensieren können. Bei ITF-1 kam den auch das Starship vom Kurs ab und hatte eine viel zu geringe Höhe.

Die Raptoren

Bisher gibt es zwei Versionen des Triebwerks, eine dritte Version wird getestet und ob die noch schubstärkeren Raptoren dann noch zu dieser Generation oder der nächsten gehören ist derzeit noch offen. Nur der Everyday Astronaut erfindet gleich mal ein Raptor 4.

Die Raptor 1 waren die ersten Triebwerke mit Hauptstromantrieb den SpaceX baute und zusammen mit dem BE-4 auch das erste operationelle Triebwerk, das Methan einsetzt. Wie bei Entwicklungsexemplaren üblich haben sie noch nicht die Leistung der späteren Serienexemplare. Das ist nicht ungewöhnlich. Auch bei Ariane 1 wurden die Vikings in der Entwicklung im Schub gesteigert, sodass Ariane 1 schon mit den Viking 2/4 flog, also der zweiten Generation. Und auch das Vulcain der Ariane 5 hieß ursprünglich HM60 und sollte nur 60, nicht 100 t Bodenschub haben. Nach nur einem Dutzend Flügen wurde es dann durch das leistungsstärkere Vulcain 2 abgelöst.

Die Raptor 1 wurden für verschiedene Flugtestes von Starship-Prototypen eingesetzt, vor allem aber wurden sie extensiv verdrahtet und mit Sensoren versehen, was Elon Musk sehr missfiel, er wollte die endgültigen Raptor 2 „sauberer“ haben, mit weniger Leitungen und Rohren. Technisch gesehen hat ein Element der Raptor 1 unverändert überlebt, das ist die Düse. Weil die Triebwerke in der Superheavy dicht an dicht stehen und die Düse der breiteste Teil der Triebwerke ist, kann sie nicht weiter gemacht werden.

Die Raptor 1 arbeiten mit einem Brennkammerdruck von 250 Bar. Das Mischungsverhältnis Sauerstoff zu Methan beträgt bei ihnen 3,6 zu 1. Ihr Schub beträgt 185 t auf Meereshöhe, da es keinen Einsatz außerhalb der Troposphäre gab, fehlen die Daten für die Vakuumversion.

Die aktuellen Raptor 2 arbeiten mit einem Brennkammerdruck von 300 Bar. Der Schub beträgt 230 t auf Meereshöhe. Die Vakuumversionen erreichen aufgrund der längeren Düse 250 t Schubkraft. Das Mischungsverhältnis ist immer noch 3,6 zu 1. Ob es bei den noch stärkeren Raptoren auf 3,8 zu 1, eine Zielvorgabe der Entwicklung ansteigt, ist offen, aber diese kleine Änderung verändert relativ wenig am Schub und der Performance.

Die Raptor 3 arbeiten noch mit höherem Brennkammerdruck und Schub, wie viel und ab wann man von einem Raptor 4 sprechen kann ist offen. Erreicht wurden nach Meldungen 269 t Schub. In einer Grafik von SpaceX hat das Starship V3 einen Schub von 300 t auf Meereshöhe und interessanterweise keinen höheren Schub im Vakuum. Elon Musk hat aber schon von 330 t Schub ge-X-t.

Demgegenüber wurde bei allen vier Testflügen bisher nicht mit vollem Schub gestartet. Beim ersten Testflug waren es 90 Prozent, bei ITF-3 94 Prozent. Das heißt, heute scheint das volle Ausnutzen auch nur des Potenzials des Raptor 2 nicht möglich.

Die Physik

Spätestens jetzt wird es an der Zeit, sich mit den Grundlagen jedes Raketentriebwerks vertraut zu machen. Mehr dazu findet man in der Grundlagensektion. Der Schub kann auf zweierlei Weise berechnet werden: Er ist zum einen das Produkt aus spezifischem Impuls der Treibstoffkombination mit dem Massendurchsatz, aber auch das Produkt aus Brennkammerdruck mit Stirnfläche der Brennkammer. Da der spezifische Impuls nicht beliebig gesteigert werden kann, ist die wesentliche Stellschraube der Brennkammerdruck, will man die Brennkammer nicht vergrößern. Und dies geht aufgrund der Enge bei der Superheavy nicht, es sind ja jetzt schon 20 von 33 Triebwerken so verbaut, dass sie nicht schwenkbar sind, es fehlt also der dazu nötige Abstand.

Wie kommt man nun auf einen ermöglicht hohen Brennkammerdruck? Bei der aktiven Treibstoffförderung saugt eine Pumpe den Treibstoff und Oxidator an – es ist meist je eine Pumpe pro Komponente und entlässt ihn unter hohem Druck, mit dem er in die Brennkammer strömt. Der Druck muss immer größer sein als der in der Brennkammer, sonst funktioniert dies nicht.

Die Energie für die Pumpe liefert bei allen aktiv angetriebenen Raketentriebwerken (es gibt auch noch bei kleinen Triebwerken die passive Förderung nur durch einen hohen Tankdruck) eine Turbine. Die einzige Ausnahme ist die Electron, die dazu Elektromotoren einsetzt. Die Antriebswelle der Turbine liegt direkt auf der Pumpe, sodass diese meist zu einer Einheit, der Turbopumpe verschmelzen.

Eine Turbine besteht aus Rotoren über einer Welle, die von einem heißen Gas in Rotation versetzt werden und dabei entziehen sie dem Gas Energie und es kühlt ab.

