Raumfahrtnachlese
Zwar ist das Jahr noch nicht vorüber, aber zu 97% ist es doch schon gelaufen. Zeit eine kleine Zusammenfassung zu machen. Wir haben in diesem Jahr zwei Jungfernflüge neuer Träger gesehen: Der Angara und der GSLV. Beide waren suborbital,, was schon etwas erstaunt. Diese Testmethode, erst mal die erste Stufe alleine zu testen dann die ganze Rakete ist doch außer der Mode gekommen. Die USA haben sie zuletzt bei den Saturn I eingesetzt, das war Anfang bis Mitte der Sechziger. Der letzte Einsatz überhaupt war bei der Europa-Rakete Ende der Sechziger. Russland testeten zumindest Trägerraketen nur einmal so getestet: Das war die Proton die zuerst in nur zweistufiger Version flog. Indien testete vorher niemals so ihre Träger. Für das Verfahren gibt es aber auch Gründe. Einer kann sein, dass man die erste Stufe schon flugbereit hat, die Oberstufen aber noch nicht. Indiens GSLV Mark III Entwicklung soll umgerechnet nur 400 Millionen Dollar gekostet werden – das zeigt deutlich das Lohngefälle zwischen und Indien. Auch Mars Orbiter der ja als erste asiatische Raumsonde seit September den Mars umkreist war preiswert: 74 Millionen Dollar, zum Vergleich: MAVEN die zeitgleich startete lag bei 450 Millionen Dollar also mehr las dem sechsfachen.
Der Vorbeiflug von Sidney Spring am Mars war wie von mir erwartet eine optische Enttäuschung. Daniel Fischer hatte ihn ja als ich zu Jahresanfang eine Vorausschau machte, als großes Ereignis angekündigt, aber ein einfacher Dreisatz zeigt dass selbst die hochauflösende Kamera HIRISE aus den rund 200.000 km Entfernung (zehnmal weiter entfernt als Deimos) bei der zu erwartenden Kerngröße (zehnmal kleiner als Deimos) keine großartigen Bilder machen kann.
Dramatisch war die Landung von Philae. Leider erwies sich auch meine Prognose der ESA-Pressearbeit als richtig: An der Landung Aktionismus mit einigen Bildern und dann wieder Schweigen. Bevor jemand meckert: daran ist nicht nur die ESA schuld, sondern auch die Wissenschaftler. Die Instrumente stammen von nationalen Instituten und werden national finanziert, nur die Raumsonde und Operation stammt von der ESA. Aber so ist es auch in den USA und dort ist es möglich dass man mehr von der Mission erfährt. Man kann ja entsprechende Rahmenverträge die Öffentlichkeitsarbeit verpflichtend einschließen abschließen. Die Wissenschaftler haben nichts kapiert. Denn angesprochen auf die Problematik sagte einer im Interview, dass die Daten ja nach 6 Monaten alle in einem frei abrufbaren Archiv landen. Ja das tun sie, aber das ist wiederum etwas für Wissenschaftler. An Raumfahrt Interessierte oder nur durch Nachrichten auf das ESA-Portal gelockte Personen wollen zum einen jetzt was sehen, nicht erst in 6 Monaten und sie wollen Bilder oder Töne oder anderes in normalen Formaten ansehen, nicht die Rohdaten von einem FTP-Server herunterladen mit einem speziellen Programm in JPG oder ähnliches konvertieren. Sie wollen auch nicht alle Daten, aber einen kleinen Teil der etwas über den Kometen aussagt. Ja bevor hier jemand kommt, dass hinter einem solchen Projekt viele Jahre Arbeit stecken: Das ist wahr. Es ist aber auch war, dass niemand dies selbstlos macht. Jeder der Wissenschaftler ist beim Staat angestellt und bekommt ein Gehalt. Das wird vom Steuerzahler und nicht anderen Wissenschaftlern finanziert, genauso wie die Instrumente und die Sonde.
Besserung ist nicht in Sicht und das gilt nicht nur für wissenschaftliche Daten. Ich aktualisiere derzeit mein ATV Buch. Die Informationen dazu gibt es nicht auf der ESA Homepage, sondern im ATV Blog und den ISS Statusreports. Nichts gegen ersteres als Ergänzung zu zusammenfassenden und aufbereiten Informationen, aber er kann nicht letzteres ersetzen. Die ESA-Politik sieht man an einer gerade zu Ende gegangenen mission: Venus Express. Man verlor den Kontakt als man die letzten Treibstoffrest nutzen wollte um die Bahn ein letztes Mal anzuheben. 8 Jahre hat Venus Express die Venus untersucht. An wie viele ergebnisse können Sie sich erinnern, an wie viele Bilder? Wer sich an mehr als 10 erinnern kann, möge einen Kommentar hinterlassen. Und das ist dann die Öffentlichkeitsarbeit in acht Jahren ….
