Bernd Leitenbergers Blog

Ariane 6 Weiterentwicklungen – durchgerechnet -1

Nachdem ich die Pläne im letzten Blog vorgestellt habe, will ich heute die Rechnungen dazu präsentieren. Sie wurden dann doch etwas umfangreicher, sodass ich einen bruch gemacht habe. Hier kommen zuerst die Verbesserungen an denen schon gearbeitet wird. Im nächsten Blog dann die die nur theoretisch angedacht sind.

Doch zuerst muss ich etwas zur Ariane 6 sagen. Bei ihr sind nicht alle für die Modellierung relevanten Daten bekannt, es fehlen insbesondere die Leermassen von Zentralstufe (LLPN) und Oberstufe ULPM. Ich habe diese geschätzt auf Basis der Planungen der ESA für die ESC-B Stufe, die fast dieselbe Treibstoffladung hat, bei der Zentralstufe habe ich dann die Masse so lange erhöht bis die Nutzlast für einen GTO-Orbit dem der Ariane 64 (11,5 t) entspricht. Bei der Ariane 62 kommt meine Modellierung auf etwa 0,5 t mehr Nutzlast als angegeben (5 anstatt 4,5 t in den GTO). Das klingt erst mal nach viel, wenn man aber die Gesamtmasse in dem Orbit ansieht sind es nur 4 % mehr.

Dazu muss man auch wissen, dass meine Modellierung auch nicht alles abdecken kann. So haben die Booster ein variables Schubprofil – beim Start sind es 3.500 kN Schub, rasch ansteigend auf 4.500 kN und dann abfallend, ich rechne mit dem mittleren Schub von knapp 3.000 kN. Das Vinci hat zwei Schubmodi, einen mit 180 und einen mit 130 kN Schub, die ESA gibt bis zu 900 s Brennzeit an, ich rechne immer mit 180 kN Schub und so 760 Sekunden Brennzeit. So macht es keinen Sinn bis aufs letzte Kilogramm zu optimieren, weil alleine durch diese Annahmen schon Fehler in der Simulation vorliegen.

Die Nutzlast für alle Bahnen wird ein GTO-Orbit sein. Das war früher der Referenzorbit. Das ändert sich nun mit den Konstellationen – 18 der 30 bisher gebuchten Starts entfallen auf Kuiper. Es gibt bei der Ariane 6 aber hier ein Problem: Die lange Brennzeit von 1.200 Sekunden bis der endgültige Orbit erreicht ist. Beim GTO kein Problem, ein stabiler GTO-Orbit wird schon nach etwas über 800 Sekunden erreicht. Aber bei einem LEO wird ein stabiler Orbit erst zum Brennschlussende erreicht. Da man den Schub nicht steigern kann, wie bei der Atlas wo man ein zweites Triebwerk in die Centaur einbaut, wie es bisher nur bei den Starlinerflügen nötig war, muss man Treibstoff weglassen, das war so für ATV-Starts mit der ESC-B geplant. Wie viel das ist ist aber unbekannt.

Ich werde für Demonstrationszwecke aber noch andere Orbits durchrechnen, um zu zeigen was die Maßnahmen bringen.

Hier meine aktuelle Modellierung der Ariane 64, die Ariane 62 ist fast dasselbe nur eben mit zwei Boostern:

Rakete: Ariane 64

Startmasse
[kg]
Nutzlast
[kg]
Geschwindigkeit
[m/s]
Verluste
[m/s]
Nutzlastanteil
[Prozent]
Sattelpunkt
[km]
Perigäum
[km]
Apogäum
[km]

847.800

11.500

10.283

2.029

1,36

190,00

250,00

35790,00

Startschub
[kN]
Geographische Breite
[Grad]
Azimut
[Grad]
Verkleidung
[kg]
Abwurfzeitpunkt
[s]
Startwinkel
[Grad]
Konstant für
[s]
Starthöhe
[m]
Startgeschwindigkeit
[m/s]