Dieses Arbeitsgas muss erzeugt werden. Bei den Raptoren sind dies zwei Vorbrenner, je einer für Methan und Sauerstoff. Sie verbrennen jeweils einen kleinen Teil der einen Komponente mit dem gesamten Anteil der anderen. Da dieser Anteil im Überschuss vorliegt, belieben die Verbrennungstemperaturen auf einem Niveau, das metallische Werkstoffe ohne Kühlung aushalten können. Dabei werden beide kryogene Treibstoffe in Gas umgewandelt, gewinnen also viel an Volumen und das erzeugt schon einen Teils des Drucks. Technisch nennt man dies „staged combustion“, die deutsche Übersetzung „gestaffelte Verbrennung“ ist ungebräuchlich und es ist ein Hauptstromverfahren bei dem der gesamte Treibstoff in die Brennkammer kommt. Beim Merlin als dem Vorgänger wird ein Nebenstromverfahren genutzt, bei dem nicht der ganze Treibstoff das Arbeitsgas erzeugt, sondern nur ein Teil des Treibstoffs und dieser Strom gelangt dann auch nicht mehr in die Brennkammer.

Wie genau das Raptor aufgebaut ist, ist unbekannt. Es kursieren zwar im Netz Diagramme, aber die sind nicht offiziell, es sind angepasste Standardschablonen für die verschiedenen Antriebskonzepte.

Das wesentliche ist: Verändert SpaceX nur den Druck bei diesem Konzept, so sollte der Schub linear zum Druck ansteigen. Das tut er aber nicht:

Triebwerk

Raptor 1

Raptor 2

Raptor 3

Raptor ?

Raptor ?

Druck:

250

300

350

400

450

Schub:

185

230

269

300

330

Schub / Druck bezogen auf Raptor 1

1,00

1,036

1,038

1,014

0,99

Bisher gibt es nur Daten bis zum Raptor 3. Es sind aber von Musks Posts Schübe von 300 und 330 t für weitere Exemplare bekannt und ich habe angenommen, dass wie bisher der Druck in 50 Bar Schritten ansteigt.

Verändert man nichts am Triebwerk, so sollte der Quotient Schub/Druck absinken, wen die Düse nicht verändert wird. Der Grund ist relativ einfach. In der Düse entspannt das Gas und verliert an Druck und Temperatur und überträgt weitere Kräfte auf die Rakete. An der Düsenmündung wird es mit einer Resttemperatur und einem Restdruck entlassen. Steigt der Brennkammerdruck, so sind sowohl Restdruck wie auch die Temperatur beim Verlassen der Düse höher. Damit steigt der nicht nutzbare Anteil der Energie an und das senkt den Quotienten ab.

Die Lösung ist es nicht nur den Druck, sondern auch den Durchsatz zu steigern. Das geschah beim Übergang Raptor 1 auf 2 durch ein leichtes Aufweiten des Düsenhalses, so kann mehr Gas pro Zeiteinheit die Brennkammer verlassen. Wie dies bei den folgenden Generationen ist, weiß man noch nicht.

Der spezifische Impuls

Spätestens jetzt muss man auf die wesentliche physikalische Größe einer Treibstoffkombination kommen, den spezifischen Impuls. Er wird über eine Thermodynamikrechnung ermittelt. Das Standardprogramm dafür ist CEA2. Ein Programm der NASA. Für die Werte von CEA2 muss man aber wissen, dass es thermodynamische Werte sind. In dem Programm wird einiges nicht berücksichtigt:

  • Für den Aufbau des Drucks wird Treibstoff verbrannt dessen Energie steht dann nicht mehr zur Verfügung
  • Es erfolgt ein Energietransfer auf das Triebwerk (es erhitzt sich)
  • Fördersysteme haben einen Wirkungsgrad unter 100 %

Das sind nur drei wichtige Einflussfaktoren, es gibt noch mehr. CEA2 liefert die Daten für den theoretischen Idealfall – eines Gesamtwirkungsgrades von 100 %. Das Programm macht immer zwei Simulationen. Einmal die eines vollständigen Gleichgewichts – alle Substanzen können miteinander reagieren, sie sind ideal durchmischt.

Das Gegenteil ist das eingefrorene Gleichgewicht nach Passage des Düsenenghalses. Ein eingefrorenes Gleichgewicht herrscht unter anderem immer dann, wenn aus dem Gas Reaktionsprodukte kondensieren, z.B. bei Feststofftriebwerken das Aluminiumoxid das dabei entsteht.

Reale Triebwerke liegen immer zwischen den Extremen. Bei Tests in denen ich bekannte Triebwerke in CEA2 nachgebildete und mit den realen spezifischen Impulsen verglich, lagen Wasserstoff/Sauerstofftriebwerke etwa bei einem Wert der jeweils 50 % der beiden Ausgaben entsprach, Kerosin/Sauerstoff Triebwerke dagegen bei 80 % freiem und 20 % eingefrorenem Gleichgewicht. Dieses 80:20 Verhältnis habe ich im folgenden auch für die Raptors angenommen.

Triebwerk

Raptor 1

Raptor 2

Raptor 3 Schub

Raptor ?

Raptor ?

