Die echten Saturn V Upgrades

Nachdem sich Elendsoft schon über mögliche Saturn V Upgrades ausgelassen hat, möchte ich mal nachreichen was man tatsächlich angedacht hat. Wie immer bei allen Raumfahrtprojekten muss man entscheiden, in welcher Phase das dann eingestellt wurde. Es gibt meistens eine vorbereitende Studie die mal grundlegende Fragen klärt und die gibt es zu Hauf zu allen Projekten, das kann auch der private Ansatz eines Mitarbeiters sein, der dann nicht viel weiter geht als Überlegungen in meinem Blog. Wird es ein echtes Projekt, so  durchläuft es vier Phasen, richtig teuer wird es erst ab Phase C, der Entwicklung. Phase A und B dienen dazu die Machbarkeit zu prüfen, das Design detailliert festzuklopfen und eventuelle vorbereitende Technologiearbeiten durchzuführen. Phase D ist dann die Produktion. Bei CCDev kostete z.b.  Phasen A+B bei drei Unternehmen rund 1100 Millionen Dollar, Phase C+D bei drei Unternehmen 10100 Millionen Dollar. (Ich habe Sierra Nevada das bei den ersten Stufen dabei war auch bei Phase C/D mit hinzugenommen). Ich behandele diesen Punkt etwas ausführlicher, weil viele diese Stadien nicht unterscheiden, wenn von einer „NASA Studie“ oder „NASA Projekt“ unterschieden wird. Doch wir wollen das ja hier richtig machen.

Grundsätzliches

Wernher von braun und seine Mitarbeiter planten eine ganze Familie von Trägern. Davon merkt man heute nur noch was an dem angehängten Buchstaben „I“ und „V“ an den beiden gebauten Typen. Sie sollten sich in Zahl der Triebwerke in den Stufen unterscheiden. Ab der Saturn C-3 waren F-1 Triebwerke in der ersten Stufe vorgesehen. Die Ziffer korrespondiert mit der Zahl der F-1 in der ersten Stufe. Die Familie ging von der Saturn II bis Saturn 8, einen Nutzlastbereich von 36 bis 170 t in LEO abdeckend. Ursprünglich sollte die Mondlandung mit der Saturn C-4 durchgeführt werden mit 41,5 t Nutzlast zum Mond. Da sehr bald klar war, das Apollo „Übergewicht“ hatte ging man frühzeitig auf die C-5 über. Später baute man noch in die S-II ein weiteres fünftes Triebwerk ein um die Performance von 45 t auf 47 anzuheben. Es war also von vorneherein schon ein flexibles Konzept geplant.

Eine mit neuen Triebwerken ausgestattete Saturn C-8 mit der Bezeichnung „Nova“ hätte sogar 200 t Nutzlast erreicht.

Engine Upgrades

Als man die Saturn baute, war die Triebwerksentwicklung schon angelaufen, sie hatte einige Jahre vorher begonnen. Die F-1 und J-1 Triebwerke waren selbst für die damalige Zeit recht konservativ aufgebaut, arbeiteten mit moderaten Brennkammerdrücken. Das verwundert nicht wenn man Werner von Brauns Philosophie kennt die darauf bestand Raketen möglichst robust zu bauen. Er hatte bei der A-4 viel Lehrgeld bezahlt und bei diesem Träger bis zu Kriegsende schon in der Entwicklung befindliche Verbesserungsmöglichkeiten nie eingesetzt (sie sollten erst in der Redstone umgesetzt werden).Beide Triebwerke waren um den Faktor 10-20 leistungsfähiger als alles was die USA vorher entwickelt haben und so war es sicher sinnvoll konservativ zu bleiben. Russland schaiterte z.b. mit seinen anspruchsvolleren NK-15 und NK-33 Triebwerken obwohl jedes gerade mal ein Viertel des F-1 Schubs hat.

