Videos killed the Text
Auf meinen heutigen Blog über Videos und Text bringen mich zwei Dinge. Das eine ist der letzte Beitrag über eine Science Funktion Fernsehserie, bei der ich um meine Meinung gefragt wurde. Ich muss euch da enttäuschen: ich schaue kein Science Fiction an. Star Trek war die einzige Ausnahme, weil das schon lief als ich Kind war. Aber ich finde die Idee auf Ganymed, einem Mond im äußeren Strahlungsgürtel des Jupiters, mit einer Kruste aus Eis und Gestein eine Kolonie aufzubauen prima. Ich schlage vor Donald Trump, Horst Seehofer, Michael Lindner, Elon Musk und Kim Yong-Un weihen sie ein. Realistische Science-Fiction funktioniert meiner Ansicht nach nicht. Dazu gibt es einfach zu viele physikalische Hindernisse. Doch dazu im nächsten Blog mehr.
Ich greife mal das Thema Videos auf, auch weil es sich mir in der Recherche zum Band 2 aufdrängt. Ich arbeite diesmal alle Raumsonden chronologisch auf, in Band 1 habe ich noch nach Ländern getrennt. Derzeit bin ich bei 2004. Ab und an muss ich auch was nachschlagen und einen Aufsatz für eine neue Raumsonde, die Parker Solar Probe habe ich auch schon gemacht. Da fiel mir auf wie viel sich geändert hatte. Früher waren Webseiten wie es auf neudeutsch heißt „text-only“. Heute dominieren schon beim Webauftritt Animationen. Aber auch, wenn man dann weiter geht, gibt es mehr Videos als Text. Bei der Parker Solar Probe war es schon schwierig mit meinem bewährten Kniff, dem Suchbegriff ein filetype:pdf oder filetype:ppt hinterher zu stellen um Dokumente und Präsentationen zu finden weitestgehend erfolglos.
Es ist nicht nur das es immer mehr Videos und immer Dokumente gibt, es ist auch die Tiefe der Informationen. Früher hatte ich das Problem aus vielen Informationen, die raus zu suchen, die ich in einen Artikel aufnehme. Das Problem habe ich heute nicht mehr. Ich habe ein Problem, überhaupt genügend Informationen zusammen zu bekommen. Vor allem gibt es immer weniger tiefer gehende Informationen. Details über den Aufbau der Sonde, Masse von Subsystemen etc. Das ist unabhängig von der Nation. Wenn man auf die ESA Ariane 6 Seiten schaut, so findet man nicht mal die Basisdaten der Stufen wie Länge, Voll/Leermasse. Geschweige denn, weitergehende Informationen. Das zieht sich weiter. Ich habe in Band 1 in der Tabelle eine Zeile eingeführt „Bilder:“. Das war logisch. Man kann für die meisten Missionen die Bilder machten, bis 1992 die Anzahl angeben, vielleicht bei vielen wie Viking oder Voyager nicht genau (wobei man dann auch noch unterscheiden müsste zwischen Aufnahmen von den Planeten und Navigations-, Kalibrier- und sonstigen Aufnahmen). Heute ist das schwer. Trotz Recherche muss ich für viele Missionen diese Angabe schuldig bleiben.
Ich kann verstehen, das Videos viel mehr Personen ansprechen. Ein Video kann man anders als einen Text auf einem Handy anschauen. Anschauen ist leichter als Lesen, aber es liefert eben nicht die gleiche Informationsmenge. Eigentlich ist das Internet ja angetreten, dass Leute besser informiert sind als früher. Doch es verändert sich gerade bei den offiziellen Webauftritten ins Gegenteil. Es wird immer flacher. Die einzige Ausnahme sind die Instrumente von Raumsonden. Im Wissenschaftsbereich muss man publizieren, daher findet man zu den Instrumenten umfangreiche Dokumente im Web.
