Bernd Leitenbergers Blog

Äpfel und Schokolade

Nachdem ich ChatGPT beauftragt habe, die kühne Behauptung aufzustellen, dass Schokolade gesünder sei als Äpfel und mir das System auch nachkam, will ich, auch weil ich nicht die Lust hatte alle Angaben von ChatGPT zu verfolgen, selbst eine Analyse machen.

Das ist nicht nötig, logisches Nachdenken genügt, aber eine beliebte Rubrik bei ZDF Info sind Serien mit Ingo Lege, in denen der gelernte Koch, dort als Produktentwickler tituliert, Industrie-Lebensmittel nachbaut. Dabei würde bei den meisten schon ein Blick auf die Nährwertangaben oder die Zutatenliste reichen, um Klarheit zu haben. Da bei uns – wie wir seit der ersten PISA-Studie wissen – das Wissen in Fächern, in denen man logisch denken muss oder naturwissenschaftliche Grundlagen sich aneignen muss, immer weiter abnimmt, denke ich kann ich auch einen ganzen Artikel über etwas schreiben, wofür man eigentlich nur einen Satz braucht.

Während ChatGPT in der Diskussion noch sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, also so etwas wie Polyphenole, Flavone, Terpene und was es sonst noch so gibt in den Vergleich aufnimmt, lasse ich diese außen vor. Dafür gibt es einige einfache Gründe. Das eine ist das die Studienlage für diese sekundären Pflanzenstoffe noch nicht fundiert ist. Das zweite ist das solche Studien meist nicht mit Lebensmitteln durchgeführt werden, da würde schon ein wichtiger Aspekt der Verblindung wegfallen (die Probanden erkennen natürlich, welches Lebensmittel sie essen), sondern die Tests erfolgen mit Reinsubstanzen. Diese Reinsubstanzen werden dann aber oft so hoch konzentriert, damit Wirkungen belegbar sind, das man enorm viel des Lebensmittels essen müsste. Relativ gut belegt ist, dass Rotwein, der die sekundären Pflanzeninhaltsstoffe Resveratrol, Polyphenole und Anthocyane enthält, die in Studien positive Wirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem haben. Nur ergaben die Studien auch, das die Menge für diese Stoffe so hoch ist, das die Personen sehr bald an den Schäden durch Alkohol gestorben wären, da die Menge die in mehreren Litern Rotwein enthalten ist entsprach.

Das nächste, was man noch eingrenzen muss, ist was man mit was vergleicht. Gut bei Äpfeln gibt es verschiedene Sorten, die sich vor allem im Vitamin C Gehalt deutlich unterscheiden. Aber größer sind die Unterschiede wie man Äpfel konsumiert. Man kann ihn roh essen, erhitzen (Äpfel-schnitze, Kompott) oder pürieren. Die gesündeste Variante ist natürlich roh Essen. Der so beliebte Apfelsaft filtriert alle festen Bestandteile ab und damit auch einen Großteil der Ballaststoffe, aber auch der sekundären Pflanzeninhaltsstoffe und Vitamine, die vor allem in der Schale stecken. Beim Erhitzen gehen vor allem Vitamine verloren. Der heute so beliebte Smoothie verändert zwar nichts an der Zusammensetzung, hat aber einen riesigen Einfluss auf die Sättigung. Da man nichts mehr kauen muss, sättigt ein Apfel in pürierter Form viel weniger als ein Apfel, den man kaufen muss.

Bei Schokolade gibt es natürlich Tausende von Sorten. Selbst wenn ich die Zunahme von anderen Substanzen weglasse wie Nüsse, Keksen, Alkohol etc. und mich nur auf die drei Hauptbestandteile beschränke – Kakaobestandteile, Zucker und Milchbestandteile gibt es noch etliche Sorten, die übrigens auch international sehr variieren. Idealerweise würde man Äpfel, die man roh ist mit dem rohen Gegenstück bei Schokolade, das ist die Kakaobohne, vergleichen. Kakaobohnen sind zwar heute ein In-Lebensmittel, aber sie sind noch kein Konsumerprodukt. Schokolade entsteht dadurch, dass Kakaobohnen gemahlen werden und dann in das fettarme Kakaopulver und die Kakaobutter, das reine Fett getrennt wird. Bei der einfachsten Schokolade, der Bitterschokolade, wird so viel Kakaobutter wieder hinzugegeben wie man benötigt, das man die benötigte Konsistenz und das richtige Mundgefühl bekommt. Dazu kommt das noch Zucker, damit sie nicht ganz so herb schmeckt. Das Ganze wird dann einige Stunden bis Tage bei geringer Erwärmung gerührt, wobei chemische Reaktionen stattfinden, vor allem aber die Kakaobestandteile und das Fett eine innige Verbindung eingehen, dabei entsteht der typische Schmelz von Schokolade. Steigert man den Zuckeranteil, so bekommt man Halbbitter und Zartbitterschokolade. Dann wird noch Milchpulver, Milchzucker und oft auch noch andere Fette zugegeben und man erhält Milchschokolade. Ab da nimmt die Sortenzahl enorm zu, weil die Bestandteile in der Menge variiert werden können und noch weitere Zutaten hinzukommen.