Die beiden Leistungssteigerungen der Triebwerke J-1 und F-1 wurden noch während der Saturn V Entwicklung angegangen. Obwohl das Oberstufentriebwerk jünger war wurde es als erstes verbessert. Es hatte bei Apollo 4 versagt und war zwar ein Triebwerk, das ohne externe Zusatzsysteme arbeiten konnte (unetr anderem selbstständig starten und das Treibstoffverhältnis regulieren konnte) aber es war auch sehr kompliziert. Das J-2S stand für „Simplified“, es war einfacher aufgebaut und z.B. nur noch dreimal anstatt beliebig oft zündbar. Gleichzeitig steigen Schub an, von 1020 auf 1178 kN, mit leichten Modifikation wären bis zu 1423 kN möglich. Eine längere Düse erhöhte auch den spezifischen Impuls um 100 m/s. Das J-2S durchlief die komplette Entwicklung und hätte 1971 in die Produktion gehen können. Das J-2S hätte die Nutzlast um 4 t gesteigert, das erscheint wenig, doch sollte man bedenken, dass nur 3 t mehr Nutzlast bei Apollo 15-17 die Mitführung des Mondautos, mehr Ausrüstung und die Ausdehnung des Aufenthaltes auf dem Mond von eineinhalb auf drei Tage ermöglichten. Die 4 t hätten durchaus einiges gebracht. Bei höheren Geschwindigkeiten wie Mars war der Effekt noch größer.

So verwundert es nicht das die NASA heute wieder das J-2S einsetzt. Es wird in der SLS genutzt. Mit einer neuen Turbopumpe und einer vergrößerten Düse liefert es als J-2X 1309 kN Schub bei einem spezifischem Impuls von 4393 m/s.

Anders sieht es beim F-1 aus. Das Nachfolgetriebwerk F-1A befand sich noch in einer frühen Phase der Entwicklung als man die komplette Saturn V Entwicklung einstellte. Das F-1A war wie das J-2S etwas einfacher gebaut, es hatte vor allem aber einen höheren Brennkammerdruck von 80 Bar (F-1: 67 Bar). Und der Schub stieg so auf über 8000 kN am Boden und 8700 kN im Vakuum. Es war im Schub reduzierbar, sodass die Abschaltung des mittleren Triebwerks nach 150 s entfallen konnte.

Das F-1 hätte vor allem durch den höheren Schub die bei der Saturn V sehr ausgeprägten Gravitationsverluste reduziert. Die Rakete startete gerade mit einem Schubüberschuss von 15%, normal waren 25%. Da es hier zu keinem Einsatz kam habe ich keine Performancedaten.

Treibstoffmischung

In den Sechzigern war man noch wesentlich experimentierfreudiger als heute. Theoretisch untersucht wurde allen ernstes den Sauerstofftank on der S-IC mit einer Mischung aus Sauerstoff und Fluopr (FLOX) zu füllen. Die Triebwerke wären damit problemlos zurechtgekommen. Es gab nach einer Studie mehrere Möglichkeiten. Untersucht wurde eine Mischung von 30,37,38 und 70% Fluoranteil. Bis 38% hätte man die Saturn V weitgehend unverändert gelassen. Das hätte durch höheren Startschub und höhere Ausströmgeschwindigkeit rund 7,7 mehr Nutzlast zum Mond gebracht, immerhin 15% der Startmasse. Mit 70% FLOX hätte man die Tank Aufteilung ändern müssen. Die F-1A Triebwerke hätte man dann zwingend benötigt weil die Rakete deutlich schwerer war. Dafür wäre die Mondnutzlast um 28,1 t gestiegen, das sind mehr als 50%. Mehr als eine Studie gab es zu dem Thema allerdings nicht.

Zusatzbooster

Booster gibt es heute bei fast allen Trägern und damals auch schon bei der Delta. Sehr früh untersuchte man auch die Verwendung von Boostern bei der Saturn V. Da gab es einmal das Projekt des AJ-260, des größten jemals getesteten Feststoffantriebs. Er sollte die erste Stufe der Saturn I ersetzen. Der Antrieb wurde tatsächlich auch getestet, das Programm jedoch schon 1965 eingestellt.

