Mein durchrechneter Ariane 6 Gegenentwurf – Teil 2

In Teil 1 habe ich eine Ariane 6 auf Basis der Aufstiegssimulation konstruiert. In diesem Teil geht es um die Optimierung. Die Rakete von Teil 1 funktioniert ja schon und hat eine ordentliche Nutzlast von 9 bis 15 t bei zwei bis sechs Boostern. Wenn man nur einen Booster nutzt, sind es 6,3 t in den GTO und das wäre bei 2000 kN Schub auch möglich, das Haupttriebwerk hat dann denselben Schub wie der Booster und kann dessen schrägen Schub durch Schrägstellen ausgleichen. Trotzdem ist sie in meinen Augen zu groß. Ein Aspekt, der bei den frühen Ariane 6 Entwürfen ja immer genannt wurde, war die Kadenz. Es wurde argumentiert, dass das seit Ariane 3 eingeführte System der Doppelstarts immer schwieriger umzusetzen ist. Die Rakete sollte daher nur noch Einzelstarts durchführen und in größerer Stückzahl gefertigt werden. Beim Übergang vom PPH-Konzept, also die ersten beiden Stufen mit reinen Feststoffraketen auf das heutige ist das wieder entfallen und die aktuelle Ariane 64 hat nach ESA Angaben eine Nutzlast von 12 t, also noch mehr als eine Ariane 5 ECA.

Ich halte die Überlegung mehr Träger mit kleinerer Nutzlast für gar nicht mal so schlecht. Da die Rakete bis zu 15 t in GTO abliefert und selbst die kleinste Konfiguration auf 6,3 t kommt, wäre sie noch leistungsfähig genug, wenn die Nutzlast um 50 % sinkt.

Meine Ariane 6 hat ein neues Triebwerk in der Zentralstufe und verwendet vorhandene Booster, die Vega-Erststufe. Die von der ESA konstruierte dagegen das Vulcain 2 leicht um und entwickelt neue Booster. Beide Träger setzen eine neue Oberstufe auf Basis des Vinci ein. Wenn ich dem Konzept treu bleiben will, dann verbietet sich der Einsatz eines neuen Boosters. Es sollte nur ein neues Element hinzukommen.

Eine kleinere Rakete bekäme ich durch Ersetzen des MC 2000 G durch ein Vulcain 2. Doch gerade dieses sollte ja nach der damaligen Studie trotz höheren Schubs preiswerter als ein Vulcain 2 sein, indem man einen kleineren Brennkammerdruck und einfacheren Nebenstromkreislauf einsetzt. Das ist also keine Alternative.

Eine zweite Alternative wäre es das Vinci durch das HM-7B zu ersetzen. Nach den veröffentlichten Quellen kosten die Triebwerke 13,5 bzw. 10,26 Millionen Euro. Da das HM-7B teurer ist kann man auch so nichts einsparen (auch wenn der Preis beim Vinci das der „konsolidierten“ Produktion ist. So bleibt als Alternative, nur die Booster zu ersetzen, damit rücken die einzelnen Versionen auch in der Nutzlast näher zusammen.

Was gäbe es im europäischen Arsenal? Nun man könnte die zweite Stufe, den Zefiro 23 einsetzen. Ein erster Test an der Version mit 6 Boostern reduziert die Nutzlast auf 8,3 t. Das ist dann schon arg wenig, auch wenn man nun wieder optimieren kann – der Booster ist so kurz, dass man ihn unten am Schubgerüst anbringen kann und dadurch ist wieder ein Integraltank in der Zentralstufe möglich. Die Stufe hat ja mit separaten Tanks ein Voll-/Leermasseverhältnis von 8,4. Die Ariane 5 EPC würde mit einem 2000-kN-Triebwerk auf 12,3 kommen, selbst mit dem Stufenadapter noch auf 11,2.

Ebenso ist mir beim Nachdenken aufgefallen, das bei 5,4 m Durchmesser bei der Oberstufe der Wasserstofftank kugelförmig sein kann. Bei 99 % Füllung und einer niedrigen Dichte von 0,068 (meist rechnet man mit 0,07, doch Wasserstoff dehnt sich leicht bei steigender Temperatur aus) passen in einen Tank von 5,3 m Innendurchmesser (Rest Wandstärke und Isolation) 5,24 t Wasserstoff, genug bei Einsatz des Vincis für eine Gesamttreibstoffzuladung von 36,73 t – ich bin nur von 25 t ausgegangen und der LOX-Tank ist kleiner, hat nur ein Drittel des Volumens des LH2-Tanks. Ein Kugeltank hat nur die Hälfte der Wandstärke eines zylindrischen Tanks. Zudem ist nur am Äquator eine dicke Schweißnaht nötig, bei dem Zylindertank dagegen bei beiden Abschlüssen. Ich denke man kann so die Tankmasse halbieren. Bedenkt man, dass bei der ersten Ariane 5 EPC der Tank 46 % der Masse ausmachte, so sollte man die Masse der Oberstufe um mehr als eine Tonne senken können. Stattdessen wird der Stufenadapter noch länger, da er nun erst am Äquator des oberen Wasserstofftanks ansetzt, darunter ist der 3,7 m durchmessende LOX-Tank und das Vinci Triebwerk. Für diesen sehr langen Adapter (mindestens 8 m) habe ich 2 t bei der Grundstufe addiert. Bei ihm kann man ohne Problem CFK-Materialen einsetzen, da er nicht kryogenen Flüssigkeiten ausgesetzt ist.

