Da jetzt das Starship genauso viele Flüge hinter sich hat, wie die N-1, nämlich vier, denke ich wird es an der Zeit drei Schwerlastraketen zu vergleichen, nämlich die Saturn V, die N-1 und das Starship. Die SLS habe ich außen vor gelassen, weil sie erst einen Testflug absolviert hat und bei der geplanten Startfrequenz wohl auch von 2028 nicht den vierten Flug absolviert hat.
Ich habe den Vergleich tabellarisch aufgebaut, so kann man sich einfach an den Fakten orientieren. Die Tabellen enthalten was mir spontan einfiel und was man echt vergleichen kann, ich werde sie gegebenenfalls noch um weitere Einträge ergänzen.
Saturn V | N-1 | Starship | |
---|---|---|---|
Startmasse: | 2.870 t | 2.735 t / 2.950 t | 5.100 t |
Nutzlast LEO: | 130 t | 70 / 97 t | 40 – 50 t |
Nutzlastanteil LEO: | 4,5 Prozent | 2,6 / 3,3 Prozent | 0,9 Prozent |
Nutzlast TLI: | 49,5 t | / 34,2 t | 0 |
Nutzlastanteil TLI: | 1,9 Prozent | 1,2 Prozent | 0 |
Triebwerke: | 11 | 44 | 39 |
Startschub: | 34.000 kN | 45.300 / 38.300 kN | 63.500 kN |
Maximalschub eines Triebwerks: | 7.740 kN | 1.540 / 1.680 kN | 2.256 kN |
Ausgefallene Triebwerke bei den ersten 4 Flügen | 2 | 90 | 33 |
Missionsziel erreicht bei dene rsten 4 Flügen | 4 | 0 | 1 |
Testnutzlasten bei den ersten 4 Flügen | 0 | 3 | 0 |
Nutzlasten bei den ersten 4 Flügen | 4 | 1 | 0 |
Zuverlässigkeit: | 100 Prozent | 0 Prozent | 25 Prozent |
Anzahl der Flüge für eine Mondlandung | 1 | 1 | >12 |
Bei der N-1 erfolgten die ersten Flüge mit der N-1, die operationellen Flüge sollten mit der leistungsfähigeren N-1F erfolgen. Für diese habe ich die Angaben hinter dem „/“ eingefügt. Beim Starship sind es die Angaben mit voller Betankung für das Starship „v1“.
Die nächste Tabelle informiert über Organisatorisches:
Saturn V | N-1 | Starship | |
---|---|---|---|
Zeitdifferenz Beschluss-Jungfernflug | 71 Monate | 54 Monate | 79 Monate |
Zeitdifferenz erster – vierter Flug | 19 Monate | 57 Monate | 14 Monate |
Zeitdifferenz erster → erster bemannter Flug | 13 Monate | 58 Monate | |
Testflüge | 2 | 4 | 4 |
Bemannte Missionen | 2 | 0 | 0 |
Nutzlaststeigerung während der Entwicklung: | +9 Prozent | -9 Prozent | -55 Prozent |
Beim Starship habe ich den derzeit aktuellen Termin für die Artemis 3 Mission (Februar 2027) als Anhaltspunkt genommen. Dieser Termin ist nach einem NASA Review aber nur zu 70 Prozent sicher. Der Vergleich ist zudem unfair, da die anderen Raketen Astronauten vom Startzentrum zum Mond transportieren, während das HLS erst im Orbit um den Mond bemannt wird. Da nach Gwen Shotwell aber „Hunderte“ von unbemannten Flügen einem ersten bemannten Einsatz vorangehen werden ist dies das einzige brauchbare Datum.
Hier noch eine kurze Zusammenfassung der Entwicklungsgeschichte aller drei Träger:
Saturn – Schedule Driven
Bei der Saturn waren die Entwickler mit dem Problem konfrontiert, in sechs Jahren eine Rakete zu entwickeln, die 20-mal schwerer als die bisher größte im Einsatz befindliche Rakete, die Atlas war.
Dies ging nur, wenn man mehrere Triebwerke bündelt. Bisher setzten Raketen nur ein oder zwei Triebwerke ein. Dieses Konzept wurde – wie die Drittstufe auf der kleineren Saturn I und IB erprobt, die ursprünglich die ersten bemannten Missionen durchführen sollte. Aber durch Veränderungen des Zeitplans gab es keine bemannten Saturn I und nur eine bemannte Saturn IB Mission davor der Mondlandung.
