Von Freundschaften
Vor einiger Zeit habe ich einen kurzen Beitrag gesehen über Paare die sich über das Internet kennen gelernt haben. Vorgestellt wurde ein Deutscher und eine Schwedin, wobei aber auch er schwedisch kann. Ist das nun der Gegenbeweis zu meinem Essay am letzten Freitag ? Nein, denn es wurde genau beschrieben wie diese sich kennen lernten. Es begann mit einem E-Mail Kontakt, dem folgten Fotos, die Konferenz via Webcam und dann das kennen lernen wo beide feststellten dass sie gut zueinander passen und sich mögen.
Ich denke das ist nicht viel anders als im täglichen Leben. Da begegnet man jemanden in der Bahn, fängt an zu reden, entdeckt gemeinsame Interessen und findet den anderen sympathisch. Ich denke bei einigen funkt es auch da. Aber es wird auch Millionen von E-Mail Kontakten geben die irgendwann einschlafen oder wo man feststellt dass man sich ganz gut über Politik, Gesellschaft oder anderes unterhalten hat, jedoch völlig unterschiedliche Interessen hat oder andere Vorstellungen wie der Partner optisch aussehen sollte.
Wer wie ich schon etwas älter ist kennt die Brieffreundschaften. Die haben viel Ähnlichkeit mit E-Mail Kontakten (Nicht umsonst heißt „Mail“ auch Post auf englisch). Man muss seine Gedanken sammeln in Briefform bringen und dann auf die Antwort warten. Es gibt natürlich feine Unterschiede. Briefe habe ich wohlüberlegt formuliert, auf Schreibfehler durchsucht und ich habe mir Zeit genommen sie zu machen. Eine Mail beantworte ich gleich, achte kaum auf Tippfehler und manchmal schreibe ich meine Gedanken unzensiert hin, versehen mit einem Smiley – ist nicht ganz so ernst gemeint.
Es gibt einen Grund warum Brieffreundschaften früher so beliebt waren: Man konnte jemanden finden zum Reden. Zum Loswerden der Sorgen, der Ängste, um das Glück zu Teilen, um über Probleme und den Alltag zu reden. Wenn man dazu niemanden ins Gesicht sehen muss und weis dass man sich zwar vor dem anderen als Weichei blamieren kann, der aber einige Hundert Kilometer weit weg wohnt oder gar auf einem anderen Kontinent und man ihn nie wird persönlich sehen, dann ist das viel einfacher als mit seinen Freunden oder Freundin darüber zu reden.
Ich denke das ist eine gute Chance Freunde zu gewinnen. Keine Freunde mit denen man was unternimmt, aber Freunde die einem mit Rat und Verständnis bestehen können. Das funktioniert wahrscheinlich nur auf gegenseitiger Basis. Ich glaube nicht das es gut geht wenn jemand dem 10 x das Herz gebrochen wurde, der am Arbeitsplatz gemobbt wurde und der Arbeitslosigkeit und den Tod naher Angehöriger verkraften musste eine E-Mail Freundschaft zu jemanden aufnimmt, der von all dem bislang verschont wurde. Aber wenn dann hat man eine einmalige Chance.
Was mich brennend interessiert ist wie andere innerlich ticken. Sind meine Ängste und Sorgen normal ? Passiert anderen das gleiche wie mir bei bestimmten Gelegenheiten. Vielleicht an dieser Stelle ein harmloses Beispiel: Vornamen. Jeder Mensch mag bestimmte Vornamen und andere nicht. Bei mir ist es so, dass ich bei jedem Namen an jemanden denken muss, den ich kenne oder kannte der diesen Namen hat oder wenn dies nicht der Fall ist an einen Prominenten der ihn hat. Entsprechend ist der Name positiv oder negativ besetzt. Sibylle ist z.B. negativ besetzt, so hieß ein Mädchen dass mir im Kindergarten das Gesicht zerkratzt hat. Jens war der Name eines Freundes aus der Schulzeit. Das kann sich auch ändern, so ist seit die Amis „George W. Bush“ als Präsident haben der Vorname „George“ schlecht besetzt, dagegen Georg positiv, das ist der Vorname von jemanden der wie ich sich für Astronomie interessiert.
So ticke ich bei diesem kleinen Beispiel. Doch wie ist es bei anderen ? Entscheiden sie nach dem klang, oder Moden ? Sind bei ihnen alte Namen oder ausländische gut angesehen ? Ich weis es nicht, aber darüber könnte man sich unterhalten.
Ich glaube wenn man die richtige Person erwischt, die vielleicht andere Interessen als man selbst hat aber doch ein ähnliches Seelenleben, dann kann das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft werden. Nur eines sollte man nie, auf keinen Fall tun : Der Versuchung nachzugeben sich persönlich zu sehen. Denn dann ist das ganze auf eine neue Ebene gerückt. Nun kann es mir nicht mehr egal sein was der andere denkt. Ich will positiv rüber kommen. Ich kann nicht mehr alles sagen und es wird früher oder später in die Brüche gehen. Wenn man sich vor der Versuchung hütet den anderen kennen lernen zu wollen, dann denke ich kann es klappen.