Nachlese sechster Teststart des Starships ITF-6

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Am 19.11.2024 fand einen Monat nach dem fünften Start der sechste Start des Starships statt. Im Wesentlichen war es eine Wiederholung des fünften Starts. Also wieder eine Landung im Indischen Ozean, Versuch der Bergung der SuperHeavy Erststufe. Neu war eine kurze Zündung eines Raptors auf der suborbitalen Flugbahn – geplant für ITF-3 aber dann abgesagt. Weitere Änderungen gab es am Hitzeschutzschild und der Flugbahn. Erstmals wurde bei Tag im Zielgebiet gelandet was bessere Aufnahmen der Landung ermöglichte.

Kurzzusammenfassung

Es gab diesmal kein Einfangen der Superheavy am Startturm. Dies war vor dem Start so angekündigt worden, aber wurde dann abgesagt. Später wurde bekannt das beim Start eine Kommunikationsantenne am Startturm beschädigt wurde. Stattdessen wurde die Superheavy in den Golf von Mexiko geleitet. Diesmal gab es kein Feuer an der Seite wie an der letzten Landung.

Ein Raptor zündete wie geplant für etwa 4 Sekunden und beschleunigte das Starship um 80 km/h. Dies hob das Apogäum von 190 auf 228 km an und das Perigäum von 8 auf 50 km. Dies war das erste Mal, dass ein Testflug ein positives Perigäum hatte. Vorher lag es unterhalb der Erdoberfläche. Ein hohes Perigäum hat den Vorteil, dass man bei Verlassen des Orbits weniger Treibstoff benötigt. Für dieses Manöver musste das Starship um 26 m/s beschleunigt werden.

Die Landung des Starships war erfolgreich. Diesmal gab es auch gleich von der Landung Bilder vom Schiff und der Boje in der Gegend und es war die Anzeige der Raptors aktiv, was bei den beiden vorherigen Landungen nicht der Fall war. Wie nach der letzten Landung geriet aber auch diesmal das Starship unmittelbar nach der Landung in Brand.

Vergleich von Schlüsselzeiten

Ereignis SpaceX Angabe Real
Meco Superheavy 2:32 2:35
Stufentrennung 2:39 2:40
Super Heavy Boostback-Start 2:44 2:46
Super Heavy Boostback-Ende 3:38 3:35
Super Heavy Landeburn Start 6:38 6:34
Super Heavy Landeburn Ende 7:00 6:54
MECO Starship 8:27 7:55 / 8:28
Start Landungs-Burn 1:05:01 1:05:09
Ende Landungs-Burn 1:05:24 1:05:31

Bedeutende Unterschiede gibt es nur bei der Landung der Superheavy die eben nicht an der Startbasis stattfand sowie beim Starship, wobei offen ist, ob die Zeitlinie den Einfluss des wieder-gezündeten Raptors umfasst.

Treibstoffe

Wie schon bei allen Starts vorher, wurden beide Stufen Starship nicht voll betankt. Die Daten wurden per Bildschirmlineal der PowerToys aus den Balken ermittelt und sind auf etwa 0,5 % oder 1 Pixel genau. Da es Prozentangaben sind, muss man die volle Kapazität kennen, um den Resttreibstoff zu berechnen. Ich bin von 3.600 t bei der SuperHeavy und 1.200 t beim Starship ausgegangen.

Start MECO Superheavy Ende Wendungsburn Ende Landungsburn Start Starship Meco Starship
LOX 93,5% 9,5 % 2,5 % 1,5 % 95,5 % 2 %
Methan 96 % 11 % 4 % 2,5 % 97,5 % 2,5 %
LOX [kg] 2.634,2 t 267,5 70,4 t 42,2 896,9 18,8 t
Methan [kg] 751,3 t 86,1 31,3 t 19,5 t 254,3 6,5 t
Summe 3.385,5 t 353,6 101,7 t 61,7 1.150,2 t 25,3 t

Relativ auffällig bei allen Starts ist Überschuss an Methan beim Start der aber zum Brennende deutlich kleiner ist. Die Superheavy hatte mehr Resttreibstoff als beim letzten Start, da sie ja auch nicht zum Startturm zurückkehrte. Ebenfalls positiv für SpaceX dürfte sein, dass der Trend von immer weniger Resttreibstoff, der mit der Nutzlast korrespondiert, gestoppt ist.