Es gab den medienwirksamen Aufenthalt von Alexander Gerst an Bord der ISS. Nachdem dieser gelaufen ist, kann man beim ESA Konzil auch den Ausstieg aus der ISS beschließen. Zumindest hat das Italien durchgesetzt. Dort wurde dann auch Wörner als neuer ESA-Direktor bestimmt. Der muss nun als neues und kostenintensivstes Vorhaben die Ariane 6 verwalten, gegen die er sich bei der DLR immer aussprach. Bedanken kann die französische Seite sich dafür, das man das durchsetzte, bei SpaceX. Mit der Firma konnte man bei den anderen Ländern enorm Angst machen. Hätte Zypries Ahnung vom Internet oder könnte sogar selbst recherchieren, dann würde sie in einer Stunde feststellen, dass:
- SpaceX 2014 14 Starts ankündigt, und gerade mal 6 schafft
- Veröffentlichte Startpreise seitens NASA und DoD zwischen 83 und 87 Millionen Dollar anstatt 59 Millionen liegen
- Ihr Manifest weiter anstieg von 38 auf 41 Starts. Man sollte ja einen Rückgang erwarten, wenn man zeitnah Starts abwickeln kann.
- Arianespace im laufenden Jahr 14 Starts durchführte (SpaceX nur 6) und so viele Aufträge ergatterte, dass sie zu Jahresende gar nicht mehr mitbot, weil sie vor 2018 keinen Startslot mehr frei hat. SpaceX hat 2014 gerade mal die Hälfte der Starts von Arianespace gewonnen.
Bedrohung sieht anders auf. Aber mit einer Firma die vor allem durch Videos und Ankündigungen Öffentlichkeitsarbeit macht, kann man gerne Bedrohungsszenarien aufbauen. Bei der Vorhersage der Startzahl habe ich wieder mal recht behalten, sogar wenn man es mathematisch moduliert kommt man auf das richtige Ergebnis, was mich selbst überrascht hat. Aber Mutter Natur ist eben ein böses Weib. Man kann die Öffentlichkeit täuschen aber nicht Mutter Natur und die rächt sich über mangelnde Qualitätssicherung eben mit abgebrochenen Statischen Tests oder der Auslösung des Selbstzerstörungssystems bei Landetests.
Ganz nebenbei gab es auch den ersten Test einer Orion. Die NASA testet noch wie zu Apollos Zeiten: Erst mal die Kapsel alleine, 2018 dann Kasperl mit Servicemodul und vielleicht 2020 dann mit der Besatzung. Ob die ESA nach diesen beiden Flügen noch das Servicemodul stellt? Ich wage zu prophezeien dass dem nicht so sein wird. Das darin investierte Geld ist klein verglichen mit dem was Orion bisher schon gekostet hat. Dagegen wird das CCDev Programm dieses Jahr erstmals die Mittel erhalten die die NASA beantragte. das war bisher imemr weniger gewesen, sogar deutlich weniger,, teilweise nur die Hälfte. Die SLS und Orion bekamen dagegen mehr als beantragt, da sieht man wo der Hase läuft. Da die NASA Aufträge an zwei Firmen vergeben hat wird’s wenn wieder mal gekürzt wird es noc später mit dem Jungfernflug des ersten CCDev Flugs.
Seit ein paar Jahren habe ich das Gefühl in der Weltraumfahrt läuft einiges quer. Es gibt zu viele Doppelentwicklungen, unnötige Entwicklungen. Es wird zu viel Geld für Dinge rausgeschmissen das man besser verwenden könnte. 2014 hat diesen Eindruck nicht wiederlegt. im Gegenteil er hat sich weiter verfestigt.