11.890

6

90

2.500

190

90

5

10

0

Stufe Anzahl Vollmasse
[kg]
Leermasse
[kg]
Spez. Impuls (Vakuum)
[m/s]
Schub (Meereshöhe)
[kN]
Schub Vakuum
[kN]
Brenndauer
[s]
Zündung
[s]

1

4

157.000

15.000

2.732

2727,6

2984,2

130,00

0,00

2

1

168.500

18.500

4.209

980,0

1370,0

460,84

0,00

3

1

37.300

7.300

4.560

180,0

180,0

760,00

465,00

 

Simulationsvorgaben

Azimut Geografische Breite Höhe Startgeschwindigkeit Startwinkel Winkel konstant
90,0 Grad 6,0 Grad 10 m 0 m/s 90 Grad 5,0 s
Abbruch wenn Ziel-Apogäum überschritten, Orbitsim wenn Kreisbahngeschwindigkeit erreicht
Perigäum Apogäum Sattelhöhe
Vorgabe 250 km 35.790 km 190 km
Real 234 km 35.792 km 190 km
Inklination: Maximalhöhe Letzte Höhe Nutzlast Maximalnutzlast Dauer
5,7 Grad 350 km 350 km 11.500 kg 11.543 kg 1.223,8 s
Umlenkpunkte Nr. 1 Nr. 2
Zeitpunkt 111,0 s 818,0 s
Winkel 26,3 Grad -1,4 Grad

 

P120C+

Die einfachste und am sichersten zu berechnende Erweiterung, ist die Verlängerung der P120-Booster um 1 m. Ich habe das schon mal diskutiert. Daher hier nur das Ergebnis: Eine Verlängerung um 1 m lässt das Zuladen von 14,2 m Treibstoff zu und erhöht – wenn es keine anderen Maßnahmen gibt – die Masse des Motorgehäuses um 600 kg.

Bei Feststoffboostern bringt eine Verlängerung eine Schubsteigerung, während die Brenndauer gleich bleibt. Bei Ariane 6 senkt die Schubsteigerung vor allem die Aufstiegsverluste, die Nutzlast steigt so stärker an, als die Erhöhung der Masse um 6 % bzw. 7 %. Davon profitiert vor allem die kleinere Version Ariane 62, da diese die höheren Aufstiegsverluste hat.

Rakete Nutzlast GTO Aufstiegsverluste
Ariane 62 4.900 kg 2.727 m/s
Ariane 62+ 5.900 kg 2.526 m/s
Ariane 64 11.300 kg 2.509 m/s
Ariane 64+ 12.800 kg 1.941 m/s

Diese kleine Änderung, die praktisch keine Auswirkung auf die Kosten hat, steigert also die Nutzlast für den GTO um 1 bzw. 1,5 t. Für LEO-Bahnen sollen es bis zu 2 t sein, was rund 10 Prozent mehr Nutzlast sind.

Hier das Datenblatt der Ariane 62+

Rakete: Ariane 62+

Startmasse
[kg]
Nutzlast
[kg]
Geschwindigkeit
[m/s]
Verluste
[m/s]
Nutzlastanteil
[Prozent]
Sattelpunkt
[km]
Perigäum
[km]
Apogäum
[km]

557.800

5.900

10.283

2.556

1,06

190,00

250,00

35790,00

Startschub
[kN]
Geographische Breite
[Grad]
Azimut
[Grad]
Verkleidung
[kg]
Abwurfzeitpunkt
[s]
Startwinkel
[Grad]
Konstant für
[s]
Starthöhe
[m]
Startgeschwindigkeit
[m/s]

6.981

6

90

2.500

190

90

5

10

0

Stufe Anzahl Vollmasse
[kg]
Leermasse
[kg]
Spez. Impuls (Vakuum)
[m/s]
Schub (Meereshöhe)
[kN]
Schub Vakuum
[kN]
Brenndauer
[s]
Zündung
[s]