Druck

250

300

350

400

450

Expansionsdruck e=34

0,606

0,731

0,845

0,981

1,104

Expansionsdruck e=80

0,198

0,237

0,278

0,320

0,361

Temperatur e=34

1.313

1.329

1.342

1.353

1.364

Temperatur e=80

1.048

1.062

1.077

1.085

1.092

Spezifischer Impuls Gleichgewicht) e=34

3603

3606

3609

3612

3614

Spezifischer Impuls Gleichgewicht) e=80

3758

3761

3763

3765

3767

Spezifischer Impuls (eingefroren) e=34

3.382

3.391

3.400

3407

3413

Spezifischer Impuls (eingefroren) e=80

3.494

3.505

3.513

3.521

3528

Impuls gemittelt e=34, SL

3559

3563

3569

3571

3574

Impuls gemittelt e=80, Vakuum

3705

3710

3713

3716

3719

Alle Angaben sind Vakuumimpulse, den Schub gibt SpaceX aber immer auf Meereshöhe an. Wir sehen – egal ob wir den optimistischen Fall des freien Gleichgewichts nehmen oder einen der beiden anderen Fälle, der spezifische Impuls steigt bei Druckerhöhung kaum an.

Was aber in jedem Falle ansteigt, ist die Leistung welche die Turbopumpe erbringen muss: mehr Druck = mehr Leistung = mehr verbrauchter Treibstoff für das Treibstoffförderungssystem.

Im folgenden beziehe ich mich auf diese Berechnungen.

Hier wird beim Raptor von der Turbopumpe eine Leistung von 67,2 MW angenommen. Die Energie muss vollständig aus der Verbrennung von Treibstoffen stammen. Bei der Verbrennungsenergie von Methan von 10,2 kJ/g bei stöchiometrischer Verbrennung braucht man so 6,7 kg Treibstoff, die vollständig verbrennen – eingesetzt werden 19,6 kg Sauerstoff und 9,5 kg Methan, die aber nicht vollständig verbrennen und deren Restenergie noch genutzt werden kann. 6,7 kg sind knapp 1 % des Gesamtstroms von 685 kg. Der wahre spezifische Impuls würde sich also so zusammensetzen (Hier am Beispiel des gemittelten für e=34): 3559 m/s * 685 kg / (685 kg + 6,7 kg) = 3524 m/s.

In der Realität wird es weniger sein, weil noch ein Teil des Gases in die Tanks zurückgeführt wird. Dazu später mehr. Bei 450 Bar, also dem 1,5-fachen Druck, braucht man aufgrund der Gesetze für eine Pumpe mindestens die 1,5-fache Treibstoffmenge, sofern der Wirkungsgrad der Turbopumpe nicht absinkt. Für 450 Bar sieht die Rechnung also so aus: 3574 m/s * 685 kg / (685 kg + 10,1 kg) = 3522 m/s.

Durch den höheren Energieverbrauch sinkt der spezifische Impuls also leicht ab, anstatt durch die Druckerhöhung anzusteigen.

Noch bedeutsmer ist, dass SpaceX beim Übergang zum Raptor 1 zum 2 den Düsenhals erweitert hat, damit sinkt aber das Expansionsverhältnis ab. Bei der Vakuumversion von 90 auf 80, bei der Sea Level Version von 34,34 auf 30,52.

Damit sinken die spezifischen Impulse aber ab, weil das Gas bei höherem Druck entlassen wird. Setzt SpaceX dies bei den folgenden Triebwerken fort, so dürfte der spezifische Impuls weiter absinken. Er sank so schon beim Übergang vom Raptor 1 zum Raptor 2 um 30 m/s.

Dieser kleine Verlust erscheint unkritisch, bedenkt man aber, dass die Superheavy schon bei unter 1,6 km/s Brennschluss hat und das Starship dann alleine 6,2 km/s + weitere Aufstiegsverluste aufbringen muss, so ist dies wichtig. Ein Absinken des spezifischen Impulses kann so die Nutzlast deutlich und nicht nur marginal absinken lassen.

Die Düsengröße ist leider auch nicht bekannt, so habe ich dieses Bild einmal ausgemessen. Unter der Annahme das die Frau 1,70 m groß ist komme ich auf einen Düsenenddurchmesser von 231 cm beinm Raptor Vakuum und 122 cm bei der Seal Lelvel Variante. Nun kann man mit dem bekannten Druck das Expansionsverhältnis für die Versionen berechnen:

Triebwerk

Raptor 1

Raptor 2

Raptor 3 Schub

Raptor ?

Raptor ?

Druck:

250

300

350

400

450

Schub:

185 t

230 t / 258 t

269 t

300 t

330 t

Expansionsdruck kurz

20,5

19,7

19,7

20,2

20,6

Expansionsdruck lang

73,5

70,9

70,9

72,7

74,1

Elon Musk gab 2022 die Expansionsratio bei einer Tour für den Everyday Astronaut für das Raptor 2 zu 80 an. Leider ist dies die letzte verlässliche Angabe, alle früheren scheinen durch die Entwicklung überholt zu sein. Das ist innerhalb des Fehlerbereichs (Ausmessung, Größe der Person ist unbekannt) passend. Damit sind die 34,4 die für die Bodenversion reklamiert werden aber nicht gegeben. Das sieht man auch selbst an der Abbildung. Das Expansionsverhältnis verändert sich quadratisch mit dem Durchmesser, bei einem Verhältnis von Quadratwurzel(80/34,34) = 1,52 sollte die breitere Düse 1,52 mal den Durchmesser der kleinen haben, er ist aber nahezu doppelt so groß. Das senkt aber vor allem den spezifischen Impuls deutlich ab (berechnet mit e=20) von 3.606 beim Raptor 2 (freies Gleichgewicht) auf 3.491 und von 3.391 (eingefrorenes Gleichgewicht) auf 3.305. Damit steigt der Treibstoffverbauch an und die Nutzlast sinkt ab.