Flug ITF-3 ITF-4 ITF-5 ITF-6
Resttreibstoff ~ 42 t ~30 t ~20 t ~ 25 t

Allerdings kann die Füllung nur auf 1 Pixel genau ermittelt werden, das sind beim Starship gleich ein Fehler von rund 6 t. Es kann also sein, dass die Nutzlast identisch zu ITF-5 ist.

Beurteilung

Ich habe diesmal zahlreiche Tabellen weggelassen und mich auf das wesentliche konzentriert, auch weil die Starts austauschbar werden. Das ist auch die größte Kritik an SpaceX – es tut sich zu wenig. Wir haben nun vier Starts, die auch in einen Orbit führen könnten, aber es wurde noch keine Nutzlast befördert. Es wurde auch kein Orbit erreicht, sondern immer eine suborbitale Bahn, die noch dazu gegenüber den ursprünglichen Planungen verkürzt ist und im indischen anstatt Pazifischen Ozean endet.

SpaceX-Fans, wie den wieder anwesenden „Jubel-Angestellten“ wird dies egal sein, für die ist der Start selbst ein Ereignis, aber letztendlich soll das Starship doch etwas in den Orbit befördern. Nur für ein Feuerwerk ist es doch ein bisschen zu teuer. Auf dem Weg zum Nutzlasttransport sind die Fortschritte gering. Das einzig Neue war diesmal die Wiederzündung eines Raptors im Orbit. Das wird auch benötigt um den Orbit zu verlassen, allerdings müsste dazu vorher das Starship gedreht werden, was man diesmal nicht tat. Bei einer Zündung wie diesmal würde es ein höheres Apogäum erreichen wie dies auch diesmal der Fall war.

Auch mit den Landeversuchen dürfte SpaceX nicht zufrieden sein. Die Superheavy konnte nicht zur Startbasis zurück. Sie ging nicht nur verloren, eine beschädigte Kommunikationsantenne dürfte wohl auch den Verlust des Starships bedeuten, dass ja an derselben Stelle landen soll, daneben dürfte das Startpad bis zu den Reparaturen blockiert sein. Das ist deswegen von Bedeutung, weil das ganze Konzept des Starships mit seiner Landung am Startplatz ja auf eine hohe Startfrequenz ausgelegt ist: sonst könnte man das schon bekannte Konzept der Landung auf einem Dronenschiff umsetzen.

Auch das das Starship bei der Landung erneut in Brand gerät ist nicht selbstverständlich. Das Umkippen im Wasser sollte es überstehen, die Belastungen sind kleiner als bei MAX-Q und andere Raketen, bei denen man plante, sie zu bergen sollten auch mit einer Geschwindigkeit aufs Wasser aufschlagen die einem Fall aus 30 m Höhe entspricht. Zumindest bei einer Redstone wurde dies sogar erprobt und sie trug nicht mehr als ein paar Beulen im Tank davon. Das erinnert an die frühen Landeversuche des Starships ohne die Superheavy als diese nach der Landung in Brand geriet oder explodierte. SpaceX wird wohl an der strukturellen Integrität arbeiten müssen, was es normalerweise nicht leichter macht und damit die Nutzlast weiter absenkt.

SpaceX baut den Rekord an Testflügen weiter aus. Schon mit ITF-5 war man da einziger Rekordhalter. Keine andere Rakete hatte bisher mehr als vier Testflüge. Die Vulcan hat zwei Testflüge, die Ariane 6 hatte einen und beide mit Nutzlasten. Das verwundert, weil das Starship ja für SpaceX essenziell für den Aufbau des Starlink Netzes ist, dafür wurde es entworfen, nicht für irgendwelche Mond- oder Marsmissionen.

Ausblick

ITF-7 wird der erste Einsatz eines „V2“-Starships sein. Dieses hat 300 t mehr Treibstoff und setzt die neuen „Raptor 3“ Triebwerke ein, die 1.600 t Schub haben. Bei ITF-3 waren es noch 1.250 t Schub, bei vollem Schub sollten es nach SpaceX Angabe 1.450 t bei den Raptor 3 sein. Auch diesmal scheinen die Raptors nur etwa 83 % des Nennschubs aufzuweisen.

Die Superheavy wird noch die Raptor 2 Triebwerke einsetzen und keine verlängerten Tanks haben.

Ich denke, mit ITF-7 wird SpaceX einen Orbit anstreben. Ob ITF-7 auch eine echte Nutzlast hat (diesmal war nur eine gefüllte Banane an Bord) wird sich zeigen. Angesichts des langsamen Fortschritts bei den bisherigen Flügen einer Firma, die sich selbst als sehr fortschrittlich sieht, würde ich nicht darauf wetten.

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