1

2

171.800

15.600

2.732

3000,3

3282,6

130,00

0,00

2

1

168.500

18.500

4.209

980,0

1370,0

460,84

0,00

3

1

37.300

7.300

4.560

180,0

180,0

760,00

465,00

 

Simulationsvorgaben

Azimut Geografische Breite Höhe Startgeschwindigkeit Startwinkel Winkel konstant
90,0 Grad 6,0 Grad 10 m 0 m/s 90 Grad 5,0 s
Abbruch wenn Ziel-Apogäum überschritten, Orbitsim wenn Kreisbahngeschwindigkeit erreicht
Perigäum Apogäum Sattelhöhe
Vorgabe 250 km 35.790 km 190 km
Real 254 km 35.790 km 190 km
Inklination: Maximalhöhe Letzte Höhe Nutzlast Maximalnutzlast Dauer
5,8 Grad 366 km 271 km 5.900 kg 6.083 kg 1.220,4 s
Umlenkpunkte Nr. 1 Nr. 2
Zeitpunkt 109,0 s 812,0 s
Winkel 47,8 Grad -9,2 Grad

Wichtige Aufstiegspunkte

Bezeichnung Zeitpunkt Höhe: Distanz: v(x): v(y): v(z): v: Perigäum: Apogäum: Beschleunigung:
Start 0,0 s 0,01 km 0,0 km 0 m/s 0 m/s 0 m/s 0 m/s -6378 km -6378 km 2,7 m/s
Rollprogramm 5,0 s 0,04 km 0,0 km 0 m/s 14 m/s 0 m/s 14 m/s -6367 km 0 km 3,0 m/s
Winkelvorgabe 109,0 s 31,08 km 0,1 km 760 m/s 733 m/s 0 m/s 1056 m/s -6300 km 59 km 20,7 m/s
Brennschluss 1 130,0 s 49,64 km 0,5 km 1242 m/s 1047 m/s 0 m/s 1625 m/s -6225 km 110 km 29,4 m/s
Verkleidung 199,8 s 115,03 km 5,0 km 1669 m/s 789 m/s 0 m/s 1846 m/s -6378 km -6378 km -0,2 m/s
Zündung 3 465,0 s 287,31 km 195,3 km 4701 m/s 81 m/s 0 m/s 4701 m/s -4530 km 349 km -9,0 m/s
Winkelvorgabe 812,0 s 351,05 km 1707,1 km 5602 m/s -2729 m/s 0 m/s 6231 m/s -2368 km 352 km -2,7 m/s
Orbitsim 965,0 s 309,92 km 3159,2 km 5995 m/s -4091 m/s 0 m/s 7258 m/s 55 km 323 km -1,2 m/s
Sim End 1220,4 s 270,80 km 7475,6 km 6342 m/s -7553 m/s 0 m/s 9863 m/s 254 km 35790 km 4,4 m/s

Icarus Oberstufe

Relativ einfach ist die Situation bei der Icarus Oberstufe. Beginnend mit der ESC-A der Ariane 5 haben die Oberstufen bei Ariane 5/6 eine relativ hohes Trockengewicht. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Bei dem UPLM ist es die Auftrennung der Tanks mit dem dadurch nötigen Zwischentankbereich, aber auch der Durchmesser von 5,4 m der zu einer ungünstigen Tankform führt (die ersten Entwürfe für die Ariane 5 sahen noch einen geringeren Durchmesser von 4 bis 4,5 m vor). Deutschland erforscht derzeit an einem Demonstrator den Bau der Tanks aus CFK-Werkstoffen. Das kann Gewicht einsparen. Ich habe das ULPM mit einer Masse von 7,4 t modelliert. Das ist viel, aber anders komme ich nicht auf die niedrige Nutzlast (die ESC-A A Stufe mit halb so viel Treibstoff wog mit VEB noch 4,25 t bei der Zündung). Icarus soll etwa 1 t Masse einsparen. Weitere Optimierungen in der Oberstufe haben ein weiteres Potenzial der Gewichtsreduktion von bis zu 1000 kg, sodass beide Maßnahmen zusammen die Oberstufe um 2 t leichter machen können.

