Eine Serie, aus einem Land in dem alles kriminell ist
Gestern kam auf ZDF-Info eine Serie, die offenbar für Frankreich produziert wurde, bei ZDF Info hieß sie „Kriminelle Karrieren“ und es geht um Personen, die nach Ansicht der Serienmacher mit kriminellen Dingen reich wurden oder zumindest gut Geld verdient haben.
Fünf Folgen habe ich mir angeschaut:
- Jordan Belfort
- Kim DotCom
- Arjan Roskam
- Margaret McDonald
- Wolfgang Beltracchi
Die Filme sind so eine Übersicht der gesamten Lebensläufe der Personen. Wie weit das nun eine kriminelle Karriere ist, ist unterschiedlich. Margret McDonald fing erst spät an, sodass die Hälfte des Films über ihre Jugend und Jahre vorher war.
Die „Kriminellen“
Was mir dann auffiel, ist das die Einstufung doch recht seltsam ist. Jordan Belfort ist als Betrüger verurteilt worden. Kim Dotcom hat nachgewiesener Weise eine Plattform (Megaupload) gestartet die Dateien shart ohne das Urheberrecht zu prüfen und das Verletzen dieser Rechte sogar propagiert. Wolfgang Beltracci ist verurteilt als Kunstfälscher. Diese drei Personen sind unumstrittene Kriminelle. Dann hört es aber schon auf.
Arjan Roskam ist nie verurteilt worden. Er verdient nach wie vor sein Geld mit dem Verkauf von Cannabis in Amsterdam, wo er eine Reihe von Coffeeshops und den Online-Verkauf „Green House“ unterhält. Was ihn von anderen unterscheidet, die auch damit Geld verdienen, ist das er einen Hang hat an die Öffentlichkeit zu dringen und z.B. Videos über den Selbstanbau oder eine „Jagt“ nach den besten Hanfsorten rund um die Welt gemacht hat. Zudem scheint er sehr gut im Marketing zu sein.
Margret McDonald arbeitete als Escort-Dame und hat dann später eine Agentur aufgemacht, in der man diesen Service buchen kann. Dafür wurde sie in Frankreich zu 4 Jahren Haft verurteilt. Doch selbst die Filmemacher mussten eingestehen, das dis nur in Frankreich möglich war. In Deutschland oder England wäre das legal gewesen. Nicht mal die Staatsanwältin hat die Höchststrafe gefordert und sprach positiv über McDonald. Denn McDonald hat niemand gezwungen, dem Busines nachzugehen. Sie hat nicht mal Werbung gemacht, um weitere „Damen“ zu gewinnen. Potenzielle Interessentinnen haben im Gegensatz sie kontaktiert. Das nennt man in Frankreich Zuhälterei und es ist dort strafbar. Gut, eine „Vermittlungsagentur“ stelle ich mir auch anders vor. Aber bei Zuhälterei sehe ich immer noch so Tatbestände wie ein Abhängigkeitsverhältnis, Zwang oder Ähnliches gegeben. So wie der Film das schildert, machte sie die Kontakte für die Damen und kassierte dafür eine Provision. Wenn das illegal ist, dann sollte man sich mal zahlreiche Partnerbörsen ansehen, die es heute gibt und in denen es nicht um eine neue Partnerschaft, sondern nur um Sex geht. Die Betreiber dieser Börsen sind dann ja auch Kriminelle.
Die Machart
Mir sagen fast alle Fälle nichts. Kim Dotcom noch am meisten. Seine Verhaftung ging ja durch die Presse. Aber nachdem sehen der Serie beschleicht mich der Verdacht, dass diese Dokumentationen doch sehr einseitig sind. Beltracci hat an der Reportage nicht mitgewirkt und ich kann mir denken warum. Das gilt übrigens auch für alle anderen Akteure mit Ausnahme von Roskam. Die anderen Akteure, die als Interviewpartner erscheinen, reden eigentlich fast nur schlecht von den Personen, um die es geht. Bei Beltracci sind es die Ermittler der Polizei und ein Gutachter, der den Stein ins Rollen brachte. Sie sagen Beltracci würde nicht einmal das Handwerk verstehen. Die Pinselführung wäre überall die gleiche. Die Kunstwerke maximal mittelmäßig. Die Fälschung eines Siegels plump. Das kann man glauben, muss man aber nicht. Betracci macht seinen Rum als Fälscher nach der Haft zu Geld und kam auch auf 3SAT in einer eigenen Serie, in der er Kunstwerke nachmachte, in dem er Prominente (Harald Schmidt, Gloria von Thurn und Taxis, Christoph Walz u.a) im Stil von bekannten Künstlern nachzeichnete. Da hatte ich nicht den Eindruck, dass die Bilder alle gleich sind und die Pinselführung überall gleich ist. Bei alten Gemälden im Stil von Boticelli oder Lucas Cranach des Älteren hat er eine Menge Feinarbeit leisten müssen, das ist was anderes, als moderne Kunst wo man einige Kleckse auf die Leinwand schmiert.