Gegen Videos sprechen für mich auch persönliche Argumente. Ich habe ja nicht unendlich Zeit. Einen Text kann ich schnell überfliegen ob er für mich relevant ist, bei Videos geht das nicht. Noch aufwendiger ist es, Informationen zu extrahieren. Die reale Informationsmenge eines Videos, meistens im Kommentar, ist ziemlich gering. Texte sind länger und auch mit Zahlen bestückt, die man kaum in Videos findet. Vor allem erfordern sei die volle Aufmerksamkeit. Texte kann ich lesen, dann wenn ich was entdeckt habe, schreiben, dann wieder weiterlesen. Videos muss ich dauernd anschauen, beschleunigen kann ich nichts und es geht nicht nebenher, zumindest nicht in den meisten Fällen. Bei englischsprachigen Videos kommt noch hinzu, dass ich zwar englisch in der Schule hatte, dann es aber 15 Jahre nicht mehr gebraucht habe bzw. nur um Fachartikel zu lesen bei denen das Vokabular beschränkt ist und viele Fachwörter im Englischen wie Deutschen dieselben sind. Ich interpretiere schon oft geschriebenes falsch, bei gesprochenem sieht es noch um einiges schlimmer aus, und nebenher anschauen geht dann gar nicht.
Ich kann nur hoffen das die gleiche Entwicklung wie beim Radio einsetzt. Das erste Lied das MTV spielte war „Video killed the Radiostar“ von den Buggles. 30 Jahre später ist das Radio nicht tot. Es gibt immer mehr Sender und auch die Zeit die durchschnittlich Radio gehört wird steigt an. Wo sind dagegen MTV und ViVA geblieben? Das letzte Mal wo ich mal drüber gezappt bin, ist etliche Jahre her und da lief penetrant Werbung für Klingeltöne oder Banner die man per teurer 0190-Nummer buchen konnte. Spricht nickt gerade für ein Erfolgsmodell. Wer wirklich ein Video ansehen will, macht das heute im Internet, da bin ich nicht von einem Sendeplan abhängig. Auch hier schlägt der Nachteil von Videos zu: Radio kann ich begleitend durch den Tag hören. Videos muss ich aktiv schauen. Dann will ich aber nicht das neueste Video von Helene Fischer sehen, wenn ich Metallica Fan bin.
Zuletzt noch was zum Buch. Ich bin gerade bei der 24 von 53 Sonden. Also knapp der Hälfte. Gestern kam die erste Korrektur von Elendsoft des ersten Bandes zurück, die arbeite ich nun erst mal durch und dann geht es an den zweiten Korrekturleser. Ich denke es wird dann im Januar erscheinen.
Die zeitliche Teilung bei 1992 hat sich bewährt. Es sind jetzt schon über 200 Seiten, sodass ich wenn ich einfach hochrechne schon auf 410+ Seiten komme. Allerdings gibt es in den nächsten einige chinesische und indische Sonden, über die es kaum Bildmaterial und Informationen gibt, sodass ich in der Praxis mit etwas weniger rechne. Ich hoffe bis Ende Dezember fertig zu sein, das wird aber knapp, für zwei Sonden muss ich erst noch die Artikel schreiben, während ich sonst auf meine Webseite zurückgreifen kann. Erscheinungsdatum dann März, eher April, hängt dann auch von den Durchlaufzeiten bei den Korrektoren ab.
Radio? Die spielen doch schon seit Jahren immer das Gleiche als würden die die gleiche CD einfach rum reichen.
Ich höre aus Prinzip nur noch NDR Info oder Deutschlandfunk aber wenn ich 22 Uhr von der Spätschicht komme läuft dort auch nur noch Mist.
Was SF angeht ist es politisch/gesellschaftlich einfach unglaubwürdig was dort gezeigt wird, ich würd das nicht mal an der Technik festmachen. Irgendwelche Leute schlagen vor man könne ja Wasser von den Jupitermonden holen weils in der Wüste so knapp ist, ja klar…
Elon Musk mitzuschicken halte ich für eine schlechte Idee. Auch wenn die Chance, dass er den anderen zur Rückkehr verhilft gegen Null geht, sollten wir das nicht riskieren, siehe Rest der Gästeliste……
Eine Studie für einen Ganymedorbiter ergab für 2 Monate hinter einer Abschirmung von 1 g/cm² (z.B. 4 mm Aluminium) eine Dosis von 35000 rad. 1000 rad gelten als eine tödliche Dosis. Nach 2 Tagen wären also alle tot. Ich glaube selbst Elon musk bekommt in zwei Tagen nur eine Ankündigung hin. Und wenn er es erst mal ankündigt kann man sicher sein, dass er es nicht umsetzt.