Druckbeaufschlagung

Die Tanks stehen bei allen Raketen vor dem Start unter Druck, der sie stabilisiert. Dieser Druck wird während des Starts aufrechterhalten, das obige Dokument spricht von 4 Bar, das ist relativ viel. Anfangs ist allerdings der Tank fast voll und das Druckgas nimmt nur ein kleines Volumen ein. Zu Brennschluss sind die Tanks fast entleert und das Druckgas nimmt nun das ganze Volumen ein. Da bei Expansion der Druck abnimmt, muss es laufend ergänzt werden. Hier das Volumen, dass nur die Treibstoffe in beiden Stufen einnehmen (berechnet mit einer Dichte von 0,42 g/cm³ bei flüssigem Methan und 1,141 g/cm³ für flüssigen Sauerstoff).

Superheavy LOX Superheavy LNG Starship LOX Starship LNG
Gesamtmasse Treibstoff 2,660,9 t 739,2 t 939,2 t 260,9
Volumen 2332,1 m³ 1760 m³ 823,1 m³ 621,2 m³
Masse Druckgas t=298 K, 4 bar 13.400 kg 5.100 kg 4.700 kg 1.800 kg

Es gibt verschiedene Methoden die Tanks zu bedrücken. Anbieten würde es sich bei den kryogenen Treibstoffen eine Leitung vom Tank zu der Außenseite eines oder mehreren Triebwerke zu ziehen und zurück oben und den Tank. Treibstoff durchströmt die Leitung, verdampft am Triebwerk und wird gasförmig zurückgeleitet. Die Masse des Gases pro Volumen hängt nach der allgemeinen Gasgleichung von der Temperatur, Molmasse und Druck ab. Die Temperatur ist dabei die unbekannte Größe. Ich habe einmal mit Zimmertemperatur gerechnet und komme auf die obigen Massen in der Tabelle. Die Mengen sind nicht zu vernachlässigen. Die SuperHeavy wiegt leer 200 t, die 18,5 t Gase machen also fast 10 Prozent des Gewichts aus. Beim Starship ist dies direkt in Nutzlast umrechenbar: das sind 6,5 t Nutzlast die mitgeführt werden könnten, wenn diese Gase nicht nötig wären. Bei einer höheren Temperatur wäre es weniger Gas, bei einer tieferen Temperatur mehr. Ich vermute aber eher niedrige Temperaturen, weil SpaceX ein spezifisches Problem mit dem Druckgas hat.

Da die Triebwerke nach Elon Musks persönlicher Vorliebe „clean“ aussehen sollen, zweigen sie das Gas aus den Vorbrennern ab. Dieses Gas besteht aus der unverbrannten Komponente (Sauerstoff beim Sauerstoff-Vorbrenner v und Methan beim Methan- Vorbrenner) plus den Verbrennungsprodukten das ist beim Sauerstoffvorbrenner Kohlendioxid, beim Methanvorbrenner entsteht nach einer Simulation sogar Kohlenstoff (Ruß) und in beiden Fällen Wasser. Das erhöht etwas die molare Masse, die Problematik ist aber, dass bei Abkühlung – die Treibstoffe sind 161 und 183 Grad Celsius „kalt“ Wasser zu Eis kondensiert. Dieses kondensierte und Eis brachte bei den ersten Testflügen die Turbopumpen zur Explosion, bei ITF2 bei allen 13 Triebwerken beim Wendeburn. Danach wurden Filter eingebaut. Trotzdem fielen bei ITF3 bei der Landung 12 von 13 Triebwerken aus. Bei ITF-4 waren es nur zwei Ausfälle, doch erst die Zukunft wird zeigen, ob das Problem damit gelöst ist.

Schub

Ich finde es interessant das die Schubangabe von SpaceX während der Testflüge noch nie überprüft wurde. Das wäre doch eine gute Gelegenheit. Man muss dazu nur ihre Zahlen nehmen und die Grundrechenarten beherrschen. Ich gebe den Rechenweg hier extra an:

Schub = Treibstoffdurchsatz * Ausströmgeschwindigkeit [1]

Schub = Gesamttreibstoff / Brenndauer / Ausströmgeschwindigkeit [2]

Treibstoffdurchsatz = Gesamttreibstoff / Brenndauer / Triebwerkszahl [3]

Treibstoffdurchsatz hat die Einheit kg/s und ist der pro Sekunde von dem Triebwerk verbrauchter Treibstoff. Beim Raptor nominell etwa 650 kg/s.

Der Gesamttreibstoff ist der gesamte Treibstoff. Beim späteren Einsatz 3.400 t in der SuperHeavy und 1200 t im Starship bei ITF-3 waren nur 3.300 t in der SuperHeavy

Brenndauer ist die Brennzeit der Triebwerke vom Einschalten bis Abschalten

Die Triebwerkszahl beträgt 33 bei der SuperHeavy und 6 beim Starship

Die Ausströmgeschwindigkeit ist im SI System der spezifische Impuls in m/s. Im US-System müsst ihr diese Angabe mit der Erdbeschleunigung g = 9,80665 m/s² multiplizieren, da die Angabe in der Einheit Sekunden ist.