Vor allem: Wenn die Fälschungen so primitiv gewesen wären, warum hat man sie dann nicht früher erkannt? Beltracci hat 35 Jahre lang Werke gefälscht, lange Zeit nur für den Flohmarkt doch über 20 Jahre auch für den Kunstmarkt, wo sie teilweise Millionenerlöse erzielten. Solche Gemälde werden doch vor einer Auktion untersucht, zumindest physikalisch, indem man sie durchleuchtet, das Alter und Pigmentzusammensetzung untersucht aber auch Stil und Pinselführung vergleicht. Da ist das nie aufgefallen. Aber die Experten in der Sendung meinen die Fälschungen wären einfach zu erkennen.
Gentechnisch verändertes Cannabis
Das Zweite ist Roskam. Er verdient nach der Sendung sein Geld mit illegalen Drogen. Die Experten werden nicht müde das zu betonen. Ein Physiologe betont das die hochgezüchteten THC-reichen Sorten zu viel größerer Abhängigkeit führen mit Dauerdepressionen und Motivationslosigkeit. Eine weitere „Expertin“ hält die Käufer von Samen für dumm, weil sie meint, selbst angebautes Gras wäre „Bio-Ware“. Die Pflanzen wären genetisch verändert, „da ist nichts bio“. Nun ja ich beziehe Bio eher auf Freiheit von Pestiziden. Gerade bei einem so lukrativen Produkt und einer geschlossenen Monokultur ist die Gefahr des Schädlingsbefalls ja besonders groß. Vor allem kann ich mir nicht denken, dass Cannabisanbauer wirklich das Zeug haben genetische Veränderungen einzubringen. Also darunter versteht man das Einbringen von Fremdgenen. Besonders beliebt ist z.B. das Gen eines Bakteriums, dass das ein Gift produziert, das Insekten abtötet. So smart am Pestizide. Dazu braucht man aber einiges an Ausrüstung und auch Know-How. Ich glaube vielmehr die haben einfach klassisch Sorten gekreuzt und die besten Ergebnisse dann weiter gekreuzt. Schließlich sind sie nur an hohem Ertrag interessiert. Mit derselben Methode hat man auch bei uns, nachdem man die Grundlagen der Genetik kannte, die Erträge von Pflanzen drastisch gesteigert und dasselbe auch bei Tieren erreicht. Turbokühe geben heute ein Vielfaches der Milchmenge von alten Sorten, die es noch vor 70 Jahren gab und das ganz ohne Gentechnik. Bei einjährigen Pflanzen wie Hanf geht das noch viel schneller.
Das ist aber keine Gentechnik, die Aussage ist also falsch. Vor allem finde ich diesen moralischen Zeigefinger unverschämt. Denn Roskam tut nichts Illegales. Was er tut, ist in Amsterdam legal, und zwar genauso legal wie das Verkaufen von Wein in Frankreich. Was würden die Franzosen sagen, wenn ein Land in dem der freie Verkauf von Alkohol verboten ist, sagen wir mal Schweden, einen ähnlichen Film über ihre Winzer und Weinhändler machen würde, die viel mehr Geld damit verdienen, als der Cannabisvekauf in den Niederlanden abwirft. Sind das dann auch Kriminelle. Nehmen wir mal die Rothschilds, diese Kriminellen haben seit Generationen Rotwein verkauft und das, obwohl jeder weiß, wie giftig Alkohol ist! Natürlich muss man dann auch noch Experten über die schlimmen Folgen von Alkohol referieren lassen.