Ich schaue auch (seit Star Trek: TNG) (fast) keine SF mehr, ich lese sie aber seit einigen Jahren wieder sehr gern. Mich erinnert das an meine Kindheit, als ich Asimov, Heinlein, Dick usw. förmlich gefressen habe. Aber diese kindliche Begeisterungsfähigkeit, sich weitgehend kritiklos in eine fantastische Geschichte hinein fallen zu lassen, die ist nicht jedes Erwachsenen Ding, das verstehe ich schon. SF-Szenarien können auch nie übermäßig realistisch sein, sonst wäre es ja keine „Fiction“ mehr oder die Geschichten zu langweilig. Wenn man die zugrundeliegende Prämisse z. B. einer Besiedelung des Asteroidengürtels nicht einfach als gegeben akzeptieren kann, fällt natürlich das ganze sich daraus ergebende komplexe Konstrukt in sich zusammen, egal wie stringent die innere Logik ist.
Aber zum eigentlichen Thema, das liegt mir auch sehr am Herzen; tatsächlich denke ich öfters darüber nach. Dieser Trend ist mir extrem zuwider, und ich finde ihn auch höchst bedenklich, denn er bedeutet einen gewaltigen Rückschritt quasi in analoge Zeiten. Im Prinzip wird dadurch ein Großteil der Möglichkeiten und Vorteile des Internets, so wie ich es kannte, negiert. Dass Videos nicht volltext-indiziert werden können, macht sie für die Informationsvermittlung in vielen Fällen völlig ungeeignet.
Mein Hintergrund ist ein etwas anderer, aber meine Erfahrung ist eine ähnliche: Ich bastle gern Drohnen und beschäftige mich mit 3D-Druck, und bis vor 1-2 Jahren war es völlig selbstverständlich, dass technische Details, Erfahrungen mit bestimmten Komponenten o. Ä. in bestimmten Fachforen zu finden waren. Mit Google konnte man buchstäblich alles finden, das kollektive Wissen der Welt lag einem zu Füßen.
Diese Quellen trocknen zugunsten von Youtube-Videos immer mehr aus, die Priorität wurde verlagert. Aktuelle Informationen findet man immer seltener in schriftlicher Form zusammengefasst. Wie bei Dir macht das die gezielte Suche nach Infos unnötig schwer oder sogar unmöglich. Ich bin nun gezwungen, oft auf Verdacht Videos stark schwankender inhaltlicher und medialer Qualität von irgendwelchen Typen anzusehen und dabei die ganze Zeit bei der Stange zu bleiben, in der Hoffnung, dass das entscheidende Detail doch noch in einem Nebensatz erwähnt wird. Allzu oft ist es aber doch nur Gelaber, und so gut wie nie erreicht ein Video auch nur annähernd den Informationsgehalt (von der Informationsdichte ganz zu schweigen) eines guten Foreneintrags. Oft sind die Kommentare gehaltvoller als die Videos selbst. Da werden Motoren getestet und die Werte eingeblendet – sowas gehört doch in eine Tabelle! Warum machen die Leute das? Diese Videos zu erstellen ist doch auch Arbeit? Sind die Leute so Video-fixiert, dass sie gar nicht darauf kommen, dass es anders besser gehen könnte? Geht es um die Likes? Ich verstehe es nicht.