In einer optimierten Version sieht die Rakete dann so aus:

Die EPC der Ariane 5E (mit 174,5 t Treibstoff) mit MC 2000 G2 Triebwerk, 8 m langen Stufenadapter wiegt 191,6 bei 17.1 Leermasse. Die L25 Stufe mit 23 % leichterer Struktur: 27.772 / 2772 kg. Diese Version bringt tatsächlich mit sechs Zefiro-23 Boostern 10,3 t auf eine GTO-Bahn. Mit vier Boostern sind es noch 9 t und mit drei Boostern 7,8 t. Diese Version braucht mindestens drei Booster, es würde also nur drei Konfigurationen geben. (Mit zwei Boostern könnte die Rakete noch abheben, aber sehr langsam mit 0,9 m/s beschleunigt).

Immerhin: Sie ist skalierbar von 7,8 bis 10,3 t. Das erlaubt den Start schwerer Einzelsatelliten wie auch den Doppelstart von mittelgroßen Satelliten der 4,5 t Klasse. Die 9 t Version kann einen leichten und einen mittleren Satelliten transportieren. Doch es wurmt mich das so immer noch ein Träger für leichte Nutzlasten fehlt.

Nun hat die ESA im letzten Herbst die Entwicklung des Zefiro 40 beschlossen. Ein Test hat sogar schon stattgefunden. Der Zefiro 40 gehört formal nicht zum Ariane 6/Vega Programm, sondern nur zur Vega und er ist relativ preiswert, 53 Millionen Euro Umfang hat der Entwicklungsvertrag, der auch noch andere Dinge umfasst. Auch der Zefiro 40 könnte als Booster eingesetzt werden und dann sieht es mit der Nutzlast noch besser aus: 8,4 t mit zwei Boostern, 9,6 mit drei und 11,3 t mit vier Boostern. Wegen des geringeren Schubs kann man nun alle 6 Booster am Boden zünden oder nach Ausbrennen der ersten vier. Bei 13,3/13,4 t Nutzlast macht es aber keinen Unterschied, wann sie gezündet werden. Der Flug ist sehr ruhig, selbst bei sechs Boostern werden 39 m/s Beschleunigung nicht überschritten. Zum Vergleich: Bei Ariane 5 werden 48 m/s erreicht.

Ich halte den Einsatz beider Booster für denkbar, auch in Kombination. Das würde dann noch weitere Kombination ergeben wobei man, wenn man die Schubsymmetrie aufrechterhalten will nur bei vier und sechs Boostern neue Varianten möglich sind, immerhin weitere vier Varianten, die dann zwischen 9 – 11,3 und 10,3 bis 13,3 t liegen. Bei im Mittel drei Boostern pro Träger und 10 bis 12 Starts pro Jahr kommt man auf 30 bis 36 Booster, selbst wenn man das auf zwei Linien verteilt, sind, das immer noch mehr als die 14 EAP-Booster, die heute gefertigt werden. Daneben gäbe es so die Möglichkeit die Produktion sinnvoll aufzuteilen: Den Hauptpunkt zur Kostensenkung, der mit Ariane 6 kommt, ist ja nicht technischer Natur, sondern der Umstrukturierung der Produktion. Bei den Boostern wird aber Augsburg als alter Produktionsstandpunkt der EAP eine zweite Produktionslinie aufgebaut, wodurch die Stückzahl pro Standort sinkt. Augsburg könnte soe die Booster produzieren die weniger häufig eingesetzt werden.

Zuletzt habe ich noch die Nutzlast für einen polaren, 700 km hohen Orbit berechnet und komme bei der kleinsten Version mit drei Zefiro 23 Booster auf 11,3 t. Ohne Booster sind es nur 2,3 t. Das heißt, ohne Booster macht die Rakete keinen Sinn, da bräuchte sie ein Triebwerk der 3000-kN-Klasse wie die Delta 4.

Die Daten habe ich hier aus Platzgründen nicht aufgeführt, sie sind jedoch im neuesten Zip-Archiv meines Programms (Europa.rakdat) enthalten.

Boostertyp Anzahl Nutzlast GTO
2 Zefiro 40 8,4 t
3 Zefiro 23 7,8 t
3 Zefiro 40 9,6 t
4 Zefiro 23 9,0 t
4 Zefiro 40 11,3 t
6 Zefiro 23 10,3 t
6 Zefiro 40 13,1 t

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.