SpaceX macht es einem etwas schwer, weil es mehrere Brennphasen gibt. Für den ITF-4 gibt es keine Angaben über Schub und Treibstoffbeladung, aber bei ITF-3 gab es diese:

Parameter Wert
Schub Superheavy 7,130 t
Schub Starship 1.200 t
Brennzeit Superheavy 163,5 s (Hochlaufzeit zur Hälfte angerechnet)
Wendemanöver (13 Triebwerke) 55 s
Landemanöver (13 Triebwerke) 6 s
Landemanöver (3 Triebwerke) 15 s
Brennzeit Starship 338 s davon 14 s mit drei Triebwerken

Die akkumulierte Brennzeit (1 Triebwerk beträgt somit 6233 ,5 s bei der SuperHeavy und 1.986 s bei der Superheavy

Die SuperHeavy hatte am Schluss keinen Treibstoff mehr, das Starship 42 t. Diesen Treibstoff muss man von der Startmasse abziehen und erhält 1.158 t beim Starship.

Nun kann man den Treibstoffverbrauch pro Sekunde berechnen:

Superheavy = 3.300 t / 6.233,5 s = 530 kg/s

Starship: 1.158 t / 1.986 s = 583 kg/s

Der angegebene Schub beträgt 1.250 t beim Starship und 7.130 t Mittels Gleichung 3 ist so der Treibstoffdurchsatz für die SuperHeavy auf 530 kg und für das Starship auf 583 kg berechenbar. Deutlich weniger als die 650 kg die die Wikipedia angibt. Die einfachste Erklärung ist das der Schub geringer ist und das ist er auch, denn die 7.130 bzw. 1.250 t Schub bei ITF-3 sind weniger als die 7.590 t bzw. 1.450 t die SpaceX auf ihrer Webseite angeben. Mit diesen Angaben lässt sich aber aucg über Gleichung 1 die Ausströmgeschwindigkeit berechnen:

7.130 t = 530 kg/s *33 * Ausströmgeschwindigkeit

umgeformt →

Ausströmgeschwindigkeit = 7.130 t / 0,530 t/s / 33 = 407,66 s

1.250 t = 583 kg/s * 6 *Ausströmgeschwindigkeit

umgeformt →

Ausströmgeschwindigkeit = 1.250 t / 0,583 t/s / 6= 357,34 s

Da der Schub in Tonnen Schukraft ist erhält man den spezifischen Impuls in der US-Notation mit der Einheit Sekunden.

SpaceX reklamiert für das Raptor 2 spezifische Impuls von 350 s im Vakuum und 377 s bei den Vakuumversionen. Der Schub der angegeben ist, ist auch der Vakuumschub. Nun erreicht die SuperHeavy aber 407 s, wesentlich höher – und leicht durch Nachberechnung überprüfbar, physikalisch unmöglich. Beim Starship sollte im arithmetischen Mittel beider Triebwerksversionen liegen also bei 363,5 s. Das passt schon eher. Ich vermute das dieser real ist, also etwa 60 m/s niedriger als angegeben.

Die große Abweichung bei der SuperHeavy erscheint zuerst nicht erklärbar, wird es aber, wenn man den Schub pro Triebwerk berechnet:

Schub pro Triebwerk = Gesamtschub / Triebwerkszahl

Setzt man die Werte ein so erhält man 216 t Schubkraft bei der Superheavy aber 208 t beim Starship. Da die längeren Düsen einen höheren Schub haben (etwa 12 t pro Triebwerk mehr) sollte dem nicht so sein. Viel spricht dafür das der Schub nicht erreicht wird. Dafür spricht auch die geringe Trenngeschwindigkeit, die bei einem so schnell beschleunigenden Vehikel deutlich höher sein müsste, außer es beschleunigt nicht so stark, was wiederum auf weniger Schub hindeutet.

Testen

Herkömmliche Triebwerke werden vor dem ersten Start extensiv getestet, beginnend auf Komponentenebene, dann mit ganzen Triebwerken unter reduzierten Einsatzbedingungen und kurz, dann immer länger, bis man die Einsatzdauer erreicht und übertrifft zuletzt werden sie Szenarien unterworfen, die nicht vorkommen sollten ,um die Grenzen auszuloten.

Ein solches Testprogramm erfolgt selbst dann, wenn das Triebwerk an sich nicht neu ist, wie das Vulcain 2.1 das fast 14.000 Betriebssekunden bei Tests absolvierte. Es ist nur eine Modifikation des Vulcain 2, das über 90-mal schon bei der Ariane 5E eingesetzt wurde. Bei den neueren Firmen hört man fast nichts von der Testkampagne. Das betrifft auch Blue Origin. Die meisten Firmen unterrichten die Öffentlichkeit nur spärlich. Bei SpaceX weiß man, das sie einen Vertrag mit der NASA hatten, um die Raptor im Stennis Testcenter zu testen. Es gibt auch Meldungen über Tests einzelner Raptoren, aber selbst das Starship mit nur sechs Triebwerken ist zu schubstark für die Teststände. Bei Tests vor den Starts werden die Triebwerke nur hochgefahren aber vor Erreichen des vollen Schubs wieder abgeschaltet, ein solches „static fire“ dauert so nur wenige Sekunden.