Ich nehme als Vergleich die Mindestanforderung für Bitterschokolade, das sind 60 Prozent Kakaoanteil und 40 % Zucker. Das liegt vor allem daran das ich für diese Schokolade die Nährwerte habe. Im Handel gibt es auch Schokolade mit höherem Kakaoanteil bis zu 90 % habe ich schon gesehen. Der Gehalt an „wertvollen“ Substanzen steigt dann proportional an, denn Zucker besteht eigentlich nur aus dem Kohlenhydrat Saccharose. Jegliche Vitamine hat er bei der Herstellung verloren.

Beurteilung von Nahrungsmitteln

Um Lebensmittel vergleichen zu können braucht man einen neuralen Maßstab. Es hat sich das Konzept der Nährstoffdichte etabliert. Man vergleicht nicht den Gehalt pro 100 g, sondern berechnet den Gehalt auf die Menge, die einen bestimmten Energiegehalt liefert. Die Menge kann pro Lebensmittel sehr unterschiedlich sein, so enthalten Äpfel zehnmal weniger Energie als Kakaobohnen oder Schokolade.

In den Tabellen ist der Vitamingehalt berechnet auf 1 MJ (1.000 KJ oder 239 kcal) normierte Tagesbedarf als Nährstoffdichte angegeben. Dieser Wert wird benötigt, wenn man beurteilen will, ob ein Lebensmittel viel oder wenig des Vitamins/Mineralstoffs enthält, indem man beim Lebensmittel den Gehalt auf 1 MJ berechnet. Nur als Beispiel: Nüsse enthalten viele Vitamine, Salat dagegen wenig. Allerdings haben Nüsse den vielfachen Energiegehalt von Salat. Mit der Normierung auf eine bestimmte Energie (hier 1000 kJ = 239 kcal) kann man Nahrungsmittel vergleichen.

Teilt man den Vitamingehalt eines Lebensmittels durch den Energiegehalt (beides wird immer pro 100 g angegeben) und multipliziert mit 1000 kJ so erhält man die Nährstoffdichte dieses Lebensmittels. Vergleicht man dies mit der für dieses Vitamin/Mineralstoff vorgegebenen Wert für 1000 kJ so kann man erkennen ob dieses Lebensmittel reicher als der Nahrungsdurchschnitt ist oder nicht. So kann man besser Lebensmittel vergleichen die ja ganz unterschiedliche Brennwerte haben.

Beispiel: Bananen enthalten 0,37 mg Vitamin B6 pro 100 g, sie haben einen Energiegehalt von 389 kJ. Die Nährstoffdichte für das Vitamin B6 beträgt: (0,37 mg/100 g) / (389 kJ / 100 g) x 1000 kJ = 0,95 mg/1000 kJ. Nun vergleicht man diesen Wert mit dem Mittelwert den das Nahrungsmittel hat müssten, damit man bei dem Tagesenergiebedarf, den man hat den Tagesbedarf an Vitaminen deckt.

Nach der unteren Tabelle beträgt die mittlere Nährstoffdichte für den Tagesbedarf bei Pyridoxin 0,37 mg/1000 kJ. Also haben Bananen mit 0,95 mg/1000 kJ eine hohe Nährstoffdichte.

Eine zweite wichtige Größe ist die Menge pro Portion. Geht man nur nach der Nährstoffdichte, so schneiden einige exotische oder selten verzehrte Nahrungsmittel sehr gut ab wie z.B. Acerola oder Petersilie und Schnittlauch. Doch wie oft isst man diese und wie viel isst man davon? Die Beziehung auf eine Portionsgröße gibt dagegen Aufschluss, wie viel in einer typischen Verzehrmenge steckt. Dafür multipliziert man einfach den Vitamin/Mineralstoffgehalt mit der typischen Portionsmenge.

Die Bedeutung eines Lebensmittels für die Versorgung ergibt sich neben dem Gehalt auch aus der Häufigkeit und der Verzehrmenge, So enthalten z. B. Kartoffeln mit 17 mg Vitamin C pro 100 g viel weniger Vitamin C als Orangen mit 50 mg. Aber im Jahresmittel verzehrt man erheblich mehr Kartoffeln als Orangen, sodass Kartoffeln die wichtigste Vitamin C Quelle bei uns sind.

Das Ergebnis

Hier eine Tabelle mit den Nährstoffen, der Nährstoffdichte bezogen auf eine Portion und bezogen auf den Energiegehalt. Als Datenquelle diente mir der kleine Souci-Fachmann-Kraut, ein Standardwerk für Lebensmittelchemiker. Er ist einige Jahrzehnte alt, aber bei natürlichen Nahrungsmitteln ändert sich die Zusammensetzung kaum. Im Web gibt es auch Quellen, aber da eine der Schokolade 12 mg Eisen/100 g bescheinigt (die ChatGPT) denn auch übernommen hat) habe ich da ein gewisses Misstrauen.