Wernher von Braun setzte auf Kerosin/LOX als erprobte Treibstoffkombination in der ersten Stufe und Wasserstoff in den oberen Stufen. Sicherheit wurde großgeschrieben. Es gab, wo immer es ging, Redundanzen: so drei Sensoren um ein Triebwerk bei Störungen abschalten, zwei unterschiedliche Systeme um das Triebwerk der dritten Stufe erneut zu starten. Die Triebwerke der ersten Stufe wurde vor dem Start dreimal gezündet und arbeiteten dabei länger als später im Betrieb.
Kennzeichnend für das ganze Programm war das es „schedule driven“ war. Sprich, nicht die Minimierung der Kosten zählte, sondern die Einhaltung des Terminplans. Die NASA zahlte alle Kosten der Unterauftragnehmer und legte noch eine Prämie obendrauf, wenn sie den Zeitplan einhielten. Um möglichst Flüge einzusparen, entstanden so Teststände in denen man eine ganze Saturn V Erststufe mit einem Schub von 34.000 kN am Boden über die volle Brennzeit testen konnte. So war die Entwicklung für heutige Verhältnisse sehr teuer, die Saturn machte 40 % der Aufwendungen für das Apolloprogramm aus.
Der Lohn war, dass alle 33 Starts einer Saturn I / IB und V gelangen. Nur bei einem Saturn Start gab es gravierende Probleme: Beim zweiten Teststart fielen Triebwerke in der S-I und S-II aus. Die Mission (Erprobung des Apolloraumschiffs) konnte mit dem Treibstoff des CSM aber durchgeführt wurden.
N-1
Die N-1 als Gegenstück hat eine andere Geschichte als die Saturn. Zuerst einmal wurde sie lange Zeit nicht genehmigt. Chruschtschow investierte das Geld lieber in die Versorgung der Bevölkerung als in eine Rakete. Erst mit seiner Entmachtung bewilligte Breschenjew die Mittel. Die N-1 lag so Jahre hinter der Saturn V zurück.
Koroljow war weitaus weniger wagemutig als Wernher von Braun, musste es vielleicht auch wegen der viel geringeren Mittel und des engeren Zeitplans sein. Er setzte LOX/Kerosin bei allen Stufen ein. Anstatt den Schub wie bei den F-1 der Saturn gegenüber bisherigen Triebwerken zu verzehnfachen, blieb er beim doppelten Schub und benötigte so 30 Triebwerke für die erste Stufe. Teststände, bei denen man eine ganze Stufe testen konnte, gab es aus Kostengründen nicht, nicht mal jedes Triebwerk wurde einzeln geprüft.
Dazu kam ein Zerwürfnis mit Gluschko, der dem führenden Kombinat für russische Triebwerke vorstand. Koroljow musste sich einen anderen Partner suchen und fand ihn im Hersteller von Strahlturbinen Kusnezow. Seine Ingenieure hatten aber bisher keine Raketentriebwerke entwickelt. So verwundert es nicht, das alle vier Starts der N-1 an Triebwerksproblemen scheiterten.
Die erste Version der N-1 hätte auch eine zu geringe Nutzlast für eine Mondmission gehabt, obwohl diese mit nur zwei Kosmonauten durchgeführt wurde. Erst die verbesserte N-1 F wäre dazu fähig gewesen. Sie wurde aber eingestellt, als Gluschko das OKB 1, das Koroljow dann Mischin leiteten, übernahm.
Die Kosten des Mondprogramms (mit 16 Flugmustern der N-1) wurden auf 4,97 Milliarden Rubel angegeben. Davon hatte man bis zur Einstellung schon 3,6 ausgegeben, davon wiederum 2,4 Milliarden für die N-1. Die Umrechnung des Rubels ist eine westliche Währung ist schwer. Aber Schätzungen basierend auf den Preisen für andere Raketen und Vergleiche mit westlichen Gegenstücken lassen die 2,4 Milliarden Rubel in einem Bereich von 3 bis 4,8 Milliarden US-Dollar einordnen. Die USA gaben für die Entwicklung der Saturn V insgesamt 7,5 Milliarden Dollar aus.