Naheliegender wäre es gewesen die schon in der Produktion befindlichen Booster der Titan 3C (UA1205) zusätzlich zu verwenden. Mit einer Länge von rund 22 m im zylindrischen Teil sind sie zudem gerade in der richtigen Länge um sie unten am Triebwerksgerüst und oben in der Strukturverstärkten Zwischentanksektion anzubringen. Wie das F-1A reduzieren sie durch den zusätzlichen Schub die Gravitationsverluste und erhöhen natürlich auch die Stufenmasse. Vier Booster hätten 8 t mehr Nutzlast zum Mond gebracht. Mehr als eine Studie war es aber nicht, denn Wernher von braun hatte etwas gegen Feststofftriebwerke und wehrte sich später vehement für den Einsatz dieser Antriebe beim Space Shuttle. Angesichts der geringen Kosten (damals 6,29 Millionen Dollar pro Paar), wäre es aber ein preiswertes Upgrade gewesen.

Nukleare antriebe

Die Saturn V war auch für die von Braun geplante Marsexpedition vorgesehen gewesen. Die NASA führte mit einem Reaktor auch Tests durch. Aber eine Stufe wurde nie gebaut. Da nukleare Triebwerke einen sehr geringen Schub haben, hätte man sie erst im Orbit gezündet. NERVA, das z.B. für einen Test an Bord der Saturn V vorgesehen war hatte z.B. einen Schub von nur 245 kN, ein Viertel eines J-1. Geplant war für die Marsexpedition ein wesentlich größerer Reaktor bei 4000 MW Leistung der 867 kN Schub geliefert hätte. Als 1972 das Programm eingestellt wurde hatte man einige Vorläuferreaktoren getestet, war jedoch noch weit von einem umsetzbaren Konzept entfernt, vor allem was den benötigten Schub, das Schub/Gewichtsverhältnis und die Ausströmgeschwindigkeit angeht. Systembedingt haben nukleare Antriebe sehr hohe Trockenmassen. Nur bei hohem spezifischem Impuls und Schub/Gewichtsverhältnis lohnen sie sich bei niedrigen Geschwindigkeitsbedarf wie für Mondmissionen.

5 thoughts on “Die echten Saturn V Upgrades

  1. Hallo Bernd,

    also das J-2S/X war für Constellation/Ares geplant und auch für das SLS hat man einen Einsatz in zukünftigen stärkeren Versionenerwogen, das ist aber mittlerweile vom Tisch, das SLS wird nur eine Oberstufe mit 4 RL-10 bekommen.

    Gruß, Gerry

  2. Na ja so ist das nicht. Die SLS ist Jahre von der Umsetzung der ersten Version entfernt und es gibt keine Missionen für sie also wird man nach Abschluss der Entwicklungsarbeiten das J2-X wieder in Warteposition bringen, bis man das Geld und die Ziele für eine Oberstufe hat. Derzeit läuft die Ausschreibung für neue Booster und beides zusammen kann die NASA nicht finanzieren. Für die ersten Erprobungsmissionen wird man umgebaute Delta Oberstufen einsetzen.

  3. die wohl verrückteste version hatte Boeing studiert Saturn V-4X(U)
    vier Saturn V upgrades zusammen genietet zum Cluster, für Nutzlast von 527600 kg
    oder die Saturn V/4-260 mit 4 6 meter durchmesse Feststoff booster mit Zusatz tank für erste stufe der Saturn V.

    http://www.aerospaceprojectsreview.com/blog/wp-content/uploads/2013/10/saturn-elv-configurations.gif

    Ein anders ungewöhnliches Saturn V version von Boeing und Aerojet
    Hier wurde die Erste stufe der Saturn V ersetz durch 6 meter Durchmesser Feststoff booster

    http://aerospaceprojectsreview.com/catalog/spacedoc21.jpg

  4. @Bernd
    die umgebaute Deltaoberstufe soll nur beim ersten Flug des SLS mit der unbemannten Orion zum Einsatz kommen weil man diese nicht manraten will, schon beim zweiten Flug kommt dann die neue Oberstufe „EUS“ mit vier RL-10 zum Einsatz und diese Stufe soll dann die Standatoberstufe des SLS beiben, auch zukünftig mit den neuen Boostern.

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