Resümee
Kurzum: die Serie ist nicht neutral. Von einer Dokumentation erwarte ich mir aber gerade das, denn das Publikum ist ja in der Regel nicht vorgebildet. Schon für das Publikum in Frankreich ist die Serie grenzwertig. Dort mag eine Escortagentur unter die Zuhälterei fallen und dort ist der Verkauf von Marihuana verboten. Aber deswegen von einer „kriminellen Karriere“ zu sprechen und die Leute zu verdammen? Bei Belfort vermisse ich zudem jede Erwähnung der Finanzkrise von 2007. Belfort hat Leute betrogen. Doch auch Banken haben sich nicht an Gesetze gehalten und wurden teilweise zur Zahlung von Strafen in Milliardenhöhe verurteilt. Sicher, man kann dort nicht einen Schuldigen festmachen, das ist für eine Sendung ein Nachteil, doch das man nicht einmal erwähnt, dass viele Banken straffällig wurden. Im Vergleich zu deren Straftaten und den globalen Folgen war Belfort ein kleiner Fisch. Klar, das passt nicht als Folge in die Serie, in der es um Einzelpersonen geht, aber dies nicht mal zu erwähnen ist doch schon sehr einseitig.
Appendix: Zweite Staffel
Inzwischen ist die zweite Staffel von „Kriminelle Karrieren“ in der Ausstrahlung. In dieser Staffel geht es um die „Karrieren“ von
Sie kennen die Namen nicht? Da sind sie wohl nicht die einzigen. Anders als der reißerische Titel es suggeriert, handelt es sich bei den Personen in der zweiten Staffel um kleine Fische. Nehmen wir Hunter Moore. Schon der Titel der Folge ist reißerisch: „Der König des Rachepornos“. Macht was her. Man kann sich drauf verlassen, dass wenn in dem Titel was von „Sex“ oder gar „Porno“ drin steht, dann schauen die Leute das an. So auch bei mir. Ich habe mir von den neuen Folgen diese zuerst angesehen.
Wie in der ersten Staffel wird übertrieben. Was als „Rachepornos“ beschrieben wird, sind auf einer Plattform die er eigentlich für das spontane abhalten von Partys „IsAnyOneUp.com“ gegründet hatte sich zuerst zur Zuschaustellung von freizügigen Fotos von sich selbst, dann durch einen User initiiert, zum Publizieren von Nacktaufnahmen von Ex-Freundinnen um diese zu blamieren. Diese Nacktaufnahmen sind dann „Racheporno“. Zumindest für die Hersteller der Serie. Was Hunter Moore zu einer kriminellen Karriere machte, war, dass er die Fotos nicht löschte, wenn er von den Betroffenen dazu aufgerufen wurde und um die Website „aufzuwerten“ einen Hacker bezahlte Nacktaufnahmen von Usern zu bezahlen. Er wähnte sich in Sicherheit, weil er meinte wie Facebook nur die Plattform zu stellen und die User für die Inhalte verantwortlich wären. Die Serie bemerkt auch, wenn er ein Foto gelöscht hätte wenn er dazu aufgefordert wird, dann wäre das alles legal gewesen.
So viel ist da also nicht. Die Website war auch nur 16 Monate online. Nicht lange um eine ganze Folge für „Kriminelle Karrieren“ zu füllen. So hat man die 45 Minuten erst mal zu einem größeren Teil mit dem unsteten Lebenswandel von Moore nach Beeidigung der Schule gefüllt. Außerdem wurde einer Mutter einer Betroffenen viel Raum eingeräumt die dargestellt wurde als Internet-Jägerin.
Kurzum: Hunter Moore ist ein kleiner Fisch. Seine „kriminelle Karriere“ dauerte gerade mal 16 Monate, was ich nicht gerade als „Karriere“ bezeichnen würde. Selbst Wikipedia ist er nur in der englischen Sektion einen kurzen Artikel wert. Für andere Sprachen scheint dieser „Spitzenkriminelle“ zu unbedeutend. Das zeigt auch die Strafe: Zweieinhalb Jahre für die Verletzung der Persönlichkeitsrechte, und das in den USA, wo es selbst für einfache Vergehen drakonische Strafen gibt – Ross Ulbricht, ebenfalls in der Serie, wurde nur für die Schaffung einer Darknet-Plattform „Slik Road“ zu zweimal lebenslänglich verurteilt. Ulbricht hat selbst hat außer einigen Magic-Mushrooms nichts Illegales verkauft, er stellte nur die Plattform. Dafür bekam er – wie selbst die Serie vermerkt als reines Abschreckungsurteil – zweimal lebenslänglich ohne Möglichkeit der Revision. Wohlgemerkt nicht für irgendein Kapitalverbrechen wie Mord, Entführung oder Raub. Für einen illegalen Handel, wir würden also bei uns sagen einen Hehler.