Das Starship – Trial and Error
Das Starship ist einerseits Bestandteil von Elon Musk Mars-Vision, auf der anderen Seite ist es Kernbestandteil des Starlink-Netzwerks. Dessen Satelliten in der zweiten Ausbaustufe wiegen mit 1,5 t sechsmal mehr als die der ersten Generation und können so mit Falcon 9 nicht mehr in ausrechnender Zahl befördert werden.
Pläne für ein vollständig wiederverwendbares Gefährt veröffentlichte SpaceX seit langem. Doch konkret nach Abschluss der Designphase wurde es erst 2016 vorgestellt. 2019 erhielt das Programm nach weiteren Änderungen den Namen Starship und Elon Musk kündigte den ersten Start schon in einem Jahr an.
Daraus wurde nichts. Prototypen explodieren schon bei Druckbeaufschlagungstests oder knickten von alleine um. SpaceX brauchte fünf Prototypen und über ein Jahr bis nur die Landung des Starships aus 10 km nach einem freien Fall klappte.
Dann tat sich zwei Jahre lang gar nichts, bis im April 2023 der erste Start anstand. Viele Triebwerke der Superheavy fielen aus, es gab Brände im Heck und die Stufentrennung scheiterte. Selbst das Flight Termination System reagierte nicht und die Rakete drehte antriebslos über eine Minute Loopings bis sie gesprengt wurde. Die beim Start angerichteten Zerstörungen auf der Startrampe aber auch der Umgebung führten zu scharfer Kritik an der FAA welche diesen Start erlaubte und riefen andere US-Behörden auf den Plan.
Beim zweiten Start fielen keine Triebwerke der SuperHeavy aus, die Stufentrennung gelang, nur die Superheavy konnte nicht geborgen werden, da sie kurz darauf explodierte. Eine Turbopumpe war explodiert und hatte die anderen Triebwerke beschädigt. Auch das Starship erreichte keinen Orbit. Die Ursache war bizarr: Man lies während die Triebwerke arbeiteten flüssigen Sauerstoff ab, das führte zu einem Brand und zur Explosion, 30 Sekunden vor Erreichen des Orbits.
Beim dritten Teststart vier Monate später gelang die Rückführung der Superheavy zum Startplatz, doch ihr Landemanöver fiel aus und sie wurde durch die aerodynamischen Kräfte zerrissen. Das Starship auf einer suborbitalen Bahn absolvierte einen Teil der Tests. Auch hier konnte ein Raptor nicht erneut gezündet werden. Die Ursache waren wohl die unregelmäßige Rotation des Starships, die auch vor dem Wiedereintritt nicht unter Kontrolle gebracht werden konnte. So fehl orientiert verglühte das Starship in 65 km Höhe.
Es wird weitere Tests geben. Schon alleine, weil ohne das Starship das Starlink als Cash-Cow von SpaceX auf wackeligen Füßen steht. Die Nutzlast ist bei derzeitigen Starship auf die Hälfte des Sollwertes gesunken: von 100 azuf 40 bis 50 t. So plant SpaceX Upgrades Der Triebwerke und Verlängerungen der Stufen um die Zielnutzlast zu erreichen und zu übertreffen. Natürlich kann hier das gleiche wie beim Starship V1 passieren, das auch diese Starships V2 und V3 die Nutzlast nicht erreichen. Von neuen Problemen mit neuen Triebwerken und verlängerten Stufen ganz zu schweigen.
Bei ITF-4 wurde erstmals auch das starship einigermaßen heil bis zur Wasseroberfläche gebracht, wenngleich es sehr viele Beschädigungen gab. ITF-5 ermöglichte erstmals die Landung der ersten Stufe Superheavy und das Starship wurde wesentlich heiler gelandet und bei ITF-6 scheitere die Bergung der Superheavy, dafür konnte man diesmal da die Landung am Tag stattfand diese beim Starship filmen. ITF-7 wird erstmals eine Nutzlast – 10 Massemodelle von Starlinksatelliten aussetzen, erreicht aber immer noch keinen Orbit. Bei dem Tempo wird es noch lange dauern bis sie einsatzzfähig ist.