Strategie von SpaceX ist das iterative entwickeln. Jeder Testflug ist so auch ein Treibwerkstest, daher auch die Bezeichnung „integrated Testflight“. Diese Parallele gibt es zur sowjetischen N-1 bei der allerdings die Triebwerke in der Entwicklung einzeln vorher intensiv getestet wurden, nur eben die Flugexemplare und ihr Zusammenspiel nicht.

Man könnte nun meinen die ITF wäre ein adäquater Ersatz, befinden sich doch 39 Triebwerke an Bord die bei einer Normmission (suborbital) folgende Zündungen durchführen:

  • 33 der SuperHeavy für den Start
  • 13 der SuperHeavy für die Wende (davon beliben drei nach MECO der restlichen 3ß an)
  • 13 der SuperHeavy für die Landung
  • 6 des Starships für Erreichen des Orbits
  • 3 des Starships für die Landung

Das sind insgesamt 65 Zündungen, 65 einzelne Tests. Bei einem Orbit käme noch eine weitere Zündung hinzu, um den Orbit zu verlassen.

Leider ist es nun aber so, das ein konstruktiver Fehler dann wahrscheinlich gleich mehrere Triebwerke betrifft. So fielen bei den Starts bisher sieben Triebwerke der Superheavy aus, bei ITF-2 fielen alle Triebwerke bei der Wende aus und bei IF-3 waren es zuerst sieben ausgefallene, bei der Landung dann 12 von 13 und auch bei IF-4 fiel wieder eines aus.

Gerechnet auf alle Zündungen, die erfolgten, waren dies 39 von 197 Zündungen bei der SuperHeavy oder etwa 20 Prozent. Beim Starship wenn man die Explosion der Triebwerke bei ITF-2 und den fehlenden Test der Wiederzündung bei ITF-3 hinzurechnet, sind es 4 von 21 Zündungen oder auch etwa 20 Prozent.

Das sind Werte die ein Triebwerk im frühen Testprogramm hat. Einsatzfähige Triebwerke haben eine Zuverlässigkeit von 99+ Prozent. Das Space Shuttle SSME, als einziges bisher wiederverwendetes Triebwerk hatte bei 135 Flügen keinen einzigen Ausfall und über die gesamte Testkampagne 1.085.677 s Brennzeit akkumuliert, das entspricht über 750 Missionen. Die Zuverlässigkeit im Flug betrug 99,85 Prozent (einmal wurde bei STS51 F ein Triebwerk während des Flugs abgeschaltet, aber dies beruhte auf einem Sensordefekt) und über alle Tests auch am Boden waren es 99,96 Prozent. Demgegenüber liegen die Raptors heute (nach ITF-4) bei 80 Prozent. Damit sie nur zum SSME aufschließen könnten, müssten die nächsten 1.581 Missionen allesamt ohne einen Ausfall klappen.

Zuverlässigkeit und Lebensdauer

Der nach meiner Ansicht nach wichtigste Punkt in dem Konzept des Starships ist, dass man es nach der Landung praktisch gleich für den nächsten Start vorbereiten kann. Daher wird die SuperHeavy am Startturm eingefangen und landet das Starship auf dem Startplatz. Geht es nur um die Wiederverwendung, so hat man schon bei der Falcon 9 und erst recht Falcon Heavy einen Großteil der Kosteneinsparung bei der Hardware erreicht. Aber die Bergung mit einem Dronenschiff, die erneute Vorbereitung für einen Start verursachen Kosten und dauern Wochen. Diese Kosten sollen weitestgehend eingespart werden. Sonst wäre das Starship wohl nicht ökonomisch, denn es hat nach ITF-3 offiziell nur 40 bis 50 t Nutzlast (Falcon Heavy: 62,2 t) bei mehr als der dreifachen Startmasse der Falcon Heavy. Da eine größere Rakete auch teurer ist, dürfte dies die Fertigung der Oberstufe die bei der Falcon Heavy verloren geht, weitestgehend kompensieren.

Geht es nach Elon Musk, so soll das Starship 1.000-mal ohne Überprüfung starten. Beim Space Shuttle war die Wartung der Punkt, der die Fähren unwirtschaftlich machte. Zum Ende des Programms entfielen zwei Drittel der Aufwendungen nur auf Fixkosten. Eine Fähre brachte einige Wochen beim Hersteller nach der Landung für Überprüfungen und Reparaturen wie dem Ersetzen von Fließen. Alle paar Jahre wurde sie generalüberholt, bekam neue Triebwerke oder andere Verbesserung /Glas-Cockpit) und wurde so für etwa zwei Jahre außer Dienst gezogen.

Ob dem gelingt ist offen. Derzeit (Stand nach ITF-4) trennt SpaceX den Stufenadapter nach dem Wendemanöver ab. Bei ITF-3 blieb er noch mit der SuperHeavy verbunden. Damit ist zumindest derzeit der Stufenadapter ein Verlustteil. Wie viele Flüge die einzelnen Subkomponenten aushalten wird erst die Zukunft zeigen. Zumindest bei den Triebwerken ist es aber so, dass immer höhere Anforderungen die Lebensdauer erniedrigen. Höhere Drücke bedeuten höheren Materialstress, gleichzeitig sollen die Raptiren leichter werden. Die Raptoren wogen in der ersten Generation noch 2 t, die Raptor 2 sollen 1,6 t wiegen und einige Spacex-Fans spekulieren, dass weitere Generationen noch leichter werden. Das sind Gegensätze die sich eigentlich ausschließen.