Schwer erwischt hat es dieses Jahr Orbital, obwohl die Firma mit ATK fusionieren sollte. Der Fehlstart einer Antares wurde richtig teuer. Danach will man wohl keine NK-33 mehr einsetzen. Russische Ingenieure bezeichneten diese zweite Generation der Triebwerke als sehr zuverlässig. Anders als die erste Generation. Entweder stimmt das nicht oder die 40 Jahre Lagerung haben ihnen doch zugesetzt. Es gab zweimal Brände bei Vorabtests und einen Ausfall. Die Firma hat einen Start auf einer Atlas 401 gebucht. Das kostet sie mindestens 90 Millionen Dollar mehr als ihre eigene Trägerrakete. Die Nutzlast der Atlas die doppelt so hoch ist wird man nicht ausnutzen können. Nun hat man 20 RD-181 für 1 Milliarde Dollar gekauft. Die RD1-181 sind zwei RD-193 kombiniert, haben also mit dem RD-180 nichts zu tun. Dieses Triebwerk mit einer makellosen Bilanz wird nach der Ukrainekrise ja nun durch ein neues Triebwerk ersetzt. Für Orbital wäre es die bessere Lösung gewesen, wahrscheinlich billiger und schneller verfügbar. Dolch ich vermute da gab es rechtliche Probleme. So wird es richtig teuer: 1 Milliarde Dollar für 20 Triebwerke. Die Antares sollte bisher rund 85 Millionen Dollar kosten – das wird nun nicht mehr zu halten sein). Was die NK-33 Orbital kosteten, ist unbekannt, doch Aerojet kaufte sie vor mehr als einem Jahrzehnt für nur 1 Million Dollar pro Stück. Aber man wahr wohl in Zeitnot und brauchte schnell einen Ersatz. Viel Gewinn (wenn überhaupt) wird beim ersten CRS Kontrakt nicht herausspringen. Doch die Zahl von 20 Triebwerken spricht dafür dass man mit einem zweiten rechnet und nach den NASA Ausschreibungen wird man ab 2017 auch mehr zur ISS befördern.
Auf der Positiv-Liste von SpaceX steht:
* Nach zwei Starts 2012 (davon einer beinahe gescheitert) und drei Starts 2013 haben sie 2014 sechs Starts durchgeführt. Die Startrate hat sich also verdoppelt, und das ohne, dass es zu Fehlern kam!
* SpaceX hat wichtige Aufträge gewonnen, allen voran CCtCap für den kommerziellen Transport von Astronauten zur ISS
Und was macht Arianespace? Statt die Gunst der Stunde zu nutzen – Sea Launch ist so gut wie aus dem Geschäft, ILS kämpft nicht nur mit der (Un)zuverlässigkeit der Proton, sondern nun auch mit der Ukraine-Krise, und SpaceX ist (noch?) nicht bereit, einen größeren Teil des Marktes zu übernehmen – und die eigene Startrate hochzufahren, machen sie „business as usual“ und diskutieren mit der ESA, mit den Herstellern und mit der Politik über ein „Wolkenkuckucksheim“ namens Ariane 6. Weil ausgebucht, nehmen sie gar nicht erst an den Ausschreibungen für Satellitenstarts teil! Dabei würde Arianespace bei den Weltraumpolitikern sicher „offene Türen“ einrennen, wenn sie darum bittet, die Ariane 6 zu streichen, und einen *Teil* der dafür vorgesehenen Gelder in neue Produktionsstätten für die Ariane 5 zu investieren, sowie ein Programm zur Reduktion der Herstellungskosten. Nebenbei kann man dann noch die ECS-B-Oberstufe diskutieren, ob man deren Entwicklung nicht einfach europaweit ausschreiben kann, wenn Astrium es nicht hinkriegt, eine performante Stufe zu einem vernünftigen Preis zu entwickeln.
Was wird passieren? 2015 wickelt SpaceX um die 10 Starts ab, 2016 schon 15. 2017, mit voll qualifizierter Wiederverwendungsmöglichkeit für die Unterstufe, dann sogar über 20. Und Arianespace ärgert sich, dass sie weder eine fertige Ariane 6 noch eine kostenreduzierte Ariane 5 haben.
„Die RD-181 sind zwei RD-193 kombiniert“
Auf Basis des RD-191 wurde der RD-193 für Sojus-2.1v und andere Sojus entwickelt, ist in der Höhe um 760 mm kleiner und 300 kg leichter. Auf Basis des RD-193 wurde die Exportvariante RD-181 für erste Stufen entwickelt, so die NPO Energomasch Presseabteilung. Schade das ich hier kein Bild setzen kann, die einen Vergleich der drei Triebwerke zeigt. RD-181 hat eine Brennkammer, ist noch kompakter und etwas kleiner als der RD-193. Ja, schon beachtliche Entwicklung.