Ich verstehe das Konzept nicht. Die Leute der ersten Staffel waren zumindest zum Teil von Bedeutung. Megaupload von Kim Dotcom kannte vor Jahren jeder. Betracci war in der Kunstwelt ein bekannter Name und Jordan Belfort verursachte einen Schaden von über 200 Millionen Dollar. Nun hat man sich auf absolut unbekannte Personen verlegt. Gibt es nicht genügend echte Kriminelle? Wo ist Ulrich Höneß? Seine Strafe ist trotz milderer Strafen in Deutschland wegen der hohen Summe, die er hinterzogen hat, höher als bei Hunter Moore. Was ist mit den Bankern von Lehmann Brothers? Die haben ihre Bank in die Pleite getrieben und einen weltweiten Kurssturz verursacht. Überhaupt: wenn man einen Hehler wegen Schaffung einer Darknet-Plattform zu zweimal lebenslänglich verurteilt, was ist dann mit den vielen Leuten in den Banken, die beim Hinterziehen von Steuern helfen?
Ich hab, weils im Fernsehen lief, nach Margaret McDonald gesucht und das einzige verwertbare Ergebnis war das hier.
Das TV- Programm ist größtenteils grenzwertig: uninteressant, meinungslastig weil nicht objektiv, ewig gestrig!!! Ich frage mich, womit höhere GEZ- Gebühren gerechtfertigt wären? Mit langweiligen Polittalkshows, in den immer dieselben zweifelhaften“ Experten“ ihren Sülz kundtun? Ich schaue schon lange nicht mehr, weil meine Schmerzgrenze längst überschritten ist. Man kann sich alles abgewöhnen( lassen). Danke!
U.H. war m.E. vor allem dumm und weniger kriminell oder er hatte schlechte Anwälte und Steuerberater. Hätte er seine Spekulationen in eine Kapitalgesellschaft verlegt, wäre gar nichts passiert… und als Präsi vom FCB hätte er die ganze Zeit Freigänger sein können…
Ich finde journalismus wie Sie es hier bezüglich einer „krimi“-serie ausüben sehr wichtig. Begriffe hinterfragen: ist man kriminell, nur weil allein im fall mcDonald eine Straftat in Frankreich vorliegt. Ich stelle mir eine Folge dieser Serie vor über einen russischen journalisten, der Putins krieg gegen die Ukraine als Krieg benennt und dafür nach russischem Recht für mehrere Jahre im Gefängnis landet. Eine kriminelle Karriere?
Zu „Kurzum: die Serie ist nicht neutral. Von einer Dokumentation erwarte ich mir aber gerade das, “ das Problem ist das Dokus (und auch andere Formate) nie neutral sein können. Sobald es etwas komplexer als „das Fußballspiel endete 1:2“ wird kommen da immer Meinungen rein. Es gibt Dokus da ist das sehr offensichtlich bei anderen nicht so sehe. Bei TV Dokumentationen kommt oft dann noch dazu das die Autoren keine (oder nur sehr wenig) Ahnung von der Materie haben.
Lösung für mich ist das ich nur noch das „allgemein Weltbild“ über die klassischen Medien beziehe. Bei Themen die mich mehr interessiere kommen dann primär unterschiedliche Medienformate im Internet zum Zug. Möglichst/Hauptsächlich Kanäle bei denen ich die Content-Creatoren schon länger verfolge und daher einschätzen kann. Im z.B. Bereich Raumfahrt bist du da einer der Kanäle für mich. Da weiß ich das du extrem viel Wissen hast, vor allem im historischen Bereich und du sehr viel berechnen kannst. NewSpace aber nicht so dein Ding ist, und du speziell über SpaceX immer gerne negativ berichtest. Wenn ich dann als Gegenstück Sirvan vom Youtube Kanal Mars Chroniken schaue dann ist das ein Symphatischer Typ, Inhaltlich so das ich mich in wenigen Stunden bei dem entsprechenden Thema auf das gleiche Niveu bringen kann (wenn ich es nicht schon bin). Er hat von Wirtschaft keine Ahnung und ist von SpaceX und Elon Musk begeistert also machen die bei Ihm alles Toll. Dafür ist die ESA bei ihm komplett unten durch… Solche Einschätzungen habe ich im endeffekt bei allen Blogs, Foren, Youtube, Podcasts und bewerte die Beiträge entsprechend. Das geht bei klassischen Medien nicht, bzw. nur sehr begrenzt. Es arbeiten dort einfach zu viele unterschiedliche Personen an dem gleichen Format.
Ich schreibe schon wieder viel zu viel und komme immer weiter vom Thema ab. Vor allem da „mein Weg“ ja von vielen gemacht wird. Viele dabei aber in rechte oder linke Bubbles abdriften.