Video-Tutorials und Reviews sind ein Fall für sich, das mag ich mir noch angehen lassen – wenn es darum geht, etwas zu demonstrieren, auf welchen Knopf man klicken muss, oder um eine Haptik zu vermitteln, da sind bewegte Bilder gut. Aber es häufen sich 10-minütige Videos, wo man z.B. zusehen darf, wie jemand eine Platine in Händen hin und her dreht und dabei erklärt, was die kann und wo man den Jumper setzen muss. Das ist für mich als Zuschauer zu 95% verschenkte Zeit: Fast immer hätte man den selben Informationsgehalt in einem Text mit ein paar Bildern unterbringen können, einem Text, den man mit Google suchen und mit dem Browser durchsuchen, in 30 Sekunden querlesen und qualitativ einordnen kann. Hat man den entscheidenden Punkt gefunden, kann man einen Abschnitt so oft und so gründlich lesen, wie man will, ohne dass man ein Video wie eine Schallplatte mit Sprung immer wieder zurückspulen muss. Noch schlimmer: „Vlogs“ von 45 Minuten, wo irgendwo zwischendrin ein paar wichtige Sätze fallen. Dazu ist mir meine Zeit zu schade. Diese Informationen sind damit meines Erachtens für die Welt verloren, wenn sie nicht irgendjemand anderes noch einmal abschreibt.
Ich hoffe deshalb sehr, dass wir im Moment den Höhepunkt eines Trends erleben, der auch wieder abebbt. Aber so richtigt glauben kann ich daran nicht. Das passt alles nur allzu gut in unsere Zeit.
Meine Kommentare geraten hier irgendwie immer recht lang. Stört das?
Nö, mich stört das nicht. Als jemand der es gewohnt ist Texte schnell zu lesen oder zu überfliegen machen mir lange Texte auch nichts aus. Hat leider den Nachteil, das ich auch beim durchlesen eigener Texte schnell bin und mir nicht mal Fehler auffallen weil ich schon nach dem Beginn eines Satzes den rest im Geiste ergänzt habe.
Ich bin noch konservativer. Ich bin Videoverweigerer. Ich schaue sie mir nicht an, oder meistens nicht an. Das gilt übrigens auch für alle Video links die hier jemand postet. Es ist mir um die Zeit zu schade. Selten komme ich in Versuchung. Letzte Woche gab es bei Aldi LED-Leuchtstoffröhren und ich überlegte meine alten durch diese neuen aus LED zu ersetzen. Ich stolperte im Geschäft drüber das die einen Starter haben, aber bei meinen Lampen gab es keinen austauschbaren. Also das mal bei Google eingetippt.
Alle ersten Treffer waren Shopping Angebote, die folgenden Videos. Also mal eines angeklickt. In 7:30 zeigt da einer wie man einen Starter auswechselt, das dauert etwa 10 s. Das das Video nicht für alle Leuchtstoffröhren ist sagt er am Anfang, eine Einblendung wäre besser und man sollte auf den Link drunter klicken – dort befindet sich aebr erst die komplette Einkaufsliste, wahrscheinlich alles Dinge wo er mit verdient. Erst nach einigen Klicks kommt man auf das Video das ich dann gleich mal erst nach einem drittel angeschaut habe dann war mir klar, da muss man mit offener Elektrizität hantieren und ich lasse es .
Das hat mich die mehrfache Zeit gekostet als wenn ich das nachgelesen hätte, aber jeder Aufruf bringt dem Manne Geld ein. Das ist der wesentliche Grund dafür. Bei Youtube wird selbst wenn man nicht aktiv wirbt, aber Werbung zustimmt, jeder Klick vergütet und das ist heute schon was besonderes, denn nur Seitenaufrufe, ohne irgendeinen vermittelten Kauf bekommt man woanders schon lange nicht mehr bezahlt.
@Peter Langer: Selten so gelacht. Aber Elon (und vermutlich inzwischen auch ich) ist nunmal ein rotes Tuch für Bernd.
Was es Videos angeht: „Otto Normalverbraucher“ ist nunmal passiver Konsument. Und da sind halt Youtube-Videos mit schicken Animationen beliebter als Textseiten mit „harten Fakten“. Natürlich wird Text nicht aussterben.
Speziell im Raumfahrtbereich wird die Konkurrenz derzeit härter. Das führt natürlich dazu, dass man weniger verrät als bisher. SpaceX hat das vorgemacht, die andern (Arianespace, ULA etc.) folgen nun.