Hier muss man nun nichts mehr berechnen. Da die Oberstufe immer mit der Nutzlast einen Orbit erreicht, bedeutet eine Massenreduktion um x kg das die Nutzlast um x kg ansteigt und das völlig unabhängig vom Orbit.

Astris Kickstufe

Die Astris Kickstufe soll das neue BERTA Triebwerk einsetzen. Es hat je nach Quelle 2,5 bis 4 kN Schub und arbeitet mit lagerfähigen Treibstoffen. Der primäre Vorteil dieser Kickstufe ist die Flexibilität. Es sind so längere Freiflugperioden möglich und es sind Missionen möglich bei denen die Astris nur an einer Nutzlast befestigt ist, die andere in einen anderen Orbit geht.

Doch mir geht es auch um Performance. Diese Stufe wird – schon wegen des kleinen schubs relativ klein und massarm sein, sie soll ja auch der Nutzlast nicht viel Platz wegnehmen. Damit sinkt ihre Trockenmasse und so kann sie die Nutzlast steigern, obwohl ihre Treibstoffkombination der des ULPM unterlegen ist.

Leider gibt es von ihr Daten. Einige fand ich hier. Demnach hat sie zwischen 1.700 und 2.700 kg Treibstoff. Bei einer druckgeförderten Stufe ist das Voll-/Leermasseverhältnis niedrig, ich habe es auf Basis der alten Delta-Oberstufen auf 6 geschätzt, das entspricht einer Trockenmasse von 340 bis 450 kg je nach Treibstoffzuladung. Genauer gesagt: 340 kg bei zwei und 450 kg bei vier Tanks.

Ich will hier drei Szenarien beleuchten:

Alle Annahmen gehen von dem Einsatz der P120C+ aus.

Der Galileoorbit erfordert eine Zirkularisierung. Das kann das ULPM aber wegen der hohen Trockenmasse ist das ungünstig. Die Geschwindigkeit im Transferorbit ist die gleiche wie bei einem GTO, das Apogäum ist etwas niedriger, dafür die Inklination höher. In diesen Transferorbit würden also 5.900 kg gelangen. Zum Zirkularisieren braucht man weitere 1.461 m/s. Dies würde bei den Daten des BERTA-Triebwerks 2.204 kg Treibstoff erfordern, es blieben also noch 3.696 kg, wovon 450 kg auf die Astris entfallen, netto also noch 3.246 kg. Beim Einsatz des UPLM wären es nur 2.226 kg. So könnte eine Kickstufe vier Galileosatelliten (jeder der ersten Generation wog 680 kg) transportieren, ohne Kickstufe wäre es einer weniger.

Allerdings nur theoretisch, denn die zweite Generation der Galileosatelliten wird ihren Orbit mit einem eigenen Ionennatrieb erreichen-

Beim Marsflug mit einem c3 von 16 km²/s² läge die Nutzlast ohne Kickstufe bei 1.800 kg. Bei Einsatz der Kickstufe und maximaler Treibstoffzuladung sind es 2.400 kg bei einem Einzelstart auf einer Ariane 62.

Bei einer Ariane 64 gehe ich davon aus, dass zwei Nutzlasten in einen GTO gestartet werden: Eine Hauptnutzlast von 5,5 t Gewicht und die Nutzlast für den Mars. Die in diesem falle nötige Doppelstartvorrichtung schlägt mit 0,7 t zu Buche, sodass noch von den 12,8 t in den GTO maximal 6,6 t übrig bleiben. Beim Einsatz des UPLM wäre so eine 2,7 t schwere Sonde möglich, mit der Astris wären es 3,6 t.

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