Beim SSME wurde schon während der Entwicklung beschlossen, den Schub von 100 auf 109 Prozent im Regelbetrieb zu erhöhen. Das senkte die Lebensdauer eines Triebwerks von 100 auf 55 Missionen ab. So viele Einsätze hat aber kein Triebwerk absolviert, der Rekord liegt bei 27 Einsätzen.

Zusammenfassung

Es gibt Zweifel an den Raptoren. Ich denke, die Düsen der Seal Lvel Varianten haben nicht das Expansionsverhältnis das angegeben wird und damit sinken die spezifischen Impulse ab. Das ist bedeutend für die Einbuße an Nutzlast die beobachtbar ist. Ebenso scheinen sie noch nicht das Schublevel auch nur der Raptor 2 erreicht zu haben. So macht es wenig Sinn an Verbesserungen zu arbeiten, bevor die letzte Generation ihr Soll erreicht und – das ist noch wichtiger – auch zuverlässig funktionieren.

Es gibt Zweifel daran, das die Raptoren jemals die Zuverlässigkeit haben werden, die Elon Musk verspricht. So sollen bei V2 und V3 durch kompaktere Raptor 3 es Schilde um die Triebwerke geben. Sie schützen die umliegenden Triebwerke vor Explosionen. Man kann aber Triebwerke vor einer Explosion abschalten, wenn man sie genaustens überwacht. Diese Technik ist nicht neu. Schon die Saturn V setzte sie – damals noch durch mechanische Schalter – ein. Das Space Shuttle setzte sie von Anfang an ein. Auch hier war keine außerirdische Technologie notwendig: Von 1988 bis 2002 war der Triebwerkskontroller ein Motorola 68000, ein herkömmlicher Mikroprozessor der frühen achtziger Jahre! Wenn SpaceX also Schilde braucht, so stellen sich mir einige Fragen, die Zweifel an der Kompetenz der Firma aufkommen lassen.

Fazit

Ich denke, erst die Zukunft wird zeigen ob dieses Konzept aufgeht. Dazu braucht auch SpaceX erst einmal Einsatzerfahrungen. Ich denke der massive Schubüberschuss ist eine Absicherung dagegen, dass Triebwerke ausfallen können, weil man sie nicht nach jeder Landung inspiziert. Das scheitert aber, wenn das ausgefallene Triebwerk eines der drei ist die bei der Landung in den letzten Sekunden noch aktiv ist. Dann ist der Schubabfall und vor allem die Schubasymmetrie nicht mehr kompensierbar, wie auch ITF-2 zeigte.

Man kann ja viele Parallelen zur sowjetischen N-1 ziehen. Bei dieser Rakete hatten die Triebwerke der ersten Generation eine sehr niedrige Zuverlässigkeit und das war bekannt. Aus Zeitdruck wurde trotzdem mit ihnen gestartet und alle vier Flüge scheiterten. Die Sowjets entwickelten aus ihnen eine zweite Generation, die erheblich zuverlässiger sein sollte, aber nie in der N-1 zum Einsatz kam. Die über Jahrzehnte eingelagerten Triebwerke trieb die Antares an, bis kurz nach dem Start ein Triebwerk ausfiel. Danach wechselte ATK den Hersteller, denn schon bei Tests im Stennis-center der NASA gab es Probleme und einen Komplettausfall. Ebenso nutzt Russland die Triebwerke bei der Sojus 2-1v, dort bislang ohne Probleme. Welchen Weg wohl die Raptoren nehmen werden?

12 thoughts on “Die Raptoren

  1. Das Video was du verlinkst ist nicht vom Everyday Astronauts sondern von ALPHA TECH. Wäre mir neu das die was miteinander zu tun haben.

      1. Wenn das falsche Video verlinkt wurde:

        „ Nur der Everyday Astronaut erfindet gleich mal ein Raptor 4.“

        Diese Aussage stimmt dann aber trotzdem nicht und sollte entweder korrigiert oder neu belegt werden

  2. Es ärgert mich immer wieder dass SX bei den Angeaben für Nutzlast, Schub usw nicht die Wahrheit sagt. Es werden nie erreichte Zielvorgaben so veröffentlicht, dass sie als techn. Daten des Trägers aussehen.
    Das die Raptoren wirklich auf die extremen Schubwerte erhöht werden glaube ich nicht.
    Es wird denke ich so sein, dass die Triebwerke von V3 vielleicht die Werte von V2 erreichen. Durch das verlängern der Rakete wird sich dann die Startbeschleunigung auf 1,25 g verringern.
    Die Triebwerke sind aber vermutlich bereits jetzt besser als hier beschrieben.
    Die Ausfälle beim ITF 1 sind sehr wahrscheinlich auf Trümmer vom Betonboden zurück zu führen.
    Die Ausfälle Bei den beiden nächsten Flügen auf das Kraftstofftransportsystem.
    Das Eigentliche Raptor scheint gar nicht so unzuverlässig zu sein. Daher traut sich SpaceX vermutlich auch den Schub in kleinen Schritten weiter zu erhöhen.

    Bisher sind ca. 160 Triebwerke geflogen und vermutlich um die 1000 gebaut worden.
    Damit haben sie eine Serienfertigung erreicht die Merlin Produktion in den Schatten stellt.