Nährstoff/Vitamin/
Mineralstoff
Pro MJ (Frau, 60 kg,
8.400 kJ/Tag)
Einheit Äpfel Schokolade Nährwertdichte
Apfel
Nährwertdichte ab—solut Apfel
Energie 1000,00 kJ 229 2029 0,23 2,03
Fett 7,70 g 0,40 30,00 0,05 0,23 3,90 1,92
Davon gesättigte Festsäuren 2,20 g 21,00 0,00 0,00 9,55 4,70
Davon einfach
ungesättigte Festsäuren
3,30 g 9,10 0,00 0,00 2,76 1,36
Davon mehrfach
ungesättigte Festsäuren
2,20 g 0,90 0,00 0,00 0,41 0,20
Kohlenhydrate 29,00 g 11,80 47,00 0,41 1,78 1,62 0,80
Ballaststoffe 3,50 g 2,80 15,60 0,80 3,49 4,46 2,20
Davon Zucker 7,10 g 10,70 47,00 1,51 6,58 6,62 3,26
Eiweiß 5,80 g 0,30 5,30 0,05 0,23 0,91 0,45
Vitamine
Vitamin A – Retinol 0,08 mg 0,01 0,11 0,47 0,00 0,00
Vitamin B1 Thiamin 0,12 mg 0,04 0,04 0,29 1,27 0,33 0,16
Vitamin B2 Riboflavin 0,13 mg 0,03 0,13 0,23 1,01 1,00 0,49
Niacin 1,50 mg 0,30 0,86 0,20 0,87 0,57 0,28
Pantothensäure 0,60 mg 0,10 0,35 0,17 0,73 0,58 0,29
Vitamin B6 – Pyridoxin 0,17 mg 0,05 0,05 0,26 1,16 0,29 0,14
Folsäure 36,00 µg 7,00 10,00 0,19 0,85 0,28 0,14
Vitamin B12 – Cobalamin 0,50 µg 0,00 0,00 0,00 0,00
Vitamin C – L-Ascorbinsäure 12,00 mg 12,00 0,00 1,00 4,37 0,00 0,00
Vitamin D – Calicferol 2,40 µg 0,00 0,00 0,00 0,00
Vitamin E – Tocopherole 1,50 mg 0,45 0,30 1,31 0,00 0,00
Vitamin H – Biotin 4,80 µg 4,00 6,00 0,83 3,64 1,25 0,62
Vitamin K 8,40 µg 2,50 0,30 1,30 0,00 0,00
Mineralstoffe
Natrium 179,00 mg 3,00 19,00 0,02 0,07 0,11 0,05
Kalium 400,00 mg 145,00 395,00 0,36 1,58 0,99 0,49
Calcium 119,00 mg 7,00 65,00 0,06 0,26 0,55 0,27
Magnesium 36,00 mg 6,00 100,00 0,17 0,73 2,78 1,37
Chlorid 274,00 mg 2,00 285,00 0,01 0,03 1,04 0,51
Phosphat 84,00 mg 12,00 100,00 0,14 0,62 1,19 0,59
Eisen 1,40 mg 0,48 3,20 0,34 1,50 2,29 1,13
Iod 17,00 µg 2,00 6,00 0,12 0,51 0,35 0,17
Fluor 0,37 mg 0,01 0,05 0,02 0,08 0,14 0,07
Kupfer 0,12 mg 0,01 2,00 0,08 0,36 16,67 8,21
Zink 1,10 mg 0,12 2,00 0,11 0,48 1,82 0,90
Portionsgröße g 182,00 25,00

Schaut man sich die Ergebnisse an – im Original Libreoffice-Calc Spreadsheet sind die relevanten Spalten der Nährstoffdichte pro Energiegehalt farbig, das ging beim Import leider verloren, so sieht man den Unterschied.

Bei den Makronährstoffen sind beide nicht so toll. Sie enthalten viel Zucker, kaum essenzielle Fettsäuren und Eiweiß0. Der Ballaststoffgehalt ist bei beiden höher als im Durchschnitt der Nahrung, aber bei Äpfeln noch höher als in der Schokolade.

Schokolade liegt bei allen Vitaminen unter dem Soll. Bei Äpfeln reißen einige Vitamine immerhin das Soll (1) und Biotin und Vitamin C sind sogar in großen Mengen vorhanden.

Bei den Mineralstoffen enthalten beide Nahrungsmittel mehr Eisen, als man benötigt. Bei Schokolade sticht noch das Kupfer und auch etwas das Magnesium heraus, bei Äpfeln Kalium.

Man kann aber beide Lebensmittel nicht als Vitamin- oder Mineralstoffbomben bezeichnen. So gesehen geben sie sich nichts, aber innerhalb des Vergleichs punktet der Apfel doch etwas besser, vor allem wegen des hohen Ballaststoffgehalts und seines niedrigen Energiehgehalts: 1 Kilogramm Äpfel, etwa sechs mittelgroße Exemplare haben genauso viel Energie wie eine einzige 100 g Tafel Schokolade.

Die mobile Version verlassen