Na ja, wenn SpaceX die startrate hin bekommt, bis jetzt hinken sie immer meilenweit (um den Faktor 2) hinter ihren Plänen hinterher. Es ist kein Problem 20 Raketen zu starten, erst recht nicht mit drei Launchpads. Die sojus zeigt dies heute und die USA konnten in den sechzigern auch hohe Startraten aufrecht erhalten.
Was bei SpaceX sehr unverstänlich ist sind diese Pausen – ein Start erneut nach drei Wochen, dann wieder 3 Monate nichts. An den Nutzlasten muss es angesichts des Zeitverzugs und voll gerammeltem Auftragsbuch nicht liegen, irgendwo scheint man da wohl eher andere Probleme zu haben.
Bei deiner Einschätzung zu Arianespace gebe ich dir vollkommen recht. Die hat sich im letzten Jahrzehnt vollkommen darauf ausgeruht dasss die Regierungen zur Seite zu springen anstatt selbst Initaiative zu zeigen.
Moin,
mal zwei aktuelle Video:
https://www.youtube.com/watch?v=MtWzuZ6WZ8E <- Orion Rücksturz
https://www.youtube.com/watch?v=UqTlxamMdfo <- Angara Start
Die Amis haben die schöneren Bilder, die Russen mehr Information. Vielleicht übersetzt Jewgeni für uns die wichtigsten/lustigsten Teile.
ciao,Michael
ciao,Michael
Bei Reportagen (die Reporter sind keine Fachleute in sachen Raumfart, er nannte Trockenmasse von 55 Tonnen, mit Triebstoff 750 Tonnen) werden keine spezifische technische Details genannt, ansonsten war nur viel Lob und allgemeine Infos die auch in der deutschen Presse genannt wurden. Ja, ein Offizier sagte das die Angara noch keine Ahnung hat was wir mit ihr vorhaben. In der Tat, sie muss noch das fliegen lernen.
Angara wird erst in 3 Jahren eine vollständige russische Trägerrakete, so die Worte von Akademiemitglied A. Scheleznjakov.
Verbundwerkstoffe spielen eine grosse Rolle, darunter die Kraftstoffversorgungsleitung ist aus Plastik, vereinfacht das ganze.
Ein weiterer Schritt, mit deutlicher Senkung der Trockenmasse, wird verbunden sein mit der Einführung der Laserzündung in allen Triebwerken. Entsprechende Tests sind schon seit Jahren im Gange, erster Start mit Sojus-2 vom Wostotschny 2015.
Angara ist weltweit der einziger Träger mit solcher modularität, die fertigung der Booster erfolgt automatisch.
Für den Träger wurde auch die automatische Startvorbereitung entwickelt, senkt deutlich an benötigten Personal.
Auf der Angara sind auch unbemannte Flüge des PTK Raumschiffes vorgesehen.
Nächster Start ist 2016 auf der Angara-1.2 mit Nutzlast vorgesehen. Danach noch ein Testflug der Angara-5. Ab 2018 sind schon zwei Starts der A5 vorgesehen, ab 22-24 sind 4 Starts pro Jahr geplannt.
Interessant welche technische Lösungen wird Orbital Science Corporation dem ukrainischen Unternehmen Juschmasch vorschlagen, ev. Produktion für die amerikanische Seite ? Nach den Worten des Generaldirektors W. Tkatschenko für Korrespondet.net (19.12.14), will die amerikanische Firma dort einsteigen. Die technische Auslotung (Vorbereitung) für eine Produktion nimmt ein Jahr in Anspruch.
Roskosmos hat Ende November 2014 mit der Ausschreibung für die Fertigstellung der neuer Raumschiffe Sojus MC und Progress MS auch umfangeiche technische Dokumente veröffentlicht. Für die Einkäufe sind 17 153 712 900 Rubel vorgesehen. Laut W. Solncew von RKK Energija, ist der Start von Progress MS für November 2015 und Sojus MS für März 2016 vorgesehen.
In der technischen Dokumentation für Sojus TMA ist auch eine Liste von Komponenten und Baugruppen für eine Wiederverwendung aufgelistet. Die Liste umfasst 65 Positionen, es gab immer wieder (wiederholte) Anwendung darunter der Black Box. Eine Ausfürliche Beschreibung (Übersetzung) wäre aber zu umfangreich.