    Sollte das einfangen des Boosters gelingen haben sie auf einen Schlag 33 Triebwerke die geflogen sind. Daraus wird man wie bei den Merlins lehren Ziehen und Verbesserungen bringen.

    SX hat aktuell 13000 Mitarbeiter.
    Diese Teilen sich auf Starlink, Falcon 9, Dragon, FH und StarshipSH auf.
    Ich Rate mal das für Starship höchstens 1/3 der Belegschaft arbeitetdavon die Hälfte an Startanlage u. Struktur der Rakete.
    Alleine daraus kann man ableiten, dass die Produktionskosten je Triebwerk sehr gering sein müssen.
    Denn es wird nur sehr wenig zugekauft. Im wesentlichen bleiben die metallichen Rohstoffe und die Lohnkosten von ca. 2000 Mitarbeitern. Die meisten davon dürften in der Entwicklung Arbeiten. In der Produktion der Triebewerke werden keine 400 Mitarbeiter arbeiten.
    Geht man von nur 400 Raptoren pro Jahr aus fällen ein Mannjahr pro Triebwerk + Rohstoffe + Abschreibung der Maschinen an. Das ein Triebwerk damit dann nur 200.000 kosten soll ist nicht unwahrscheinlich.
    Wenn das Starship ohne Flügel und Hitzeschutz baut, dann hätte man einen Teilwiederverwendeten Träger wie die F9 mit 100bis 150t Nutzlast.
    Für den schnellen Aufbau von Starlink würde das reichen.

    1. Ja Zahlen kann man sich gerne ausdenken, warum nicht 10.000 raptoren pro Jahr und nur 40 Mitarbeiter wird dann noch günstiger.

      Bei SpaceX sollte man sehr vorsichtig sein, was sie so veröffentlichen. Schon 2011 meldeten sie das sie so viele Merlin Triebwerke bauen dass sie 40 Cores pro Jahr starten können, eine Startrate die sie erst 10 Jahre später erreichten und heute brauchen sie wegen der Wiederverwendung nicht mal diese Zahl.

      Gegenargument: Bisher fielen die Raptoren nur durch hohe Ausfallraten und Nicht-Erreichen der Soll-parameter aus. Wenn Du recht hast müssen sie nun 1000 Triebwerke verschrotten … Dadurch werden sie bestimmt nicht billiger.

      1. Durch ihre Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit haben sie es geschafft deutlich dynamischer dazustehen als die Konkurrenz. Was sie bei den Investoren deutlich beliebter machen dürfte. Die wollen mit ihrem Geld was bewegen einen Unterschied machen. Deswegen wurde bei IFT-1 gestartet obwohl der Static Fire Test nicht bestanden wurde und die ausgefallenen Triebwerke kaum überrascht haben dürften. Den übergewichtigen Heißstart-Ring über den Gitterflügeln hätten andere wahrscheinlich nicht riskiert. Die hätten gewartet bis die leichtere Version fertig ist. Die Probleme mit den Sauerstofftank Filtern hätte bei anderen Firmen für lange Verzögerungen geführt. SpaceX startet einfach.

        1. Durch ihre Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit haben sie es geschafft, deutlich dynamischer zu ERSCHEINEN als die Konkurrenz. Es sei denn man betrachtet jahrelange Verzögerungen bei jedem Rakentyp als dynamisch.
          Filter sind nötig, weil man sich nicht um die Ursachen kümmert. Eisbrocken können so nicht mehr ins Triebwerk gelangen, aber immer noch die Leitung verstopfen. Und wenn die Möglichkeit besteht, ist es nur eine Frage der Zeit bis das wirklich passiert.
          Bei der in der Raumfahrtgeschichte beispiellosen Explosionsserie ist diese Firma wohl eher dynamitisch als dynamisch zu nennen.

          1. Klappern gehört zum Geschäft. Und die, die nicht klappern, sind auch nicht schneller. Also wo liegt der Vorteil, wenn der Schrott nur im verborgenen produziert wird, man aber weniger in der Lage ist die Menschen mitzunehmen?

  3. Man könnte argumentieren das Starship immer noch ein Testartikel ist ähnlich dem Starhopper und den übrigen Testartikeln die wie das Ship aussahen und nicht für die Zuverlässigkeit der Raptoren zählen sollte. Es wären ein paar spektakuläre Treibwerksausfälle mehr wenn diese auch mit zählen würden.

  4. > Da die Triebwerke nach Elon Musks persönlicher Vorliebe „clean“ aussehen sollen, zweigen sie das Gas aus den Vorbrennern ab. … beim Methanvorbrenner entsteht nach einer Simulation sogar Kohlenstoff (Ruß) und in beiden Fällen Wasser.

    Wichtig ist die Anmerkung hier dass dies Spekulation ist! Es ist eine heißdiskutierte Theorie im Netz, aber es gibt keine Bestätigung dafür.

    > erst recht Falcon Heavy einen Großteil der Kosteneinsparung bei der Hardware erreicht.

    Das stimmt leider nicht für die FH. Es werden nur die zwei Seitenbooster zurückgeholt, der mittlere aber verbraucht.

    1. Es ist aber eine plausible Erklärung für die spärlichen Aussagen von SpaceX für die Ausfälle.

      Letztendlich ist es egal welche Ursache sie zum Ausfall bringt, allein die Tatsache zählt.

      Die Bergung hat nicht geklappt, ist aber immer noch Bestandteil des Konzepts. Hmmm, das könnte natürlich auch beim Starship passieren ….

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